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L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des A in L, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 7. Mai 1992, Zl. BauR-020014/13-1992 Ho/Lan, betreffend Vollstreckung in einer Bauangelegenheit, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 2.530,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Bezirkshauptmannschaft erließ gegenüber dem Beschwerdeführer den mit 8. November 1991 datierten Bescheid, dessen Spruch nachstehenden Wortlaut hat:
"Sie haben die Ihnen mit Bescheid vom 20.6.1984, Zl. Bau-1315-1976, und 9.1.1976, Zl. Bau-1315-1976 des Gemeinderates der Marktgemeinde B auferlegte Verpflichtung" (nämlich eine auf dem Grundstück Nr. 914/8 des Grundbuches über die Katastralgemeinde X errichtete Holzhütte mit einer Grundfläche von ca. 5 m x 4 m zur Gänze und eine auf dem genannten Grundstück errichtetes Holzhaus in Riegelbauweise auf Fundament mit einer Grundfläche von ca. 6 m x 4 m bis zum Keller abzutragen) "nicht erfüllt. Es wird daher die mit Schreiben vom 22.8.1990, Zl. BauR/15/1989-14/90/Mn, und 22.8.1990, Zl. BauR/15/1989-13/90/Mn, angedrohte Ersatzvornahme angeordnet.
Als Vorauszahlung für die Kosten der Ersatzvornahme haben sie 49.075,20 S bei uns zu erlegen."
Auf Grund der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung des Beschwerdeführers erging der Bescheid der
O.ö. Landesregierung vom 7. Mai 1992, dessen Spruch wie folgt lautet:
"I.
Der Berufung des A in L, vom 19.11.1991, wird teilweise FOLGE GEGEBEN und der Spruch des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 8.11.1991, Zl. BauR/15/1989-7/91, insofern abgeändert, als er wie folgt zu lauten hat:
"Sie haben die Ihnen mit Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde B vom 9.1.1976, Zl. Bau-1315/1976, auferlegte Verpflichtung nicht erfüllt. Es wird daher die mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 22.8.1990, Zl. BauR/15/1989-13/90/Mn, angedrohte Ersatzvornahme angeordnet.
Als Vorauszahlung für die Kosten der Ersatzvornahme haben Sie S 13.000,-- bei uns zu erlegen."
Desweiteren wird die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 8.11.1991, Zl. BauR/15/1989-7/91, angeordnete, mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 22.8.1990, Zl. BauR/15/1989-14/90/Mn, angedrohte Ersatzvornahme hinsichtlich der dem Berufungswerber mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde B vom 20.6.1984, Zl. Bau-1315-1976, auferlegten Verpflichtungen ERSATZLOS
BEHOBEN.
II.
Im übrigen wird die Berufung des A vom 19.11.1991 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 8.11.1991, Zl. BauR/15/1989-7/91, wegen Unbegründetheit
ABGEWIESEN."
Mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Dezember 1992, B 739/92-6, wurde die Behandlung der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die - gemäß § 34 Abs. 2 VwGG ergänzte - Beschwerde sowie die Gegenschrift der belangten Behörde erwogen:
Zunächst ist festzuhalten, daß sich die vorliegende Beschwerde nach dem gesamten Beschwerdevorbringen nicht gegen jenen Teil des Spruches des angefochtenen Bescheides richtet, mit welchem der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 8. November 1991 teilweise ersatzlos aufgehoben worden ist.
Gemäß § 2 Abs. 1 VVG haben die Vollstreckungsbehörden bei der Handhabung der in diesem Bundesgesetz geregelten Zwangsbefugnisse an dem Grundsatz festzuhalten, daß jeweils das gelindeste noch zum Ziel führende Zwangsmittel anzuwenden ist.
Wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, so kann die mangelnde Leistung gemäß § 4 Abs. 1 leg. cit. nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden. Zufolge § 10 Abs. 2 leg. cit. kann die Berufung gegen eine nach diesem Bundesgesetz erlassene Vollstreckungsverfügung nur ergriffen werden, wenn
1.
die Vollstreckung unzulässig ist oder
2.
die Vollstreckungsverfügung mit dem zu vollstreckenden Bescheid nicht übereinstimmt oder
3. die angeordneten oder angewendeten Zwangsmittel im Gesetz nicht zugelassen sind oder mit der Vorschrift des § 2 im Widerspruch stehen.
