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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AuslEG 1965 §3 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Mag. Meinl, Dr. Fürnsinn, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde des L in K, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Schiedskommission beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales vom 14. September 1992, Zl. SchK. - OB. 810-452275-006, betreffend Beschädigtenrente nach dem Heeresversorgungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Einziger Streitpunkt im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist die ziffernmäßige Berechnung der dem Beschwerdeführer nach dem Heeresversorgungsgesetz (HVG) zustehenden Beschädigtenrente.
Dabei ist von folgendem unbestrittenen Sachverhalt auszugehen:
Der 1962 geborene Beschwerdeführer trat am 5. November 1987 den außerordentlichen Präsenzdienst nach dem Bundesgesetz über die Entsendung von Angehörigen des Bundesheeres zur Hilfeleistung in das Ausland (BGBl. Nr. 233/1965) an und wurde in Zypern eingesetzt. Am 21. Mai 1988 war er in einen Schußwechsel mit einem türkischen Zyprioten verwickelt und erlitt dabei schwere Verletzungen (Bauchdurchschuß).
Mit Bescheid vom 29. August 1991 sprach das Landesinvalidenamt für Tirol (LIA) dem Beschwerdeführer für die Folgen dieser Dienstbeschädigung eine Beschädigtenrente zu, wobei sie die Bemessungsgrundlage gemäß § 24 Abs. 1 HVG wie folgt ermittelte:
Einkommen v. 21. 5.1987 - 4.11.1987 0,--
Einkommen v. 5.11.1987 - 20. 5.1988 S 200.895,-- (UNO)
+ volle freie Station (mtl. S 2.400,--) S 15.628,38
Gesamtvorjahreseinkommen S 216.523,38
Bemessungsgrundlage S 15.466,--
Von dieser Bemessungsgrundlage (1/14 des
Gesamtvorjahreseinkommens) und von einer Minderung der
Erwerbsfähigkeit des Beschwerdeführers von 100 % ab
1. Mai 1988, von 50 % ab 1. Juli 1988 und von 30 % ab
1. August 1988 ausgehend berechnete das LIA die monatliche Höhe
der dem Beschwerdeführer jeweils zustehenden Beschädigtenrente.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung und machte geltend, die Minderung seiner Erwerbsfähigkeit sei vom LIA zu gering angenommen worden. Hinsichtlich der Ermittlung der Bemessungsgrundlage nach § 24 Abs. 1 HVG bestritt der Beschwerdeführer zwar nicht die Höhe seines vom LIA ermittelten Gesamtvorjahreseinkommens, doch machte er geltend, dieses hätte nicht durch 14, sondern nur durch 12 geteilt werden dürfen, weil ihm Gehalt und freie Station nur 12 Mal pro Jahr zugestanden seien. Außerdem seien ihm gegenüber Härten dadurch entstanden, daß das LIA seine Einkünfte nicht im Sinne des letzten Satzes des § 24 Abs. 1 HVG auf ein volles Jahr hochgerechnet habe. Er könne nicht dadurch benachteiligt werden, daß sein UNO-Einsatz im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses nicht bereits ein volles Jahr gedauert habe.
Nach Ergänzung des Ermitlungsverfahrens gab die belangte Behörde der Berufung insoweit Folge, als die dem Beschwerdeführer zustehende Beschädigtenrente ab dem 1. August 1988 auf Grundlage einer Minderung seiner Erwerbsfähigkeit von 40 % (statt 30 % gemäß dem Bescheid des LIA) zu errechnen sei. In der vor dem Verwaltungsgerichtshof allein strittigen Frage der Berechnung der Beschädigtenrente (Bemessungsgrundlage S 15.466,--) beschränkte sich die belangte Behörde auf einen Hinweis auf den Bescheid des LIA; gemäß § 24 Abs. 1 HVG sei in jedem Falle bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage von einem Vierzehntel des Jahreseinkommens auszugehen.
