TE Vwgh Erkenntnis 1994/1/20 90/06/0203

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Veröffentlicht am 20.01.1994
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Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Steiermark;
L82000 Bauordnung;
L82006 Bauordnung Steiermark;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
BauO Stmk 1968 §118 Abs8;
BauO Stmk 1968 §118 Abs9;
BauO Stmk 1968 §4 Abs1;
BauRallg;
VwGG §48 Abs1 lita impl;
VwGG §48 Abs1 litb impl;
VwGG §48 Abs1 Z1;
VwGG §48 Abs1 Z2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder, den Vizepräsidenten Dr. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Müller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des H in J, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 18. Oktober 1990, Zl. A 17-K-4.581/1990-6, betreffend Erteilung einer Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. F und 2. S), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und den mitbeteiligten Parteien zusammen Aufwendungen in der Höhe von S 11.360,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Parteien wird abgewiesen.

Begründung

I.

1.1. Mit Bescheid vom 12. Mai 1989 hat der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz den mitbeteiligten Parteien u.a. die Bewilligung zur Errichtung eines Flugdaches als Überdachung des Eingangsbereiches und Abstellplatz für Gartengeräte erteilt. Unter anderem erhob der Beschwerdeführer dagegen Berufung, in der er seine schon im Verfahren erster Instanz erhobenen Einwendungen wiederholte und vor allem eine Verletzung der Abstandsbestimmungen gemäß § 4 Abs. 2 der Steiermärkischen Bauordnung behauptete. Selbst wenn - so der Beschwerdeführer in seiner Berufung - das "Flugdach" nicht als Gebäude anzusehen sei (was er aber ausdrücklich bestreite), könne der Abstand zur Nachbargrundgrenze nicht bis auf das Ausmaß von sogenannten Reichen (Abstände von weniger als 2 m) verringert werden. Im übrigen liege ein Gebäude vor, da nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ein Gebäude ein Bau sei, der sich als eine in fester Verbindung mit dem Boden über demselben hergestellte kunstgemäße Konstruktion darstelle. Das "Flugdach" habe entgegen der Ansicht der Behörde raumbildende Wirkung; aus dem vorgelegten Einreichplan ergebe sich ein umbauter Raum von ca. 57 m2 (reine "Flugdachgröße" 38 m2). Die Bezeichnung alleine könne keine rechtliche Qualifikation bewirken. Die zugrunde liegende Widmungsbewilligung vom 7. Juli 1988 enthalte kein Planungsermessen der Behörde; die Abstände des Gebäudes oder Bauwerkes könnten daher nicht vermindert werden; ein Minimalabstand von 2 m (Reichenabstand) könne auf keinen Fall unterschritten werden. Das "Flugdach" könne keinesfalls mehr als kleiner Bau bezeichnet werden; es läge daher auch keine Ausnahme von den Mindestabständen vor. Es liege auch ein Verstoß gegen die Bestimmung der Widmung hinsichtlich der offenen Bebauung vor. Die Baubewilligung sei in der Widmungsbewilligung nicht gedeckt. Da das geplante "Flugdach" gemäß § 57 Abs. 1 BO der Bewilligungspflicht unterliege, sei gemäß § 61 Abs. 2 lit. a BO die Erteilung einer Baubewilligung ohne vorhandene Widmungsbewilligung nicht gestattet. Nach Punkt 5 des Widmungsbewilligungsbescheides dürften außer Garagen keine Nebengebäude errichtet werden. Die höchstzulässige Größe des Kleingaragenobjektes sei mit 30 m2 festgelegt worden. Das "Flugdach" sei 38 m2 groß; die Gesamtfläche betrage 57 m2. Er besitze als Nachbar einen Rechtsanspruch darauf, daß keine Baubewilligung ohne eine diese deckende Widmungsbewilligung erteilt werde.

1.2. Mit dem Bescheid vom 9. November 1989 hat die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid vom 12. Mai 1989 keine Folge gegeben und die Entscheidung der Behörde erster Instanz bestätigt.

