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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §34 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Kremla, Dr. Kratschmer und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Waldner, über die Beschwerde des J in R, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in O, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Burgenland vom 10. Dezember 1991, Zl. VI/2-4335-1-1991, betreffend wasserpolizeiliche Anordnung (mitbeteiligte Partei: H in W, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in W), den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.360,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom 5. Juli 1991 verpflichtete die Bezirkshauptmannschaft (BH) die mitbeteiligte Partei (mP) gemäß den §§ 30 ff, 98 und 122 Abs. 1 WRG 1959 i.d.F. BGBl. Nr. 252/1990, die Abwasserkanalrohre auf dem Grundstück des Beschwerdeführers in R, X-Gasse, durch dem Stand der Technik entsprechende, dichte Ableitungsrohre zu ersetzen; die Erfüllungsfrist wurde mit längstens 30. Juli 1991 bemessen. Begründend wurde ausgeführt, daß anläßlich der örtlichen Erhebung vom 24. Juni 1991 festgestellt worden sei, daß die auf dem Anwesen der mP anfallenden Abwässer über Dachabfalleitungen und Hofeinlaufschächte in den Abwasserkanal abgeleitet würden; dieser Abwasserkanal, der mit Betonfalzrohren errichtet worden sei, verlaufe von der Grundgrenze des Grundstücks der mP über die Gartenfläche des Beschwerdeführers bis zum Kontrollschacht der öffentlichen Kanalisation neben dem Kastengerinne des X-Baches. Anläßlich der am Verhandlungstag durchgeführten Besichtigung habe festgestellt werden können, daß im tiefer gelegenen Bereich des Gartens des Beschwerdeführers die Betonfalzrohre an zwei Stellen freigelegt worden seien und die Leitung Beschädigungen bzw. Undichtheiten aufgewiesen habe; durch diese undichten Stellen trete das Abwasser aus und versickere unmittelbar in den Untergrund; da in diesem Bereich das Grundwasser etwa die gleiche Tiefe wie das Bachbett des X-Baches aufweise, sei eine Kontamination des Grundwassers zu befürchten bzw. werde dieses durch die mit organischen Stoffen belasteten Abwässer beeinträchtigt. Aus wasserbautechnischer Sicht und insbesondere im Hinblick auf den Grundwasserschutz sei es daher erforderlich, umgehend diese Abwasserkanalrohre durch dem Stand der Technik entsprechende, dichte Abwasserableitungsrohre zu ersetzen; eine Abdichtung bzw. Sanierung der derzeit vorhandenen Betonfalzrohre sei technisch nicht möglich. Der Amtssachverständige habe ausgeführt, daß das Erdreich im Bereich der undichten Stellen in der Kanalleitung und in der Folge auch das unmittelbar anstehende Grundwasser verschmutzt werde; da zirka 50 m bachabwärts ein Grundwasserbrunnen bestehe und dieser auch genutzt werde, werde durch die Entnahme von Wasser aus diesem Brunnen die Verfrachtung der organischen Substanzen des Abwassers beschleunigt und intensiviert. Die mP habe in der Verhandlung erklärt, sofort bereit zu sein, den bestehenden Kanal wie vorgeschlagen zu sanieren bzw. zu erneuern; der Beschwerdeführer dagegen sei nicht bereit, der mP zu gestatten, sein Grundstück zwecks Sanierung bzw. Erneuerung des Abwasserkanals zu betreten bzw. die notwendigen Arbeiten dort aus- und durchführen zu lassen. Unter Berücksichtigung des Ergebnisses der örtlichen Erhebung und aufgrund der Bestimmungen der §§ 30 ff WRG sei im Interesse der Reinhaltung und zum Schutze der Gewässer spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung des Beschwerdeführers wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid ab und führte unter Hinweis auf die und teilweiser Zitierung der Bestimmungen der §§ 30 Abs. 1, 31 Abs. 1 und Abs. 5, 72 Abs. 1 lit. a und e, 98 Abs. 1 letzter Satz und 122 Abs. 1 WRG 1959 aus, im Gegenstand sei für die Erlassung der einstweiligen Verfügung die Bezirksverwaltungsbehörde sachlich zuständig gewesen. Da nach dem von der BH eingeholten Gutachten des Amtssachverständigen für Wasserbau das Erdreich im Bereich der undichten Stelle in der Kanalleitung und in der Folge auch das unmittelbar anstehende Grundwasser verschmutzt werde, seien zum Schutz des Grundwassers die von der Behörde erster Instanz angeordneten Maßnahmen erforderlich gewesen; soweit diese Maßnahmen auch Eingriffe in fremde Rechte, hier des Beschwerdeführers,erforderlich machten, seien diese durch § 31 Abs. 5 und § 72 WRG gedeckt.
