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L94407 Krankenanstalt Spital Tirol;Norm
ÄrzteG 1984;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Pokorny, Dr. Karger und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des K in I, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat) vom 9. März 1987, Zl. 30.065-3/87, betreffend Gewerbesteuer für die Jahre 1981 bis 1983, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Heilmasseur. Er besitzt die Befähigung zur Ausübung des Berufes als Heilbademeister und Heilmasseur (§ 103 Abs. 1 lit. b Z. 34 Gewerbeordnung 1973). Mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 16. Dezember 1980 wurde ihm gemäß den §§ 3 und 4 des Tiroler Krankenanstaltengesetzes, LGBl. Nr. 5/1958, die Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb einer Krankenanstalt (Heilmassagepraxis) in Tirol erteilt. Die Bestellung eines praktischen Arztes zum "ärztlichen Leiter" der Anstalt wurde genehmigt.
Für die Jahre 1981 bis 1983 wurden die Einkünfte des Beschwerdeführers aus der genannten Tätigkeit der Gewerbesteuer unterzogen.
In zwei Berufungen gegen diese Bescheide brachte der Beschwerdeführer vor, er arbeite "auf Krankenschein", da nahezu sämtliche seiner Patienten von Ärzten überwiesen würden. Gemäß § 2 Z. 8 GewStG 1953 seien auch private Krankenanstalten von der Gewerbesteuer befreit, wenn sie in besonderem Maß der minderbemittelten Bevölkerung dienten. Dies sei der Fall, wenn den Vorschriften des § 46 BAO im Zusammenhang mit den Bestimmungen des § 16 Krankenanstaltengesetz, BGBl. Nr. 1/1957 und des § 59 Tiroler Krankenanstaltengesetz, LGBl. Nr. 5/1958, betreffend die Gemeinnützigkeit von Krankenanstalten, entsprochen werde. In der Krankenanstalt des Beschwerdeführers werde jedermann aufgenommen, bei dem ein Arzt eine diesbezügliche Notwendigkeit feststelle, und werde solange behandelt, als es sein Gesundheitszustand erfordere. Der Beschwerdeführer rechne fast ausschließlich mit Krankenkassen ab (Tiroler Gebietskrankenkasse, BVA, Versicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Versicherungsanstalt der Bauern etc.), sodaß auch die Voraussetzung des gleichen Entgeltes für jeden Pflegling gegeben sei. Aufzahlungen auf die Sozialtarife dürften entsprechend den Verträgen nicht verlangt werden. Davon abgesehen übe der Beschwerdeführer eine freiberufliche Tätigkeit im Sinne des § 22 EStG 1972 aus und unterliege auch aus diesem Grund nicht der Gewerbesteuer. Der Beschwerdeführer behandle Wirbelsäulenerkrankungen, eine Therapie, die von einem gewerblichen Masseur nicht durchgeführt werden dürfe. Jeder Heilbehandlung gehe eine ärztliche Diagnose voraus. Würde die Heilmassage vom Arzt selbst vorgenommen werden, so wäre sie zweifelsfrei eine ärztliche Tätigkeit. Die Übertragung dieser ärztlichen Tätigkeit auf einen extra dafür ausgebildeten spezialisierten Heilmasseur rechtfertige keine abweichende steuerliche Beurteilung. Der Beschwerdeführer unterliege ebenso wie ein Arzt der Verschwiegenheitspflicht. Analog zur Hebamme könne auch der Beschwerdeführer mit einem bestimmten Facharztberuf verglichen werden. Seine Tätigkeit entspreche der eines Physikotherapeuten.
Nach Ergehen einer abweisenden Berufungsvorentscheidung betreffend eine der Berufungen beantragte der Beschwerdeführer die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz, der das Finanzamt auch die zweite Berufung (ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung) vorlegte.
Die belangte Behörde forderte den Beschwerdeführer auf, den Bescheid der Tiroler Landesregierung vorzulegen, mit welchem die Gemeinnützigkeit seiner Krankenanstalt festgestellt worden sei. Im Zuge der mündlichen Berufungsverhandlung legte der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers ein Schriftstück vor, in dem die Ausbildung des Beschwerdeführers (Volksschule, Hauptschule und Krankenpflegeschule) und sein beruflicher Werdegang dargestellt sowie auf den Umstand hingewiesen wurde, daß seine Tätigkeit nicht als gemeinnützig festgestellt worden sei.
