TE Vwgh Erkenntnis 1995/9/21 95/09/0097

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Veröffentlicht am 21.09.1995
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §18 Abs3;
AuslBG §28 Abs1 Z1 litb idF 1990/450;
AuslBGNov 1990;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Fuchs und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführer Mag. Simetzberger und Mag. Leitner, über die Beschwerde des C in G, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in O, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland vom 16. Jänner 1995, Zl. K 19/05/94.035/4, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit und Soziales), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis vom 27. September 1994 erkannte die Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf (BH) den Beschwerdeführer schuldig, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der MAT/N zu verantworten, daß von dieser Gesellschaft im Juni 1993 auf der Baustelle in Wien, L-Straße 3, die Arbeitsleistungen von acht namentlich genannten von der MAT/S in Sopron - einem ausländischen Arbeitgeber ohne Betriebssitz im Bundesgebiet - beschäftigten Ausländern auf Grund eines zwischen den beiden Gesellschaften abgeschlossenen Werkvertrages in Anspruch genommen worden seien, ohne daß für diese Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung gemäß § 18 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) erteilt worden wäre. Dadurch habe der Beschwerdeführer § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. b in Verbindung mit § 18 AuslBG und § 9 Abs. 1 VStG verletzt; gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 dritter Strafsatz AuslBG verhängte die BH über den Beschwerdeführer je in Anspruch genommenen Ausländer eine Geldstrafe in der Höhe von S 40.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: acht Tage).

In seiner Berufung brachte der Beschwerdeführer - soweit dies aus der Sicht des Beschwerdefalles noch von Bedeutung ist - u.a. vor, zwischen der MAT/S und der MAT/N sei vereinbart worden, daß die ungarische Firma für das Projekt auf der Baustelle in der L-Straße die Herstellung, Lieferung und Montage von Aufzugsanlagenverkleidungskonstruktionen aus Stahl, Geländerkonstruktionen aus Stahl durchführe. Die angetroffenen ausländischen Arbeitnehmer (der MAT/S) seien im Rahmen dieser Vereinbarung auf der Baustelle, und zwar weniger als drei Monate, tätig gewesen. Im Hinblick auf § 18 (Abs. 3) AuslBG - der Anlagebegriff könne nicht auf technische Anlagen eingeschränkt werden - sei im Beschwerdefall keine Beschäftigungsbewilligung erforderlich gewesen, weshalb auch die Anwendung des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. b AuslBG zu Unrecht erfolgt sei.

Nach Durchführung von Ermittlungen (zu den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen des Beschwerdeführers; zum Zweck der errichteten Anlage) gab die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 16. Jänner 1995 der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 51 Abs. 1 VStG keine Folge und bestätigte das erstinstanzliche Straferkenntnis. Sie begründete ihre Entscheidung im wesentlichen damit, es sei unbestritten, daß zwischen der MAT/S und der MAT/N, die selbst Auftragnehmer gewesen sei, ein Werkvertrag abgeschlossen worden sei, wonach die MAT/N zur Herstellung, Lieferung und Montage von Stahlbauteilen für die Baustelle in Wien verpflichtet gewesen sei. Inländischer Nutznießer dieses im Verwaltungsakt aufliegenden Werkvertrages sei die MAT/N gewesen. Unbestritten sei auch die Arbeitsleistung der betriebsentsandten Arbeitnehmer. Strittig sei, ob für sie im Hinblick auf § 18 Abs. 3 lit. a und b AuslBG eine Beschäftigungsbewilligung erforderlich gewesen sei.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 23. Februar 1994, 93/09/0441, dargelegt habe, müsse "aus dem Wortzusammenhang (Montage und Reparaturarbeiten einerseits; Lieferung von Anlagen und Maschinen an einen Betrieb andererseits) geschlossen werden, daß es sich um Anlagen handelt, die dem betrieblichen Produktionsprozeß dienen, die selbst aber keine Maschinen (im engeren Sinn) sind. Dazu gehören alle dem Produktionsprozeß (einschließlich der Unternehmensverwaltung) dienenden Gebäude(teile) und andere unmittelbar der Produktion zugeordnete Anlagen wie Werkstätten, Montage- und Lagerhallen, Hochöfen, Schornsteine, Silos, Tanks, Hafen- und Eisenbahnanlagen usw., sofern sie durch eine Montage (Zusammenstellen vorgefertigter und angehefteter Teile) errichtet werden." Wesentlich sei, daß "Anlagen (und Maschinen) an einen Betrieb" geliefert würden. Daraus ergebe sich das Abstellen auf Anlagen, die dem "betrieblichen Produktionsprozeß" dienten. Nur damit im Zusammenhang stehende Montagearbeiten und Reparaturen unterlägen dieser gesetzlichen Regelung. Wenn es sich nicht um unmittelbar der Produktion zugeordnete Anlagen und dem Produktionsprozeß dienende Gebäude(teile) handle, finde diese Vorschrift überhaupt keine Anwendung, sodaß es unerheblich sei, ob diese Anlage durch eine Montage errichtet worden sei.

