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L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO NÖ 1976 §92 Abs1 Z1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):94/05/0010Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerden
1. des N und 2. der M in W, beide vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen die Bescheide der NÖ LReg vom 24. 11. 1993, Zl. R/1-V-86191/08, betreffend Versagung der Baubewilligung und Zl. R/1-V-86191/09, betreffend Abbruchauftrag (mP: Gemeinde X, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 6. März 1990, Zl. 89/05/0167, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof einen Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung betreffend Versagung einer Baubewilligung und Abbruchauftrag deshalb wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben, weil die Erledigung des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde mangels leserlicher Unterschrift des Bürgermeisters oder der leserlichen Beifügung des Namens desjenigen, der diese Erledigung genehmigt hat, nicht den Formerfordernissen des § 18 Abs. 4 AVG 1950 entsprachen und somit keinen Bescheid darstellte. Obwohl die Beschwerdeführer auf diesen Umstand bereits in ihrer vorsichtshalber gegen diese Erledigung eingebrachten Berufung hingewiesen hatten, wurden sowohl die Berufung als auch die Vorstellung der Beschwerdeführer materiell erledigt.
In der Folge hat die belangte Behörde aufgrund nunmehr den Formerfordernissen des § 18 Abs. 4 AVG entsprechenden Bescheiden der Gemeindebehörden mit ihren Bescheiden vom 22. April 1991 die Bescheide des Gemeinderates betreffend Abtragungsautrag und Versagung der nachträglichen Baubewilligung behoben und im wesentlichen ausgeführt, es bedürfe der Vorlage eines Betriebskonzeptes, um beurteilen zu können, ob die Obstanlage als geplante landwirtschaftliche Nutzung zumindest die Annahme eines landwirtschaftlichen Nebenerwerbes rechtfertige. Hierauf haben die Beschwerdeführer ein Betriebskonzept für ihre Obstanlage vorgelegt, wonach auf dem beschwerdegegenständlichen Grundstück, Parzelle Nr. 504/3, im Grünland, auf dem sich das Gartenhaus befindet, insgesamt 69 Apfelbäume, 9 Birnbäume, 4 Zwetschkenbäume, 2 Kirschbäume, 1 Weichselbaum, 2 Marillenbäume und 1 Nußbaum stocken. Der jährliche Verkaufserlös wurde von den Beschwerdeführern mit 16.860,-- angegeben, als Betriebsaufwand stellten sie S 4.750,-- für Pflanzenschutzmaßnahmen und Düngung sowie S 2.000,-- als Abschreibung für Maschinen und Gerätekosten sowie Reparaturen in Rechnung, sodaß sie zu einem Reinertrag von S 10.110,-- gelangten. Der agrartechnische Amtssachverständige des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung hat hierauf in seinem Gutachten vom 20. Juli 1992 nach eingehender Befundaufnahme
- zusammengefaßt - ausgeführt, es seien die Aufwände bzw. Kosten für die Anschaffung der Obstbäume bzw. die laufende Bestandsergänzung für die Einfriedung, den Brunnen, den Feldkeller, das Gartenhaus und für die Vermarktung der anfallenden Erzeugnisse in keiner Weise berücksichtigt worden. Alle diese Aufwände seien als Grundlage für die von den Beschwerdeführern behauptete landwirtschaftliche Betriebsführung notwendig. Sie müßten daher auch als Aufwand und Kostenfaktor dieser behaupteten Betriebsführung direkt angelastet werden. Gehe man von dem von den Beschwerdeführern als "Reinertrag" bezeichneten Betrag von jährlich S 10.110,-- aus und berücksichtige die zuvor genannten zusätzlichen Kostenpunkte, so ergebe sich, daß aus der angenommenen Tätigkeit bzw. Bewirtschaftung mit Sicherheit keine nachhaltig positiven Erträge erzielbar seien. Da per saldo aus diesem Vorhaben kein Ertrag verbleibe, der zum privaten Verbrauch entnommen werden könnte, wie dies Zielsetzung bzw. Voraussetzung auch jeder nebenberuflichen Tätigkeit sein müsse, liege hier jedenfalls keine zumindest nebenberufliche landwirtschaftliche Tätigkeit vor, sondern ein Hobby. Damit stehe das beantragte Gartenhaus aber schon aus diesem Grunde im Widerspruch zur ausgewiesenen Grünlandwidmung. Obwohl nach diesem Sachverhalt auf die