TE Vwgh Erkenntnis 1992/2/17 90/15/0144

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Veröffentlicht am 17.02.1992
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
32/04 Steuern vom Umsatz;

Norm

ABGB §1151;
UStG 1972 §11 Abs1;
UStG 1972 §11 Abs2;
UStG 1972 §11;
UStG 1972 §12 Abs1 Z1;
UStG 1972 §12 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Karger, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde des A in N, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 11. Juli 1990, Zl. 30.546-3/90, betreffend Umsatzsteuer 1987, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer teilte dem Finanzamt im März 1987 mit, daß er die Errichtung eines Elektrizitätskraftwerkes beabsichtige. Mit den Bauarbeiten wurde im Jänner 1987 begonnen. Die bei der Errichtung des Kraftwerkes anfallenden Arbeiten (insbesondere Planungs- und Bauarbeiten, sowie Arbeiten aus verschiedenen Baunebengewerben und Büroarbeiten) ließ der Beschwerdeführer von Personen (z.B. Technikern, Forstbeamten, Studenten, Angestellten, Holzarbeitern, Angehörigen diverser Handwerksberufe, Landwirten, Kraftfahrern, Hilfsarbeitern) durchführen. Mit insgesamt 41 Personen schloß er als "Werkverträge" bezeichnete Vereinbarungen. Das beim Vertragsabschluß durchwegs verwendete Vertragsformular hat folgenden Wortlaut:

                         "WERKVERTRAG

abgeschlossen zwischen .....................................

als Auftraggeber

einerseits und

Herrn ......................................................

                 Name                  Geburtsdatum

    ........................................................

                 Beruf                 Anschrift

als Auftragnehmer andererseits.

1)  Der Auftragnehmer übernimmt mit eigenen Betriebsmitteln

    folgende Arbeiten: .....................................

2)  Die übernommenen Arbeiten werden in der Zeit von .......

    bis ...............durchgeführt.

3)a) Als Entgelt wird ein Pauschalsatz von ........... S incl.

Umsatzsteuer je Regiestunde vereinbart. In diesem Betrag sind alle mit den oben angeführten Arbeiten zusammenhängenden Auslagen enthalten, sodaß dem Auftraggeber, außer dem genannten Betrag, sonstige Nebenkosten nicht erwachsen.

b)

Die Abnahme der Arbeiten erfolgt durch den Auftraggeber

A im Beisein des Auftragnehmers.

c)

Nach Abschluß der Arbeiten ist das gesamte Entgelt zur Zahlung fällig. Vorschüsse auf das Entgelt werden über Antrag des Auftragnehmers nach Fortschritt der Arbeit geleistet.

4)

Der Auftragnehmer ist für die Einhaltung der baupolizeilichen Bestimmungen verantwortlich.

Die Einteilung und Organisation der Arbeiten bleiben dem Auftragnehmer überlassen, er ist jedoch an Weisungen bautechnischer Art des Auftraggebers bzw. des

Baustellenführers ................................

gebunden.

5)

Der Auftragnehmer leistet für Mängel der Arbeit Gewähr und trägt die Gefahr des Mißlingens, auch für den Fall daß er sich dritter Personen bei der Auftragsdurchführung bedient.

6)

Einvernehmlich wird festgestellt, daß mit diesem Werkvertrag kein Verhältnis persönlicher oder wirtschaftlicher Abhängigkeit begründet wird. Die für Dienstverhältnisse geltenden arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen finden daher für diesen Vertrag keine Anwendung. Insbesondere übernimmt der Auftraggeber im Zusammenhang mit dem vorliegenden Arbeitsauftrag keinerlei Haftung für Unglücks- oder Krankheitsfälle.

7)

Allfällige Steuern und sonstige Abgaben, die sich aus dem Abschluß oder der Durchführung des Werkvertrages ergeben, trägt der Auftragnehmer. Diesem steht es frei, die übernommene Arbeit auch an dritte Personen weiterzugeben. Sofern hiedurch ein Dienstverhältnis im sozialversicherungsrechtlichen Sinn begründet wird, verpflichtet sich der Auftragnehmer als Dienstgeber schon jetzt, die Anmeldung der von ihm beschäftigten Personen zur Sozialversicherung bei der Tiroler Gebietskrankenkasse für Arbeiter und Angestellte vorzunehmen.

8)

Für Streitigkeiten aus diesem Werkvertrag wird das für den Auftraggeber örtlich und sachlich zuständige Gericht als Gerichtsstand vereinbart."

