Entscheidungsdatum
26.09.2024Norm
AsylG 2005 §18 Abs1Spruch
W158 2288136-1/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Yoko KUROKI-HASENÖHRL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Syrien, vertreten durch RA Dr. Gregor KLAMMER, Lerchenfelder Gürtel 45/11, 1160 Wien, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Säumnisbeschwerde) betreffend den Antrag auf internationalen Schutz vom 24.10.2022, zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Yoko KUROKI-HASENÖHRL als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch 40 , geb. am römisch 40 , StA. Syrien, vertreten durch RA Dr. Gregor KLAMMER, Lerchenfelder Gürtel 45/11, 1160 Wien, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Säumnisbeschwerde) betreffend den Antrag auf internationalen Schutz vom 24.10.2022, zu Recht:
A) Gemäß § 28 Abs. 7 VwGVG wird dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aufgetragen, den versäumten Bescheid unter Zugrundlegung der hiermit festgelegten Rechtsanschauung binnen einer Frist von acht Wochen, gerechnet ab Zustellung dieses Erkenntnisses, zu erlassen:A) Gemäß Paragraph 28, Absatz 7, VwGVG wird dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aufgetragen, den versäumten Bescheid unter Zugrundlegung der hiermit festgelegten Rechtsanschauung binnen einer Frist von acht Wochen, gerechnet ab Zustellung dieses Erkenntnisses, zu erlassen:
1) Der für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebende Sachverhalt ist von Amts wegen vollständig zu ermitteln und festzustellen.
2) Voraussetzung für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ist nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 3 Abs. 1 AsylG 2005 die Glaubhaftmachung, dass dem Asylwerber im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention, demnach aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung, droht.2) Voraussetzung für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ist nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 die Glaubhaftmachung, dass dem Asylwerber im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinn des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, Genfer Flüchtlingskonvention, demnach aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung, droht.
3) Die Prognoseentscheidung gemäß § 3 AsylG 2005, ob eine wohl begründete Furcht vor Verfolgung glaubhaft gemacht wird, setzt ein als glaubwürdig erachtetes Fluchtvorbringen voraus. Die Frage der Glaubhaftmachung des Fluchtvorbringens ist einzelfallbezogen zu beurteilen.3) Die Prognoseentscheidung gemäß Paragraph 3, AsylG 2005, ob eine wohl begründete Furcht vor Verfolgung glaubhaft gemacht wird, setzt ein als glaubwürdig erachtetes Fluchtvorbringen voraus. Die Frage der Glaubhaftmachung des Fluchtvorbringens ist einzelfallbezogen zu beurteilen.
4) Die Feststellung allgemeiner Umstände im Herkunftsstaat kann die Glaubhaftmachung der Gefahr einer konkreten, individuell gegen den Asylwerber gerichteten Verfolgung nicht ersetzen.
5) Eine Verknüpfung zwischen Verfolgungshandlungen und dem Konventionsgrund der politischen Gesinnung kann nicht allein deshalb als gegeben angesehen werden, weil Strafverfolgung oder Bestrafung wegen einer Wehrdienstverweigerung erfolgen. Allerdings spricht eine starke Vermutung dafür, dass die Verweigerung des Militärdienstes unter den in Art. 9 Abs. 2 lit. e Statusrichtlinie genannten Voraussetzungen (also eine Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Bürgerkrieg, wenn der Militärdienst u.a. Kriegsverbrechen umfassen würde) mit einem Konventionsgrund in Zusammenhang steht. Es ist Sache der zuständigen nationalen Behörden, in Anbetracht sämtlicher in Rede stehender Umstände die Plausibilität dieser Verknüpfung zu prüfen (vgl. EuGH 19. November 2020, C-238/19). 5) Eine Verknüpfung zwischen Verfolgungshandlungen und dem Konventionsgrund der politischen Gesinnung kann nicht allein deshalb als gegeben angesehen werden, weil Strafverfolgung oder Bestrafung wegen einer Wehrdienstverweigerung erfolgen. Allerdings spricht eine starke Vermutung dafür, dass die Verweigerung des Militärdienstes unter den in Artikel 9, Absatz 2, Litera e, Statusrichtlinie genannten Voraussetzungen (also eine Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Bürgerkrieg, wenn der Militärdienst u.a. Kriegsverbrechen umfassen würde) mit einem Konventionsgrund in Zusammenhang steht. Es ist Sache der zuständigen nationalen Behörden, in Anbetracht sämtlicher in Rede stehender Umstände die Plausibilität dieser Verknüpfung zu prüfen vergleiche EuGH 19. November 2020, C-238/19).
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, reiste in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 24.10.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Am 26.10.2022 wurde er einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen und der Antrag zum Verfahren zugelassen.
