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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1968 §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden SenatspräsidentDr. Simon und die Hofräte Dr. Hoffmann, Dr. Herberth, Dr. Kremla und Dr. Steiner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Magistratsoberkommissär Dr. Kral, über die Beschwerde der HN und deren minderjähriger Kinder Z, B, E und S, die Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer vertreten durch die Erstbeschwerdeführerin als Kindesmutter gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 9. April 1990, Zl. 4.225.948/6-III/13/88, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, zu Recht erkannt.
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer, türkische Staatsangehörige kurdischer Nationalität, reisten am 20. Dezember 1987 in das Bundesgebiet ein und stellten am 29. Dezember 1987 Asylanträge. Die Erstbeschwerdeführerin brachte bei ihrer Einvernahme zur Begründung ihres Antrages am 10. März 1988 vor, sie habe die Türkei verlassen, weil sie als Angehörige der kurdischen Minderheit verfolgt worden sei. In ihrem Heimatdorf sei der Schwiegervater der Erstbeschwerdeführerin 1977 von Rechtsradikalen erschossen worden. Daraufhin sei sie mit ihrer Familie nach Istanbul gezogen. Dort hätten sie "keine Ruhe" gehabt, da die Behörden dem Mann der Erstbeschwerdeführerin vorgeworfen hätten, er sei Linksextremist. Er sei deshalb 1982 festgenommen und sechs Monate inhaftiert worden. Er sei auch gefoltert worden. Die Erstbeschwerdeführerin berichtigte dieses Vorbringen in der Folge dahin, dies sei nicht 1982 sondern 1987 erfolgt. Nach seiner Haftentlassung sei der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin sofort nach Österreich ausgereist. Nachdem er geflohen sei, sei die Erstbeschwerdeführerin öfters zur Polizei bestellt und dort mißhandelt worden, damit sie den Aufenthaltsort ihres Mannes bekanntgebe. Außerdem habe man von ihr Personeninformationen verlangt. Deshalb sei sie schließlich ihrem Mann nachgereist.
Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 24. Mai 1988 wurde festgestellt, daß die Beschwerdeführer nicht Flüchtlinge im Sinne des Asylgesetzes seien.
In ihrer Berufung brachte die Erstbeschwerdeführerin vor, sie werde als Angehörige der kurdischen Nationalität in ihrem Heimatland verfolgt und mißhandelt. Sie wolle unter keinen Umständen in die Türkei zurückkehren. Ihr Mann sei dort verhaftet worden und habe sechs Monate unter schrecklichsten Bedingungen im Gefängnis verbringen müssen.
Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführer ab. In der Bescheidbegründung wird im wesentlichen ausgeführt, durch die eigenen Angaben und wegen der offenkundigen Verhältnisse in der Heimat der Beschwerdeführer seien weitere Ermittlungen entbehrlich. Angesichts der widersprüchlichen Aussagen zur Inhaftierung des Gatten der Erstbeschwerdeführerin, der im März 1987 in das Bundesgebiet eingereist sei, könne ihren Angaben kein Glaube geschenkt werden, weil eine Inhaftierung des Gatten durch sechs Monate im Jahre 1987 ausgeschlossen sei. Die Tatsache, daß die Beschwerdeführer mit dem Reisepaß legal ausreisen hätten können, sei ein Indiz dafür, daß sie keiner Verfolgung ausgesetzt gewesen seien. Von einer wohlbegründeten Furcht im Sinne der Flüchtlingskonvention könne erst gesprochen werden, wenn die Zustände im Heimatland aus objektiver Sicht dergestalt seien, daß ein weiterer Verbleib des Asylwerbers in seinem Heimatland aus Gründen der Konvention unerträglich geworden sei. Voraussetzung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sei, daß der Asylwerber eine konkret Verfolgung oder Furcht vor Verfolgung begründen könne. Die von der Erstbeschwerdeführerin genannten mehrmaligen Befragungen über den Aufenthaltsort ihres Gatten könnten nicht als gegen sie gesetzte Verfolgungsakte angesehen werden. Ihre allgemein gehaltenen Angaben, die Kurden würden in der Türkei verfolgt und unterdrückt, könnten die Voraussetzungen für die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft nicht begründen.
Gegen diesen Bescheid richten sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobenen Beschwerden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Abstandnahme von der beantragten Verhandlung (§ 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG) erwogen:
Gemäß § 1 des Bundesgesetzes vom 7. März 1968, BGBl. Nr. 126, über die Aufenthaltsberechtigung von Flüchtlingen im Sinne der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Asylgesetz), in der Fassung BGBl. Nr. 796/1974, ist ein Fremder Flüchtling im Sinne diese Bundesgesetzes, wenn nach dessen Bestimmungen festgestellt wird, daß er die Voraussetzungen des Artikel 1 Abschnitt A der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, unter Bedachtnahme auf das Protokoll BGBl. Nr. 78/1974 erfüllt und daß bei ihm kein Ausschließungsgrund nach Artikel 1 Abschnitt C oder F dieser Konvention vorliegt. Artikel 1 Abschnitt A Z. 2 der Konvention bestimmt, daß als Flüchtling im Sinne dieses Abkommens anzusehen ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seine Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes müssen konkrete, den Asylwerber selbst betreffende Umstände behauptet und bescheinigt werden, aus denen die von der zitierten Konventionsbestimmung geforderte Furcht rechtlich ableitbar ist. Der allgemeine Hinweis auf die Lage der Kurden in der Türkei genügt hiezu nicht (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. September 1990, Zl. 90/01/0113 und die dort zitierte Rechtsprechung). Zentrale Erkenntnisquelle im Asylverfahren ist das eigene Vorbringen des Asylwerbers (vgl. auch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshof vom 19. September 1990, Zl. 90/01/0081 und die dort zitierte Rechtsprechung). Die belangte Behörde hat im Rahmen der Rechtsbelehrungspflicht der Erstbeschwerdeführerin, die unter Beiziehung eines Dolmetschers bereits zu ihren Fluchtgründen befragt worden war, keine Anleitungen darüber zu erteilen, welches Vorbringen sie zu erstatten hätte, damit ihren Antrag allenfalls stattgegeben werden könnte. Die behauptete Verletzung der Verfahrensvorschrift des § 13a AVG liegt daher nicht vor. Da die belangte Behörde auch schlüssig dargetan hat, warum sie dem Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin über die Verfolgungshandlungen der türkischen Behörden gegenüber ihrem Ehemann keinen Glauben geschenkt hat, ist auch ein wesentlicher Mangel der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht erkennbar. Dies umsomehr, als sich die Beweiswürdigung der belangten Behörde auch mit dem Inhalt der Akten betreffend den Ehemann der Beschwerdeführerin deckt.
Die unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit vorgebrachten Argumente über die Lage der kurdischen Bevölkerung in der Türkei sagt nichts über die allein relevante individuelle Situation der Beschwerdeführer aus, die im Verwaltungsverfahren keine konkreten Verfolgungen aufzeigen konnten. Soweit sich die Ausführungen der Erstbeschwerdeführerin schließlich auf Verfolgungen gegenüber ihren Ehegatten beziehen, steht aus den Akten des Verwaltungsverfahrens fest, daß auch im Asylverfahren des Ehemanns der Erstbeschwerdeführerin rechtskräftig festgestellt wurde, er sei nicht Flüchtling im Sinne der Konvention. Dieser Bescheid vom 9. April 1990, Zl. 4.225.948/3-III/13/88, ist vor dem Verwaltungsgerichtshof unbekämpft geblieben.
Die sich insgesamt als unbegründet erweisende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den § 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1990010198.X00Im RIS seit
05.06.1991