TE Vwgh Erkenntnis 1995/9/6 95/12/0120

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Veröffentlicht am 06.09.1995
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Index

L24006 Gemeindebedienstete Steiermark;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;
63/06 Dienstrechtsverfahren;
63/08 Sonstiges allgemeines Dienstrecht und Besoldungsrecht;

Norm

AVG §56;
DGO Graz 1957 §18 Abs6;
DGO Graz 1957 §18 Abs7;
DGO Graz 1957 §18;
DP;
DVG 1984 §1;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Höß und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde des NN in G, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Beschwerdekommission in Beschreibungsangelegenheiten der Landeshauptstadt Graz vom 21. Februar 1995, Zl. Präs. K - 152/1984-345, betreffend Dienstbeurteilung für das Kalenderjahr 1988, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Graz hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Oberamtsrat in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Landeshauptstadt Graz. Er war in dem im Beschwerdefall maßgebenden Zeitraum (Kalenderjahr 1988) im Pensionistenheim und Geriatrischen Krankenhaus der Stadt Graz als Referatsleiter für das Budget, die Buchhaltung sowie die Sozialbetreuung zuständig. Nach seinen Angaben in der Beschwerde ist der Beschwerdeführer (unter anderem auch wegen der zwischen seiner früheren Dienststellenleiterin F. und ihm bestehenden "Antipathie") 1989 einvernehmlich zum Sozialamt versetzt worden. Seine vor dem angefochtenen Bescheid letzte Dienstbeschreibung vom 13. November 1974 lautete auf "ausgezeichnet".

Am 26. Mai 1988 kreuzte die damalige Vorgesetzte des Beschwerdeführers F. unter Verwendung des Vordruckes "Dienstbeschreibung" bezüglich der Bewertungskriterien

1. Fleiß, Gewissenhaftigkeit und Verläßlichkeit in der Ausübung des Dienstes, Dienstwilligkeit, Pünktlichkeit;

2. Fähigkeiten und Auffassung, Berufskenntnisse; Kenntnis zur Amtsführung (Berufsausführung) notwendiger Vorschriften (Schema II/IV) bzw. Besitz der zur Berufsausbildung notwendigen Fertigkeiten (Schema I/III) und deren Einsatz im Dienst;

3.

Benehmen im Dienst und im allfälligen Parteienverkehr;

4.

Gesamtverhalten und Gesamtleistung im Dienst jeweils die Spalte "mangelhaft" an und verwies auf eine Beilage, die folgenden Wortlaut hat:

"Nachdem die tatsächliche Arbeitsleistung und Dienstwilligkeit, Höflichkeit im Umgang mit Pensionären und Kollegen und Verläßlichkeit mit der letzten Dienstbeschreibung des Jahres 1974 auf keinen Fall mehr übereinstimmt, wird seitens der gefertigten Direktion der Antrag auf Herabsetzung der Beurteilung auf "Mangelhaft" gestellt:

Die Begründung ist den Beilagen zu entnehmen, die einzeln aufgezählt, zu umfangreich wäre. Tatsache ist, daß Dienstpflichtverletzungen in der Kantinenabrechnung des Pensionistenheimes G, wofür Genannter verantwortlich zeichnete, vorliegen, von einer ordentlichen Gebarung nicht gesprochen werden kann und die Verantwortung als Leiter der Buchhaltung seinerseits nicht wahrgenommen wird.

Seine Höflichkeit im Umgang mit Pensionären und Kollegen läßt sehr zu wünschen übrig.

Mein Vorgänger, Herr Direktor P, beurteilte Genannten im Jahre 1974 mit dem Vermerk: "Einsatzfreude, gepaart mit Vornehmheit". Dies konnte von mir nie festgestellt werden und widerspricht sich selbst durch folgende Beschimpfungen anderer Kollegen mit "Trampeln" und "Trotteln" und Äußerungen wie:

"Wenn ich für den "Fraß" (Essen im Pensionistenheim R) zahlen muß - trotz Gemeinderatsbeschluß - könnt ihr diesen behalten".