Frage der Erforderlichkeit gemäß § 19 Abs. 4 des Niederösterreichischen Raumordnungsgesetzes nicht mehr einzugehen wäre, sei dennoch ausgeführt, daß das gegenständliche Gartenhaus mit einer verbauten Fläche von 27 m2, gegliedert in Wohnraum, Schlafraum, Kochnische, Abstellraum und WC nach objektiven Gesichtspunkten beurteilt werden müsse, d.h. es müsse für jedermann in der gleichen Weise, für die bestimmte Art und den Umfang der landwirtschaftlichen Nutzung tatsächlich notwendig sein. Der weit entfernt liegende Wohnsitz der Beschwerdeführer sei aber kein solches objektives, sachliches Kriterium, das bei der Erforderlichkeitsprüfung berücksichtigt werden könnte. Die angegebene und tatsächlich auch vorliegende Nutzung des Gartenhauses (kochen, waschen, umkleiden, ausruhen, nächtigen), ergebe sich ausschließlich aus der entfernten Lage des Wohnsitzes und habe nicht das geringste mit der objektiven, rein "bewirtschaftsbezogenen" Notwendigkeit im Zusammenhang mit einer Obstanlage zu tun. Es könnte somit eine Erforderlichkeit für das Gartenhaus auch dann nicht abgeleitet werden, wenn das Vorhaben der Beschwerdeführer entgegen allen bisherigen Gutachten als nebenberufliche landwirtschaftliche Betriebsführung eingestuft würde.
Zu diesem Gutachten brachten die Beschwerdeführer im wesentlichen vor, der Betrieb sei erst in seiner ersten und daher noch nicht so lukrativen Phase, sei aber sehr wohl als eine nebenberufliche landwirtschaftiche Tätigkeit der Beschwerdeführer zu qualifizieren. Der Verkauf der gezogenen Früchte erfolge ab Hof, daher müsse aber zur Zeit der Ernte ständig jemand auf dem gegenständlichen Grundstück anwesend sein, um den Verkauf zu gewährleisten, woraus sich die Notwendigkeit des Gebäudes ergebe.
Mit Bescheiden des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 29. Juli 1993 und 30. Juli 1993 wurden sodann die Berufungen der Beschwerdeführer gegen die Bescheide des Bürgermeisters vom 27. Juli 1990 bzw. vom 30. Juli 1990 abgewiesen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, das eingeholte Gutachten des Amtssachverständigen habe ergeben, daß eine landwirtschaftliche Nutzung nicht vorliege und das beantragte Bauwerk für die bestimmungsgemäße Nutzung nicht erforderlich sei, sodaß die Baubewilligung mangels Übereinstimmung des Bauvorhabens mit dem Flächenwidmungsplan abzuweisen gewesen sei und dementsprechend die Voraussetzungen für den Abbruchauftrag vorlägen. Die gegen diese Bescheide eingebrachten Vorstellungen der Beschwerdeführer hat die belangte Behörde mit den nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheiden vom 24. November 1993 abgewiesen. Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zunächst hat der Verwaltungsgerichtshof beschlossen, wegen des persönlichen und sachlichen Zusammenhanges der beiden Beschwerden diese zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung zu verbinden.
Gemäß § 100 Abs. 2 der Niederösterreichischen Bauordnung 1976 ist eine beantragte Baubewilligung zu versagen, wenn durch die Ausführung des Vorhabens Bestimmungen dieses Gesetzes oder u.a. des Nö Raumordnungsgesetzes verletzt werden. Gemäß § 19 Abs. 4 des Nö Raumordnungsgesetzes 1976 dürfen im Grünland Neu-, Zu- und Umbauten nur vorgesehen werden, wenn sie für eine Nutzung nach Abs. 2 erforderlich sind. Im Sinne dieses Abs. 2 hat der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde in seinem Flächenwidmungsplan für das zu bebauende Grundstück die Widmungs- und Nutzungsart Grünland-Landwirtschaft festgelegt.
§ 19 Abs. 4 des Nö Raumordnungsgesetzes 1976 soll verhindern, daß eine Zersiedelung und Verhüttelung auf jenen Grundflächen erfolgt, welche der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung vorbehalten sind. Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, daß bei Beantwortung der Frage, ob eine Baulichkeit für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung erforderlich ist, an die hiefür maßgeblichen Kriterien ein strenger Maßstab anzulegen ist (vgl. u. a. die hg. Erkenntnisse vom 17. November 1981, Slg. Nr. 10.572/A, sowie vom 10. Oktober 1989, Zl. 85/05/0089).
