Index
90/02 Kraftfahrgesetz;Norm
KFG 1967 §66 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des K gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 2. Februar 1990, Zl. VerkR-17.534/2-1989-I/Si, betreffend Entziehung der Lenkerberechtigung und Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern, zu Recht erkannt.
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 2. Februar 1990 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen A und B entzogen und gemäß § 73 Abs. 2 leg. cit. ausgesprochen, daß für die Zeit von 24 Monaten, gerechnet ab 1. Oktober 1989 bis einschließlich 1. Oktober 1991, keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden dürfe. Weiters wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 75a lit. a KFG 1967 das Lenken eines Motorfahrrades bis einschließlich 1. Oktober 1991 verboten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
In Erwiderung auf ein entsprechendes Vorbringen der belangten Behörde in der Gegenschrift wird bemerkt, daß der Beschwerdeführer zwar im Beschwerdeschriftsatz die Oberösterreichische Landesregierung als belangte Behörde bezeichnet, diese Bezeichnung aber nachträglich auf Grund eines ihm erteilten Mängelbehebungsauftrages (im Sinne der vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides) auf den Landeshauptmann von Oberösterreich richtiggestellt hat. Dem Umstand, daß der Beschwerdeführer hiebei nicht auch eine Änderung seiner Beschwerdeanträge vorgenommen hat, sodaß darin weiterhin die Aufhebung des angefochtenen (dem Datum und der Zahl nach bestimmten) Bescheides "der OÖ. Landesregierung" beantragt und das Begehren gestellt wird, "das Land Oberösterreich (die OÖ. Landesregierung)" schuldig zu erkennen, die Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu ersetzen, kommt daher keine ein Eingehen in die Sache selbst hindernde Bedeutung zu.
Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides ging die belangte Behörde auf Grund eines bestimmten Vorfalles vom 1. Oktober 1989, bei dem der Beschwerdeführer eine Übertretung nach (§ 99 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit) § 5 Abs. 1 StVO 1960 (mit einem festgestellten Atemalkoholgehalt von 0,92 mg/l) begangen hat, vom Vorliegen einer bestimmten Tatsache gemäß § 66 Abs. 2 lit. e KFG 1967 (in der Fassung der 12. Novelle, BGBl. Nr. 375/1988) aus. Sie unterzog diese bestimmte Tatsache einer Wertung gemäß § 66 Abs. 3 KFG 1967, wobei sie auch die frühere Begehung zweier Übertretungen nach § 99 Abs. 1 StVO 1960 durch den Beschwerdeführer im Jahre 1986, die Tatsache, daß ihm bereits aus Anlaß dieser beiden Vorfälle die Lenkerberechtigung für die Dauer von drei bzw. acht Monaten entzogen worden war, und einen ebenfalls im Zusammenhang mit dem Lenken eines Kraftfahrzeuges im Jahre 1988 stehenden Verstoß des Beschwerdeführers gegen die Bestimmung des § 88 Abs. 1, 4 erster Fall StGB mitberücksichtigte. Daraus schloß sie auf eine bis zum 1. Oktober 1991 bestehende Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers im Sinne des § 66 Abs. 1 lit. a KFG 1967.
Obwohl sich der Beschwerdeführer bei Angabe des Beschwerdepunktes auch in seinen Rechten verletzt erachtet, "entgegen den Bestimmungen des KFG mir nicht die Lenkerberechtigung zu entziehen und das Lenken von Motorfahrrädern zu verbieten", enthalten die Beschwerdegründe lediglich Ausführungen zur Festsetzung der Zeit gemäß § 73 Abs. 2 KFG 1967. Nach dieser Bestimmung, welche beim Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern gemäß § 75a KFG 1967 sinngemäß anzuwenden ist, ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welche Zeit keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden darf, wobei diese Zeit auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen ist und bei Personen, die nicht verkehrszuverlässig sind, unbeschadet des Abs. 3 nicht kürzer als drei Monate sein darf. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers handelt es sich hiebei um keine Ermessensentscheidung (vgl. u.a. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Juni 1983, Zl. 82/11/0125, und vom 12. Juni 1990, Zl. 90/11/0045). Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid deshalb für rechtswidrig, "weil die belangte Behörde entgegen dem durch die 12. KFG-Novelle geänderten Gesetzestext eine Entziehungszeit von mehr als drei Monaten ausgemessen hat". Darin kann aber dem Beschwerdeführer nicht gefolgt werden.