Mit der vorliegenden Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht verletzt, auf seinem Grundstück keinen Kanalstrang und keine Sanierungsarbeiten dulden zu müssen.
Die belangte Behörde hat die Verfahrensakten vorgelegt und ebenso wie die mP eine Gegenschrift erstattet und wie diese die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Die Beschwerde erweist sich aus nachstehenden Gründen als unzulässig:
Gemäß Art. 131 Abs. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde nach Erschöpfung des Instanzenzuges wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Ausschlaggebend für die Beurteilung der Beschwerdelegitimation ist sohin - unabhängig von der Frage der Parteistellung im vorausgegangenen Verwaltungsverfahren -, ob der Beschwerdeführer nach Lage des Falles durch den bekämpften Bescheid - ohne Rücksicht auf dessen Gesetzmäßigkeit - in einem subjektiven Recht überhaupt verletzt sein kann (vgl. etwa den hg. Beschluß vom 23. April 1985, Zl. 85/07/0054). Fehlt die Möglichkeit einer Rechtsverletzung in der Sphäre des Beschwerdeführers, so ermangelt diesem die Beschwerdeberechtigung.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 10. Dezember 1991 wurde die mP zu einer bestimmten Leistung (hier: zur Ersetzung bestehender alter durch neue Rohre, und zwar auf dem Grundstück des Beschwerdeführers) verpflichtet. Diese bescheidförmig ausgesprochene Leistungsverpflichtung enthält aber keine den Beschwerdeführer treffende korrespondierende Duldungsverpflichtung. Es ist daher zu prüfen, ob dem Beschwerdeführer dessen ungeachtet eine Beschwerdeberechtigung zukommt.
Zwar stützt sich der Spruch des angefochtenen Bescheides auch auf § 72 Abs. 1 lit. a und e WRG 1959 in der Fassung BGBl. Nr. 252/1990: Danach haben die Eigentümer von Grundstücken und die Wasserberechtigten zu Instandhaltungsarbeiten an Gewässern sowie zur Durchführung von Maßnahmen zur Vermeidung und Bekämpfung einer Gewässerverunreinigung das Betreten und Benutzen ihrer Grundstücke insbesondere zur Zu- und Abfuhr und zur Ablagerung von Baustoffen, Geräten, Werkzeugen und dgl., zur Zubereitung der Baustoffe, zur Vornahme von Erhebungen und Untersuchungen sowie zur Entnahme von Proben und zur Einrichtung von Untersuchungs- und Überwachungseinrichtungen insoweit zu dulden, als sich dies als unbedingt notwendig erweist; die Wasserberechtigten sind in gleicher Weise gehalten, eine vorübergehende Einschränkung oder Einstellung der Wasserbenutzung zu dulden.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger (zwar noch zur alten Rechtslage ergangener, jedoch auch für den vorliegenden Fall relevanter) Rechtsprechung erkannt hat, begründet § 72 Abs. 1 leg. cit. eine Legalservitut, die eine vorübergehende und in einer die Substanz nicht beeinträchtigenden Weise die Benutzung benachbarter Grundstücke ohne Zustimmung des betroffenen Eigentümers und ohne wasserrechtliches Verfahren ermöglicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. Dezember 1989, Slg. 13.077/A). Allerdings kann diese Verpflichtung rechtens erst aufgrund eines die Duldungsverpflichtung konkret aussprechenden Bescheides umgesetzt werden. Dieser für das wasserrechtliche Bewilligungsverfahren geltende Grundsatz findet - im Rahmen der gesetzlich vorgesehenen Anwendbarkeit dieser Gesetzesstelle - auch für das wasserpolizeiliche und damit auch für das vorliegende Verfahren insofern Anwendung, als § 72 leg. cit. hinsichtlich seines Anwendungsbereiches keine diesbezügliche Differenzierung enthält. Da aber der angefochtene Bescheid eine derartige konkrete Duldungsverpflichtung des Beschwerdeführers nicht normiert, kann dieser durch jenen in seinen Rechten (noch) nicht verletzt sein. Zur Realisierung des erteilten Auftrages bedarf es vielmehr eines zusätzlichen Verpflichtungsaktes.
Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.
Bei dieser Sach- und Rechtslage erübrigte sich ein gesonderter Abspruch über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991; die Abweisung des Mehrbegehrens der mP betrifft Stempelgebühren für zur Rechtsverfolgung nicht erforderliche Beilagen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992070023.X00Im RIS seit
12.11.2001Zuletzt aktualisiert am
14.12.2011