TE Vwgh Erkenntnis 1992/3/31 91/04/0287

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Veröffentlicht am 31.03.1992
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §15 Z2;
GewO 1973 §340 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde der N-Möbelbaugesellschaft m.b.H. in O, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 5. September 1991, Zl. Ge-49.830/2-1991/Kut/Kai, betreffend Gewerbeanmeldung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.600,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 22. Jänner 1991 wurde festgestellt, daß die gesetzlichen Voraussetzungen zur Ausübung des am 19. September 1989 angemeldeten Tischlerhandwerks durch die Beschwerdeführerin im Standort X, nicht vorlägen und die Gewerbeausübung untersagt werde. Die gleichzeitig erstattete Geschäftsführerbestellung des H werde nicht zur Kenntnis genommen.

Auf Grund einer dagegen erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin erkannte der Landeshauptmann von Oberösterreich mit Bescheid vom 5. September 1991 dahin, daß dieser im Grunde des § 15 Z. 2 GewO 1973 insofern stattgegeben werde, als der erstbehördliche Bescheid wie folgt abgeändert werde:

"Gemäß § 340 Abs. 1 in Verbindung mit § 15 Z. 2 GewO 1973 wird festgestellt, daß die gesetzlichen Voraussetzungen zur Ausübung des Tischlerhandwerkes, beschränkt auf das Verlegen von Klebeparketten, das Parkettschleifen sowie das Montieren von fertig gekauften Sicherheitsschlössern an Holztüren durch die N-Möbelbaugesellschaft m.b.H. im Standort X, vorliegt; gleichzeitig wird die Bestellung des Herrn H, .... zum gewerberechtlichen Geschäftsführer gemäß §§ 354 Abs. 8 und 39 Abs. 4 GewO 1973 zur Kenntnis genommen."