Durch die 12. KFG-Novelle wurde dem § 73 KFG 1967 ein Abs. 3 angefügt. Demnach ist im Falle der erstmaligen Begehung einer Übertretung im Sinne des § 66 Abs. 2 lit. e, sofern die Person bei Begehung dieser Übertretung nicht einen Verkehrsunfall verschuldet hat, die im Abs. 2 angeführte Zeit mit vier Wochen festzusetzen; dies gilt auch hinsichtlich einer neuerlichen Begehung einer Übertretung im Sinne des § 66 Abs. 2 lit. e, jedoch nur, wenn die Strafe einer früheren derartigen Übertretung im Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens in erster Instanz getilgt ist. Auch der Beschwerdeführer geht (in Übereinstimmung mit der belangten Behörde) davon aus, daß diese Bestimmung im vorliegenden Beschwerdefall nicht anzuwenden ist, lag doch in Ansehung des Vorfalles vom 1. Oktober 1989, auch wenn er hiebei keinen Verkehrsunfall verschuldet hat, bei ihm nicht die erstmalige Begehung einer Übertretung im Sinne des § 66 Abs. 2 lit. e KFG 1967 vor und war (im Hinblick auf § 55 Abs. 1 VStG 1950) hinsichtlich einer früheren derartigen Übertretung die Strafe im maßgeblichen Zeitpunkt noch nicht getilgt. Es kam daher die Bestimmung des § 73 Abs. 2 zweiter Satz KFG 1967 zum Tragen, in der durch die 12. KFG-Novelle nur die Worte "unbeschadet des Abs. 3" eingefügt wurden, weshalb diese Bestimmung für den Fall des Nichtvorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 3 inhaltlich keine Änderung erfahren hat. Das bedeutet, daß die von der belangten Behörde festzusetzende Zeit "nicht kürzer als drei Monate" sein durfte. Die vom Beschwerdeführer daraus gezogene (sich entsprechend seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid offenbar auf Grundtner, Verfahren zur Entziehung der Lenkerberechtigung im Lichte der 12. KFGNov in ZVR 1989, Seite 262, stützende) Schlußfolgerung, es komme diesbezüglich nur die "Mindestentziehungsdauer" von drei Monaten in Betracht, findet im Gesetz keine Deckung.
Auch bei der Bemessung der Zeit nach § 73 Abs. 2 KFG 1967 waren die Wertungskriterien des § 66 Abs. 3 leg. cit. heranzuziehen, wobei auf alle strafbaren Handlungen (dies sogar unabhängig von einer Tilgung) Bedacht zu nehmen war, die einen Schluß auf die verkehrsrelevante Sinnesart des Beschwerdeführers zuließen (vgl. u.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Mai 1990, Zl. 89/11/0217, und die dort angeführte weitere Judikatur). Daß die belangte Behörde das "gesamte Vorleben" des Beschwerdeführers "bis zum 1.10.1989 in ihre Betrachtungen miteingeschlossen hat", entspricht daher der geltenden Rechtslage, mit der sich die belangte Behörde bereits in der Begründung des angefochtenen Bescheides eingehend auseinandergesetzt hat. Der Einwand des Beschwerdeführers, daß § 66 Abs. 2 lit. e KFG 1967 "nicht mehr zu den Wiederholungstatbeständen zählt", ist verfehlt, weil die vor dem 1. Oktober 1989 liegenden Vorfälle nicht zur Begründung der Annahme, es liege eine bestimmte Tatsache nach dieser Gesetzesstelle vor, dienten, sondern erst bei Wertung dieser bestimmten Tatsache mitberücksichtigt wurden; diese Vorgangsweise widerspricht daher auch nicht dem "klaren Wortlaut des § 66 Abs. 2 letzter Satz und Abs. 3 KFG". Da - wie die belangte Behörde ebenfalls richtig erkannt hat - bei der Wertung einer bestimmten Tatsache sämtliche im Ermittlungsverfahren hervorgekommenen Vorfälle bzw. Vorstrafen zu berücksichtigen sind, und zwar auch dann, wenn sie nicht als bestimmte Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 1 KFG 1967 gelten (vgl. dazu u.a. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. September 1985, Zl. 83/11/0173, und vom 23. Jänner 1987, Zl. 86/11/0075), hat die belangte Behörde zutreffend auch die strafbare Handlung des Beschwerdeführers nach § 88 StGB in ihre Überlegungen miteinbezogen; daß sie hiebei an einer Stelle des angefochtenen Bescheides von einem "Vergehen der Körperverletzung" anstatt von einem solchen "der fahrlässigen Körperverletzung" gesprochen hat, stellt keine Rechtsverletzung des Beschwerdeführers dar. Der Beschwerdeführer hat sonst keine Umstände ins Treffen geführt, die die Annahme der belangten Behörde, seine Verkehrszuverlässigkeit werde nicht vor dem 1. Oktober 1991 wiederhergestellt sein, nicht rechtfertigen würden. Auch der Verwaltungsgerichtshof hat gegen diese Prognose auf Grund der von der belangten Behörde vorgenommenen Wertung, bei der vor allem die besondere Verwerflichkeit von Alkoholdelikten, die sich aus der wiederholten Begehung solcher Delikte ergebende Neigung des Beschwerdeführers hiezu und die Tatsache, daß auch zwei bereits darauf zurückführende Entziehungsmaßnahmen die Änderung seiner Sinnesart nicht bewirken konnten, von Bedeutung sind, keine Bedenken.
Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1990110061.X00Im RIS seit
19.03.2001