Gegen den Bescheid vom 9. November 1989 erhob der Beschwerdeführer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit dem Erkenntnis vom 26. April 1990, Zl. 89/06/0216, den Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

1.3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 18. Oktober 1990 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid vom 12. Mai 1989 (neuerlich) keine Folge und bestätigte die Entscheidung der Behörde erster Instanz vollinhaltlich. Die belangte Behörde begründete ihren Bescheid im wesentlichen damit, daß das Bauvorhaben ohne Zweifel mit dem Flächenwidmungsplan und den Bebauungsrichtlinien übereinstimme. Das Planungsermessen hinsichtlich der Festlegung der Bebauungsgrundlagen sei im Widmungsverfahren ausgeübt worden; es liege auch eine rechtskräftige Widmungsbewilligung vor. Der Gebrauch des Planungsermessens sei nicht mehr Gegenstand des Baubewilligungsverfahrens. Die belangte Behörde habe sich daher nur mehr mit der Frage einer etwaigen Verletzung der gesetzlichen Mindestabstände zu befassen. Gemäß § 4 Abs. 1 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 müßten Gebäude entweder unmittelbar aneinandergebaut werden oder voneinander einen ausreichenden Abstand haben. Würden zwei Gebäude nicht unmittelbar aneinandergebaut, müsse ihr Abstand mindestens so viele Meter betragen, wie die Summe der beiderseitigen Geschoßanzahl, vermehrt um vier, ergebe. Aus dieser gesetzlichen Bestimmung ließe sich eindeutig ableiten, daß diese gesetzlichen Regeln über die Abstände von den Grundgrenzen nur dann heranzuziehen seien, wenn es sich um ein Gebäude handle. Ein eingeholtes Sachverständigengutachten habe ergeben, daß das an das Haus angebaute Flugdach (ein Satteldach auf Holzstützen bzw. auf einem Sockelmauerwerk mit einer Höhe von 50 bis 75 cm mit dazwischenliegenden Diagonalverstrebungen) kein Gebäude im Sinne des Gesetzes darstelle und somit auch nicht den gesetzlichen Abstandsbestimmungen unterliege. Auch der Widmungsbewilligung vom 7. Juli 1988 sei eine Auflage nicht zu entnehmen, daß ein Bauwerk, welches kein Gebäude darstelle, nicht an der Grundgrenze errichtet werden dürfe. Das schlüssige und nachvollziehbare Gutachten ergebe, daß das gegenständliche Objekt nicht unter den Begriff "Gebäude" subsumiert werden könne; es unterliege daher auch nicht den gesetzlichen Abstandsbestimmungen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in den vom Gesetz gewährleisteten und garantierten Rechten verletzt, weil auf Grund unrichtiger rechtlicher Beurteilung und auf Grund vorliegender Verfahrensmängel die Bewilligung zur Errichtung eines "Flugdaches" als Überdachung des Eingangsbereiches und als Abstellplatz für Gartengeräte erteilt wurde. Der Beschwerdeführer beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Gänze kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Auch die mitbeteiligten Parteien haben eine Gegenschrift vorgelegt und den Antrag auf Zuerkennung von Aufwandersatz gestellt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 4 Abs. 1 der Steiermärkischen Bauordnung 1968, LGBl. Nr. 149, in der (im Beschwerdefall) maßgeblichen Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 42/1991, müssen Gebäude entweder unmittelbar aneinandergebaut werden oder voneinander einen ausreichenden Abstand haben. Werden zwei Gebäude nicht unmittelbar aneinandergebaut, muß ihr Abstand mindestens so viele Meter betragen, wie die Summe der beiderseitigen Geschoßanzahl, vermehrt um vier, ergibt. Eine Gebäudefront, die nicht unmittelbar an einer Nachbargrundgrenze errichtet wird, muß von dieser mindestens so viele Meter entfernt sein, als die Anzahl der Geschoße, vermehrt um zwei, ergibt. Nach § 4 Abs. 2 leg.cit. können u.a. bei kleineren, ebenerdigen, unbewohnten Bauten von untergeordneter Bedeutung, wie z.B. bei Geräteschuppen, Kleingaragen, Waschküchen, Holzlagen u.dgl., geringere Abstände von den Nachbargrundgrenzen und Nachbargebäuden festgesetzt werden. Reichen, das sind Gebäudeabstände von weniger als 2 m, sind verboten.