Schon in seinem Erkenntnis vom 31. März 1978, Slg. Nr. 9.513/A, hat der Verwaltungsgerichtshof dargelegt, es gehöre zum Begriff der Landwirtschaft, daß sie eine planvolle, grundsätzlich auf Erzielung von Einnahmen gerichtete nachhaltige Tätigkeit darstellt; er hat die Ansicht vertreten, daß die Bestimmungen über die Flächenwidmung nicht dadurch umgangen werden können, daß jemand lediglich einem Hobby und nicht einer zumindest nebenberuflichen landwirtschaftlichen Tätigkeit nachgehe.
Zutreffend haben daher die Gemeindebehörden hinsichtlich der Frage der Zulässigkeit des Bauvorhabens nach § 19 Abs. 4 Nö ROG 1976 zunächst geprüft, ob eine geplante landwirtschaftliche Nutzung zumindest die Annahme eines landwirtschaftlichen Nebenerwerbes rechtfertigte. Aufgrund des Gutachtens des Amtssachverständigen vom 20. Juli 1992 durfte schon der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde zutreffend davon ausgehen, daß eine landwirtschaftliche Nutzung nicht vorliege. Daß der Befund des Gutachtens nicht richtig sei, haben die Beschwerdeführer nicht einmal behauptet, die übereinstimmenden diesbezüglichen Annahmen des Gutachtens ergeben sich aus dem von den Beschwerdeführern vorgelegten Betriebskonzept und, in Beziehung auf das Gartenhaus, aus der Baubeschreibung. Das Gutachten selbst ist schlüssig und stimmt auch insofern mit den Erfahrungen des täglichen Lebens überein, als der Gutachter ausführte, die Berücksichtigung von lediglich S 2.000,-- pro Jahr als Abschreibung für Maschinen bzw. für Neuanschaffung berücksichtige keinesfalls die tatsächlich erforderlichen Aufwendungen. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, daß das Gartenhaus für die Nutzung der landwirtschaftlichen Grundflächen erforderlich war. Somit kann dem Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde und in der Folge der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie zu dem Schluß gelangten, daß das Gartenhaus für eine landwirtschaftliche Nutzung schon deshalb nicht erforderlich sei, weil nicht einmal eine nebenberufliche landwirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt werde und die beantragte Baubewilligung für das gegenständliche Projekt nicht erteilt werden könne.
Gemäß § 113 Abs. 2 Z. 3 der Nö Bauordnung 1976 hat die Baubehörde den Abbruch einer Baulichkeit anzuordnen, wenn für die Baulichkeit eine baubehördliche Bewilligung nicht vorliegt und die fehlende Bewilligung nicht erteilt werden darf, weil das Bauvorhaben nicht zulässig ist.
Die Beschwerdeführer rügen, daß hinsichtlich des Abbruchauftrages ein unzureichend begründeter Bescheid vorliege, weil sich die belangte Behörde im wesentlichen auf die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens im Zusammenhang mit der beantragten Baubewilligung beziehe und in rechtlicher Hinsicht ausführe, daß der Antrag auf Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung für das Gartenhaus zu Recht abgewiesen worden sei. Diese Rüge ist nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen, wurde doch schon im ersten Rechtsgang und vor Einlangen des Ansuchens um nachträgliche Erteilung der Baubewilligung eine Verhandlung auf dem Grundstück der Beschwerdeführer in deren Beisein abgehalten, wobei festgestellt wurde, daß ein näher umschriebenes Gartenhaus errichtet wurde. Daß dieses Gebäude einer Baubewilligung bedurfte und bedarf und diese bis zur Erlassung des Bescheides des Gemeinderates nicht erteilt worden war, steht aufgrund der Aktenlage fest.
Die gemäß § 113 Abs. 2 Z. 3 lit. a Nö BO zu lösende Frage, ob die fehlende Bewilligung nicht erteilt werden darf, weil das Bauvorhaben nicht zulässig ist, durfte die belangte Behörde zu Recht aufgrund des Ergebnisses des Baubewilligungsverfahrens verneinen.
Da sich die Beschwerden somit als unbegründet erweisen, waren sie gemäß § 42 Abs. 2 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Mit der Erledigung der Beschwerden ist der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gegenstandslos geworden.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994050009.X00Im RIS seit
03.05.2001Zuletzt aktualisiert am
07.08.2009