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L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §59 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Dr. GK und der Mag. VK in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 26. Mai 1993, Zl. MD-VfR-B VIII-12/92, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 25. Juli 1988 war Dr. B.H. die Baubewilligung zum (nach dem Wortlaut des Spruches) "Ausbau des restlichen Dachbodens für Wohnzwecke (1 Wohnung), Abtragen eines Dachteiles im Bereich des linken Seitentraktes zur Schaffung einer Terrasse, Abändern der Dacheindeckung sowie Verbreitern des Stiegenlaufes zwischen letztem Stock und Dachgeschoß" unter Vorschreibung von 12 Auflagen erteilt worden. Die Beschwerdeführer sind die Eigentümer des X-Gasse Nr. 60 (EZ 393 KG Y), auf das sich diese Baubewilligung bezog.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien (Magistratsabteilung 37/8) vom 19. Juni 1992 wurde den Beschwerdeführern gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien der Auftrag erteilt, binnen zwei Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides die vom letzten Stock in das Dachgeschoß führende Stiegenanlage so abzuändern, daß sie der Baubewilligung vom 25. Juli 1988 entspricht. In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung führten die Beschwerdeführer - zusammengefaßt - aus, in der Baubewilligung vom 25. Juli 1988 sei keinesfalls die Verbreiterung des Stiegenlaufes vom letzten Stock des gegenständlichen Hauses in das Dachgeschoß enthalten. Eine derartige Herstellung sei auch technisch unmöglich und bedinge überdies einen unzulässigen Eingriff in bestehende Mietrechte, überdies sei der Auftrag nicht genügend konkretisiert.
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 26. Mai 1993 hat die Bauoberbehörde für Wien die Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen und den angefochtenen Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, daß die Erfüllungsfrist mit 5 Monaten ab Rechtskraft des Bescheides festgesetzt wurde. Zur Begründung führte die Behörde im wesentlichen aus, anläßlich einer am 18. November 1991 an Ort und Stelle durchgeführten mündlichen Verhandlung sei festgestellt worden, daß entgegen der erteilten Baubewilligung die in dem dem Baubewilligungsbescheid vom 25. Juli 1988 zugrundeliegenden Bauplan mit 1,10 m Breite, 18 cm Stufenhöhe und 26 cm Stufenbreite dargestellte, vom letzten Stock in das Dachgeschoß führende Stiegenanlage nicht in den bewilligten Dimensionen ausgeführt worden sei, und in ihrem derzeitigen Bestand von 0,875 m Breite, 20,5 cm Höhe und 26 cm Stufenbreite dem bestehenden Konsens nicht entspreche. Im Spruch des Baubewilligungsbescheides vom 25. Juli sei ausdrücklich das "Verbreitern des Stiegenlaufes zwischen letztem Stock und Dachgeschoß" als Gegenstand des bewilligten Bauvorhabens angeführt gewesen. In dem dem Baubewilligungsbescheid vom 25. Juli 1988 zugrundeliegenden Einreichplan werde die Breite dieser Stiegenanlage mit 110 cm ausgewiesen und planlich dargestellt. Somit sei bei Heranziehung des Baubewilligungsbescheides vom 25. Juli 1988, der die Verbreiterung der verfahrensgegenständlichen Stiegenanlage in seinem Spruch ausdrücklich als Gegenstand des bewilligten Bauvorhabens ausweise, klar erkennbar, daß die Darstellung dieser Stiegenanlagen in den Plänen entgegen den Bestimmungen über die Beschaffenheit der Baupläne nur farblich falsch als Altbestand ausgeführt wurde. Die bloß farblich falsche Ausweisung der Stiegenanlage als Altbestand vermöge aber an der nach dem Spruch des gegenständlichen Baubewilligungsbescheides ausdrücklichen Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Verbreiterung des Stiegenlaufes zwischen dem letzten Stock und dem Dachgeschoß nichts zu ändern. Der Baubewilligungsbescheid sei den Beschwerdeführern zugestellt worden, falls die Verbreiterung der gegenständlichen Stiegenanlage nicht ihrem Willen entsprochen hätte, hätten sie dagegen rechtzeitig Berufung erheben und ihre Zustimmung zu dem Bauvorhaben zurückziehen müssen (eine erst im Zuge des Auftragsverfahrens eingebrachte Berufung der Beschwerdeführer gegen den Baubewilligungsbescheid vom 25. Juli 1988 hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 11. Dezember 1992 als verspätet zurückgewiesen).
