TE Vwgh Erkenntnis 1995/10/10 94/05/0276

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.10.1995
beobachten
merken

Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Niederösterreich;
L80003 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Niederösterreich;
L81703 Baulärm Umgebungslärm Niederösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82003 Bauordnung Niederösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/10 Grundrechte;
19/05 Menschenrechte;

Norm

BauO NÖ 1976 §100 idF 8200-6;
BauO NÖ 1976 §113 Abs2 idF 8200-6;
BauO NÖ 1976 §113 Abs2 Z3 lita idF 8200-6;
BauO NÖ 1976 §113;
BauO NÖ 1976 §98;
BauRallg;
B-VG Art129a Abs1;
B-VG Art130 Abs2;
B-VG Art139 Abs1;
B-VG Art144 Abs1;
B-VG Art18 Abs2;
MRKZP 01te Art1;
ROG NÖ 1976 §14 idF 8000-5;
ROG NÖ 1976 §16 idF 8000-3;
ROG NÖ 1976 §19 Abs1;
ROG NÖ 1976 §19 Abs2;
ROG NÖ 1976 §19 Abs4 idF 8000-5;
ROG NÖ 1976 §22 Abs1 Z2 idF 8000-5;
StGG Art5;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Sentspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des F in G, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 2. August 1994, Zl. R/1-V-92256/02, betreffend Abbruchsauftrag gemäß § 113 NÖ Bauordnung 1976 (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde G, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Für das Grundstück des Beschwerdeführers Nr. 929/4, KG P, wurde mit Beschluß des Gemeinderates vom 25. Mai 1977 statt der bisherigen Widmung "Grünland-Landwirtschaft" die Widmung "im Grünland erhaltenswerter Bau" vorgesehen. Am 28. Oktober 1991 suchte der Beschwerdeführer um die Erteilung einer baubehördlichen Bewilligung für folgendes Vorhaben an:

"Teilweiser Abbruch, Um- und Neubau eines Einfamilienhauses" (nach der Baubeschreibung handelt es sich nur um einen Zu- und Umbau) anstelle des bestehenden Bauernhauses. Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Partei vom 17. Dezember 1991 wurde die baubehördliche Bewilligung für den Zu- und Umbau des bestehenden Wohnhauses auf dem angeführten Grundstück erteilt. Diese Bewilligung wurde rechtskräftig. Anläßlich einer "besonderen Beschau" am 7. Oktober 1992 wurde festgestellt, daß die im Einreichplan dargestellten alten Mauern im Erd- und Obergeschoß nicht mehr vorhanden und durch neue Mauern ersetzt worden seien. Es wurden bei dieser Beschau weitere Planabweichungen registriert, wobei insbesondere über dem Luftraum des PKW-Abstellplatzes eine Tramdecke eingezogen sowie im Obergeschoß eine Riegelwand als Abschluß hergestellt worden sei. Der Beschwerdeführer erklärte aus Anlaß dieser Überprüfung, bei den Abbruch- und Aushubarbeiten habe sich herausgestellt, daß die alten Wände sehr schlecht fundiert sowie Teile der Wände Holzriegelwände mit Schlackenbetonfüllung seien. Die Schwellen dieser Riegelwände seien bereits teilweise vermorscht gewesen.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Partei vom 30. Oktober 1992 wurde dem Beschwerdeführer der Abbruch des Rohbaues auf dem Grundstück Nr. 929/4, EZ. 25 KG P, aufgetragen, da das Objekt im Flächenwidmungsplan als "im Grünland erhaltenswerter Bau" ausgewiesen sei und der Beschwerdeführer das Gebäude zur Gänze abgebrochen und die Errichtung eines Neubaues begonnen habe. Dieser könne wegen Widerspruches zum Flächenwidmungsplan nicht bewilligt werden.