Ausschließlich in der "Heranziehung einer gesetzwidrigen Bemessungsgrundlage zur Berechnung der Höhe der zu gewährenden Beschädigtenrente nach den Bestimmungen des HeeresversorgungsG" erblickt der Beschwerdeführer die inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, wobei er in seiner Beschwerde im wesentlichen sein Berufungsvorbringen wiederholt. Nach Auffassung des Beschwerdeführers hätte sein für 197 Tage bezogener Gehalt von insgesamt S 200.895,-- auf 365 Tage hochgerechnet und mit 12 Monaten freier Station zu einem fiktiven Gesamtjahreseinkommen zusammengezählt werden müssen, welches sodann zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage nicht durch 14, sondern nur durch 12 zu teilen gewesen wäre. Daraus hätte sich naturgemäß eine wesentlich höhere monatliche Beschädigtenrente für den Beschwerdeführer ergeben.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Sowohl der Beschwerdeführer als auch die belangte Behörde gehen in rechtlicher Hinsicht davon aus, daß die Ermittlung der für die Beschädigtenrente des Beschwerdeführers heranzuziehenden Bemessungsgrundlage nach den Vorschriften des § 24 Abs. 1 HVG zu erfolgen hat. Nach dieser Gesetzesstelle bildet die Bemessungsgrundlage bei einem Beschädigten, der unselbständig erwerbstätig ist, ein Vierzehntel des Jahreseinkommens, das der Beschädigte vor dem Eintritt des schädigenden Ereignisses oder - wenn dies für ihn günstiger ist - vor dem Antritt der militärischen Dienstleistung erzielt hat. Fallen in den Zeitraum des letzten Jahres vor dem Eintritt des schädigenden Ereignisses oder vor dem Antritt der militärischen Dienstleistung Zeiten, in denen der Beschädigte infolge Erkrankung, Unfalls, Arbeitslosigkeit, Teilnahme an Förderungsmaßnahmen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes nach dem Arbeitsmarktförderungsgesetz, BGBl. Nr. 31/1969, oder vorübergehender Kurzarbeit kein oder nicht das volle Arbeitseinkommen bezogen hat, so verlängert sich der Zeitraum um diese Zeiten; bei der Festsetzung der Bemessungsgrundlage bleiben diese Zeiten außer Betracht. Zeiten, in denen ein Beschädigter ordentlichen Präsenzdienst geleistet hat, haben bei der Feststellung des Bemessungszeitraumes zur Gänze unberücksichtigt zu bleiben. Ergeben sich für den Beschädigten dadurch Härten, daß eine erstmalig aufgenommene Erwerbstätigkeit vor dem Eintritt des schädigenden Ereignisses oder vor dem Antritt der militärischen Dienstleistung noch nicht ein Jahr gedauert hat, so ist die Bemessungsgrundlage nach dem Jahresdurchschnittseinkommen festzusetzen, das eine Person gleichen Berufes unter gleichen Voraussetzungen üblicherweise erzielt. Als Einkommen gilt gemäß § 24 Abs. 2 HVG der Arbeitslohn; darunter sind nach dieser Gesetzesstelle die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der Dienstnehmer (Lehrling) aus dem Dienst(Lehr)verhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienst(Lehr)verhältnisses vom Dienstgeber oder einem Dritten erhält, einschließlich der Sonderzahlungen, wie zum Beispiel ein 13. oder 14. Monatsbezug, Weihnachts- oder Urlaubsgeld, Gewinnanteile oder Bilanzgeld.
Der Beschwerdeführer bemängelt mit Recht, daß sich die belangte Behörde in einer für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage - und damit im Ergebnis für die Berechnung der dem Beschwerdeführer dem Grunde nach unbestritten gebührenden Beschädigtenrente - maßgebenden Frage mit einem bloßen Hinweis auf die diesbezüglichen Ausführungen im erstinstanzlichen Bescheid begnügt hat. Die belangte Behörde ist tatsächlich auf das einschlägige Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers überhaupt nicht eingegangen. Sie ist aber auf diese Weise auch zu einer im Ergebnis unrichtigen rechtlichen Beurteilung dieser Frage gelangt.
Sowohl das LIA als auch die belangte Behörde sind bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage von der Anwendbarkeit des § 24 Abs. 1 HVG ausgegangen, sie haben also die Tätigkeit des Beschwerdeführers im Rahmen seines ab dem 5. November 1987 geleisteten außerordentlichen Präsenzdienstes als unselbständige Erwerbstätigkeit im Sinne dieser Gesetzesstelle beurteilt. Erstmals in ihrer Gegenschrift stellt die belangte Behörde in Frage, daß es sich dabei um eine "Erwerbstätigkeit" gehandelt habe, welche auch die Anwendung des letzten Satzes des § 24 Abs. 1 HVG ermöglichen würde. Gegen diese Auffassung spricht indes schon der von der belangten Behörde nicht weiter erörterte Widerspruch, daß die Bemessungsgrundlage zwar nach § 24 Abs. 1 HVG zu ermitteln, diese Bestimmung jedoch (zum Nachteil des Beschwerdeführers) nur teilweise anzuwenden sei. Für diese Auffassung findet sich im Gesetz keine Stütze.
Der Verwaltungsgerichtshof geht daher davon aus, daß dann, wenn die Tätigkeit des Beschwerdeführers als unselbständige Erwerbstätigkeit anzusehen ist, bei der Ermittlung der strittigen Bemessungsgrundlage ALLE einschlägigen Bestimmungen des § 24 Abs. 1 und 2 HVG anzuwenden sind.