2. Am 05.12.2023 langte beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) eine Säumnisbeschwerde des Beschwerdeführers ein, in welcher angeführt wurde, dass er am 24.10.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe über den bislang nicht entschieden wurde, wobei seit Antragstellung mehr als sechs Monate vergangen seien.
Er beantragte, das Bundesverwaltungsgericht möge nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Stattgebung der Säumnisbeschwerde in der Sache selbst erkennen und dem gestellten, anhängigen Asylantrag stattgeben.
3. Mit Schreiben vom 07.03.2024 beantragte der Beschwerdeführer durch seine rechtsfreundliche Vertretung die Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, da die Säumnisbeschwerde vor mehr als drei Monaten erhoben worden sei.
4. Mit E-Mail vom 08.10., 21.11., 28.11.2023 wie auch mit E-Mail vom 26.06.2024 ersuchte der Beschwerdeführer um eine Beschleunigung des Verfahrens. Er habe noch keinen Termin für sein Asylverfahren bekommen.
5. Mit Schreiben vom 05.03.2024, beim Bundesverwaltungsgericht einlangend am 12.03.2024, legte das BFA die Säumnisbeschwerde samt Verwaltungsakt vor. In einer Stellungnahme wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen sei.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer stellte am 24.10.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich und wurde am 26.10.2022 zum Asylverfahren zugelassen.
Am 26.10.2022 erfolgte die Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes. Weitere Verfahrensschritte wurden nicht gesetzt.
Der Beschwerdeführer brachte am 05.12.2023 eine Säumnisbeschwerde ein. Der gegenständliche Antrag des Beschwerdeführers war bis zu diesem Zeitpunkt nicht erledigt.
Im Jahr 2022 betrug die Verfahrensdauer der erstinstanzlichen Bescheide des BFA im arithmetischen Mittel 3,5 Monate, im Jahr 2023 5,5 Monate.
Den Beschwerdeführer trifft an der Verfahrensverzögerung kein Verschulden.
1.2. Der Beschwerdeführer stammt aus dem Gouvernemental XXXX . Er ist syrischer Staatsangehöriger. Das Gouvernement XXXX ist in mehrere Kontrollbereiche unterteilt. Die Stadt XXXX befindet sich unter der Kontrolle des syrischen Regimes.1.2. Der Beschwerdeführer stammt aus dem Gouvernemental römisch 40 . Er ist syrischer Staatsangehöriger. Das Gouvernement römisch 40 ist in mehrere Kontrollbereiche unterteilt. Die Stadt römisch 40 befindet sich unter der Kontrolle des syrischen Regimes.
Hinsichtlich seines Fluchtgrundes gibt der Beschwerdeführer an, dass er wegen des Krieges geflohen sei und im Militär hätte dienen müssen, dies wolle er aber nicht. Außerdem sei die Sicherheitslage in Syrien sehr schlecht.
Der Beschwerdeführer reiste im August 2021 in die Türkei aus. Er ist verheiratet und hat einen im Oktober 2019 geborenen Sohn. Seine Ehefrau, sein Sohn, sein Vater, seine vier Schwestern und zwei Brüder leben in Syrien.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen hinsichtlich der Stellung und Einbringung des Antrages auf internationalen Schutz sowie der Stellung der Säumnisbeschwerde und Nichterledigung des Antrages auf internationalen Schutz zum Zeitpunkt der Stellung der Säumnisbeschwerde ergeben sich aus der Aktenlage sowie der Abfrage des GVS und sind unstrittig. Es ergaben sich keine Anhaltspunkte, dass die Verfahrensverzögerung auf den Beschwerdeführer zurückzuführen ist und wurde dies auch nicht behauptet.
Es stellt sich im vorliegenden Fall die Tatsachenfrage, ob das BFA ein überwiegendes Verschulden an der objektiv festzustellenden Verfahrensverzögerung trifft. Die durchschnittliche Verfahrensdauer erstinstanzlicher Bescheide ist aus den Detailstatistiken des BFA für die Jahre 2022 und 2023 ersichtlich, welche auf der Homepage des BMI veröffentlicht sind.
2.2. Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers und seiner Familie ergeben sich aus seinen Angaben in der Erstbefragung am 26.10.2022.
In der Erstbefragung gab der Beschwerdeführer an, dass er aus XXXX stamme. Die Feststellung zu den Machtverhältnissen in XXXX und XXXX beruht auf einer Nachschau auf https://syria.liveuamap.com.In der Erstbefragung gab der Beschwerdeführer an, dass er aus römisch 40 stamme. Die Feststellung zu den Machtverhältnissen in römisch 40 und römisch 40 beruht auf einer Nachschau auf https://syria.liveuamap.com.