In Erwiderung auf das einleitende Beschwerdevorbringen ist darauf hinzuweisen, daß die Behörde gegen das Schonungsprinzip des § 2 Abs. 1 leg. cit. dann verstoßen hätte, wenn ihr mehrere zur Herstellung des bescheidmäßigen Zustandes taugliche Zwangsmittel zur Verfügung gestanden wären und sie ohne zwingenden Grund das den Verpflichteten schwerer belastende Zwangsmittel angewendet hätte. Im vorliegenden Fall hatte jedoch, da es sich um eine vertretbare Leistung handelte, die Herstellung des bescheidgemäßen Zustandes nach der zwingenden Vorschrift des § 4 VVG in der Form der Ersatzvornahme zu erfolgen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis VwSlg. Nr. 4095/A/1956). An der Rechtmäßigkeit der angeordneten Ersatzvornahme vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß das Vollstreckungsverfahren erst mehr als sechs Jahre nach dem Eintritt der Rechtskraft des Titelbescheides eingeleitet worden ist, weil es - abgesehen von der im Beschwerdefall nicht anzuwendenden Vorschrift des § 31 Abs. 3 VStG - keine gesetzliche Regelung gibt (auch der Beschwerdeführer konnte eine solche nicht angeben), derzufolge die Vollstreckung eines Titelbescheides bei sonstiger Unzulässigkeit innerhalb einer bestimmten Frist erfolgen muß. Eine dem Beschwerdeführer vorschwebende "Verschweigung seitens der Behörde" ist der österreichischen Rechtsordnung fremd, weshalb auch einer diesbezüglichen "Erwartungshaltung" des Beschwerdeführers in diesem Zusammenhang keine rechtliche Bedeutung zukommt.
Mit seinem Hinweis darauf, daß der Bürgermeister der Marktgemeinde Bad Leonfelden als Baubehörde erster Instanz im Jahre 1984 zugesagt habe, daß gegen die Errichtung einer Hütte "keinerlei Einwendungen bestehen", vermag der Beschwerdeführer entgegen seiner Auffassung keinen Verstoß gegen § 2 Abs. 1 VVG aufzuzeigen, weil über ein Bauansuchen gemäß § 49 Abs. 1 der O.ö. Bauordnung 1976 ein schriftlicher Bescheid zu erlassen ist, sodaß im Wege einer allfälligen mündlichen Zusage des zuständigen Organwalters keine rechtswirksame Baubewilligung erteilt werden kann. Das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Schreiben des Bürgermeisters vom 21. Mai 1974 enthält lediglich die Mitteilung, daß "von der Marktgemeinde B keine Einwendungen oder Bedenken zur Errichtung von Fischteichen und einer Hütte bestehen", wobei ausdrücklich darauf "hingewiesen" worden ist, "daß die Bau- ... Vorschriften eingehalten werden". Dieses Schreiben enthält also nicht den Ausspruch, daß hiemit eine Baubewilligung für eine Hütte erteilt werde, weshalb ihm in Ermangelung eines normativen Inhaltes kein Bescheidcharakter zuerkannt werden kann (vgl. dazu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, Slg. N.F. Nr. 9458/A).
Es trifft zwar zu, daß der Verwaltungsgerichtshof in seinem Vorerkenntnis vom 21. Februar 1984, Zl. 83/05/0160, die Auffassung vertreten hat, daß der Titelbescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde B vom 9. Jänner 1976 mit Mängeln behaftet sei; allerdings wurde dazu in demselben Erkenntnis ausgeführt, daß diese Mängel durch die Rechtskraft des Bescheides geheilt seien und der Bescheid im übrigen so hinreichend bestimmt sei, daß er einer Vollstreckung zugänglich sei. Die seinerzeit aufgezeigten Mängel des Titelbescheides sind daher für die Frage der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht von Bedeutung.
Mit seinem unter Bezugnahme auf das hg. Erkenntnis VwSlg. Nr. 11936/A/1985 gegebenen Hinweis, ein Zwangsvollstreckungsverfahren sei im Sinne des § 10 Abs. 2 Z. 1 VVG UNZULÄSSIG, wenn sich der SACHVERHALT in der Folge derart GEÄNDERT habe, daß das öffentliche Interesse an der Erfüllung des Bauauftrages nachträglich weggefallen sei, kann der Beschwerdeführer für seinen Standpunkt schon deshalb nichts gewinnen, weil der erwähnten hg. Entscheidung ein völlig anders gelagerter Sachverhalt, nämlich die Erlassung eines auf § 129 Abs. 4 der Bauordnung für Wien gestützten baupolizeilichen Auftrages zur Beseitigung eines Baugebrechens, zugrunde gelegen war. Im damaligen Beschwerdefall vertrat der Gerichtshof die Auffassung, daß bei einem Baugebrechen etwa durch Austrocknung der Decke nach Beseitigung der Durchnässungsquelle die Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses wegfallen könne, wodurch sich das Baugebrechen zum Bauschaden reduziere, sodaß eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes eintrete, die eine Vollstreckung unzulässig mache. Das öffentliche Interesse an der Beseitigung eines konsenslosen und damit rechtswidrigen Bauwerkes bleibt bis zu dessen Abtragung bestehen, weshalb dem Beschwerdeführer nicht gefolgt werden kann, daß im Beschwerdefall "kein wie immer geartetes öffentliches Interesse an der Durchsetzung des Vollstreckungsauftrages mehr bestehen kann und sohin eine Exekutionsführung auch im Lichte dieser Überlegungen unzulässig ist".
