TE Vwgh Erkenntnis 1994/4/18 92/10/0136

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Veröffentlicht am 18.04.1994
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Index

L55001 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Burgenland;
L80001 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Burgenland;

Norm

LSchV Loipersbach Rohrbach Schattendorf 1979 §2 Abs2 litc;
LSchV Loipersbach Rohrbach Schattendorf 1979 §4;
NatSchG Bgld 1990 §23 Abs2;
NatSchG Bgld 1990 §50 Abs6;
NatSchG Bgld 1990 §55 Abs2;
NatSchG Bgld 1990 §81 Abs5;
RPG Bgld 1969 §20 Abs1;
RPG Bgld 1969 §20 Abs4;
RPG Bgld 1969 §20 Abs5;
RPG Bgld 1969 §2a;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Novak, Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des W in X, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 18. Mai 1992, Zl. IV-2084/2-1992, betreffend naturschutzbehördliche Bewilligung und Wiederherstellungsauftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 28. Oktober 1991 beantragte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde die (nachträgliche) Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung für eine auf dem Grundstück Nr. 4181/7 errichtete "Gerätehütte".

Die belangte Behörde führte eine mündliche Verhandlung durch, bei der ein von ihr beigezogener Amtssachverständiger für Landwirtschaft sich zur Frage der Erforderlichkeit dieser Bauführung äußerte. Im Gutachten dieses Sachverständigen heißt es, das Grundstück Nr. 4181/7 mit einer Größe von 2.200 m2 habe eine Südwest-Hanglage und werde als Weingarten genutzt. Die Anlagen bestünden aus 9 Rebreihen mit Drahtrahmen-Hochkultur und hätten eine Reihenweite von 0,90 m. Das Rebsortiment sei gemischter Satz. Die Trauben würden zur Gänze im Keller des Beschwerdeführers in der Gemeinde verarbeitet. Laut Angaben (des Beschwerdeführers) handle es sich durchschnittlich um 1200 l pro Jahr. Die Hütte habe ein Ausmaß von 4,58 m x 3,20 m und bestehe aus einem Geräteraum mit 3,6 m2 und einem Gefolgschaftsraum mit 8,21 m2, wobei der Gefolgschaftsraum doppelwandig ausgeführt sei. In diesem Raum befänden sich ein Tisch, eine Sitzgruppe mit 2 Sesseln, 1 Bettbank, 1 Gasofen, 1 Gasflasche und 1 Alugestell. Im östlichen Teil der Hütte befinde sich ein kleiner Vorbau; dort sei ein Autositz plaziert. Im Gefolgschaftsraum befänden sich 3 Bottiche, 1 Leiter, 1 Weingartendrahtrolle, diverse Holz- und Metallsteher, 4 Kübeln, 1 Kiste und 1 Schaufel und diverse Handgeräte. Laut Aussagen des Beschwerdeführers werde das Objekt auch zum Unterstellen einer Fräse sowie der Weingartenspritze verwendet und als Schutz vor Unwetter für die Eltern. Der Weingarten sei über ein Grundstück zu erreichen, das sich im Besitz des Beschwerdeführers befinde.

Der Standort von Lagerräumen für Bodenbearbeitungsgeräte sei für den Bewirtschaftungserfolg eines Weingartens grundsätzlich nur von untergeordneter Bedeutung. Es dürfe in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen werden, daß es unwesentlich sei, ob sich der Lagerraum für diverse Geräte auf dem "beabsichtigten Grundstück" oder im Bauland befinde, da es im Weinbau durchaus üblich sei, sämtliche Produktionsmittel vom und zum bewirtschafteten Grundstück zu befördern. Die Baumaßnahme des Beschwerdeführers stehe in keinem sachlichen oder funktionellen Zusammenhang mit der Bewirtschaftung des Weingartens, da zum Zeitpunkt des Lokalaugenscheines kaum landwirtschaftliche Geräte abgestellt gewesen seien. Hinsichtlich der Planunterlagen werde entsprechend dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. März 1983, Zl. 81/06/0182, darauf hingewiesen, daß es für die Zulässigkeit der Errichtung eines Gebäudes im Grünland nicht ausreiche, daß dieses Zwecken der Land- und Forstwirtschaft dienen könne; dieser Zweck müsse vielmehr dem Bauansuchen und der Baubeschreibung ausschließlich zugrundeliegen.