Die Vornehmheit läßt zu wünschen übrig, wenn ein Dienstauto ohne Wissen der Direktion für private Siedlungszwecke eingesetzt wurde.

Es kann auf weitere Details nicht eingegangen werden, da die Stellungnahme über die einzelnen Dienstpflichtverletzungen zur Herabsetzung der Beurteilung zu umfangreich wäre.

Kollege NN, der ebenfalls für das Budget zuständig ist, hat erst auf Drängen der gefertigten Direktion ab dem Jahre 1985 Aufzeichnungen geführt und konnten Informationen bis dahin nur auf Anfragen im Stadtrechnungsamt und der Finanzdirektion erfolgen."

Die zuständige Behörde (Senat II der Beschreibungskommission) sprach darüber erst mit Erledigung vom 6. April 1994 wie folgt ab:

"Die Beschreibungskommission - Senat II - hat mit Beschluß vom heutigen Tage aufgrund der Bestimmungen des § 18 der Dienst- und Gehaltsordnung der Beamten der Landeshauptstadt Graz 1956, LGBl 30/1957, i.d.g.F., Ihre Dienstleistung mit

Minder entsprechend

beurteilt.

Hievon werden Sie mit dem Beifügen in Kenntnis gesetzt, daß Sie nach den Bestimmungen des § 18 Abs. 6 der Dienst- und Gehaltsordnung der Beamten der Landeshauptstadt Graz gegen die Beurteilung innerhalb von zwei Wochen nach deren Bekanntgabe schriftlich Beschwerde erheben können. Eine rechtzeitig eingebrachte Beschwerde hat aufschiebende Wirkung.

Eine allfällige Beschwerde wäre im Dienstwege einzubringen; über sie entscheidet die Beschwerdekommission in Beschreibungsangelegenheiten."

Dagegen richtete sich folgendes Schreiben des Beschwerdeführers:

"Ich berufe innerhalb der offenen Frist gegen die mir zu eigenen Handen vom 14.4.1994 zugestellte und äußerst subjektiv gehaltene Dienstbeschreibung 1988 (es folgt die Geschäftszahl des oben wiedergegebenen Schreibens)".

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 21. Februar 1995 gab die belangte Behörde der Beschwerde des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 18 Abs. 2 und 7 der Dienst- und Gehaltsordnung der Beamten der Landeshauptstadt Graz 1956, LGBl. Nr. 30/1957 (im folgenden DO) statt und änderte die angefochtene Dienstbeschreibung auf "gut" ab. Sie begründete dies im wesentlichen damit, der Beschwerdeführer habe im Verfahren vor der belangten Behörde angegeben, gegen ihn sei 1987 wegen der Kantinenabrechnung ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden. Er habe jedoch alle Vorwürfe widerlegen können, weshalb die Staatsanwaltschaft 1988 und 1989 auch die Disziplinarbehörde das Disziplinarverfahren eingestellt hätten. Nach der Pensionierung von Direktor P sei der Direktionsposten im Seniorenzentrum mit Frau Direktor F. besetzt worden, obwohl der Beschwerdeführer hiefür vorgesehen gewesen sei. Er habe dies akzeptiert und zunächst ein gutes Verhältnis zu F. gehabt. 1987 hätten jedoch Schwierigkeiten begonnen, als die Teilung der Direktion bezüglich des Pensionistenheimes, des Seniorenzentrums und des Geriatrischen Krankenhauses im Gespräch gewesen seien. Die angeblich manipulierte Kantinenabrechnung sei dann F. sehr entgegengekommen. Vorbereitungen für Reiseaktivitäten während der Dienstzeit habe er entgegen den Vorwürfen von F. lediglich für Pensionäre gemacht; außerdem habe er Betriebsausflüge organisiert. F. habe angegeben, das Kontrollamt habe Manipulationen aufgedeckt. Der Beschwerdeführer habe sich sowohl ihr als auch Kollegen gegenüber sehr unhöflich verhalten. Er habe es immer wieder verstanden, Vorteile für sich geltend zu machen. Magister W. (Leiter des Sozialamtes und derzeitiger Vorgesetzter des Beschwerdeführers) habe ausgeführt, der Beschwerdeführer habe 1986 bis 1988 die stellvertretende Leitung des Pensionistenheimes und des Geriatrischen Krankenhauses innegehabt. F. und der Beschwerdeführer seien sich ständig "in den Haaren gelegen". Der Beschwerdeführer sei unzuverlässig gewesen, habe seine Arbeit nur mangelhaft erledigt, was sich auch in der Dienstbeschreibung ausgewirkt habe. Seit 1989 sei der Beschwerdeführer im Sozialamt in der "offenen Fürsorge" tätig, wobei W. den Beschwerdeführer nicht zu den qualifiziertesten Bediensteten zähle. Nach Wiedergabe der maßgebenden Gesetzeslage führte die belangte Behörde wörtlich aus:

