TE Vwgh Erkenntnis 1990/9/21 90/11/0076

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Veröffentlicht am 21.09.1990
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

EGVG Art9 Abs1 Z3;
KFG 1967 §66 Abs2 lite;
KFG 1967 §66 Abs3;
KFG 1967 §74 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs1;

Betreff

F gegen Landeshauptmann von Wien vom 26. Jänner 1990, Zl. MA 70-8/35/90, betreffend vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 74 Abs. 1 KFG 1967 die Lenkerberechtigung für die Gruppen A und B für die Dauer von zehn Monaten (bis 2. September 1990) vorübergehend entzogen.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde stützte ihre Annahme, der Beschwerdeführer sei bis zu dem oben genannten Zeitpunkt verkehrsunzuverlässig, darauf, daß der Beschwerdeführer wegen einer am 2. November 1989 begangenen, mit einem Verkehrsunfall im Zusammenhang stehenden Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 rechtskräftig bestraft worden sei. Darin liege eine bestimmte Tatsache nach § 66 Abs. 2 lit. e KFG 1967. Zur Bemessung der Dauer der vorübergehenden Entziehung wies die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides auf die grundsätzliche Verwerflichkeit und Gefährlichkeit des Lenkens eines Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand, auf die Kürze der seit der Tat verstrichenen Zeit und auf die Höhe der beim Beschwerdeführer festgestellten Alkoholisierung (1,03 mg/l) hin.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die Richtigkeit dieser Annahmen der belangten Behörde. Er meint aber, die Behörde hätte folgendes zu seinen Gunsten berücksichtigen müssen: Er habe am Tag der Tat zu einem Zeitpunkt Alkohol zu sich genommen, zu dem er damit rechnen konnte, kein Kraftfahrzeug mehr lenken zu müssen, weil ein Arbeitskollege ihm versprochen habe, ihn nach einer am Arbeitsplatz stattfindenden Geburtstagsfeier mit seinem Pkw nach Hause mitzunehmen. Nach dem Ende der Feier sei der Kollege "nicht mehr hier" gewesen. Durch den Alkoholgenuß (3/4 Liter Wein) nicht mehr einsichtig genug gewesen, vom Lenken seines Kraftfahrzeuges Abstand zu nehmen, habe er es dennoch in Betrieb genommen. Es könne nicht gleichgültig sein, ob jemand bei Beginn des Alkoholkonsums weiß, daß er nach Beendigung des Alkoholkonsums sein Fahrzeug lenken wird, oder ob er durch geeignete Maßnahmen Vorsorge trifft, daß er nach Beendigung des Alkoholkonsums ein Fahrzeug nicht in Betrieb nehmen werde. Der Gesetzgeber habe im § 81 StGB "einen schwereren Maßstab für den Fall angelegt, als jemand eine Tat setzt, obwohl er vorhergesehen hat oder hätte vorhersehen können, daß ihm eine Lenkertätigkeit bevorsteht".

Dem ist die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides mit dem Hinweis auf die Möglichkeit der Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels oder eines Taxis entgegengetreten.

In Anbetracht des Umstandes, daß eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 2 lit. e KFG 1967 vorliegt, wäre die angefochtene Entziehungsmaßnahme nur dann rechtswidrig, wenn die Wertung dieser Tatsache gemäß § 66 Abs. 3 KFG 1967 rechtswidrig gewesen wäre. Davon kann aber keine Rede sein.

Auf dem Boden des geschilderten Sachverhaltes hätte der Beschwerdeführer jedenfalls von einer Inbetriebnahme seines Kraftfahrzeuges Abstand nehmen müssen. Die belangte Behörde hat richtig erkannt, daß gerade der im Bewußtsein, alkoholisiert zu sein, gefaßte Entschluß zum Lenken seines Kraftfahrzeuges verwerflich ist, auch wenn der Beschwerdeführer bei Fassung des Entschlusses auf Inbetriebnahme seines Pkws auf Grund seiner Alkoholisierung "nicht mehr einsichtig genug" gewesen sein sollte, um davon Abstand zu nehmen. Der Beschwerdeführer hat durch sein Verhalten gezeigt, daß er vor Gefährdungen der Verkehrssicherheit nicht zurückschreckt. Die Ausführungen des Beschwerdeführers über die Strafbarkeit seines Verhaltens gehen im Hinblick auf das Wesen der Entziehung der Lenkerberechtigung als administrative Sicherungsmaßnahme ins Leere. Bei der Entziehung der Lenkerberechtigung geht es darum, Personen, die auf Grund ihrer Sinnesart zur Gefährdung der Verkehrssicherheit neigen, von der Teilnahme am Straßenverkehr als Lenker eines Kraftfahrzeuges bis zur Änderung dieser Sinnesart auszuschließen. Daß das Verhalten des Beschwerdeführers unter dem Gesichtspunkt des Strafrechtes (§ 81 StGB) anders zu beurteilen sein mag, fällt im gegebenen Zusammenhang nicht ins Gewicht. Der Alkoholgenuß zu einem Zeitpunkt, zu dem nicht mit einer nachfolgenden Inbetriebnahme eines Kraftfahrzeuges zu rechnen war, und der unerwartete Wegfall einer Mitfahrgelegenheit sind keine Umstände, die bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit einer Person zugunsten dieser Berücksichtigung zu finden hätten (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. April 1986, Zl. 84/11/0239, und vom 11. Juni 1986, Zl. 85/11/0118).

Daß der Beschwerdeführer nur in einem Maße alkoholisiert war, daß er sein Verhalten in diesem Zustand zu verantworten hat, steht durch die rechtskräftige Bestrafung nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 - und nicht nach Art. IX Abs. 1 Z. 3 EGVG 1950 (wegen selbstverschuldeter Berauschung) - bindend fest. Abgesehen davon würde auch eine strafbare Handlung nach der zuletzt genannten Strafbestimmung eine bestimmte Tatsache nach § 66 Abs. 2 lit. e KFG 1967 darstellen.

Gegen die Bemessung der Dauer der Entziehung bringt der Beschwerdeführer nichts ausdrücklich vor. Der Verwaltungsgerichtshof hat auch keine Bedenken gegen den Ausspruch der belangten Behörde in diesem Punkt. Dabei fällt insbesondere der verhältnismäßig hohe Grad der Alkoholisierung des Beschwerdeführers unter dem Gesichtspunkt des Kriteriums der Verwerflichkeit der strafbaren Handlung zu Lasten des Beschwerdeführers ins Gewicht (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Februar 1985, Zl. 84/11/0091).

Gemäß § 42 Abs. 1 VwGG ist die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1990110076.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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