Die belangte Behörde wies die Berufungen ab. Sie verneinte sowohl die Ähnlichkeit der beruflichen Tätigkeit des Beschwerdeführers mit der eines Arztes und damit das Vorliegen einer freiberuflichen Tätigkeit als auch die Anwendbarkeit der Befreiungsbestimmung des § 2 Z. 8 Gewerbesteuergesetz 1953. Letzteres mit der Begründung, daß die Krankenanstalt des Beschwerdeführers nicht als gemeinnützig anerkannt worden sei.
Gegen diese Entscheidung erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, deren Behandlung jedoch mit Beschluß vom 27. November 1987, B 449/87-4, abgelehnt wurde. In der antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetretenen Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 22 Abs. 1 Z. 1 EStG 1972 in der für die Streitjahre geltenden Fassung gehören zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit unter anderem die Einkünfte aus der Berufstätigkeit der Ärzte und aus einer ähnlichen freiberuflichen Tätigkeit. Der Beschwerdeführer ist kein Arzt, vertritt jedoch die Auffassung, daß seine Tätigkeit der eines Arztes ähnlich sei, weil sie nur über ärztliche Anweisung und unter ärztlicher Aufsicht durchgeführt werden dürfe und zweifelsfrei eine ärztliche Tätigkeit wäre, wenn sie von einem Arzt ausgeübt würde.
Dieser Auffassung ist die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten, wonach sich aus dem Wesen der ärztlichen Berufstätigkeit, insbesondere aus den Vorschriften des Ärztegesetzes ergebe, daß der ärztliche Beruf auf dem vorklinischen und klinisch medizinisch-wissenschaftlichen Studium der gesamten Heilkunde beruhe, dessen erfolgreiche Vollendung allein - abgesehen von gewissen Beschränkungen für in Ausbildung stehende Ärzte - dazu berechtigt, die Heilkunde umfassend auszuüben. Das medizinische Studium sei unabdingbare Voraussetzung der Ausübung der ärztlichen Tätigkeit. Eine einem Arzt ähnliche Tätigkeit könnte daher - allerdings verbotenerweise - nur jemand ausüben, der sich umfassende medizinisch-wissenschaftliche Kenntnisse anders als durch ein Hochschulstudium in einem solchen Maß erworben habe, daß er in der Lage sei, die gesamte Heilkunde auszuüben. Der Beruf eines Masseurs sei - ohne daß es darauf ankomme, ob der Masseurberuf berufsrechtlich ein Gewerbe im Sinne der Gewerbeordnung sei oder seine Grundlage im Bundesgesetz BGBl. Nr. 102/1961 habe - dem eines Arztes nicht ähnlich. Ein abgabenrechtlich bedeutsamer Unterschied zwischen einem Masseur und einem Heilmasseur bestehe nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Mai 1983, 82/14/0280, 0290, und die dort zitierte hg. Rechtsprechung). Der Gerichtshof sieht sich nicht veranlaßt, von dieser Rechtsprechung abzurücken.
Dennoch erweist sich die Beschwerde als berechtigt. Der Beschwerdeführer bringt vor, daß die Befreiungsbestimmung des § 2 Z. 8 GewStG 1953 zu Unrecht nicht auf seine Tätigkeit angewendet worden ist. § 2 Z. 8 GewStG 1953 lautet:
"Von der Gewerbesteuer sind befreit:
...
8. Krankenanstalten des Bundes, eines Landes, einer Gemeinde oder eines Gemeindeverbandes. Krankenanstalten, die nicht von einer dieser Gebietskörperschaften betrieben werden, sind von der Gewerbesteuer befreit, wenn sie im Bemessungszeitraum im besonderen Maß der minderbemittelten Bevölkerung dienen. Eine Krankenanstalt dient im besonderen Maß der minderbemittelten Bevölkerung, wenn sie die diesbezüglich bestehenden gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt. Dies gilt auch dann, wenn eine Krankenanstalt von einer natürlichen Person oder von einer Personengesellschaft betrieben wird;
..."
Die belangte Behörde vertritt die Rechtsansicht, daß von Privatpersonen betriebene Krankenanstalten in Tirol nur dann unter die zitierte Befreiungsbestimmung fallen, wenn ihre Gemeinnützigkeit von der Tiroler Landesregierung ausdrücklich festgestellt wurde.