Bei der gegenständlichen Lieferung und Montage von in Ungarn vorgefertigten Stahlbauteilen (Aufzugsanlagenverkleidungskonstruktion und Geländer) handle es sich nicht um Anlagen im Sinne des § 18 Abs. 3 lit. a und b AuslBG, weil offenkundig sei, daß diese Stahlbauteile nicht dem Produktionsprozeß dienten. Die Stahlbauteile seien Teile eines Gebäudes zur Unterbringung einer Bankfiliale, also eines Dienstleistungsunternehmens. Wenngleich das Bankgebäude zur Erfüllung des Unternehmenszweckes und Geschäftsgegenstandes einer Bank erforderlich sein möge, handle es sich dabei nicht um einen "betrieblichen Produktionsprozeß" oder um "andere unmittelbar der Produktion zugeordnete Anlagen" im Sinne der vorzitierten Judikatur. Die Arbeiten im Beschwerdefall seien daher nicht vom § 18 Abs. 3 AuslBG erfaßt, weshalb eine Beschäftigungsbewilligung erforderlich gewesen wäre, die aber unstrittig nicht vorgelegen sei.

Da für die Einhaltung des AuslBG die MAT/N als inländischer Auftraggeber der MAT/S verantwortlich gewesen sei, sei die Bestrafung des Beschwerdeführers als handelsrechtlicher Geschäftsführer wegen Übertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. b AuslBG zu Recht erfolgt.

In der Folge begründete die belangte Behörde auch ausführlich die Strafbemessung.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof, deren Behandlung dieser jedoch mit Beschluß vom 16. März 1995, B 550/95, u.a., ablehnte, und sie antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abtrat.

Der Beschwerdeführer machte in seiner über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer, der ausschließlich den Schuldspruch bekämpft, rügt die Auffassung der belangten Behörde, wonach im Beschwerdefall keine Montagearbeiten und Reparaturen im Sinne des § 18 Abs. 3 AuslBG vorlägen. Es sei nicht ersichtlich und erscheine willkürlich, warum die Lieferung von Anlagen und Maschinen an einen "Betrieb" nur einen Produktionsbetrieb, nicht aber ein Dienstleistungsunternehmen erfasse. Das AuslBG habe nur den Zweck, gewisse ausländische Arbeitnehmer einer Bewilligungspflicht zu unterwerfen und gewisse eingeschränkte Arbeiten, wie die in § 18 Abs. 3 leg. cit. genannten, von einer Beschäftigungsbewilligung auszunehmen. Eine sachliche Rechtfertigung, daß nur Produktionsbetriebe und nicht alle Unternehmen, wie hier eine Bankfiliale, davon ausgenommen sei, sei nicht ersichtlich.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem gleichfalls den Beschwerdeführer betreffenden Erkenntnis vom heutigen Tag, 94/09/0304, mit näherer Begründung dargelegt hat, geht § 18 Abs. 3 AuslBG vom üblichen Betriebsbegriff aus, der auch Dienstleistungsbetriebe erfaßt. Der Anlagenbegriff dieser Bestimmung bezieht sich nicht bloß auf technische Anlagen. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde dient aber auch ein Gebäude zur Unterbringung einer Bankfiliale der Erfüllung des Betriebszweckes und ist daher eine Anlage im Sinne des § 18 Abs. 3 AuslBG.

Da der Gesetzgeber von bestimmten Arbeiten "im Zusammenhang mit Lieferungen von Anlagen und Maschinen" spricht, schließt dies auch die Lieferung von Teilen von Anlagen/Maschinen mit ein (hier: Aufzugsanlagenverkleidungskonstruktionen und Geländerkonstruktionen aus Stahl). Daß bei dieser Art der Teillieferung die für "Montagearbeiten" typische Fertigungstechnik nicht gegeben wäre (was die Anwendbarkeit des § 18 Abs. 3 leg. cit. ausschließen würde), ist dem Verwaltungsgerichtshof nicht erkennbar.

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage hat aber die belangte Behörde auf dem Boden des dem angefochtenen Bescheid zugrundegelegten Sachverhaltes auf Grund einer unrichtigen Rechtsauffassung die Anwendbarkeit des § 18 Abs. 3 AuslBG zu Unrecht ausgeschlossen, weshalb der angefochtene Bescheid nach § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.

Der Kostenzuspruch stützt sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren bezieht sich auf die geltend gemachte Umsatzsteuer, die neben dem Pauschale nicht zuerkannt werden kann sowie auf nicht zu entrichtende Stempelgebühren im Ausmaß von S 870,--.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995090097.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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