Mit Bescheid vom 18. Mai 1992 wies die belangte Behörde unter Berufung auf die §§ 50 Abs. 6 und 81 Abs. 2 und 5 des burgenländischen Naturschutz- und Landschaftspflegegesetzes, LGBl. Nr. 27/1991 (NG 1990) in Verbindung mit § 4 der Verordnung der burgenländischen Landesregierung vom 25. Juli 1979, mit der Teile der KG Loipersbach, Rohrbach und Schattendorf zum Landschaftsschutzgebiet erklärt wurden, LGBl. Nr. 58/1979 (im folgenden: Landschaftsschutzverordnung) sowie § 20 Abs. 1 und 4 des burgenländischen Raumplanungsgesetzes 1969, LGBl. Nr. 18/1969 (RPG), den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung für seine Hütte ab und trug ihm gleichzeitig gemäß § 55 Abs. 2 und 3 NG 1990 iVm § 8 der Landschaftsschutzverordnung auf, bis längstens 20. Juni 1992 die Hütte zu beseitigen und den rechtmäßigen Zustand herzustellen. In der Begründung stützte sich die belangte Behörde auf die Ausführungen des Amtssachverständigen für Landwirtschaft.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Beschwerdeführer bringt vor, das Sachverständigengutachten sei mangelhaft geblieben. Der Sachverständige hätte erheben müssen, wie weit der Wohnsitz des Beschwerdeführers von der Hütte entfernt sei und auf welche Weise allenfalls in einem anderen Standort gelagerte Geräte vom Wohnsitz zum Weingarten gebracht werden könnten.

Der Beschwerdeführer habe bei der mündlichen Verhandlung eine Reihe von Einwendungen gegen die Ausführungen des Sachverständigen vorgebracht, die aber nicht protokolliert worden seien und auf die der Sachverständige auch nicht eingegangen sei. Daß tatsächlich ein solches Vorbringen erstattet worden sei, ergebe sich eindeutig aus Passagen im Sachverständigengutachten, wo auf Äußerungen des Beschwerdeführers bezug genommen werde. Insbesondere habe der Beschwerdeführer auch darauf hingewiesen, daß er sich nicht mit Spätlese befasse und daher zum Zeitpunkt des Lokalaugenscheins die Geräte bereits im Wohnhaus eingewintert worden seien. Der Beschwerdeführer habe auch darauf hingewiesen, daß sich sein Wohnhaus ca. 3 km von dem 2.200 m2 großen Weingarten entfernt befinde, er persönlich in der Baubranche berufstätig sei und der Weingarten vorwiegend von seinen Eltern und Schwiegereltern betreut werde, welche bereits betagt seien und über kein Verkehrsmittel verfügten. Es sei ihnen sicherlich nicht zuzumuten, zu Fuß vom 3 km entfernten Loipersbach bzw. vom ebensoweit entfernten Rohrbach sämtliche Geräte an jedem Arbeitstag am Morgen zu Fuß ca. 3 km zum Weingarten zu schleppen und nach getaner Arbeit am Abend wieder die gesamte Strecke nach Hause zu tragen. Ohne eine Einlagerung der Geräte wäre die Bewirtschaftung des Weingartens nicht möglich. Mit all diesen Argumenten habe sich die belangte Behörde nicht auseinandergesetzt.

Es wäre auch unerläßlich gewesen, den Amtssachverständigen für Landwirtschaft zu einer Ergänzung des Gutachtens dahingehend zu veranlassen, ob nicht das Bestehen mehrerer Weingartenhütten in nächster Umgebung im gleichen Ausmaß ein Hinweis darauf sei, daß eben kein anderer Standort eine gleichartige oder bessere betriebswirtschaftliche Voraussetzung im Hinblick auf die widmungsgemäße Nutzung biete.

Eine weitere Mangelhaftigkeit des Verfahrens sei darin gelegen, daß die belangte Behörde nicht überprüft habe, ob nicht allenfalls für den Altbestand der Hütte eine Genehmigung zu erteilen gewesen wäre, zumal der Zubau nachträglich erfolgt sei.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Hütte des Beschwerdeführers liegt in dem mit der Landschaftsschutzverordnung zum Landschaftsschutzgebiet erklärten Gebiet.

Nach § 2 Abs. 2 lit. c der Landschaftsschutzverordnung ist es verboten, im Landschaftsschutzgebiet Bauten aller Art, außer Weingartenhütten, sowie Zäune und oberirdische Drahtleitungen zu errichten.

Nach § 4 der Verordnung ist bei Bauvorhaben, die nicht unter das Verbot des § 2 Abs. 2 lit. c fallen, vom Bauwerber vor Einholung der Baubewilligung die Zustimmung der Landesregierung zu erwirken.

Die Landschaftsschutzverordnung wurde durch § 81 Abs. 2 NG 1990 in den Rang eines Gesetzes erhoben.

Nach § 81 Abs. 5 NG 1990 sind in Landschaftsschutzgebieten Bewilligungen grundsätzlich nach Maßgabe des § 23 Abs. 2 zu erteilen. Bisherige Verbote gelten als bewilligungspflichtige Maßnahmen (§ 23 Abs. 2).

Nach § 50 Abs. 6 NG 1990 ist das Ansuchen ohne Durchführung eines Verfahrens abzuweisen, wenn die beantragte Bewilligung dem Landesraumordnungsplan (§ 2a Raumplanungsgesetz 1969 in der jeweils geltenden Fassung) oder dem rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde widerspricht.