Gegen den Bescheid vom 26. Mai 1993 richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Unbestritten ist im Beschwerdefall, daß die Stiegenanlage zwischen dem letzten Stock und dem Dachgeschoß vor der Erteilung der Baubewilligung vom 25. Juli 1988 eine Breite von 0,875 m aufwies und diese Breite auch nach Erteilung der Baubewilligung und deren Konsumierung unverändert aufweist.
Dem Baubewilligungsbescheid vom 25. Juli 1988 kann aus der im Spruch enthaltenen Beschreibung des Bauvorhabens ganz eindeutig entnommen werden, daß das Verbreitern des Stiegenlaufes zwischen dem letzten Stock und dem Dachgeschoß auch Gegenstand der Baubewilligung ist. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß im Plan die Stiegenanlage grau (als Bestand) eingetragen ist, jedenfalls ist die Stiegenanlage mit einer Breite von 110 cm kotiert. Zwar hätten in Entsprechung der Verordnung der Wiener Landesregierung vom 6. Mai 1930, LGBl. Nr. 44, über den Maßstab, die Ausfertigung und die Beschaffenheit der Baupläne die abzuändernden (zu versetzenden oder zu verschmälernden) Stiegenbegrenzungsmauern und die Stufen nicht in grauer, sondern die neuen Teile in roter und die abzutragenden Teile in gelber Farbe gekennzeichnet werden müssen. Die entscheidende Eintragung, nämlich die Kotierung der inneren Breite der Stiegenanlage (110 cm) ist jedoch dem Plan zu entnehmen. Im übrigen ist dann, wenn eine Diskrepanz zwischen der verbalen Beschreibung im Baubewilligungsbescheid und der zeichnerischen Darstellung in den genehmigten Bauplänen vorliegt, im Zweifel davon auszugehen, daß die verbale Beschreibung des Baubewilligungsbescheides maßgeblich ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 12. April 1984, Zl. 83/06/0246, und vom 19. September 1991, Zl. 91/06/0062); im Beschwerdefall hat sich die Behörde in der verbalen Beschreibung ausdrücklich mit dem Inhalt des Bauvorhabens auseinandergesetzt, wohingegen bei der planlichen Darstellung nicht ausgeschlossen werden kann, daß es sich um eine Unachtsamkeit des Planverfassers handelt. Das von den Beschwerdeführern herangezogene hg. Erkenntnis vom 13. April 1961, Zl. 803/60, ist nicht geeignet, die Richtigkeit dieser Ansicht in Zweifel zu ziehen, bezieht es sich doch nicht auf einen Fall, in dem ein Widerspruch zwischen der verbalen Umschreibung des Bauvorhabens und der Darstellung in den bewilligten Plänen vorliegt. Das Beschwerdevorbringen, wonach in der Baubewilligung vom 25. Juli 1988 keine Baubewilligung für das Verbreitern der Stiegenanlage zwischen dem letzten Stock und dem Dachgeschoß enthalten ist, widerspricht daher der Aktenlage. Den Bedenken der Beschwerdeführer, eine derartige Verbreiterung des Stiegenlaufes sei nicht vom Willen des Bauherren getragen, steht die Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides entgegen. Zutreffend hat schon die belangte Behörde ausgeführt, daß die Beschwerdeführer als Eigentümer des Gebäudes, auf welches sich die Baubewilligung vom 25. Juli 1988 bezog, innerhalb der Rechtsmittelfrist, die mit der Zustellung des Baubewilligungsbescheides an die Beschwerdeführer in Gang gesetzt wurde, eine Berufung einbringen und die Zustimmung zum bewilligten Bauvorhaben, zumindest jedoch zum Verbreitern des Stiegenlaufes hätten zurückziehen müssen.