Der Gerichtshof teilt diese Auffassung nicht. Der belangten Behörde ist nur insoweit zuzustimmen, als sie bei Auslegung des § 2 Z. 8 GewStG 1953 der Bestimmung des § 46 BAO Bedeutung beimißt. Dafür sprechen folgende Überlegungen:
Tatbestandsmerkmal dafür, daß die zitierte Gewerbesteuerbefreiung bei einer privaten Krankenanstalt zum Tragen kommt, ist, daß die Krankenanstalt "die diesbezüglich bestehenden gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt". Welche konkreten gesetzlichen Voraussetzungen eine solche Krankenanstalt zu erfüllen hat, läßt sich weder aus dem Wortlaut des Gesetzes noch aus einem erkennbaren Sinneszusammenhang erschließen. Um den Willen des Gesetzgebers zu erforschen, bietet sich jedoch im Beschwerdefall die historische Interpretation an. Der Befreiungsbestimmung des § 2 Z. 8 GewStG 1953 diente nach den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (154 BlgNR 7.GP) § 11 Abs. 1 bis 4 der Dritten GewStDV (dRGBl. 1940 I S 284) als Vorbild. Diese Bestimmungen lauteten ursprünglich:
"§ 11
Krankenanstalten
(1) Krankenanstalten des Reichs, eines Landes, einer Gemeinde oder eines Gemeindeverbandes sind von der Gewerbesteuer befreit.
(2) Krankenanstalten, die nicht von einer im Absatz 1 bezeichneten Gebietskörperschaft betrieben werden, sind von der Gewerbesteuer befreit, wenn sie in besonderem Maß der minderbemittelten Bevölkerung dienen. Das ist anzunehmen, wenn im Bemessungszeitraum die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
1. Die Pflegesätze in allen Verpflegungsklassen dürfen die Beträge nicht überschreiten, die der Oberfinanzpräsident als Höchstsätze bezeichnet hat.
2. Mindestens vierzig von Hundert der jährlichen Verpflegungstage müssen auf Kranke der Sozialversicherung und der öffentlichen Fürsorge oder auf solche Selbstzahler entfallen, die nicht mehr als den niedrigsten Pflegesatz im Sinn der Ziffer 1 entrichtet und bei denen die ärztlichen Gebühren nachweislich die Mindestsätze der staatlichen Gebührenordnung nicht überschritten haben.
(3) Pflegesätze im Sinn des Absatzes 2 Ziffer 1 sind die Beträge, die für die Betreuung der Kranken in der Krankenanstalt ausschließlich der ärztlichen Leistung und der üblichen Nebenleistungen (z.B. für Arzneimittel) gefordert werden.
(4) Bei Ermittlung der Höchstsätze ist von den Pflegesätzen von Krankenanstalten der Gemeinden, der Gemeindeverbände und der Länder auszugehen.
Es sollen dabei für die niedrigste Verpflegungsklasse die Pflegesätze, die die Träger der Sozialversicherung bezahlen, nicht unterschritten werden. Für Fachanstalten können auch die Pflegesätze der Reichsversicherungsanstalt für Angestellte zugrunde gelegt werden."
Mit § 21 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung der §§ 17 bis 19 des Steueranpassungsgesetzes vom 16. Dezember 1941, dRMBl. 1941 S 299 (in der Folge kurz als Durchführungsverordnung bezeichnet und zu unterscheiden von der Dritten GewStDV) traten an die Stelle der oben zitierten Absätze 2 bis 4 (und weiterer Bestimmungen) folgende Vorschriften:
"(2) Krankenanstalten, die nicht von einer im Absatz 1 bezeichneten Gebietskörperschaft betrieben werden, sind von der Gewerbesteuer befreit, wenn sie im Bemessungszeitraum in besonderem Maß der minderbemittelten Bevölkerung dienen.
(3) Eine Krankenanstalt dient in besonderem Maß der minderbemittelten Bevölkerung, wenn sie die Voraussetzungen erfüllt, die im § 11 Absätze 2 bis 6 der Verordnung zur Durchführung der §§ 17 bis 19 des Steueranpassungsgesetzes vom 16. Dezember 1941 (Reichsministerialbl. S 299) bezeichnet sind.
(4) Absätze 2 und 3 gelten auch dann, wenn eine Krankenanstalt von einer natürlichen Person oder von einer Personengesellschaft betrieben wird."
Die im eben zitierten Abs. 3 verwiesene Norm entsprach inhaltlich insoweit § 11 Abs. 2 bis 4 der Dritten GewStDV, als die Gewerbesteuerbefreiung privater Krankenanstalten ebenfalls von bestimmten höchstzulässigen Pflegesätzen abhängig gemacht wurde.
