Index
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;Norm
BDG 1979 §10 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Herberth und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Haid, über die Beschwerde des NN in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. Mai 1991, Zl. 6.235/57-II/4/90, betreffend Kündigung des provisorischen Dienstverhältnisses, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer stand vom 1. April 1986 bis zur Rechtskraft des angefochtenen Bescheides in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; seine Dienststelle war der Gendarmerieposten S.
Mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. März 1991, Zl. 90/12/0168, auf das auch hinsichtlich des Sachverhaltes im Sinne des § 43 Abs. 2 VwGG zur Vermeidung von Wiederholungen hingewiesen wird, wurde unter anderem ausgesprochen, daß die seinerzeitige Feststellung der belangten Behörde vom 30. März 1990, nämlich daß das Dienstverhältnis des Beschwerdeführers zum 1. April 1990 nicht definitiv geworden sei, rechtmäßig sei.
Das provisorische Dienstverhältnis des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid der Dienstbehörde erster Instanz vom 31. Oktober 1990 gekündigt.
Der Berufung des Beschwerdeführers gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid nicht statt. Zur Begründung wird nach Darstellung des als groben Verstoß gegen die Dienstpflichten gewerteten außerdienstlichen Verhaltens des Beschwerdeführers vom 25. März 1990 weiter ausgeführt, daß dieses zur Folge gehabt habe, daß
-
der Beschwerdeführer von der Dienstbehörde erster Instanz mit Bescheid vom 26. März 1990 vorläufig vom Dienst suspendiert worden sei,
-
dem Beschwerdeführer von der Bezirkshauptmannschaft Schwaz für die Zeit vom 25. März bis 22. April 1990 die Lenkerberechtigung entzogen worden sei,
-
der Beschwerdeführer von derselben Behörde wegen Übertretung nach § 99 Abs. 1a StVO in Verbindung mit § 5 Abs. 1 StVO zu einer Geldstrafe von S 10.000,-- zuzüglich S 1.010,-- Verfahrenskosten rechtskräftig verurteilt worden sei,
-
über den Beschwerdeführer von der Disziplinarkommission bei der belangten Behörde als Disziplinarstrafe eine Geldstrafe im Ausmaß von eineinhalb Monatsbezügen verhängt worden sei und
-
aufgrund der vorläufigen Suspendierung und der Einleitung des Disziplinarverfahrens die Definitivstellung des Beschwerdeführers gemäß § 11 Abs. 5 in Verbindung mit § 123 Abs. 3 BDG 1979 mit 1. April 1990 nicht wirksam geworden sei.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 30. März 1990 sei daher der Bescheid der Dienstbehörde erster Instanz vom 13. März 1990, mit dem diese festgestellt gehabt habe, daß das Dienstverhältnis des Beschwerdeführers mit 1. April 1990 definitiv geworden sei, auf Grund der zwingenden Bestimmungen der §§ 11 Abs. 5 und 123 Abs. 3 BDG 1979 gemäß § 13 Abs. 1 DVG aufgehoben und ausdrücklich festgestellt worden, daß das Dienstverhältnis des Beschwerdeführers nicht zum 1. April 1990 definitiv geworden sei (vgl. das bereits genannte Vorerkenntnis vom 18. März 1991).
Nach Erlassung des Bescheides der belangten Behörde vom 30. März 1990 habe die Dienstbehörde erster Instanz das Kündigungsverfahren eingeleitet und nach Durchführung des erforderlichen Verfahrens nach dem Personalvertretungsgesetz mit Bescheid vom 31. Oktober 1990 den Beschwerdeführer unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist mit Wirkung vom 28. Februar 1991 gekündigt.
In der gegen diesen Kündigungsbescheid eingebrachten Berufung habe der Beschwerdeführer nicht bestritten, daß er in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Kfz gelenkt und hiedurch eine Dienstpflichtverletzung begangen habe. Die Berufung sei im wesentlichen damit begründet, daß
1. das Dienstverhältnis ungeachtet des Bescheides vom 30. März 1990 mit Ablauf des 31. März 1990 definitiv und damit unkündbar geworden sei,
2. die Kündigung "verfristet" erfolgt sei, weil die Dienstbehörde erster Instanz in Kenntnis aller wesentlichen Sachverhaltselemente nach Beendigung der vorläufigen Suspendierung auf Grund des Bescheides der Disziplinarkommission bei der belangten Behörde vom 29. Mai 1990 den Kündigungsbescheid erst nach fünf Monaten erlassen habe, sodaß durch die Entgegennahme der Dienstleistung während einer derart langen Zeit ein allfälliges Kündigungsrecht auf Grund des Vorfalles vom 25. März 1990 verwirkt worden sei, und
3. das Verfahren dahingehend mangelhaft geblieben sei, als nicht erhoben worden sei, inwieweit den Beschwerdeführer tatsächlich ein Verschulden an der Inbetriebnahme seines Kfz im verkehrsuntüchtigen Zustand getroffen habe, er den Entschluß zum Wegfahren erst gefaßt habe, als er wegen der starken Alkoholisierung nicht mehr zurechnungsfähig gewesen sei und dieser Entschluß nur dadurch bewirkt worden sei, daß er durch den amtshandelnden Gendarmen aus dem Schlafzustand herausgerissen worden sei und dadurch völlig desorientiert gewesen sei, sodaß das außerdienstliche Fahren im verkehrsuntüchtigen Zustand ihm nicht vorwerfbar bzw. nicht von einer solchen Schwere sei, daß es die Kündigung rechtfertigen könne.