Mit dem Vorbringen, der Durchführung des Auftrages, den konsensgemäßen Zustand herzustellen, stehe die technische Unmöglichkeit entgegen, verkennen die Beschwerdeführer das Wesen einer Baubewilligung: Bei ihr handelt es sich um eine Polizeierlaubnis, von der derjenige, der sie erwirkt hat, Gebrauch machen kann, aber nicht Gebrauch machen muß. Hieraus ergibt sich, daß keine Bindung des Bauwerbers an die einmal erwirkte Baubewilligung in dem Sinne, daß er verpflichtet wäre, zu bauen, besteht, sondern es ihm jederzeit freisteht, ein technisch undurchführbares Bauvorhaben nicht zu verwirklichen oder - die Bewilligungsfähigkeit vorausgesetzt - die Baubewilligung für ein modifiziertes Bauvorhaben zu erwirken und dieses dann auszuführen. Ist aber von einer Baubewilligung für ein unteilbares Bauvorhaben Gebrauch gemacht worden, so ist der konsensgemäße Zustand jener, wie er dem Baubewilligungsbescheid entspricht. § 129 Abs. 10 Satz 1 der Bauordnung für Wien ordnet zwar die Erlassung eines Beseitigungsauftrages an, die Beschwerdeführer sind aber durch den Umstand, daß ihnen - lediglich - die Verbreiterung des Stiegenlaufes aufgetragen worden ist, was gegenüber der Beseitigung des schon größtenteils realisierten Bauvorhabens ein Minus darstellt, in keinem Recht verletzt worden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 1993, Zl. 92/05/0259). Die technische Undurchführbarkeit kann im Beschwerdefall nicht eingewendet werden, weil das behauptete Hindernis keine technische Unmöglichkeit ist, sondern es wirtschaftliche Aufwendungen erfordert (allenfalls auch den Eingriff in ein Mietrecht). Das von den Beschwerdeführern herangezogene hg. Erkenntnis vom 22. November 1976, Zl. 315/76, betrifft einen anderen Sachverhalt, nämlich einen Instandsetzungsauftrag gemäß § 129 Abs. 2 und 4 der Bauordnung für Wien, sodaß es zur Stützung der Argumente in einem Verfahren gemäß § 129 Abs. 10 BO nicht taugt.
Aber auch die Rüge, der auf § 129 Abs. 10 BO gestützte Auftrag zur Herstellung des konsensgemäßen Zustandes sei nicht ausreichend konkretisiert, vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen: Der Auftrag lautete, die vom letzten Stock in das Dachgeschoß führende Stiegenanlage so abzuändern, daß sie der Baubewilligung vom 25. Juli 1988 entspricht. Damit ist aber klargestellt, daß die Stiegenanlage, wie im Spruch des Bescheides vom 25. Juli 1988 ausgeführt, verbreitert werden muß und zwar, wie der Begründung des angefochtenen Bescheides zweifelsfrei zu entnehmen ist, in jener Breite, die dem dem Baubewilligungsbescheid vom 25. Juli 1988 zugrundeliegenden Einreichplan, in dem die Breite der Stiegenanlage mit 110 cm kotiert ist, entspricht.
Schließlich ist den Beschwerdeführern mit ihrem Vorbringen, die Bauordnung für Wien kenne den Begriff "Stiegenlauf" nicht, entgangen, daß im § 106 Abs. 10 und 11 BO der Begriff "Stiegenlauf" verwendet wird und kein Zweifel daran bestehen kann, wie dieser Ausdruck zu verstehen ist, wenn im Abs. 10 des § 106 angeführt wird, daß die Stufen der notwendigen Stiegen
innerhalb desselben Stiegenlaufes die gleiche Höhe .... haben
müssen und im Abs. 11 normiert wird, daß Stiegenläufe mit mehr als 3 Stufen bei einer Stiegenbreite von weniger als 1,20 m mit Handläufen zu versehen sind.
Da sich die Beschwerde somit insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Spruch und BegründungInhalt des Spruches DiversesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993050166.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
24.09.2014