Von Bedeutung ist weiters § 57 Abs. 1 leg.cit. über die Bewilligungspflicht von Bauten. Schließlich ist im Beschwerdefall auch § 61 Abs. 2 lit. a der Steiermärkischen Bauordnung 1968 anzuwenden, wonach der Nachbar das Verbot der Erteilung einer Baubewilligung vor Rechtskraft der Widmungsbewilligung einwenden kann.

2.1. Der Beschwerdeführer vertritt in seiner Beschwerde zunächst die Auffassung, daß Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften deshalb vorliege, weil weder die Baubehörde erster Instanz noch die Berufungsbehörde das Stadtplanungsamt zur Erstellung eines Gutachtens darüber ersucht habe, ob das verfahrensgegenständliche Objekt in der vorliegenden Widmungsbewilligung in städtebaulicher Hinsicht Deckung finde.

Dem ist entgegenzuhalten, daß nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Nachbarn keine subjektiven Rechte auf Einhaltung von Vorschriften über die Berücksichtigung schönheitlicher Rücksichten, die Beachtung des Ortsbildes, des Stadtbildes u.dgl. besitzen (vgl. dazu Hauer, Der Nachbar im Baurecht, 3. Aufl., S. 226 f., und die dort zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes). Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen geht daher ins Leere, weil Rechte des Beschwerdeführers selbst dann nicht verletzt sind, wenn dem angefochtenen Bescheid in dieser Hinsicht Rechtswidrigkeit anhaften sollte.

2.2. Der Beschwerdeführer behauptet weiters eine Verletzung von Verfahrensvorschriften deshalb, weil das Parteiengehör nicht im vollen Umfang gewahrt worden sei, sei ihm doch die zur Stellungnahme des Baupolizeiamtes führende Fragestellung nicht bekanntgegeben worden.

Es läßt sich der Beschwerde nicht entnehmen, inwieweit der Beschwerdeführer allenfalls dadurch an der Geltendmachung seiner Rechte gehindert worden wäre und zu welchem anderen Verfahrensergebnis im Zusammenhang damit die belangte Behörde hätte gelangen können. Damit fehlt es aber bereits an der dem Beschwerdeführer obliegenden Behauptung über die Wesentlichkeit eines Verfahrensmangels im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Aufl., S. 591 und S. 600, zitierte Judikatur).

3.1. Schließlich bringt der Beschwerdeführer - auf das Wesentliche systematisch zusammengefaßt - als inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides weiters folgendes vor: Bei richtiger rechtlicher Beurteilung sei klar ersichtlich, daß die vorliegende Widmungsbewilligung die Errichtung des beantragten Objektes nicht decke, weil die Errichtung eines "Flugdaches" seinerzeit nicht Widmungsgegenstand gewesen sei. Gemäß § 61 Abs. 2 lit. a BO sei die Erteilung einer Baubewilligung ohne vorhandene Widmungsbewilligung nicht gestattet. Zu Unrecht gehe die belangte Behörde davon aus, daß die Errichtung eines "Flugdaches" in der vorliegenden Widmungsbewilligung deshalb Deckung finde, weil es nicht ausdrücklich verboten sei; nach dieser - nach Auffassung des Beschwerdeführers unhaltbaren - Ansicht wäre auch die Errichtung eines Hochhauses möglich, ohne daß hiefür eine ausdrückliche Widmungsbewilligung vorliegen müsse. Eine Ausnahme von der Widmungsbewilligungspflicht gemäß § 58 Abs. 2 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 komme nicht in Betracht. Bei diesem Flugdach handle es sich um ein Gebäude; die gesetzlichen Mindestabstände bei offener Verbauung seien daher einzuhalten. Dies sei eine Rechtsfrage und keine Frage, die von einem Sachverständigen beantwortet werden könne. Nach Punkt 5 des Widmungsbewilligungsbescheides dürften außer Garagen keine Nebengebäude errichtet werden. Im übrigen stelle das sogenannte "Flugdach" eine Einheit mit dem Wohngebäude dar; es sei somit das gesamte Objekt widmungs- und bauordnungswidrig in einem Abstand von ca. 10 cm an der Nachbargrundgrenze errichtet worden und werde andauernd als Pkw-Abstellplatz benützt; es liege also eine Umgehungshandlung vor.