Zur Begründung wurde ausgeführt, die Beschwerdeführerin bekämpfe den erstbehördlichen Bescheid im wesentlichen mit der Begründung, daß entgegen der dort getroffenen Annahme nach § 15 Z. 2 GewO 1973 das Fehlen einer rechtskräftigen behördlichen Betriebsanlagengenehmigung nicht das Recht zur Ausübung des Gewerbes unterbinde, wenn dieses Gewerbe zum Teil auch ohne den Betrieb dieser Anlage ausgeübt werden könne, oder wenn ein Teil der Erzeugung oder Dienstleistungen in einer Betriebsstätte stattfinde, auf welche die Merkmale der Genehmigungspflicht nach § 74 Abs. 2 GewO 1973 nicht zuträfen. Hiezu sei unter Bezugnahme auf § 15 Z. 2 GewO 1973 auszuführen, daß dann, wenn einzelne betriebliche Einrichtungen einer gewerblichen Betriebsanlage einer Genehmigungspflicht nach § 74 GewO 1973 unterlägen, die gesamte Betriebsanlage der gewerbebehördlichen Bewilligung bedürfe, und es könne das Gewerbe auch nicht wenigstens zum Teil ohne Betrieb dieser Anlage ausgeübt werden. Es seien allerdings auch Fälle denkbar, in denen ein Gewerbe auch ohne gewerbliche Betriebsanlagengenehmigung wenigstens zum Teil ausgeübt werden könne. Nach Auffassung der Berufungsbehörde sei der Tischler auch zum Verlegen von Klebeparketten, zum Parkettschleifen sowie zum Montieren von fertig gekauften Sicherheitsschlössern an Holztüren berechtigt. Da diese Tätigkeiten als reine Dienstleistungen ausschließlich außerhalb des Standortes des gegenständlichen Gewerbes ausgeübt würden, kämen die von der Erstbehörde erhobenen Bedenken im Sinne des § 15 GewO 1973 nicht zum Tragen, dies umso mehr, als eine rechtskräftige gewerbebehördliche Genehmigung für diese Teiltätigkeiten des Tischlerhandwerkes gar nicht erforderlich sei. Bereits im erstbehördlichen Verfahren sei festgestellt worden, daß keine Gewerbeausschließungsgründe gegen den handelsrechtlichen sowie gegen den gewerberechtlichen Geschäftsführer vorlägen und dieser in der Lage sei, sich entsprechend im Betrieb der Beschwerdeführerin zu betätigen. Auf Grund der dargestellten Sach- und Rechtslage sei der Berufung insofern stattzugeben, als die Ausübung des Tischlerhandwerkes in dem im Spruch eingeschränkten Umfang für zulässig erachtet werde. Gleichzeitig sei der bestellte gewerberechtliche Geschäftsführer zur Kenntnis zu nehmen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Ihrem Vorbringen zufolge erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem "Recht auf Feststellung des Rechtes zur Ausübung des Anmeldungsgewerbes des Tischlereihandwerkes im angemeldeten Standort" bzw. in dem Recht auf "Ausübung des Anmeldungsgewerbes des Tischlereihandwerkes" verletzt. In diesem Zusammenhang wird weiters vorgebracht, der Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 5. September 1991 werde insofern angefochten, als er feststelle, daß die gesetzlichen Voraussetzungen zur Ausübung des Tischlereihandwerkes beschränkt, nämlich auf das Verlegen von Klebeparketten, das Parkettschleifen sowie das Montieren von fertig gekauften Sicherheitsschlössern an Holztüren, vorlägen. Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften wird hiezu vorgebracht, mit der am 19. September 1989 bei der Erstbehörde eingelangten Eingabe habe sie im bezeichneten Standort das Tischlerhandwerk gemäß § 94 Z. 78 GewO 1973 angemeldet und gleichzeitig H als gewerberechtlichen Geschäftsführer namhaft gemacht. Entgegen der Annahme der belangten Behörde stelle die Bestimmung des § 15 Z. 2 GewO 1973 zweiter Satzteil klar, daß die Genehmigung der Betriebsanlage - deren Fehlen unter Umständen als gesetzliches Hindernis zu qualifizieren sei - bei der Begründung des Rechtes zur Gewerbeausübung noch nicht vorliegen müsse, wenn das Gewerbe wenigstens zum Teil auch ohne den Betrieb dieser Anlage ausgeübt werden könne. Im Gegensatz zur Behörde erster Instanz sei die belangte Behörde zwar zur richtigen Feststellung gelangt, daß das angemeldete Tischlerhandwerk zum Teil auch ohne eine genehmigte Betriebsanlage ausgeübt werden könne, ziehe jedoch daraus nicht die richtige rechtliche Folgerung, daß aus diesem Grund durch die Anmeldung des Gewerbes das Gewerberecht im angemeldeten Umfang entstanden sei und dies gemäß § 340 Abs. 1 GewO 1973 hätte festgestellt werden müssen, sondern leite daraus ab, daß zwar die gesetzlichen Voraussetzungen zur Ausübung des Tischlerhandwerkes vorlägen, jedoch beschränkt auf die im Spruch des erstbehördlichen Bescheides willkürlich angenommenen Tätigkeiten. Die belangte Behörde übersehe dabei insbesonders, daß noch andere vom Gewerberechtsumfang umfaßte Tätigkeiten ohne eine genehmigte Betriebsanlage durchgeführt werden könnten. Im Gegensatz zur belangten Behörde werde die Rechtsansicht vertreten, daß die Sonderregelung des § 15 Z. 2 GewO 1973 bezüglich der Notwendigkeit des Vorliegens der Genehmigung der Betriebsanlage dahin auszulegen sei, daß der Umfang des angemeldeten Gewerbes nicht auf alle jene Tätigkeiten zu beschränken sei, welche ohne die genehmigte Betriebsanlage durchgeführt werden könnten, sondern das Gewerberecht bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen im vollen angemeldeten Umfang mit der Anmeldung entstehe, und daß dies auch von der Gewerbebehörde gemäß § 340 Abs. 1 GewO 1973 entsprechend festzustellen sei. Im übrigen sei die Gewerbebehörde nicht berechtigt, die Gewerbeberechtigung abweichend von der Gewerbeanmeldung dem Umfang nach einzuschränken, sondern es sei über die Gewerbeanmeldung, so wie sie erstattet worden sei, zu entscheiden. Die Behörde sei nicht berechtigt, über eine Gewerbeanmeldung teils positiv, teils negativ abzusprechen. Im Ergebnis komme die von der belangten Behörde vorgenommene Einschränkung jedoch einer derartigen Erledigung gleich. Im übrigen werde als Verfahrensmangel geltend gemacht, daß die belangte Behörde insbesondere ihren Beweisantrag auf Einholung eines Gutachtens eines Sachverständigen aus dem Tischlerhandwerk bzw. der Handelskammer Folge hätte geben müssen, da dabei hervorgekommen wäre, daß auch ohne Betriebsanlage ein Tischler eine Reihe von Tätigkeiten durchführen könne, die erlaubt und von der Gewerbeberechtigung umfaßt seien, sodaß eine Beschränkung derselben auf einzelne genau beschriebene Tätigkeiten weder rechtlich möglich noch tunlich sei.