"Unter Berücksichtigung der Enttäuschung, daß sich seine Erwartungen nicht erfüllt haben und den daraus resultierenden Reibereien mit seiner unmittelbaren Vorgesetzten, kam die Beschwerdekommission in Beschreibungsangelegenheiten zur Überzeugung, daß die von OAR NN im Beschreibungszeitraum erbrachte Dienstleistung mit "gut" zu beurteilen ist, weshalb wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden war."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfaherns vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 18 DO lautet (auszugsweise) (die Fassung der Fundstelle ist jeweils nach dem Absatz angegeben):

"Dienstbeschreibung

(1) Die Dienstleistungen der Beamten sind in Dienstbeschreibungen zu beurteilen. (LGBl. Nr. 26/1961)

(2) Die Beurteilung hat auf "ausgezeichnet" zu lauten, wenn der Beamte außergewöhnlich hervorragende Leistungen aufweist, auf "sehr gut", wenn seine Leistungen überdurchschnittlich sind, auf "gut", wenn er den Anforderungen des Dienstes vollkommen entspricht, auf "minder entsprechend", wenn er den Anforderungen des Dienstes nur zeitweise entspricht oder zwar Leistungen im unerläßlichen Mindestmaß aufweist, ohne jedoch das Durchschnittsmaß zu erreichen, und auf "nicht entsprechend", wenn er den Anforderungen des Dienstes nicht im unerläßlichen Mindestmaß entspricht. (LGBl. Nr. 26/1961)

(3) Beamte, die zur Probe angestellt sind, sind alljährlich zu beurteilen, definitiv angestellte Beamte sind mit Ablauf des der Definitivstellung folgenden Kalenderjahres zu beurteilen. Diese Beurteilung bzw. die jeweils letzte Beurteilung bleibt, soferne sie nicht auf "minder entsprechend" oder "nicht entsprechend" lautet, so lange aufrecht, bis eine neue Beurteilung über Antrag des Vorstandes bzw. Leiters der Dienststelle oder des Beamten erfolgt. Der Antrag auf eine neue Beurteilung kann gestellt werden, wenn eine andere als die letzte, mindestens ein Kalenderjahr zurückliegende Gesamtbeurteilung angemessen wäre. Die neue Beurteilung hat innerhalb von 3 Monaten nach Antragsstellung zu erfolgen. Lautet die Dienstbeschreibung auf "minder entsprechend" oder "nicht entsprechend", so ist der Beamte alljährlich zu beurteilen. (LGBl. Nr. 26/1980)

