Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §45 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des O in W, vertreten durch Dr. Z, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 7. Juni 1993, Zl. IV-718.822-FrB/92, betreffend Versagung eines Sichtvermerkes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien (der belangten Behörde) vom 7. Juni 1993 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines türkischen Staatsangehörigen, auf Erteilung eines Sichtvermerkes gemäß § 10 Abs. 1 Z. 7 des Fremdengesetzes-FrG, BGBl. Nr. 838/1992, abgewiesen, weil er am 24. Mai 1992 ohne den erforderlichen Sichtvermerk und unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet eingereist sei.
2. Der dagegen vom Beschwerdeführer zunächst angerufene Verfassungsgerichtshof trat die Beschwerde (unter Anschluß der Verwaltungsakten) nach Ablehnung von deren Behandlung dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab (Beschluß vom 27. September 1993, B 1272/93, 1273/93).
Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Erteilung eines Sichtvermerkes verletzt und begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Nach § 7 Abs. 1 erster Satz FrG kann ein Sichtvermerk einem Fremden auf Antrag erteilt werden, sofern ein gültiges Reisedokument vorliegt und kein Versagungsgrund gemäß § 10 gegeben ist.
Zufolge des § 10 Abs. 1 Z. 7 FrG ist die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen, wenn sich der Sichtvermerkswerber nach Umgehung der Grenzkontrolle im Bundesgebiet aufhält.
2.1. Der Beschwerdeführer vertritt die Ansicht, daß im Hinblick auf seine Einreise wie auch seine Antragstellung vor Inkrafttreten des Fremdengesetzes die Abweisung seines Sichtvermerksantrages nicht auf dieses Gesetz hätte gestützt werden dürfen.
2.2. Diese Auffassung ist verfehlt, da die belangte Behörde mangels anders lautender Übergangsvorschriften im Fremdengesetz ihrer Entscheidung die zu diesem Zeitpunkt geltende Rechtslage, also das mit 1. Jänner 1993 in Kraft getretene genannte Gesetz, zugrunde zu legen hatte (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 25. November 1993, Zl. 93/18/0242).
3.1. Der Beschwerdeführer hält die Heranziehung dieses Versagungstatbestandes deshalb für rechtswidrig, weil seiner Meinung nach dem Fremdengesetz nicht zu entnehmen sei, daß er bereits bei seiner Einreise einen Sichtvermerk hätte besitzen müssen. Es sei hiezu auf § 14 FrG, insbesondere dessen Abs. 2 hinzuweisen. Die belangte Behörde habe nicht die Behauptung aufgestellt, daß keine Verordnung gemäß § 14 Abs. 2 leg. cit. im Zeitpunkt ihrer Entscheidung in Kraft gestanden sei.
3.2. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Gemäß § 5 FrG brauchen paßpflichtige Fremde für die Einreise und den Aufenthalt (in Österreich) einen Sichtvermerk, soweit nicht anderes bundesgesetzlich oder durch zwischenstaatliche Vereinbarungen bestimmt wird. Eine Ausnahme von der Sichtvermerkspflicht (Berechtigung zur sichtvermerksfreien Einreise) im Sinne dieser Norm bestand für türkische Staatsangehörige zum Zeitpunkt der Einreise des Beschwerdeführers nach Österreich am 24. Mai 1992 nicht. Daß der Beschwerdeführer in den Genuß der Ausnahmeregelung der Verordnung des Bundesministers für Inneres BGBl. Nr. 95a/1990 hätte kommen müssen, ist selbst unter Zugrundelegung des Beschwerdevorbringens nicht erkennbar, hat er doch nicht einmal behauptet, es würden von ihm die in dieser Verordnung normierten Voraussetzungen für die Befreiung von der Sichtvermerkspflicht erfüllt.
4.1. Die Beschwerde meint, die belangte Behörde hätte bei ihrer Entscheidung das Vorliegen einer Verpflichtungserklärung für den Beschwerdeführer berücksichtigen müssen und verweist dazu auf § 10 Abs. 3 FrG. Es werde nicht übersehen, daß diese Ausnahmeregelung auf die Fälle des § 10 Abs. 1 Z. 2 und 3 sowie Abs. 2 beschränkt sei; der Beschwerdeführer erachte jedoch diese Differenzierung (Ausschluß der anderen Versagungsgründe des § 10 Abs. 1 FrG) für sachlich nicht gerechtfertigt.
4.2. Wie vom Beschwerdeführer richtig erkannt, erfaßt die Bestimmung des § 10 Abs. 3 FrG lediglich die Versagungstatbestände des § 10 Abs. 1 Z. 2 und 3 sowie Abs. 2 leg. cit., mithin nicht (auch) den auf ihn angewendeten Versagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 7 FrG. Von daher gesehen entsprach es dem Gesetz, wenn die belangte Behörde im Beschwerdefall die besagte Ausnahmeregelung trotz Beibringung einer Verpflichtungserklärung nicht in Betracht zog. Was die in der Beschwerde behauptete Sachwidrigkeit der Z. 2 des § 10 Abs. 3 FrG - nur diese Regelung könnte sachverhaltsbezogen im vorliegenden Fall eine Rolle spielen - anlangt, so vermag der Verwaltungsgerichtshof die Schaffung eines Ausnahmetatbestandes lediglich zugunsten jener Sichtvermerksversagungsgründe, die eine allfällige finanzielle Belastung des österreichischen Staates hintanhalten sollen, dergestalt, daß ungeachtet des Vorliegens dieser Versagungsgründe ein Sichtvermerk dann erteilt werden kann, wenn die mögliche finanzielle Belastung Österreichs durch entsprechende privatrechtliche Maßnahmen vorhersehbarerweise ausgeschlossen werden kann, nicht als willkürlich zu erkennen.
5. Der Beschwerdevorwurf, die belangte Behörde habe kein Parteiengehör gewährt, ist im Hinblick auf die an den Beschwerdeführer ergangene Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 28. April 1993 verbunden mit der Einladung, binnen zwei Wochen dazu Stellung zu nehmen, aktenwidrig. Daß der Beschwerdeführer von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch machte, ändert an der damit erfolgten Gewährung des rechtlichen Gehörs ebensowenig wie der Umstand, daß sich der bekämpfte Bescheid auf einen anderen als den in der besagten Verständigung genannten Versagungsgrund stützte.
6. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Parteiengehör Rechtliche WürdigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993180569.X00Im RIS seit
06.08.2001