Daß auch Bezüge aus dem ao. Präsenzdienst, die ein Präsenzdiener vor dem Eintritt des schädigenden Ereignisses erzielt hat, zur Bemessungsgrundlage im Sinne des § 24 Abs. 1 HVG gehören, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 23. Jänner 1976, Zl. 1644/75
= Slg. 8973/A, bejaht, und zwar unter ausdrücklicher Bezugnahme auf einen außerordentlichen Präsenzdienst gemäß § 27 Abs. 3 Z. 7 des Wehrgesetzes, bzw. nach den Bestimmungen des Auslandseinsatzgesetzes - AuslEG, BGBl. Nr. 233/1965. Wehrpflichtigen, die einen außerordentlichen Präsenzdienst im Sinne des § 1 AuslEG leisten, gebührt gemäß dem ersten Satz des § 3 Abs. 2 dieses Gesetzes für die Dauer dieses Präsenzdienstes eine Geldleistung, die aus dem Grundbetrag (Abs. 3) und der Auslandseinsatzzulage (Abs. 4) gebildet wird. Die nach Abs. 2 gebührende Geldleistung ist gemäß § 3 Abs. 9 AuslEG einem Arbeitseinkommen im Sinne des § 1 des Lohnpfändungsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 450, gleichgestellt.
Die Anwendung der Regeln des § 24 Abs. 1 HVG auf den Fall des Beschwerdeführers erforderte die Ermittlung des Vierzehntels seines vor dem Eintritt des schädigenden Ereignisses erzielten Jahreseinkommens. Die Berechnung der Jahresfrist vor dem Antritt seiner militärischen Dienstleistung wäre für den Beschwerdeführer nicht günstiger, weil er ja erst ab dem 5. November 1987 ein Einkommen erzielt hat. Die Auffassung des Beschwerdeführers, in seinem Fall wäre von einem Zwölftel seines Jahreseinkommens auszugehen, geht mangels gesetzlicher Grundlage ins Leere; der Gesetzgeber hat unabhängig davon, wieviele Monatsbezüge ausbezahlt werden, die Bemessungsgrundlage mit einem Vierzehntel des Jahreseinkommens festgesetzt.
Als Jahreseinkommen des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde die Summe all jener Geld- und Sachbezüge herangezogen, die dem Beschwerdeführer in der Zeit vom 5. November 1987 bis zum 20. Mai 1988 zugeflossen sind. Diese Berechnung entspricht den ersten drei Sätzen des § 24 Abs. 1 HVG, denn der Beschwerdeführer, der vor dem Antritt des außerordentlichen Präsenzdienstes kein Einkommen bezogen hat, hat binnen der maßgebenden Jahresfrist tatsächlich kein höheres Einkommen "erzielt". Der Beschwerdeführer ist aber damit im Recht, daß in seinem Falle die Härteregel des letzten Satzes des § 24 Abs. 1 HVG anzuwenden gewesen wäre, für deren Nichtanwendung die belangte Behörde jede taugliche Begründung schuldig geblieben ist.
Der Beschwerdeführer hat seine - nach dem Gesagten als Erwerbstätigkeit zu qualifizierende - Tätigkeit im Rahmen des außerordentlichen Präsenzdienstes am 5. November 1987 erstmalig aufgenommen, und diese Tätigkeit hat vor dem Eintritt des schädigenden Ereignisses noch nicht ein Jahr gedauert. Die für den Beschwerdeführer daraus resultierende Härte liegt darin, daß ein Vierzehntel seines in diesem Rumpfjahr erzielten Einkommens naturgemäß nur einen Bruchteil dessen ausmacht, was er im Falle einer durch das ganze Jahr hindurch ausgeübten Erwerbstätigkeit an Einkommen erzielt hätte. Der Beschwerdeführer weist in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hin, daß die von der belangten Behörde gewählte Vorgangsweise die vom Gesetzgeber ohne Zweifel nicht beabsichtigte Folge hätte, daß die Höhe der Beschädigtenrente weitgehend vom Zufall abhängig wäre, je nachdem nämlich, ob das schädigende Ereignis bereits zu Beginn oder erst gegen Ende der Jahresfrist eingetreten ist. Gerade zur Vermeidung derartiger Härten und Zufälligkeiten sieht der letzte Satz des § 24 Abs. 1 HVG für solche Fälle die Heranziehung des Durchschnittseinkommens vor, das eine Person gleichen Berufes unter gleichen Voraussetzungen üblicherweise erzielt.
Mit Rücksicht auf die gesetzliche Regelung der Höhe der im Auslandseinsatz stehenden Präsenzdiener wird dem Beschwerdeführer auch darin zu folgen sein, daß dieses Durchschnittseinkommen durch Hochrechnung seiner tatsächlich erzielten Einkünfte auf ein volles Jahr ermittelt werden kann.
Die belangte Behörde ist somit bei der Ermittlung der für die Höhe der Beschädigtenrente des Beschwerdeführers maßgebenden Bemessungsgrundlage von einer falschen Rechtsansicht ausgegangen. Der angefochtene Bescheid war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 2 VwGG iVm Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die geltend gemachten Stempelgebühren, die im Hinblick auf den auch für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geltenden § 68 Abs. 2 HVG nicht zu entrichten waren.
Schlagworte
Stempelgebühren Kommissionsgebühren Barauslagen des Verwaltungsgerichtshofes Gebührenfreiheit der Beschwerde Ersatz bei GebührenfreiheitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992090380.X00Im RIS seit
20.11.2000