Unter Punkt 1) des Formblattes wurden die vom Vertragspartner des Beschwerdeführers jeweils durchzuführenden Arbeiten der Art nach allgemein umschrieben (z.B. Hilfsarbeiten, Maurerarbeiten, Rohrverlegungsarbeiten, Planungsarbeiten, Schreibarbeiten). Unter Punkt 2) wurden ohne weitere Zeitangaben jeweils Kalendermonate angeführt. In Punkt 3)a) wurden jeweils unter besonderem Ausweis von 20 % Mehrwertsteuer Beträge angeführt (bis zu S 22.300,--), bei denen es sich offenbar um Pauschalentgelte für alle vom jeweiligen Vertragspartner zu erbringenden Leistungen handelte; die Worte "Pauschalsatz inklusive Umsatzsteuer je Regiestunde" wurden jedoch nicht gestrichen. In den Urkunden ist insgesamt Mehrwertsteuer im Betrage von S 61.416,26 ausgewiesen.

In der Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1987 machte der Beschwerdeführer Vorsteuer von S 322.047,33 geltend.

Das Finanzamt legte dem Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1987 eine abziehbare Vorsteuer im Betrage von S 255.605,68 zugrunde; es vertrat die Auffassung, die Vorsteuer sei unter anderem um den Betrag von S 61.416,26 zu kürzen, weil den 41 "Werkverträgen" keine auf Dauer angelegte geschäftliche Tätigkeit im Sinne einer regelmäßigen und planmäßigen Marktbeteiligung zugrunde liege.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer im wesentlichen geltend, die Nachhaltigkeit der Tätigkeit sei bei allen Personen, mit denen Werkverträge abgeschlossen worden seien, zu bejahen. Auf Grund der Bedenken der Abgabenbehörde wegen der Nachhaltigkeit seien die Werkverträge mit sofortiger Wirkung um einen weiteren Punkt 8) ergänzt worden, womit die Auftragnehmer ausdrücklich erklärten, Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes zu sein und die auf Grund dieses Werkvertrages erbrachten Leistungen im Rahmen ihres Unternehmens durchzuführen. Es werde einvernehmlich festgehalten, daß es sich hierbei um eine selbständige, nachhaltige Tätigkeit handle, wobei der Auftragnehmer seine prinzipielle Bereitschaft bekunde, im Falle einer sich bietenden Gelegenheit solche oder ähnliche Arbeiten wiederum durchzuführen. Dem Auftragnehmer sei bekannt, daß die an ihn ausbezahlten Beträge grundsätzlich (bei Überschreiten der gesetzlichen Freibeträge bzw. Freigrenzen) einkommen- bzw. umsatzsteuerpflichtig seien. Ab sofort werde der Beschwerdeführer die neuen Werkvertragsformulare verwenden. Wenn es gewünscht werde, könne von allen Personen, mit denen bisher Werkverträge abgeschlossen worden seien, eine sinngemäß dem Punkt 8) entsprechende "Erklärung der Unternehmereigenschaft" nachgereicht werden.

Während des Berufungsverfahrens reichte der Beschwerdeführer eine berichtigte Umsatzsteuererklärung 1987 ein, in der abziehbare Umsatzsteuer von S 344.416,69 geltend gemacht wurde.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung teilweise Folge und setzte - unter anderem ausgehend von abziehbarer Vorsteuer von S 283.000,43 - eine Umsatzsteuergutschrift von S 555.946,-- fest. Begründend vertrat die belangte Behörde nach Darlegung des Verfahrensganges und der Rechtslage die Auffassung, aus den 41 "Werkverträgen" ergebe sich schon mangels Vorliegens von Rechnungen, die alle in § 11 Abs. 1 UStG geforderten Angaben enthielten, kein Recht auf Vorsteuerabzug. Bei zwei Verträgen fehlten alle Angaben über den Empfänger. Bei zahlreichen weiteren (jeweils durch Angabe der Namen und Anschriften der Vertragspartner des Beschwerdeführers bezeichneten) Verträgen fehle die Anschrift des Empfängers bzw. handle es sich angesichts der angeführten Berufe der Vertragspartner offenkundig nicht um Unternehmer. In vier Verträgen fehlten in Punkt 1) des Formulares jegliche Eintragungen die zu erbringenden Leistungen betreffend. In den übrigen Verträgen seien lediglich "Planungsarbeiten, Bauhilfsarbeiten, Schalarbeiten, Zimmermannsarbeiten, Rohrleitungsverlegung, Sprengarbeit, Projektsberechnungen Rohrleitung" angegeben. In Punkt 2) seien Monate angegeben. In Punkt 3)a) wichen alle Verträge vom vorgedruckten Text ab. Während danach ein Pauschalsatz je Regiestunde eingesetzt werden solle, sei tatsächlich in jedem Vertrag nur eine Pauschalvergütung für den in Monaten angegebenen Zeitraum handschriftlich eingetragen. Bei Schreibarbeiten im Werkvertrag sei dies nicht branchenüblich (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Dezember 1989, Zl. 88/13/0209). Bei anderen Werkverträgen würden entweder Regiestunden berechnet - wie auch das vorgedruckte Formular zeige - oder der Preis für das genau bezeichnete herzustellende Werk festgehalten. Die 41 "Werkverträge" vermittelten dem Beschwerdeführer daher kein Recht auf Vorsteuerabzug.