(4) Der Magistratsdirektor, der Leiter des Kontrollamtes und die Leiter der Unternehmungen sind vom Bürgermeister zu beurteilen. Die Beurteilung aller übrigen Beamten hat durch die Beschreibungskommission zu erfolgen. Die Beschreibungskommission besteht aus dem Magistratsdirektor oder einem von ihm bestellten Stellvertreter als Vorsitzenden und der zur Besetzung der Senate erforderlichen Anzahl von weiteren Mitgliedern (Stellvertretern). Letztere sind vom Bürgermeister über Vorschlag des Magistratsdirektors aus dem Kreise der Beamten, die seit mindestens 10 Jahren im Dienste der Stadt stehen, zu bestellen. Die Beschreibungskommission verhandelt und entscheidet in vom Bürgermeister bestellten Senaten, die aus dem Vorsitzenden (Stellvertreter) und 2 Beisitzern (Stellvertretern) bestehen. Einer der Beisitzer hat der gleichen Verwendungsgruppe des zu Beurteilenden anzugehören, wenn dessen Beamtengruppe der Verwendungsgruppe A oder B zugewiesen ist; wenn der zu Beurteilende einer der Verwendungsgruppen C, D oder E angehört, hat einer der Beisitzer einer dieser Verwendungsgruppen, wenn aber der zu Beurteilende einer der Verwendungsgruppen des Schemas I angehört, hat der Beisitzer ebenfalls einer der Verwendungsgruppen des Schemas I anzugehören. Die Beschreibungskommission ist nach jeder Neuwahl des Gemeinderates innerhalb von vier Wochen nach dessen Konstituierung für die Funktionsdauer des Gemeinderates zu bestellen. die Mitglieder der Beschreibungskommission sind in Ausübung ihres Amtes an keine Weisung gebunden. Für den Verlust und das Ruhen der Mitgliedschaft gelten die Bestimmungen des § 90 sinngemäß. Die Beschreibungskommission ist beschlußfähig, wenn alle Mitglieder des Senates anwesend sind; sie entscheidet mit Stimmenmehrheit. Der Vorsitzende stimmt mit, gibt jedoch seine Stimme als letzter ab. (LGBl. Nr. 26/1961, 49/1969 und 37/1989)

(5) Den Beratungen der Beschreibungskommission ist bei Beurteilung zugeteilter Beamter der Dienststellenleiter (Stellvertreter) ohne Stimmrecht beizuziehen. Der Leiter der Personaldienststelle (Stellvertreter) kann vom Vorsitzenden den Beratungen der Beschreibungskommission ohne Stimmrecht beigezogen werden. Für die Beurteilung der zugeteilten Beamten haben die Dienststellenleiter, für die Beurteilung der Dienststellenleiter des Magistrates sowie der zu auswärtigen Unternehmungen abgeordneten Beamten der Magistratsdirektor, für die Beurteilung der Dienststellenleiter der Unternehmungen die Leiter (Direktoren) der Unternehmungen die Beurteilungsunterlagen zu erstellen. (LGBl. Nr. 26/1961)

(6) Der Beamte ist von der durch den Bürgermeister bzw. durch die Beschreibungskommission vorgenommenen Beurteilung schriftlich in Kenntnis zu setzen. Gegen die Beurteilung kann der Beamte innerhalb von 2 Wochen nach deren Bekanntgabe schriftlich Beschwerde erheben. Die rechtzeitig eingebrachte BEschwerde hat aufschiebende Wirkung (LGBl. Nr. 26/1961).

