TE Vwgh Beschluss 1990/3/27 89/04/0152

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Veröffentlicht am 27.03.1990
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
23/01 Konkursordnung;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;
50/04 Berufsausbildung;

Norm

AVG §8;
AVG §9;
BAG 1969 §2 Abs1;
BAG 1969 §2 Abs4;
GewO 1973 §41 Abs1 Z4;
KO §80;
KO §81;
KO §83;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

N als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des A gegen Landeshauptmann von Steiermark vom 26. Juni 1989, Zl. 04-23 Ku 1-89/1, betreffend Verweigerung der Eintragung eines Lehrvertrages, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Lehrlingsstelle der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Steiermark vom 12. Jänner 1989 wurde die Eintragung des zwischen dem "Lehrberechtigten A und dem Lehrling X" abgeschlossenen Lehrvertrages im Lehrberuf "Tischler" für eine Lehrzeit vom 1. September 1988 bis 31. August 1991 gemäß § 20 Abs. 3 Berufsausbildungsgesetz verweigert und gleichzeitig ausgesprochen, daß die vom Lehrling bereits zurückgelegte Zeit vom 1. September 1988 bis zur Rechtskraft des Bescheides auf die im Lehrberuf "Tischler" festgesetzte Gesamtlehrzeit anzurechnen sei. Über Berufungen des Beschwerdeführers sowie des AX und der BX erkannte der Landeshauptmann von Steiermark mit Bescheid vom 26. Juni 1989 dahin, daß diesen gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 keine Folge gegeben, der erstbehördliche Bescheid jedoch dahingehend abgeändert werde, daß die Eintragung des Lehrvertrages gemäß § 20 Abs. 3 lit. a Berufsausbildungsgesetz verweigert werde. Weiters wurde ausgesprochen, daß gemäß § 20 Abs. 5 Berufsausbildungsgesetz die von X im Betrieb des A vom 1. September 1988 bis zur Rechtskraft dieses Bescheides zugebrachte Verwendungszeit auf die im Lehrberuf "Tischler" festgesetzte Gesamtlehrzeit anzurechnen sei.

Zur Begründung wurde ausgeführt, die Erstbehörde habe die Eintragung des von A mit X bzw. dessen gesetzlichen Vertretern im Lehrberuf "Tischler" für eine Lehrzeit vom 1. September 1988 bis 31. August 1991 abgeschlossenen Lehrvertrages verweigert. Dies sei damit begründet worden, daß ein Konkursverfahren über den Lehrberechtigten eingeleitet worden sei und für die derzeit dort Beschäftigten eine ordnungsgemäße Lohnabrechnung bzw. Abrechnung der Lehrlingsentschädigung nicht erfolge. Der Beschwerdeführer habe in seiner Berufung im wesentlichen ausgeführt, für den Lehrling habe bisher keinerlei Veranlassung bestanden, seine Lehrlingsentschädigung mittels Klage einzufordern, vielmehr sei dem Lehrling vom Masseverwalter die ihm zustehende Lehrlingsentschädigung laufend bezahlt worden. Selbstverständlich werde auch in Hinkunft vom Masseverwalter eine ordnungsgemäße Bezahlung der dem Lehrling zustehenden Lehrlingsentschädigungen erfolgen. Gemäß § 20 Abs. 3 lit. a Berufsausbildungsgesetz habe die Lehrlingsstelle die Eintragung eines Lehrvertrages mit Bescheid zu verweigern, wenn der Aufnahme des Lehrlings ein in diesem Bundesgesetz begründetes Hindernis entgegenstehe. Aus den Worten "Aufnahme des Lehrlings" ergebe sich, daß für die Beurteilung, ob ein solches Hindernis vorliege, der Beginn des Lehrverhältnisses maßgeblich sei. Die Ausbildung von Lehrlingen sei gemäß § 2 Abs. 6 Berufsausbildungsgesetz nur zulässig, wenn der Betrieb oder die Werkstätte so eingerichtet sei und so geführt werde, daß den Lehrlingen die für die praktische Erlernung im betreffenden Lehrberuf nötigen Fertigkeiten und Kenntnisse vermittelt werden könnten. Laut Stellungnahme der Kammer für Arbeiter und Angestellte vom 15. Dezember 1988 sei von A die Verpflichtung, ordnungsgemäße Lohnabrechnungen zu erstellen und zeitgemäße Lohnzahlungen "zu tätigen", gröblichst verletzt worden. Auch habe es A trotz mehrmaliger Intervention der Eltern bzw. der Arbeiterkammer unterlassen, die Lehrlingsentschädigung ordnungsgemäß auszuzahlen. Auf Grund der Eröffnung des Konkurses und des Umstandes, daß es A unterlassen habe, Lehrlingsentschädigungen ordnungsgemäß auszuzahlen, sei der gegenständliche Betrieb zu Beginn des Lehrverhältnisses daher nicht so geführt worden, daß dem Lehrling die für die praktische Erlernung im betreffenden Lehrberuf nötigen Fertigkeiten und Kenntnisse vermittelt werden könnten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Bei der zunächst vorzunehmenden Prüfung der Zulässigkeit der vorliegenden Beschwerde ergaben sich folgende Erwägungen:

Seinem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht auf Nichtverweigerung der Eintragung des in Rede stehenden Lehrvertrages verletzt. Er bringt hiezu unter den Gesichtspunkten einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, am 16. August 1988 sei über das Vermögen des A das Konkursverfahren eröffnet worden. Der Betrieb sei von ihm als Masseverwalter im Rahmen des Fortbetriebsrechtes fortgeführt worden, dies - wie im Konkursverfahren üblich - natürlich völlig korrekt und unter gerichtlicher Aufsicht. Da der Gemeinschuldner befugter Lehrlingsausbildner sei, sei mit X bzw. dessen gesetzlichem Vertreter ein Lehrvertrag für die Zeit vom 1. September 1988 bis 31. August 1991 abgeschlossen worden. Den Ausführungen der belangten Behörde sei entgegenzuhalten, daß § 2 Abs. 6 Berufsausbildungsgesetz die Einrichtung und Führung der Werkstätte im Hinblick auf die praktische Erlernung der Fertigkeiten und im Hinblick auf die Vermittlung von Kenntnissen im Auge habe. Selbst wenn tatsächlich, was aber nicht der Fall sei, an X keinerlei Lehrlingsentschädigung bezahlt worden wäre, hätte dies mit § 2 Abs. 6 Berufsausbildungsgesetz nichts zu tun. Daß die Voraussetzungen für eine praktische Erlernung der nötigen Fertigkeiten und Kenntnisse nicht vorhanden seien, seien von der belangten Behörde nicht einmal behauptet worden. Aber selbst, wenn man annehmen würde, daß eine derartige Pflichtverletzung - soweit sie vorläge - tatsächlich bedeute, daß die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Berufsausbildungsgesetz nicht vorlägen, so könnte allenfalls die Bezirksverwaltungsbehörde gemäß § 4 Abs. 4 Berufsausbildungsgesetz dem Lehrberechtigten die Ausbildung von Lehrlingen untersagen. Ein derartiges Ausbildungsverbot liege im gegenständlichen Fall nicht vor. Einen Grund, die Eintragung eines Lehrvertrages zu verweigern, stelle eine solche Pflichtverletzung jedenfalls nicht dar. Darüber hinaus habe es die belangte Behörde unterlassen, entsprechende Erhebungen zu dem gegen A erhobenen Vorwurf der nicht ordnungsgemäßen Lohnabrechnungen durchzuführen. Richtig sei, daß es eine derartige Stellungnahme der Arbeiterkammer vom 15. Dezember 1988 gebe, diese beziehe sich jedoch auf die Zeit vor dem 16. August 1988, wobei insbesondere der Lehrling Y erwähnt werde. Dieser Lehrling sei zur Zeit der Konkurseröffnung beim nunmehrigen Gemeinschuldner als Lehrling beschäftigt gewesen. Die gesamte Stellungnahme beziehe sich auf die Zeit vor Konkurseröffnung. Es wäre daher sehr wohl Aufgabe der belangten Behörde gewesen, entsprechende Erhebungen einzuleiten, ob nunmehr seit Konkurseröffnung der Lohn ordnungsgemäß bezahlt werde. Diesbezüglich hätte die belangte Behörde ihm als Masseverwalter auch die Gelegenheit zur Stellungnahme geben müssen. Zum Zeitpunkt 1. September 1988, also zum Zeitpunkt der Aufnahme des X, sei der Konkurs über das Vermögen des A bereits eröffnet gewesen, sodaß die belangte Behörde sehr wohl hätte entsprechende Erhebungen durchzuführen gehabt, in welcher Weise der Betrieb nunmehr fortgesetzt werde.

