TE Vwgh Erkenntnis 1991/6/18 91/05/0014

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Veröffentlicht am 18.06.1991
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Index

L80002 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Kärnten;
L82000 Bauordnung;
L82002 Bauordnung Kärnten;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

BauO Krnt 1969 §9 Abs2 litb;
BauO Krnt 1969 §9 Abs2 litc;
BauRallg;
B-VG Art18 Abs2;
GdPlanungsG Krnt 1982 §1;
GdPlanungsG Krnt 1982 §13;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pichler, über die Beschwerde 1) des A,

2) des B, 3) des C, 4.) des D und 5) der E gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 6. Dezember 1990, Zl. 8 BauR1-350/3/1990, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1) F, 2) G,

3) Marktgemeinde Bad Kleinkirchheim, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- sowie dem Erst- und der Zweitmitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 10.350,-- je binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren der Mitbeteiligten wird abgewiesen.

Begründung

Mit Eingabe vom 19. April 1990 ersuchten der Erst- und die Zweitmitbeteiligte beim Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde um die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für eine Hotelerweiterung auf Grundstücken der KG Kleinkirchheim. Zu der für 6. Juni 1990 anberaumten mündlichen Verhandlung wurden die Beschwerdeführer als Nachbarn unter Hinweis auf die Rechtsfolgen nach § 42 AVG geladen. Der Erst-, der Zweit- und der Drittbeschwerdeführer erhoben mit Schriftsatz vom 3. Juni 1990 Einwendungen dahingehend, daß ihr Grundstück entwertet werde, Mindestabstände von ihrer Grundgrenze nicht eingehalten werden, Emissionen durch die Heizungsart zu befürchten seien und der geplante Baukörper zu einem Gemeinderatsbeschluß, welcher die erforderliche Grundstücksfläche bezogen auf die Zahl der Gästebetten festlege, im Widerspruch stehe. Weiters verlangten die Beschwerdeführer, Höhenkoten und Grenzabstände festzulegen und zu überwachen, einen 1,20 m hohen Einfriedungszaun zu errichten und eine bestimmte Leuchtschrift am bestehenden Gebäude zu entfernen oder zumindest ab 22.00 Uhr abzuschalten.

In der Verhandlung am 6. Juni 1990 erhoben auch der Viert- und die Fünftbeschwerdeführerin Einwendungen, und zwar wegen eines zu geringen Grenzabstandes und einer für den anfallenden Verkehr zu schmalen Wegparzelle. Der bautechnische Amtssachverständige stellte fest, daß die gesetzlich geforderten Abstandsflächen bei der im Plan dargestellten Höhe des Objektes nicht eingehalten würden, sodaß es erforderlich sei, die Hotelerweiterung planlich so abzuändern bzw. die Höhe des Gebäudes im Ostbereich so herabzusetzen, daß die gesetzlich geforderten Abstandsflächen eingehalten werden. Über diese Planabänderung seien der Baubehörde die Pläne vor Erteilung der Baubewilligung vorzulegen, sodaß sie noch überprüft werden könnten. Die Planabänderung beziehe sich hauptsächlich auf den Verzicht des Ausbaues des zweiten Obergeschoßes und des Dachgeschoßes im südöstlichen Bereich des Stiegenhauses. Im übrigen seien die im Plan dargestellten Mindestabstände einzuhalten. Ansonsten erachtete der bautechnische Amtssachverständige das Bauvorhaben unter Einhaltung einer Reihe von Auflagen als bewilligungsfähig.

Im Akt erliegt sodann eine Stellungnahme des bautechnischen Amtssachverständigen vom 15. Juni 1990, wonach die in der Bauverhandlung geforderten Planänderungen ordnungsgemäß durchgeführt worden seien und die sich auf Grund der neuen Gebäudehöhen ergebenden Abstände den gesetzlich geforderten Abstandsflächen entsprächen.

Mit Bescheid vom 19. Juni 1990 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde die baubehördliche Bewilligung für die Erweiterung des Hotels unter Vorschreibung von Auflagen. Auf die Einwendungen der Nachbarn wurde weder im Spruch noch in der Begründung des Bescheides Bezug genommen.