Die Beschwerde macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 UStG kann der Unternehmer, der die in dieser Gesetzesstelle angeführten Erfordernisse erfüllt, die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.

Die Berechtigung zum Vorsteuerabzug besteht nur, wenn alle im § 12 UStG aufgezählten Voraussetzungen gegeben sind (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 11. September 1987, Zl. 86/15/0067). Eine der unabdingbaren Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug besteht darin, daß der Unternehmer, auf Grund dessen Leistung der Vorsteuerabzug beansprucht wird, dem Leistungsempfänger eine Rechnung im Sinne des § 11 UStG ausgestellt hat. Nur eine Rechnung des leistenden Unternehmers berechtigt zum Vorsteuerabzug (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 1. Dezember 1983, Slg. 5835/F, und vom 14. November 1988, Zl. 87/15/0009).

Die Ausstellung von Rechnungen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, regelt § 11 UStG (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Jänner 1991, Zl. 90/15/0042, und die dort angeführte Vorjudikatur). Als Rechnung im Sinne der zuletzt zitierten Vorschrift ist - wie § 11 Abs. 2 UStG zeigt - unabhängig von ihrer Bezeichnung jede Urkunde zu verstehen, mit der ein Unternehmer über eine Lieferung oder sonstige Leistung abrechnet (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 1. Dezember 1983, Slg. Nr. 5835/F, vom 19. Jänner 1984, Zl. 83/15/0084, vom 11. Jänner 1988, Zl. 87/15/0065, und vom 14. November 1988, Zl. 87/15/0009). Einer Rechnung muß somit die Funktion einer Abrechnung über eine Lieferung oder sonstige Leistung zukommen; es muß also der Leistende dem Leistungsempfänger unter Angabe des wesentlichen Inhaltes der Leistung deren Preis in Rechnung stellen und so die Zahlung anfordern. Ob eine bestimmte Urkunde diese Funktion erfüllt, kann nur nach der Lage des Einzelfalles beurteilt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 1984, Zl. 83/15/0084; Kranich-Siegl-Waba, Kommentar zur Mehrwertsteuer, § 11, Anm. 37a; Plückebaum-Malitzky, Umsatzsteuergesetz10 § 14 Anm. 84).

Legt man diesen Maßstab im Beschwerdefall an, ergibt sich - unabhängig von der Frage der Unternehmereigenschaft der Vertragspartner des Beschwerdeführers und der Frage, ob die "Werkverträge" die in § 11 Abs. 1 Z. 1 bis 6 UStG angeordneten Angaben vollständig enthalten - die Entscheidung bereits daraus, daß es sich bei den "Werkverträgen" nicht um Rechnungen im Sinne des § 11 UStG handelt. Diesen können nämlich lediglich die Willenseinigung der Vertragsteile über künftig zu erbringende, in den Urkunden der Art, nicht aber dem Umfang nach bezeichnete Leistungen und die entsprechenden Pauschalentgelte entnommen werden, keinesfalls aber, daß damit dem Beschwerdeführer ein bestimmter Preis "in Rechnung gestellt" und so "die Zahlung angefordert" worden wäre. Den Verträgen kann - ebenso wie in dem dem hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 1984, Zl. 83/15/0084, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, zugrundeliegenden Fall - somit nicht entnommen werden, daß ihnen über die darin vereinbarte Erbringung von Leistungen und eines Pauschalentgeltes hinaus auch schon die Funktion einer "Abrechnung" im dargelegten Sinn zugekommen wäre. Wegen des Fehlens dieses Wesensmerkmales kann somit nicht davon die Rede sein, daß die "Werkverträge" Rechnungen im Sinne des § 11 UStG darstellten.

Der Beschwerdeführer beruft sich ausschließlich auf die vorliegenden "Werkverträge", die seiner Auffassung nach Rechnungen im Sinne des § 11 UStG darstellten; das Vorliegen weiterer Urkunden, die als Rechnungen im Sinne des § 11 UStG in Betracht kämen, wurde nicht behauptet.

Die belangte Behörde hat daher mit Recht den Vorsteuerabzug betreffend die in den "Werkverträgen" angeführte Umsatzsteuer nicht zugelassen.

Die geltend gemachte inhaltliche Rechtswidrigkeit liegt somit nicht vor.

Die ebenfalls geltend gemachte Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften wird in der Beschwerde nicht konkretisiert; dem Akteninhalt sind keine von Amts wegen wahrzunehmenden Verfahrensmängel zu entnehmen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1990150144.X00

Im RIS seit

17.02.1992

Zuletzt aktualisiert am

14.12.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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