Das Vorbringen zum Fluchtgrund ergibt sich ebenso aus der Erstbefragung. Darin gab er an, er sei im August 2021 von seinem Wohnort in die Türkei ausgereist. Er habe über einen syrische ID-Karte verfügt, der sich bei seiner Tante in der Türkei befände. Im Juli 2022 verließ er die Türkei, da das Leben dort schwer gewesen sei, er dort kein Geld gehabt habe und schlecht behandelt worden wäre.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zur Zulässigkeit der Säumnisbeschwerde
Gemäß § 73 Abs. 1 1. Satz 1. Fall AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen.Gemäß Paragraph 73, Absatz eins, 1. Satz 1. Fall AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen.
Da auch in den einschlägigen verfahrensrechtlichen Bestimmungen – weder das AsylG 2005 noch das BFA-VG kennen in Bezug auf eine Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz wie im gegenständlichen Verfahren („Normalverfahren“) Sonderfristen – keine andere hier anzuwendende Entscheidungsfrist vorzufinden ist, ist das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verpflichtet, in einem durch einen Antrag auf internationalen Schutz eingeleiteten Verfahren binnen sechs Monaten nach dessen Einlangen den Bescheid zu erlassen.
Gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung – hier der Antrag auf internationalen Schutz vom 24.10.2022– bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Diese Frist ist im gegenständlichen Verfahren abgelaufen und die Säumnisbeschwerde daher zulässig.Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, VwGVG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Artikel 130, Absatz eins, Ziffer 3, B-VG (Säumnisbeschwerde) erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung – hier der Antrag auf internationalen Schutz vom 24.10.2022– bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Diese Frist ist im gegenständlichen Verfahren abgelaufen und die Säumnisbeschwerde daher zulässig.
Gemäß § 8 Abs. 1 letzter Satz VwGVG ist die Beschwerde abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, letzter Satz VwGVG ist die Beschwerde abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.
Zur Verletzung der Entscheidungspflicht hat der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) bereits in der Vergangenheit wiederholt festgehalten, dass der Begriff des Verschuldens der Behörde nach § 73 Abs. 2 AVG bzw. nach § 8 Abs. 1 VwGVG nicht im Sinne eines Verschuldens von Organwaltern der Behörde, sondern insofern „objektiv“ zu verstehen ist, als ein solches „Verschulden“ dann anzunehmen ist, wenn die zur Entscheidung berufene Behörde nicht durch schuldhaftes Verhalten der Partei oder durch unüberwindliche Hindernisse an der Entscheidung gehindert war (vgl. VwGH 16.03.2016, Ra 2015/10/0063). Der VwGH hat ein überwiegendes Verschulden der Behörde darin angenommen, dass diese die für die zügige Verfahrensführung notwendigen Schritte unterlässt oder mit diesen grundlos zuwartet (vgl. VwGH 18.12.2014, 2012/07/0087 mwN.). Weiters hat der VwGH ausgesprochen, dass der allgemeine Hinweis auf die Überlastung der Behörde die Geltendmachung der Entscheidungspflicht nicht vereiteln kann (vgl. VwGH 18.04.1979, 2877/78, mwN). Grundsätzlich haben Behörden dafür Sorge zu tragen, dass durch organisatorische Vorkehrungen eine rasche Entscheidung möglich ist (vgl. etwa VwGH 25.04.2019, Ra 2019/07/0035 mwN.).Zur Verletzung der Entscheidungspflicht hat der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) bereits in der Vergangenheit wiederholt festgehalten, dass der Begriff des Verschuldens der Behörde nach Paragraph 73, Absatz 2, AVG bzw. nach Paragraph 8, Absatz eins, VwGVG nicht im Sinne eines Verschuldens von Organwaltern der Behörde, sondern insofern „objektiv“ zu verstehen ist, als ein solches „Verschulden“ dann anzunehmen ist, wenn die zur Entscheidung berufene Behörde nicht durch schuldhaftes Verhalten der Partei oder durch unüberwindliche Hindernisse an der Entscheidung gehindert war vergleiche VwGH 16.03.2016, Ra 2015/10/0063). Der VwGH hat ein überwiegendes Verschulden der Behörde darin angenommen, dass diese die für die zügige Verfahrensführung notwendigen Schritte unterlässt oder mit diesen grundlos zuwartet vergleiche VwGH 18.12.2014, 2012/07/0087 mwN.). Weiters hat der VwGH ausgesprochen, dass der allgemeine Hinweis auf die Überlastung der Behörde die Geltendmachung der Entscheidungspflicht nicht vereiteln kann vergleiche VwGH 18.04.1979,