Diesen Berufungsauführungen - so führt die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides weiter aus - könne nicht gefolgt werden.
Der Verwaltungsgerichtshof, dessen Entscheidung auf Grund des Berufungsantrages abgewartet worden sei, habe die gegen den Bescheid vom 30. März 1990 eingebrachte Beschwerde als unbegründet abgewiesen und dabei ausdrücklich bestätigt, daß die Entscheidung der belangten Behörde zu Recht erfolgt sei. Es stehe damit außer Zweifel, daß das Dienstverhältnis des Beschwerdeführers nicht mit 1. April 1990 definitiv geworden sei, sondern weiterhin provisorisch und somit kündbar geblieben sei.
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers, daß er nach Beendigung der vorläufigen Suspendierung bis zur Erlassung des Kündigungsbescheides längere Zeit Dienst versehen habe, sei auch nicht das Kündigungsrecht verwirkt, weil im Gesetz keine Frist für den Ausspruch der Kündigung vorgesehen sei. Außerdem sei die Kündigung nur deshalb erst zu dem Zeitpunkt erfolgt, weil vor der Bescheiderlassung das Verfahren nach dem PVG durchzuführen gewesen sei.
Die nunmehrigen Behauptungen des Beschwerdeführers, daß er den Entschluß zum Losfahren erst gefaßt habe, als er wegen der schweren Alkoholisierung überhaupt nicht mehr zurechnungsfähig gewesen sei und sein Entschluß nur dadurch bewirkt worden sei, daß er von den amtshandelnden Beamten aus dem Schlafzustand gerissen worden sei und dadurch desorientiert gewesen sei, müßten als reine Schutzbehauptungen angesehen werden. Die Untersuchung der Atemluft des Beschwerdeführers mit dem Alkomaten habe einen Alkoholgehalt von 0,91 mg/l bzw. 0,95 mg/l, das entspreche einem Blutalkoholgehalt von ca. 1,9 %o, ergeben. Bei einem derartigen Alkoholgehalt ergebe sich noch nicht zwingend, daß der Beschwerdeführer nicht mehr zurechnungsfähig gewesen sei. Auch aus seinem Verhalten und seinen Äußerungen anläßlich der Kontrolle durch die Gendarmeriepatrouille am 25. März 1990 habe sich unzweifelhaft ergeben, daß er noch zurechnungsfähig und voll orientiert gewesen sei, weil er dabei erklärt habe, daß er als Gendarm ganz genau wisse, daß er in seinem Zustand keinen Pkw mehr lenken dürfe und deshalb im Gebäude, in dem er an einer privaten Geburtstagsfeier teilgenommen gehabt habe, übernachten wolle. Ebenso spreche der Umstand, daß er aus dem Fahrzeug ausgestiegen und in Richtung dieses Gebäudes weggegangen und erst nach etwa einer halben Stunde mit dem Fahrzeug weggefahren sei, gegen seine nunmehrige Behauptung. Schließlich spreche auch die rechtskräftige Verurteilung durch die Bezirksverwaltungsbehörde und durch die Disziplinarkommission gegen das Vorliegen einer Unzurechnungsfähigkeit oder Desorientierung.
Nach Auffassung der belangten Behörde sei der Beschwerdeführer daher ausschließlich selbst dafür verantwortlich, daß er in einem durch Alkohol erheblich beeinträchtigten Zustand sein Kfz gelenkt habe. Das Lenken eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand bilde aber für einen Exekutivbeamten eine gravierende Dienstpflichtverletzung, die für sich allein einen Kündigungsgrund nach § 10 Abs. 4 Z. 4 BDG 1979 darstelle.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Unterbleiben einer gesetzlich nicht gedeckten Kündigung seines Dienstverhältnisses nach § 10 Abs. 4 BDG 1979 durch unrichtige Anwendung dieser Norm sowie der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt.