Gegen diesen Bescheid erhoben sowohl die Beschwerdeführer als auch weitere Nachbarn Berufung. Bei einer Berufungsverhandlung forderten Nachbarn weitere Projektsänderungen, sie erklärten jedoch, unter bestimmten Voraussetzungen ihre Berufung zurückzuziehen. Der bautechnische Amtssachverständige führte aus, daß die zuletzt eingereichten Pläne mit einer genauen Abstandsflächenberechnung den gesetzlich geforderten Abstandsflächen entsprächen, sodaß in bautechnischer Hinsicht gegen die Erweiterung des Hotels keine Einwände bestünden. Die Bauwerber ersuchten die Baubehörde um Genehmigung des der Verhandlung zugrundeliegenden Bauvorhabens, weil ihrer Meinung nach das Projekt gesetzlich zulässig sei.

Der planende Architekt legte am 1. August 1990 geänderte Pläne "laut Aussprache vom 31.7.1990" vor, wonach der Hauptgiebel auf der Nordwestseite abgewalmt, der nordwestseitige Anbau um ein ganzes Geschoß gekürzt und der Lageplan im Bereich der Ostseite um die zu erwartende Grunderweiterung von ca. 2,0 m korrigiert worden sei.

Mit Bescheid vom 3. August 1990 änderte der Gemeindevorstand den erstinstanzlichen Bescheid hinsichtlich der Auflagen Punkt 1), 29) und 30) ab und stellte fest, daß der Baubewilligung die von der Baubehörde am 18. Juni 1990 genehmigten Einreich- und Korrekturpläne I sowie die am 3. August 1990 genehmigten Korrekturpläne II zugrundeliegen. Zur Begründung wurde dargetan, daß die Änderungen bei der Berufungsverhandlung einvernehmlich festgelegt worden seien. Über jene Änderungen, die in der Niederschrift vom 31. Juli 1990 festgehalten, jedoch in den Baubescheid nicht aufgenommen worden seien, würden privatrechtliche Vereinbarungen geschlossen.

Gegen diesen Bescheid erhoben sowohl die Beschwerdeführer als auch die mitbeteiligten Bauwerber Vorstellung. Mit Bescheid vom 5. Oktober 1990 behob die Kärntner Landesregierung den Berufungsbescheid und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zurück. Die Gemeindeaufsichtsbehörde begründete ihre Entscheidung im wesentlichen damit, daß die vom Planverfasser vorgelegten Korrekturpläne II von den Bauwerbern nicht unterfertigt gewesen seien, sodaß es erforderlich gewesen wäre, den Parteiwillen der Bauwerber zu erforschen. Die Bauwerber seien daher durch den Berufungsbescheid in ihren Rechten verletzt worden. Bezüglich der Nachbarn liege eine Rechtsverletzung deshalb vor, weil sich die Berufungsbehörde mit der Frage der Verletzung subjektiver Rechte der Anrainer nicht auseinandergesetzt habe, sodaß wesentliche Begründungsmängel gegeben seien. Aus verfahrensökonomischen Gründen nahm die Gemeindeaufsichtsbehörde sodann noch inhaltlich zu erhobenen Einwendungen Stellung. Der Aktenlage nach blieb dieser Bescheid unangefochten.

Mit Bescheid vom 19. Oktober 1990 gab der Gemeindevorstand den Berufungen der Beschwerdeführer nicht statt. Auf Grund der Berufung eines weiteren Nachbarn wurde jedoch der erstinstanzliche Bescheid teilweise abgeändert. Zur Begründung der Abweisung der Berufung wurde im wesentlichen ausgeführt, das Projekt halte die gesetzlichen Mindestabstände ein, den Nachbarn stehe darauf, daß sich die Verkehrsverhältnisse auf öffentlichen Straßen nicht ändern, ein Rechtsanspruch nicht zu, und die Einwendung der Entwertung sei privatrechtlicher Natur.