Bedeutsam erscheint jedoch der Abs. 1 des § 11 der Durchführungsverordnung, auch wenn auf diese Bestimmung in der geänderten Fassung der Dritten GewStDV nicht ausdrücklich verwiesen wird. Dies deshalb, weil § 46 BAO Vorschriften über die steuerliche Behandlung von Krankenanstalten vorsieht und sich in den Gesetzesmaterialien (228 BlgNR 9.GP) der Hinweis findet, daß u.a. § 46 BAO im wesentlichen "den §§ 17 bis 19 StAnpG und der auf der Stufe des Gesetzes stehenden sogenannten Gemeinnützigkeitsverordnung" entspricht. Abs. 1 des § 11 der Durchführungsverordnung lautete:
"§ 11
Krankenanstalten
(1) Unterhält eine Körperschaft, die die Voraussetzungen der Steuerbegünstigung im übrigen erfüllt, eine Krankenanstalt, so gilt das folgende:
1. Die Körperschaft ist mit denjenigen Werten (insbesondere mit demjenigen Vermögen und mit denjenigen Einkünften), die zu der Krankenanstalt gehören, steuerfrei (§ 9 Absatz 4), wenn die Krankenanstalt in besonderem Maß der minderbemittelten Bevölkerung dient (Hinweis auf die Absätze 2 bis 6);
2. Die Krankenanstalt wird auch dann wie ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb behandelt, wenn sich die Körperschaft von der Absicht leiten läßt, durch den Betrieb der Krankenanstalt Gewinn zu erzielen. Es finden auch in diesem Fall die Vorschriften des § 9, nicht die Vorschriften des § 8 auf die Körperschaft Anwendung;
3. Hat eine Privatkrankenanstalt keine Konzession (§ 30 der Reichsgewerbeordnung), so steht der Körperschaft Steuerbegünstigung auf Grund dieser Verordnung nicht zu."
Mit der Wortfolge "Körperschaft, die die Voraussetzungen der Steuerbegünstigung im übrigen erfüllt", wird erkennbar auf § 1 der Durchführungsverordnung Bezug genommen, wo diese Voraussetzungen in der Erfüllung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke erblickt wird.
Die - wie bereits gesagt deutschem Gemeinnützigkeitsrecht nachgebildete - Bestimmung des § 46 BAO lautet:
"§ 46. Betreibt eine Körperschaft, die die Voraussetzungen für eine Begünstigung auf aufgabenrechtlichem Gebiet im übrigen erfüllt, eine Krankenanstalt (Heil- und Pflegeanstalt), so wird diese Anstalt auch dann als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb gemäß § 45 Abs. 1 behandelt, wenn sich die Körperschaft von der Absicht leiten läßt, durch den Betrieb der Anstalt Gewinn zu erzielen. Die Anstalt ist gleich einem unentbehrlichen Hilfsbetrieb gemäß § 45 Abs. 2 abgabefrei, wenn es sich um eine im Sinne des jeweils geltenden Krankenanstaltengesetzes gemeinnützig betriebene Krankenanstalt handelt."
Auch § 46 BAO bezieht sich mit der Wortfolge "eine Körperschaft, die die Voraussetzungen für eine Begünstigung auf abgabenrechtlichem Gebiet im übrigen erfüllt", auf eine vorangehende Bestimmung, nämlich auf jene des § 34 BAO, wo diese Voraussetzungen als Betätigung für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke umschrieben werden.
Betrachtet man diese Rechtsentwicklung, so zeigt sich, daß der Gesetzgeber die Gewerbesteuerbefreiung privater Krankenanstalten an die Voraussetzung knüpfen wollte, daß ihr Betrieb dem Gemeinwohl dient, wobei der Höhe der Pflegsätze, die nach näher zu bestimmenden sozialen Gesichtspunkten gestaltet sein mußten, besonderes Gewicht beigemessen wurde. Besonders deutlich wird dieser Wille des Gesetzgebers in § 46 BAO zum Ausdruck gebracht, der ganz allgemein die steuerliche Behandlung von Krankenanstalten regelt und dabei auch auf die Gemeinnützigkeitsbestimmungen im jeweils geltenden Krankenanstaltengesetz Bezug nimmt.