3.2. Entscheidend für die Beurteilung dieses Beschwerdevorbringens ist vorerst die Beantwortung der Frage, ob es sich im Beschwerdefall um ein Gebäude im Sinne des § 4 Abs. 1 und 2 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 handelt oder nicht; die hier in Betracht kommenden Abstandsregelungen beziehen sich nämlich ausschließlich auf Gebäude, nicht auch auf andere bauliche Anlagen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 28. Mai 1974, Slg. 8625/A), ein Umstand, den der Beschwerdeführer mehrfach (z.B. im Zusammenhang mit dem Reichenverbot gemäß § 4 Abs. 2 leg.cit.) übersieht.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wird ein Gebäude als ein nach den Regeln der Baukunst ALLSEITS umschlossener Raum angesehen (vgl. neuerlich das zitierte, zu § 4 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 ergangene

hg. Erkenntnis vom 28. Mai 1974, Slg. 8625/A). Die belangte Behörde ist davon ausgegangen, daß es sich im Beschwerdefall um kein Gebäude im Sinne des § 4 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 handelt. Sie hat sich dabei auch - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - in rechtlich nicht zu beanstandender Weise auf das Gutachten eines Amtssachverständigen gestützt; nach diesem - dahingehend vom Beschwerdeführer gar nicht bestrittenen - Gutachten handelt es sich um ein "Satteldach auf Holzstützen mit dazwischenliegenden Diagonalverstrebungen ... Die Holzstützen werden auf ein Sockelmauerwerk mit einer Höhe von 50 bis 75 cm gestellt"; es ist eine offene Konstruktion ohne Fenster oder Wände. Dem ist der Beschwerdeführer mit der Auffassung entgegengetreten, ein Gebäude sei eine Anlage, zu deren Herstellung ein wesentliches (gewisses) Maß bautechnischer Kenntnisse erforderlich sei, die mit dem Boden in eine gewisse Verbindung gebracht und wegen ihrer Beschaffenheit geeignet sei, die öffentlichen Interessen zu berühren, und beruft sich dabei - zu Unrecht - auf das hg. Erkenntnis vom 18. März 1980, Zl. 193/79. In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof aber "Gebäude als eine in Verbindung mit dem Boden hergestellte, kunstgemäße Konstruktion, behufs Herstellung eines ABGESCHLOSSENEN Raumes" als UNTERBEGRIFF des "Baues" eingeordnet; die vom Beschwerdeführer verwendete Formulierung wird demgegenüber in diesem Erkenntnis - in Übereinstimmung mit einer jahrzehntelangen Judikatur - für den OBERBEGRIFF "Bau (Bauwerk, bauliche Anlage, Baulichkeit)" verwendet.

Der Beschwerdeführer kann sich auch - wie er es in einer ergänzenden Mitteilung zur Verwaltungsgerichtshofbeschwerde getan hat - nicht auf das hg. Erkenntnis vom 9. November 1989, Zl. 87/06/0084, berufen. Dieses Erkenntnis bezieht sich nämlich auf eine Kleingarage, die unstrittig als Gebäude im Sinne des § 4 Abs. 2 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 einzuordnen war. Gerade daran aber mangelt es im Beschwerdefall im Zusammenhang mit dem sogenannten "Flugdach".