Gemäß § 10 Abs. 2 BDG 1979, BGBl. Nr. 333, kann das provisorische Dienstverhältnis mit Bescheid gekündigt werden. Nach Ablauf der Probezeit ist die Kündigung nach § 10 Abs. 3 BDG 1979 nur mit Angabe des Grundes möglich. Einen Kündigungsgrund stellt nach § 10 Abs. 4 Z. 4 BDG 1979 pflichtwidriges Verhalten dar.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verfolgt die Einrichtung des provisorischen Dienstverhältnisses den Zweck, den Beamten auf seine Eignung für den Dienst zu prüfen und nur Beamte in das definitive Dienstverhältnis zu übernehmen, die allen Anforderungen entsprechen, die an einen Beamten im allgemeinen wie in Anbetracht der Verwendung, für die er aufgenommen wurde, gestellt werden müssen. Es ist demnach die Zweckbestimmung des der Definitivstellung des öffentlich-rechtlichen Bediensteten vorgeschalteten provisorischen Dienstverhältnisses, den Beamtennachwuchs nochmals in der Weise sieben zu können, daß alle sich nicht voll bewährenden Amtsträger noch vor Erlangen einer unkündbaren Stellung von der Beamtenlaufbahn, für die sie sich nicht eignen, ausgeschlossen werden. Dabei ist es gleichgültig, ob die Gründe, die zur Kündigung eines provisorischen Dienstverhältnisses führen, eine längere oder eine kürzere Zeit zurückliegen. Denn die Dienstbehörde hat nach dem Gesagten das Recht und die Pflicht, vor der Definitivstellung eines Beamten sein ganzes dienstliches und außerdienstliches Verhalten zu prüfen. Es ergibt sich aber auch weder aus der sprachlichen Bedeutung des Wortes "Verhalten" noch aus der Bestimmung des § 10 Abs. 4 Z. 4 BDG 1979, daß von einem pflichtwidrigen Verhalten im Sinne der angeführten Vorschrift etwa nur dann gesprochen werden kann, wenn zeitlich andauernde oder wiederkehrende Handlungen des Beamten vorliegen (vgl. insbesondere das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Jänner 1984, Zl. 83/12/0088).
Daß das außerdienstliche Lenken eines privaten Kfz durch einen Wachebeamten in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand einen Kündigungsgrund iS des § 10 Abs. 4 Z. 4 BDG 1979 darstellt, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mit Erkenntnis vom 15. April 1985, Zl. 84/12/0229, Slg. NF Nr 11743/A (nur Rechtssatz), ausgesprochen.
Im Beschwerdefall ist der Beschwerdeführer wegen der in der Begründung des angefochtenen Bescheides dargestellten Verfehlung sowohl verwaltungsstrafrechtlich als auch disziplinarrechtlich zur Verantwortung gezogen und rechtskräftig bestraft worden. Die Umstände des Falles, nämlich insbesondere auch der Grad der Alkoholisierung wie auch die Vorgangsweise des Beschwerdeführers vor der Abnahme des Führerscheines lassen die von der belangten Behörde vorgenommene Wertung als gravierende Dienstpflichtverletzung im Bereich des außerdienstlichen Verhaltens, die den Kündigungsgrund nach § 10 Abs. 4 Z. 4 BDG 1979 darstellt, nicht als rechtswidrig erkennen (vgl. zur Frage der Geringfügigkeit beispielsweise auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. März 1987, Zl. 86/12/0168).
Daß die Kündigung des Beschwerdeführers wegen pflichtwidrigen Verhaltens gemäß § 10 Abs. 4 Z. 4 BDG 1979 erfolgt ist, ergibt sich aus dem angefochtenen Bescheid mit hinlänglicher Deutlichkeit, was auch durch das in der Sache erstattete Beschwerdevorbringen bestätigt wird.
Wenn der Beschwerdeführer weiters als inhaltliche Rechtswidrigkeit den Einwand der "Verfristung" (- seine Kündigung hätte ohne Verzug, jedenfalls nach Ablauf der vorläufigen Suspendierung ausgesprochen werden müssen -) erhebt, so ist ihm zu entgegnen, daß bei der Sachlage im Beschwerdfall keinesfalls von einem gleichsam konkludenten Verzicht der Dienstbehörde auf ihr Kündigungsrecht dadurch gesprochen werden kann, daß der Beschwerdeführer nach Beendigung seiner vorläufigen Suspendierung noch einige Zeit Dienst versehen hat. Dies schon deshalb, weil im Beschwerdefall die nicht unmittelbare Verfügung der Kündigung durch den Verfahrensablauf sachlich begründet war; insbesondere war es sachlich gerechtfertigt, letztlich das Ergebnis des Verfahrens über den dienstrechtlichen Status des Beschwerdeführers, nämlich, ob sein Dienstverhältnis bereits definitiv geworden war - vgl. das bereits mehrfach genannte Vorerkenntnis vom 18. März 1991 -, abzuwarten.
Da bereits auf Grund des Beschwerdevorbringens in Verbindung mit dem angefochtenen Bescheid erkennbar war, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Diese Entscheidung konnte in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat getroffen werden, weil die entscheidenden Rechtsfragen bereits durch die Vorjudikatur geklärt waren.
Soweit in der Amtlichen Sammlung nicht veröffentlichte Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes genannt sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1991:1991120172.X00Im RIS seit
23.09.1991Zuletzt aktualisiert am
10.05.2012