Die belangte Behörde führte in ihrer Gegenschrift u.a. aus, im Zuge des Berufungsverfahrens habe die Beschwerdeführerin die Einschränkung des Tischlerhandwerkes auf das Verlegen von Klebeparkett, das Parkettschleifen sowie das Montieren von fertig gekauften Sicherheitsschlössern in Holztüren angezeigt. Im Hinblick darauf sei im angefochtenen Bescheid festgestellt worden, daß der Ausübung des eingeschränkten Tischlerhandwerkes im angemeldeten Standort Hindernisse nach § 15 GewO 1973 nicht entgegenstünden.

Der Beschwerde kommt Berechtigung zu:

Zunächst ist in Ansehung der im vorliegenden Fall den Prüfungsrahmen des Verwaltungsgerichtshofes bestimmenden Beschwerdepunkte im Hinblick auf das dargestellte Beschwerdevorbringen davon auszugehen, daß sich die Beschwerdeführerin auf Grund der von ihr angestellten Schlußfolgerungen im Ergebnis im vollen Umfang in den von ihr bezeichneten Rechten durch den feststellenden Abspruch des angefochtenen Bescheides - mit dem untrennbar auch die Zurkenntnisnahme der Bestellung des H als gewerberechtlichen Geschäftsführer verbunden ist - verletzt erachtet.

Danach ergibt sich aber für die nachprüfende Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof als meritorische Entscheidungsgrundlage die Bestimmung des § 15 Z. 2 GewO 1973, wonach eine gewerbliche Tätigkeit nicht ausgeübt werden kann, wenn Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder die hierauf gegründeten Verordnungen dieser Tätigkeit entgegenstehen; eine etwa erforderliche Genehmigung der Betriebsanlage (§ 74) muß bei der Anmeldung des Gewerbes oder bei der Erteilung der Konzession aber noch nicht vorliegen, sofern das Gewerbe wenigstens zum Teil auch ohne den Betrieb dieser Anlage ausgeübt werden kann.

Danach steht aber die mangelnde Betriebsanlagengenehmigung im Sinne des § 340 Abs. 1 in Verbindung mit § 15 Z. 2 GewO 1973 der Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit nur dann entgegen, wenn feststeht, daß das Gewerbe schlechthin - d.h. somit auch nicht zum Teil - ohne den Betrieb einer Anlage ausgeübt werden kann (vgl. hiezu die bereits in diesem Zusammenhang in Ansehung einer beantragten Konzessionserteilung enthaltenen Darlegungen im hg. Erkenntnis vom 25. September 1990, Zl. 90/04/0071). Einer derartigen Annahme in Ansehung des Tischlerhandwerkes stehen aber schon die den normativen Abspruch des angefochtenen Bescheides tragenden Begründungsdarlegungen entgegen, nach denen die belangte Behörde selbst davon ausging, daß die von ihr ins Auge gefaßten Tätigkeiten im Rahmen des Tischlerhandwerkes auch ohne Vorhandensein einer der Genehmigungspflicht unterliegenden Betriebsanlage ausgeübt werden können.

Sofern aber die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift ausführt, daß die Beschwerdeführerin "im Zuge des Berufungsverfahrens" die Einschränkung des von ihr angemeldeten Tischlerhandwerkes auf die vom Abspruch des angefochtenen Bescheides betroffenen Teiltätigkeiten dieses Gewerbes angezeigt habe, so ergeben sich für eine derartige Annahme - abgesehen davon, daß die belangte Behörde in diesem Fall nicht in der durch den Abspruch des erstbehördlichen Bescheides bestimmten "Sache", und somit im Rahmen ihrer Zuständigkeit als Berufungsbehörde entschieden hätte - in sachverhaltsmäßiger Hinsicht keine Anhaltspunkte aus den Begründungsdarlegungen des angefochtenen Bescheides.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des geltend gemachten Kostenersatzanspruches auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991; die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den im Beschwerdeschriftsatz unter "Barauslagen" verzeichneten Betrag, da solche im Sinne des § 48 Abs. 1 Z. 1 VwGG nicht entstanden sind.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991040287.X00

Im RIS seit

31.03.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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