Nach § 20 Abs. 1 RPG sind Bewilligungen von sich auf das Gemeindegebiet auswirkenden Maßnahmen auf Grund landesgesetzlicher Vorschriften nur zulässig, wenn sie dem Flächenwidmungsplan nicht widersprechen.

Wurden Maßnahmen, die nach dem NG 1990 oder einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnung verboten oder bewilligungspflichtig sind, entgegen dem Verbot, ohne Bewilligung, abweichend von der Bewilligung oder entgegen einer Verfügung nach Abs. 1 ausgeführt oder ist eine Bewilligung nach § 53 Abs. 1 lit. c erloschen, ist gemäß § 55 Abs. 2 die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes von der Behörde binnen angemessener festzusetzender Frist aufzutragen. Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, daß Bauvorhaben im Landschaftsschutzgebiet - neben anderen Voraussetzungen - nur dann ausgeführt werden dürfen, wenn sie dem Flächenwidmungsplan nicht widersprechen.

Die Hütte des Beschwerdeführers liegt in einem Gebiet, für das der Flächenwidmungsplan die Widmung "Grünfläche - Landwirtschaftlich genutzt" vorsieht.

Nach § 20 Abs. 4 RPG fallen Baumaßnahmen in Verkehrsflächen und Grünflächen, welche für die der Flächenwidmung entsprechende Nutzung notwendig sind, nicht unter die Beschränkungen der Abs. 1 und 2.

Nach § 20 Abs. 5 leg. cit. ist die Notwendigkeit im Sinne des Abs. 4 dann anzunehmen, wenn nachgewiesen ist, daß

a) die Baumaßnahme in einem sachlichen oder funktionellen Zusammenhang mit der widmungsmäßigen Nutzung steht,

b) kein anderer Standort eine bessere Eignung im Hinblick auf die widmungsgemäße Nutzung bietet,

c) die Baumaßnahme auf die für die widmungsgemäße Nutzung erforderliche Größe, Gestaltung und Ausstattung eingeschränkt bleibt und

d) raumordnungsrelevante Gründe (z.B. Landschaftsbild, Zersiedelung, etc.) nicht entgegenstehen.

Der Beschwerdeführer hat für die GESAMTE eine Einheit bildende Hütte um die nachträgliche Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung angesucht; der belangten Behörde war es schon aus diesem Grund verwehrt, zu prüfen, ob etwa für einen Teil der Hütte - den "Anbau" - eine Bewilligung erteilt werden könnte.

Bei der Beantwortung der Frage nach der Notwendigkeit eines Bauvorhabens für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung ist an die hiefür maßgeblichen Kriterien nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. November 1981, Slg. N.F. 10.592/A u.a.).

Nach den Ausführungen des Amtssachverständigen für Landwirtschaft besteht die Hütte des Beschwerdeführers aus einem Geräteraum mit 3,6 m2 und einem Gefolgschaftsraum mit 8,21 m2, wobei der "Gefolgschaftsraum" zum Zeitpunkt des Lokalaugenscheins mit einem Tisch, einer Sitzgruppe mit 2 Sesseln, 1 Bettbank, 1 Gasofen, 1 Gasflasche und 1 Alugestell ausgestattet war. Diese Ausstattung zeigt eindeutig, daß - was vom Beschwerdeführer auch gar nicht in Abrede gestellt wird - dieser Raum dem Aufenthalt von Menschen dient. Ein solcher Aufenthaltsraum ist aber bei einer Entfernung des Weingartens vom Wohnobjekt des Beschwerdeführers von 3 km für die Bewirtschaftung des Weingartens nicht erforderlich. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß nach den Behauptungen des Beschwerdeführers die Arbeiten im Weingarten großteils von den bereits betagten Eltern und Schwiegereltern des Beschwerdeführers durchgeführt werden, da es nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Notwendigkeit einer Baumaßnahme im Grünland auf persönliche Umstände des Bauwerbers nicht ankommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1979, Zl. 932/77 u.a.).

Da demnach ein Großteil der Hütte, nämlich der Gefolgschaftsraum - für die Bewirtschaftung des Weingartens nicht erforderlich ist - hat die belangte Behörde für eine Hütte von der Größe und Ausstattung der vom Beschwerdeführer zur Bewilligung beantragten zu Recht die Bewilligung versagt, ohne daß es noch darauf ankommt, ob der Beschwerdeführer während der Zeit der Weingartenarbeiten im Geräteraum mehr Geräte gelagert hat als zum Zeitpunkt der Durchführung der mündlichen Verhandlung durch die belangte Behörde.

Die Hütte des Beschwerdeführers war bewilligungspflichtig. Eine Bewilligung für ihre Errichtung lag nicht vor. Dem Beschwerdeführer wurde somit auch zu Recht ein Beseitigungsauftrag erteilt.

Aus den dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1992100136.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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