Der Gerichtshof vertritt daher die Auffassung, daß "die diesbezüglich bestehenden gesetzlichen Voraussetzungen", die eine Krankenanstalt gemäß § 2 Z. 8 GewStG 1953 erfüllen muß, um von der Gewerbesteuer befreit zu sein, im Sinne jener gesetzlichen Voraussetzungen zu verstehen sind, die § 46 BAO ganz allgemein für die Steuerbefreiung von Krankenanstalten vorsieht. Auch in der Literatur wird diese Auffassung vertreten (vgl. Jiresch-Langer, Das Gewerbesteuergesetz6, S 85 sowie Philipp, Kommentar zum Gewerbesteuergesetz, S 197).
Allerdings ist dabei zu beachten, daß die Gewerbesteuerbefreiung gemäß § 2 Z. 8 GewStG 1953 ausdrücklich auch für solche Krankenanstalten vorgesehen ist, die von natürlichen Personen oder von Personengesellschaften betrieben werden, während sich § 46 BAO nur auf von Körperschaften betriebene Krankenanstalten bezieht. Dieser Umstand ist deswegen von Bedeutung, weil einerseits § 46 BAO die Steuerbefreiung einer Krankenanstalt von deren Gemeinnützigkeit abhängig macht und dabei auf die Vorschriften des jeweils geltenden Krankenanstaltengesetzes verweist, andererseits aber die Gemeinnützigkeit einer Krankenanstalt nach § 16 Abs. 1 lit. a Krankenanstaltengesetz bzw. § 24 lit. a Tiroler Krankenanstaltengesetz voraussetzt, daß "ihr Betrieb nicht die Erzielung eines Gewinnes bezweckt".
Nun kann zwar eine Körperschaft auch dann der Gewerbesteuer unterliegen, wenn sie nur einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhält (§ 1 Abs. 4 GewStG 1953), also gemäß § 31 BAO eine Betätigung OHNE Gewinnabsicht unternimmt; bei einer natürlichen Person ist jedoch die Gewinnerzielungsabsicht gemäß § 28 BAO Tatbestandsvoraussetzung für das Vorliegen eines Gewerbebetriebes. Fehlt es an diesem Merkmal, so liegt kein Gewerbebetrieb und damit kein Steuergegenstand im Sinne des § 1 Abs. 1 GewStG 1953 vor. Eine ausdrückliche Befreiung natürlicher Personen von der Gewerbesteuer, wie sie § 2 Z. 8 leg. cit. normiert, wäre systemwidrig, weil eine Steuerbefreiung einen grundsätzlich steuerbaren Tatbestand voraussetzt.
Die im § 2 Z. 8 GewStG 1953 angesprochenen "diesbezüglich bestehenden gesetzlichen Voraussetzungen" sind daher nach Ansicht des Gerichtshofes so zu deuten, daß im Beschwerdefall zwar die übrigen im § 24 Tiroler Krankenanstaltengesetz für die Gemeinnützigkeit von Krankenanstalten normierten Voraussetzungen erfüllt sein müssen (insbesondere Aufnahme jeder anstaltsbedürftigen Person nach Maßgabe der Anstaltseinrichtungen, Behandlung der Pfleglinge nach den Erfordernissen ihres Gesundheitszustandes, Festsetzung der Pflegegebühren, Verbot der unmittelbaren Entlohnung der Bediensteten durch die Pfleglinge), nicht jedoch das in lit. a der zitierten Bestimmung geforderte Fehlen einer Gewinnerzielungsabsicht. Daraus folgt, daß die belangte Behörde zu Unrecht die Anwendung der Steuerbefreiung des § 2 Z. 8 GewStG 1953 von einer bescheidmäßigen Feststellung der Gemeinnützigkeit der Krankenanstalt des Beschwerdeführers durch die Tiroler Landesregierung abhängig gemacht hat, weil eine solche Feststellung im Hinblick auf § 24 lit. a Tiroler Krankenanstaltengesetz gar nicht möglich gewesen wäre.
Der angefochtene Bescheid erweist sich somit als inhaltlich rechtswidrig und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Im fortgesetzten Verfahren wird zu prüfen sein, ob die übrigen im § 24 Tiroler Krankenanstaltengesetz vorgesehenen Tatbestandsmerkmale auf die Krankenanstalt des Beschwerdeführers zutreffen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991. Der Ersatz von Stempelgebühren war nicht zuzusprechen, weil ein solcher für Stempelgebühren, die in einem vorangegangenen Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof zu entrichten waren, nicht vorgesehen ist (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 681, und die dort zitierte hg. Rechtsprechung).
Schlagworte
Stempelgebühren Kommissionsgebühren Barauslagen des Verwaltungsgerichtshofes DiversesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1988140016.X00Im RIS seit
22.05.2001Zuletzt aktualisiert am
15.10.2012