Eine weitere inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erblickt der Beschwerdeführer in dem Umstand, daß bereits mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 18. Juli 1983 die Ersatzvornahme angeordnet worden sei, weshalb für die dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende neuerliche gleichartige Anordnung jede Rechtsgrundlage fehle.
In Erwiderung auf dieses Vorbringen ist auf die diesem Thema gewidmeten Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides zu verweisen, wonach mit dem Bescheid der belangten Behörde vom 22. August 1983 die Berufung des Beschwerdeführers gegen den erwähnten erstinstanzlichen Bescheid vom 18. Juli 1983 abgewiesen worden sei, was zur Folge habe, daß die O.ö. Landesregierung als Berufungsbehörde den Spruch des damals angefochtenen Bescheides der Bezirkshauptmannschaft zu berücksichtigen und gemäß § 68 Abs. 1 AVG zu überprüfen habe, ob etwa auf Grund einer geänderten Sachlage ein anderer Bescheid zu erlassen sei oder der neuerlichen Erlassung einer Vollstreckungsverfügung das Hindernis der entschiedenen Sache entgegenstehe. Im besagten Spruch (und sohin auch im Spruch des Bescheides der O.ö. Landesregierung vom 22. August 1983) sei nun die Durchführung der angeordneten Ersatzvornahme untrennbar mit der Durchführung der entsprechenden Arbeiten durch die Bauunternehmung Gabriel L. verknüpft worden. Die Durchführung dieser Arbeiten durch diese Bauunternehmung (Entfernung des Holzhauses) sei jedoch zum derzeitigen Zeitpunkt nicht mehr möglich, da einerseits die Bauunternehmung L. im nunmehrigen Vollstreckungsverfahren keine Angebote erstattet habe und überdies diese Bauunternehmung auf Grund der geänderten Kostenstruktur im Baugewerbe nicht mehr an ihr damals abgegebenes Angebot gebunden sei, zumal eine derart lange Bindung an ein Angebot (ca. 8 Jahre) nicht vorgesehen sei. Dadurch, daß die Bauunternehmung Gabriel L. die Abtragungsarbeiten hinsichtlich des Holzhauses nicht mehr zu den damaligen Bedinungen durchführen könne, habe sich jedoch auch der Sachverhalt entscheidend geändert, der der Erlassung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft vom 18. Juli 1983 und sohin auch dem Spruch des Bescheides der O.ö. Landesregierung vom 22. August 1983 zugrunde gelegen sei. Im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG spreche daher nichts gegen die neuerliche Erlassung einer Vollstreckungsverfügung hinsichtlich der Anordnung einer Ersatzvornahme durch die Behörde erster Instanz. Der Anordnung der Ersatzvornahme im bekämpften Bescheid hinsichtlich des Holzhauses auf dem Grundstück Nr. 914/8 stehe daher das Hindernis der entschiedenen Sache nicht entgegen.
Der Gerichtshof hält diese Ausführungen im Ergebnis für zutreffend und sieht keine Veranlassung zu weiteren diesbezüglichen Erwägungen, zumal auch der Beschwerdeführer nicht zu erkennen gegeben hat, inwiefern die geschilderte Auffassung der belangten Behörde unrichtig sein soll.
In Erwiderung auf ein diesbezügliches Beschwerdevorbringen ist noch festzuhalten, daß der belangten Behörde kein im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wesentlicher, also zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führender Verfahrensmangel angelastet werden kann, zumal der Beschwerdeführer nicht aufgezeigt hat, inwiefern die belangte Behörde bei Vermeidung des behaupteten Begründungsmangels zu einem für ihn günstigeren Bescheid gekommen wäre.
Die Beschwerde ist daher unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz (im beantragten Ausmaß) gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Rechtsgrundsätze Allgemein Anwendbarkeit zivilrechtlicher Bestimmungen Verträge und Vereinbarungen im öffentlichen Recht VwRallg6/1Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter Mitteilungen und RechtsbelehrungenRechtskraft Besondere Rechtsgebiete BaurechtBaubewilligung BauRallg6Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Belehrungen MitteilungenZurückweisung wegen entschiedener SacheBaupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993050012.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
07.08.2009