Die dagegen von den Beschwerdeführern erhobene Vorstellung wies die Kärntner Landesregierung mit ihrem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid ab. Im wesentlichen begründete die Gemeindeaufsichtsbehörde ihre Erledigung damit, daß mit den Korrekturplänen I den gesetzlichen Bestimmungen entsprochen worden sei. Ein Bebauungsplan, der eine Beschränkung der Ausnutzbarkeit eines Grundstückes vorsehe, existiere nicht, sodaß, abgesehen von den einzuhaltenden Abständen zu den Grundgrenzen, keine weitere Beschränkung gegeben sein könne. Bei dem von den Beschwerdeführern genannten Beschluß des Gemeinderates vom 24. Oktober 1969 handle es sich offenbar lediglich um Richtlinien, denen kein normativer Charakter zukomme, wie schon der Inhalt des Beschlusses erkennen lasse. Auf das Vorbringen hinsichtlich eines Widerspruches zum Flächenwidmungsplan sei schon deshalb nicht einzugehen, weil diesbezüglich rechtzeitig keine Einwendung erhoben worden sei.

In ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragen die Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, allenfalls wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde und den mitbeteiligten Bauwerbern erstatteten Gegenschriften hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erblicken die Beschwerdeführer darin, daß das bewilligte Bauvorhaben nicht dem Beschluß des Gemeinderates vom 24. Oktober 1969 entspreche, wonach u.a. pro Bett eine Parkfläche von 25 m2 und eine Grünfläche von 65 m2 zu schaffen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Auffassung der belangten Behörde, daß diesem Beschluß keine normative Wirkung zukommt, und zwar schon deshalb, weil eine Kundmachung dieses Beschlusses nicht erfolgt ist, wie in einem Schreiben der Gemeinde vom 27. März 1991 klargestellt wurde. Daß dieser Beschluß auch inhaltlich nicht als Bebauungsplan qualifiziert werden könnte, hat im übrigen die belangte Behörde schon in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend dargetan.

Die Beschwerdeführer behaupten weiters einen Widerspruch zum Flächenwidmungsplan. Soweit sie in diesem Zusammenhang auf ein Mißverhältnis des geplanten Baukörpers zu der zur Verfügung stehenden Grundfläche verweisen, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen, inwieweit ein Widerspruch zum Flächenwidmungsplan überhaupt gegeben sein könnte. Mit Recht hat die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, daß das Ausmaß der Verbauung keine Angelegenheit des Flächenwidmungsplanes ist. Einen Widerspruch zum Flächenwidmungsplan dahingehend, daß die Grundflächen noch als Grünland ausgewiesen seien, haben die Beschwerdeführer erstmals in ihrer Vorstellung gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes vom 19. Oktober 1990 geltend gemacht. Bei dieser Situation hat die belangte Behörde ihr Vorbringen zu Recht als präkludiert im Sinne des § 42 AVG beurteilt. Nach § 42 Abs. 1 AVG in der hier maßgeblichen Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 357/1990 bedeutet die ordnungsgemäße Ladung zur mündlichen Verhandlung, daß Einwendungen, die nicht spätestens am Tage vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung vorgebracht werden, keine Berücksichtigung finden und die Beteiligten dem Parteienantrag, dem Vorhaben oder der Maßnahme, die den Gegenstand der Verhandlung bilden, als zustimmend angesehen werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. N.F. Nr. 10.317/A, - und seither in ständiger Rechtsprechung - ausgeführt, die eingetretene Präklusion habe zur Folge, daß es der Berufungsbehörde, der Gemeindeaufsichtsbehörde und auch dem Verwaltungsgerichtshof verwehrt ist, sich inhaltlich mit verspätet erhobenen Einwendungen auseinanderzusetzen. Wenn daher die Beschwerdeführer auf die Grundsätze der Amtswegigkeit des Verfahrens und der materiellen Wahrheitsfindung verweisen, so verkennen sie die Bedeutung einer Präklusion, wie sie sich aus der aufgezeigten Rechtsprechung ergibt. Auch in dieser Beziehung hat daher die belangte Behörde ihren Bescheid mit keiner inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet.

Da sich sohin die Beschwerde in allen Punkten als nicht begründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, im Rahmen der gestellten Anträge. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft einen den pauschalierten Schriftsatzaufwand übersteigenden Betrag, zumal eine gesonderte Vergütung für eine Stellungnahme zu dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung im Gesetz nicht vorgesehen ist.

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Rechtslage Rechtsgrundlage Rechtsquellen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1991:1991050014.X00

Im RIS seit

19.09.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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