(7) Über die Beschwerde entscheidet die Beschwerdekommission in Beschreibungsangelegenheiten. Sie besteht aus einem vom Bürgermeister bestellten Mitglied des Gemeinderates als Vorsitzenden, 2 vom Gemeinderat aus seiner Mitte gewählten und 2 vom Bürgermeister über Vorschlag des Magistratsdirektors aus dem Stand der Beamten bestellten Personen als weiteren Mitgliedern (Stellvertretern). Bei der Erstellung seines Vorschlages hat der Magistratsdirektor ein Mitglied (Stellvertreter) aus dem Kreis jener Bediensteten zu berücksichtigen, die ihm von der Personalvertretung genannt wurden. Die beamteten Mitglieder der Beschwerdekommission müssen mindestens 10 Jahre im Dienste der Stadt zurückgelegt haben. Für den Verlust und das Ruhen der Mitgliedschaft finden die Bestimmungen des § 90 sinngemäß Anwendung. Den Beratungen der Beschwerdekommission können vom Vorsitzenden der Leiter der Personaldienststelle und der mit der Amtsinspektion betraute Beamte bzw. deren Stellvertreter ohne Stimmrecht beigezogen werden. Vor Entscheidung ist der Beschwerdeführer und, wenn die Beschwerde von einem zugeteilten Beamten erhoben wurde, auch der Dienststellenleiter oder ein von ihm beauftragter Vertreter der Dienststelle zu hören. Die Beschwerdekommission ist beschlußfähig, wenn alle Mitglieder anwesend sind; sie entscheidet mit Stimmenmehrheit. Der Vorsitzende stimmt mit, gibt jedoch seine Stimme als letzter ab. Die Beschwerdekommission kann die in Beschwerde gezogene Beurteilung in jeder Richtung abändern. Die Beschwerdekommission ist nach jeder Neuwahl des Gemeinderates innerhalb von vier Wochen nach dessen Konstituierung für die Funktionsdauer des Gemeinderates zu bestellen. Von der von der Beschwerdekommission vorgenommenen Beurteilung ist der Beamte schriftlich in Kenntnis zu setzen. Die von der Beschwerdekommission vorgenommenen Beurteilungen unterliegen keinem weiteren Rechtszug. (LGBl. Nr. 26/1961, 49/1969, 37/1989, 10/1993 und 37/1994)

..."

Der Beschwerdeführer bringt im wesentlichen vor, der angefochtene Bescheid enthalte keinerlei Feststellungen hinsichtlich des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes, sodaß auch nicht nachvollziehbar sei, ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig seien. Insbesondere seien keinerlei Feststellungen hinsichtlich jener Umstände getroffen worden, die eine Abänderung der Dienstbeschreibung auf (lediglich) "gut" begründen könnten.

Schon mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Recht.

Die Grazer DO folgt bezüglich der Dienstbeschreibung weitgehend der Dienstpragmatik, RGBl. Nr. 15/1914. Die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts haben die Qualifikationskommissionen, die nach der Dienstpragmatik eingerichtet waren, als Verwaltungsbehörden und die von ihnen erstellten Qualifikationen als Bescheide angesehen (vgl. dazu z. B. das zur Grazer Dienstordnung ergangene Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Dezember 1992, G 117/92 und die dort zitierte Vorjudikatur).

Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, daß sowohl die von der Beschreibungskommission (Senat II) festgesetzte Dienstbeschreibung des Beschwerdeführers für das Kalenderjahr 1988 als auch die Entscheidung der belangten Behörde als Bescheide zu werten sind.

Auf das Verfahren in Angelegenheiten des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses zum Bund, den Ländern, Gemeinden und Gemeindeverbänden sind gemäß § 1 Abs. 1 DVG die Bestimmungen des AVG mit gewissen Abweichungen anzuwenden. Daß das DVG auch auf das Beurteilungs(Leistungsfeststellungs)verfahren anzuwenden ist, zeigt der Entfall der seinerzeit in § 1 Abs. 3 DVG enthaltenen Ausnahmeregelung mit Bundesgesetz BGBl. Nr. 329/1977 (ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Leistungsfeststellungsverfahren nach dem BDG 1979 vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 15. Dezember 1989, 87/09/0009; vom 12. Juli 1990, 88/09/0111, sowie vom 8. September 1993, 92/09/0399; zum Oberösterreichischen Gemeindebedienstetengesetz siehe das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. März 1991, 90/09/0200).