Die belangte Behörde ist daher im Recht, wenn sie davon ausgeht, daß es sich im Beschwerdefall um kein (und zwar weder um ein selbständiges noch um ein unselbständiges, weil mit dem Wohngebäude im Sinne der Beschwerdeausführungen eine Einheit bildendes) Gebäude im Sinne der Bestimmungen des § 4 Abs. 1 und 2 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 handelt, weil kein ALLSEITS UMSCHLOSSENER bzw. ABGESCHLOSSENER Raum im Sinne dieser Judikatur vorliegt. Es sind demnach entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers auch die Abstandsvorschriften des § 4 Abs. 1 und 2 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 nicht anzuwenden.

3.3. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist das sogenannte "Flugdach" auch von der rechtskräftigen Widmungsbewilligung vom 7. Juli 1988 abgedeckt.

Im Beschwerdefall handelt es sich um einen bewilligungspflichtigen Bau gemäß § 57 Abs. 1 leg.cit., für den vor Erteilung der Baubewilligung eine rechtskräftige Widmungsbewilligung erteilt sein muß. Eine Ausnahme von der Pflicht zum Nachweis der Widmung gemäß § 58 Abs. 2 leg.cit. ist - hier ist dem Beschwerdeführer Recht zu geben - deshalb nicht anzunehmen, weil es sich um keine Bauführung nach § 57 Abs. 1 lit. c bis h leg.cit. bzw. im Sinne der sonst dort genannten Ausnahmen handelt. Von der Widmungsbewilligungspflicht ist aber auch die belangte Behörde ausgegangen.

Es bestehen keine Bedenken gegen die Auffassung der belangten Behörde, wonach die rechtskräftige Widmungsbewilligung vom 7. Juli 1988 das sogenannte "Flugdach" miterfaßt, ohne daß es im Widerspruch zur Widmungsbewilligung stünde. Dies ergibt sich vor allem aus Punkt 8 der Widmungsbewilligung, wonach der Abstand von den Nachbargrundgrenzen mindestens so viele Meter zu betragen hat wie die Anzahl der Geschoße, vermehrt um zwei, ergibt. Dadurch wird die Errichtung von Gebäuden in diesem Bereich ausgeschlossen, nicht aber die Errichtung von baulichen Anlagen, die nicht als Gebäude im Sinne des § 4 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 angesehen werden müssen. Dies gilt auch für Punkt 5 der Widmungsbewilligung betreffend Nebengebäude. Deshalb ist auch die Errichtung eines Hochhauses - anders als der Beschwerdeführer meint - selbstverständlich aus dieser Sicht ebenfalls ausgeschlossen. Das bewilligte "Flugdach" hält sich demnach in jenem Rahmen, der von der rechtskräftigen Widmungsbewilligung abgesteckt wird (vgl. zu diesem Erfordernis das hg. Erkenntnis vom 26. November 1992, Zl. 90/06/0099).

Auch in diesem Zusammenhang kann daher dem angefochtenen Bescheid Rechtswidrigkeit nicht angelastet werden.

3.4. Auch der vom Beschwerdeführer behauptete Umstand, daß der Bereich des "Flugdaches" faktisch als Pkw-Abstellplatz benützt werde, kann eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht begründen, da hier nicht das (möglicherweise abweichende) Verhalten der mitbeteiligten Partei, sondern ausschließlich die Rechtswidrigkeit der erteilten Baubewilligung zu beurteilen ist.

4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Parteien auf Ersatz von Postgebühren war abzuweisen, da ein solcher Ersatz im Verwaltungsgerichtshofgesetz selbständig nicht vorgesehen ist bzw. durch den Schriftsatzaufwand als abgegolten erscheint (vgl. dazu Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Aufl., S. 683, und die dort zitierte Judikatur).

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1990060203.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

22.09.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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