Gemäß § 2 Abs. 1 Berufsausbildungsgesetz, BGBl. Nr. 142/1969, sind Lehrberechtigte im Sinne dieses Bundesgesetzes nach Maßgabe der Abs. 2 bis 5 natürliche und juristische Personen sowie Personengesellschaften des Handelsrechtes, bei denen Lehrlinge (§ 1) auf Grund eines Lehrvertrages (§ 12) zur Erlernung eines in der Lehrberufsliste (§ 7) angeführten Lehrberufes fachlich ausgebildet und im Rahmen dieser Ausbildung verwendet (§ 9) werden.

Nach Abs. 4 dieses Paragraphen in der Fassung der Berufsausbildungsgesetz-Novelle 1978, BGBl. Nr. 232, finden die für den Gewerbeinhaber einschließlich des Fortbetriebsberechtigten (§ 41 GewO 1973) geltenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes auf den gewerberechtlichen Geschäftsführer (§ 39 GewO 1973), den gewerberechtlichen Pächter (§ 40 GewO 1973) und den Filialgeschäftsführer (§ 47 GewO 1973) sinngemäß Anwendung.

Gemäß § 3 Abs. 1 lit. c Berufsausbildungsgesetz hat der Lehrberechtigte mit der Ausbildung von Lehrlingen andere Personen, die den Anforderungen des § 2 Abs. 2 lit. c entsprechen und in der Lage sind, sich im Betrieb entsprechend zu betätigen und nicht nach § 4 von der Ausbildung von Lehrlingen ausgeschlossen sind, zu betrauen (Ausbilder), sofern es sich um einen Fortbetrieb gemäß § 41 GewO 1973 handelt.

Gemäß § 41 Abs. 1 Z. 4 GewO 1973 steht das Recht, einen Gewerbebetrieb auf Grund der von einer anderen Person erstatteten Gewerbeanmeldung oder der dieser erteilten Konzession fortzuführen (Fortbetriebsrecht) dem Masseverwalter für Rechnung der Konkursmasse zu.

Der Masseverwalter ist somit als gemäß § 41 Abs. 2 Z. 4 GewO 1973 Fortbetriebsberechtigter (ein) Gewerbetreibender im Sinne dieses Bundesgesetzes (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 11. Mai 1977, Slg. N.F. Nr. 9318/A).

Aus dieser Gesetzeslage folgt aber, daß - im Falle eines Fortbetriebsrechtes nach § 41 Abs. 1 Z. 4 GewO 1973 - als Lehrberechtigter im Sinne des § 2 Abs. 1 Berufsausbildungsgesetz ausschließlich der Masseverwalter, nicht aber etwa der Gemeinschuldner in Betracht kommt.

Der normative Abspruch des angefochtenen Bescheides bezieht sich aber nach der obigen Darstellung auf einen zwischen "A und X" abgeschlossenen Lehrvertrag, durch dessen Eintragungsverweigerung somit subjektiv-öffentliche Rechte des nach den vordargestellten Bestimmungen des Berufsausbildungsgesetzes als Lehrberechtigter auf Grund des Fortbetriebsrechtes nach § 41 Abs. 1 Z. 4 GewO 1973 in Betracht kommenden Masseverwalters nicht verletzt werden konnten.

Da somit der vorliegenden Beschwerde der Mangel der Berechtigung zu ihrer Erhebung entgegensteht, war sie gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete Gewerberecht und Eisenbahnrecht Masseverwalter

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989040152.X00

Im RIS seit

27.03.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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