TE Vwgh Erkenntnis 1994/1/21 93/09/0405

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Veröffentlicht am 21.01.1994
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §4 Abs1 idF 1992/475;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde der E in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 6. August 1993, Zl. IIc/6702 B, betreffend Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin stellte am 4. Mai 1993 beim Arbeitsamt Persönliche Dienste - Gastgewerbe den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für die polnische Staatsangehörige B.R. als Friseurhilfskraft.

Diesen Antrag wies das Arbeitsamt mit Bescheid vom 24. Mai 1993 gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG ab und begründete diese Abweisung damit, daß der Vermittlungsausschuß die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet habe; darüber hinaus habe "das Ermittlungsverfahren" ergeben, daß keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen vorliegen.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, sie benötige B.R., um den Kundenverkehr aufrechtzuerhalten. Sie habe ein zweites Geschäft verkauft und dabei ihre Mitarbeiter an den neuen Inhaber verloren. In dem ihr verbliebenen Geschäft müsse sie derzeit allein fünf Kundenplätze betreuen. Sie brauche daher unbedingt eine Aushilfskraft mit Vorbildung. Der Ausfall einzelner Kunden könne den Ruin ihres kleinen Betriebes bedeuten. Eine vollwertige Friseurkraft könne die Beschwerdeführerin aus finanziellen Gründen nicht einstellen; einen Lehrling zu finden, sei derzeit unmöglich.

Mit Schreiben vom 8. Juni 1993 teilte das Arbeitsamt der Beschwerdeführerin mit, es könne ihr aus dem Stand der arbeitslos vorgemerkten Personen Arbeitskräfte anbieten, die für die vorgesehene Tätigkeit zur Verfügung stünden.

Diese Anfrage beantwortete die Beschwerdeführerin am 16. Juni 1993 durch Ankreuzen des Vordrucks "Ich wünsche keine anderen Kräfte anstelle des(r) beantragten Ausländers/Ausländerin".

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 6. August 1993 gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 4 Abs. 1 und 6 AuslBG idF der Novelle BGBl. Nr. 475/1992 keine Folge. Ausgehend von den einschlägigen Bestimmungen des AuslBG wies die belangte Behörde begründend darauf hin, daß die Landeshöchstzahl für 1992 seit Beginn dieses Jahres weit überschritten sei. Es seien daher bei der Prüfung des vorliegenden Antrags sowohl die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 als auch jene nach § 4 Abs. 6 AuslBG zu prüfen. Eine Überprüfung der Arbeitsmarktlage habe ergeben, daß für die konkret beantragte Beschäftigung geeignete Ersatzkräfte zur Verfügung stehen, die zur Vermittlung vorgemerkt seien und gleichzeitig dem nach § 4b AuslBG begünstigten Personenkreis angehörten. Hingegen erfülle B.R. nicht die Voraussetzungen, durch die sie diesem vorrangig zu vermittelnden Personenkreis zugeordnet werden könne. Es sei daher der Beschwerdeführerin die Möglichkeit einer Ersatzkraftstellung angeboten worden, doch habe die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 16. Juni 1993 Ersatzkräfte ausdrücklich abgelehnt. Durch ihr Desinteresse an der angebotenen Ersatzkraftstellung habe sich die Beschwerdeführerin die Möglichkeit genommen, sich von der Eignung der Ersatzkräfte zu überzeugen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, daß die offene Stelle mit einer begünstigt zu vermittelnden Arbeitskraft hätte besetzt werden können. Nur dann, wenn kein entsprechend qualifizierter Arbeitnehmer als Ersatzkraft hätte gestellt werden können, hätte die Arbeitsmarktlage die Beschäftigung der B.R. erlaubt. Diese Beweisführung habe sich aber erübrigt, weil die Beschwerdeführerin die Stellung von Ersatzkräften von vornherein ohne zwingenden Grund abgelehnt habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid im Spruch auf § 4 Abs. 1 und § 4 Abs. 6 AuslBG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung nach der Novelle BGBl. Nr. 475/1992 gestützt. Schon die Berechtigung auch nur eines dieser Versagungsgründe rechtfertigt die Abweisung der Beschwerde.

Gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG ist, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, die Beschäftigungsbewilligung zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.

Nach der Anordnung des § 4b AuslBG läßt die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes im Sinne des § 4 Abs. 1 die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nur zu, wenn für den zu besetzenden Arbeitsplatz keine der dort taxativ aufgezählten und vorrangig zu behandelnden Arbeitskräfte vermittelt werden können. Diese Bestimmung bezweckt einen Vorrang von Inländern und ihnen gleichgestellten ausländischen Arbeitnehmern bei der Arbeitsvermittlung. Diesem Zweck würde es widersprechen, wenn entgegen der allgemeinen Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes eine Beschäftigungsbewilligung zu erteilen wäre, weil z.B. der einzelne ausländische Arbeitnehmer einen - aus welchen Gründen immer - zu seiner Einstellung bereiten Arbeitgeber gefunden hat. Mit Hilfe dieser Bestimmung soll in rechtsstaatlichen Grenzen aus arbeitsmarktpolitischen Gründen die Möglichkeit für einen lenkenden Einfluß auf die Beschäftigung von Ausländern im Bundesgebiet gewährleistet sein. Diese Prüfung der Arbeitsmarktlage erübrigt sich indes dann, wenn seitens des Arbeitgebers die Stellung jeder Ersatzkraft von vornherein abgelehnt wird (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. September 1992, Zl. 92/09/0179, u.a.).

Von einer solchen unberechtigten Ablehnung jedweder Ersatzkraftstellung durch die Beschwerdeführerin ist die belangte Behörde nach der Aktenlage im Ergebnis zu Recht ausgegangen.

Es ist aktenkundig, daß die Beschwerdeführerin in ihrem Schreiben vom 16. Juni 1993 zum diesbezüglichen Angebot des Arbeitsamtes erklärt hat, keine Ersatzkräfte anstelle der B.R. zu wünschen. Die Behörde war auf Grund dieser ablehnenden Stellungnahme der Beschwerdeführerin nicht gehalten, vor ihrer die Abweisung des Antrags der Beschwerdeführerin bestätigenden Entscheidung den Versuch zu unternehmen, ihr konkrete Ersatzkräfte zu vermitteln.

In der Beschwerde macht die Beschwerdeführerin geltend, sie habe bereits in ihrer Berufung ausführlich dargelegt, warum eine Ersatzkraftstellung für sie nicht in Frage komme. Sie habe dafür anerkennenswerte, diese Ablehnung sachlich rechtfertigende Gründe vorgebracht. Dem vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu folgen, denn der Umstand, daß es der Beschwerdeführerin bisher nicht gelungen ist, eine für ihre Zwecke in gleicher Weise geeignete und willige Arbeitskraft wie B.R. zu finden, schließt keineswegs aus, daß eine solche Kraft im Wege der von der belangten Behörde angebotenen Ersatzkraftstellung im Kreise der nach dem AuslBG begünstigt zu vermittelnden Personen hätte gefunden werden können. Daß ein derart qualifizierter Arbeitnehmer "offensichtlich" nicht hätte gestellt werden können, steht somit noch keinesfalls fest. Wenn die Beschwerdeführerin schließlich vorbringt, es seien ihr keine geeigneten Personen vermittelt worden, dann geht dies, wie bereits ausgeführt, auf ihre ablehnende Haltung im Schreiben vom 16. Juni 1993 und - nach ihrer eigenen Angabe - bereits in ihrer Berufung zurück.

Die Beschwerde war somit schon deshalb, weil die Ablehnung des gestellten Antrags gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG der Rechtslage entsprach, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Eines Eingehens auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen der Voraussetzungen für die beantragte Beschäftigungsbewilligung im erschwerten Verfahren gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG und auf das hiezu in der Beschwerde erstattete Vorbringen bedurfte es daher nicht. Bemerkt sei aber, daß die belangte Behörde den im Jahr 1993 erlassenen angefochtenen Bescheid zu Unrecht auf eine Überschreitung der für das Kalenderjahr 1992 festgesetzten Landeshöchstzahl gestützt hat.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG iVm Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993090405.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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