Soweit die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift vorbringt, die Berufung des Beschwerdeführers habe keinen begründeten Berufungsantrag enthalten, ist sie - unbeschadet der Frage, ob im Beschwerdefall nicht ohnehin ein solcher vorliegt (vgl. dazu die ständige Rechtsprechung beider Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts, die einer allzu formalistischen Beurteilung in dieser Beziehung eine klare Absage erteilen z.B. die bei Ringhofer, Die österreichischen Verfahrensgesetze, I. Band, abgedruckten E 71-84 zu § 63 AVG auf Seite 595 f) - auf folgendes hinzuweisen: Der Bescheid der Beschreibungskommission vom 6. April 1994 enthält in jenen als Rechtsmittelbelehrung anzusehenden Teilen keinen Hinweis auf das Erfordernis eines begründeten Rechtsmittelantrages (§ 61 Abs. 5 AVG), was zur Folge hat, daß dessen Fehlen lediglich als Formgebrechen zu werten ist, was die Behörde zum Vorgehen nach § 13 Abs. 3 AVG verpflichtet. Aus dem Unterlassen einer derartigen behördlichen Vorgangsweise kann dem Beschwerdeführer kein Rechtsnachteil erwachsen. Abgesehen davon hat der Beschwerdeführer in der Verhandlung vor der belangten Behörde ohnehin weitere Einwendungen erhoben.

Nach § 45 Abs. 2 des gemäß § 1 Abs. 1 DVG anwendbaren AVG hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Gemäß § 58 Abs. 2 AVG sind Bescheide, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wurde, zu begründen. In der Begründung sind gemäß § 60 AVG die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.

Aus der Begründung muß demnach erkennbar sein, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zur Ansicht gelangt ist, daß gerade dieser Sachverhalt vorliegt und aus welchen Gründen die Behörde den festgestellten Sachverhalt nach einem bestimmten Tatbestand beurteilt.

Diesen gesetzlichen Anforderungen wird der angefochtene Bescheid, wie der vorher wiedergegebenen Begründung zu entnehmen ist, in keiner Weise gerecht. Es bleibt völlig unklar, von welchem Sachverhalt die belangte Behörde ausgegangen ist. Insbesondere fehlt eine Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen in dem von ihr durchgeführten Ermittlungsverfahren abgegebenen Stellungnahmen; so hat insbesondere der Beschwerdeführer die in der Dienstbeschreibung seiner ehemaligen Vorgesetzten F. getroffenen Feststellungen, die für den Ausgang der Dienstbeschreibung von wesentlicher Bedeutung waren (zum Teil unter Hinweis auf den Ausgang dazu anhängig gewesener anderer Verfahren), bestritten. Ungeklärt bleibt letztlich auch, welche Bedeutung den auch von der belangten Behörde angenommenen nicht unerheblichen "Reibereien" zwischen dem Beschwerdeführer und seiner damaligen Vorgesetzten F. für die Beurteilung des Wahrheitsgehaltes der Dienstbeschreibung der Vorgesetzten zukommt und ob daher die Dienstbeschreibung der Vorgesetzten (zumindest für sich allein) bei der im Beschwerdefall gegebenen besonderen Lagerung überhaupt ein taugliches Beweismittel sein kann.

Der angefochtene Bescheid ist solcherart bereits von Anfang an mit so schwerwiegenden Verfahrensmängeln belastet, daß der Verwaltungsgerichtshof seiner Aufgabe der Prüfung der inhaltlichen Rechtmäßigkeit nicht nachkommen konnte; der Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvosrchriften aufzuheben. Im fortgesetzten Verfahren wird auch zu prüfen sein, ob im Hinblick auf den seit Abschluß des Beurteilungszeitraumes vergangenen Zeitraum - immerhin erging der Bescheid der Behörde erster Instanz erst nach mehr als fünf Jahren - überhaupt noch eine verläßliche Leistungsbeurteilung für das Kalenderjahr 1988 vorgenommen werden kann.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers

BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Besondere Rechtsgebiete Dienstrecht Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter Besondere Rechtsgebiete Dienstrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995120120.X00

Im RIS seit

16.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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