Die dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Partei vom 15. Juli 1993 gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen. Der Vorstellung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid der NÖ Landesregierung vom 2. August 1994 gemäß § 61 Abs. 4 NÖ Gemeindeordnung 1973 keine Folge gegeben. Unbestritten sei die Ausweisung des verfahrensgegenständlichen Objektes im Flächenwidmungsplan als "im Grünland erhaltenswerter Bau" sowie die Festlegung der Widmungs- und Nutzungsart Grünland-Landwirtschaft und die Tatsache, daß der Altbestand zur Gänze entfernt und mit der Errichtung eines Neubaues begonnen worden sei. Erhaltenswerte Bauten im Grünland seien rechtmäßig baubehördlich bewilligte, nicht land- oder forstwirtschaftliche Gebäude, deren Verwendungszweck nicht der im Flächenwidmungsplan festgelegten Widmungs- und Nutzungsart entspreche, die sich einerseits in einem bautechnisch unbedenklichen Zustand befänden

(§ 112 NÖ Bauordnung) und andererseits das Orts- und/oder Landschaftsbild nicht wesentlich beeinträchtigten bzw. die der Bautradition des Umlandes entsprächen (§ 61 NÖ Bauordnung). Daraus ergebe sich, daß Objekte, die zur Grünlandnutzung erforderlich seien, nicht als "im Grünland erhaltenswerter Bau" im Flächenwidmungsplan ausgewiesen werden dürfen. Die Wortfolge "erhaltenswerter Bau" bedeute, daß der Bestand eines solchen Objektes erhalten werden müsse. Diese Wortfolge schließe schon rein begrifflich den Abbruch und die Neuerrichtung eines solchen Gebäudes aus. Sofern sich der Beschwerdeführer dagegen wende, daß ein solches Gebäude nur im Falles eines Elementarereignisses wieder aufgebaut werden dürfe, nicht jedoch im Falle einer Demolierung, werde dem entgegengehalten, daß im Grünland grundsätzlich ein Bauverbot herrsche und die Ausnahmebestimmung des § 19 Abs. 4 NÖ ROG 1976 restriktiv auszulegen sei. Mit der Ausweisung als "im Grünland erhaltenswerter Bau" werde dem bestehenden Baukonsens in einem beschränkten Umfang der Vorrang vor den Intentionen der Flächenwidmung eingeräumt. Durch die Zerstörung eines solchen Altbestandes sei der Baukonsens untergegangen. Eine Neuerrichtung würde somit den Intentionen des NÖ ROG 1976 und dem Flächenwidmungsplan zuwiderlaufen. Die vom Beschwerdeführer vorgenommene Demolierung könne nicht als Elementarereignis qualifiziert werden. Der Beschwerdeführer hätte entsprechende Vorkehrungen treffen müssen, um den Bestand des Objektes zu sichern. Der gegen den Beschwerdeführer ergangene Abbruchsauftrag sei zu Recht ergangen.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Der Beschwerdeführer erachtet sich u.a. im "Recht auf Bauführung ... nach der Bewilligung vom 17. Dezember 1991 auf Errichtung eines Einfamilienhauses" verletzt.

Die belangte Behörde hat keine Gegenschrift erstattet und darauf hingewiesen, daß die Verwaltungsakten bereits zu dem Beschwerdeverfahren Zl. 93/05/0118 übermittelt worden seien. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Äußerung, ohne jedoch einen Antrag auf Kostenersatz zu stellen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Gemäß § 19 Abs. 1 NÖ Raumordnungsgesetz 1976, LGBL. 8000-0 (im folgenden: NÖ ROG 1976), gehören alle nicht als Bauland oder Verkehrsfläche gewidmeten Flächen zum Grünland. Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung ist nach Maßgabe der örtlichen Gegebenheiten und Erfordernisse für Flächen, die u. a. für im Grünland erhaltenswerte Bauten bestimmt sind, die entsprechende Grünlandnutzungsart auszuweisen. Alle Flächen des Grünlandes, die nicht der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung, nicht familieneigenen Wohnbedürfnissen der Inhaber land- und forstwirtschaftlicher Betriebe dienen und nicht Ödland sind, müssen im Flächenwidmungsplan unter Angabe der besonderen Nutzung ausgewiesen werden. Gemäß § 19 Abs. 4 NÖ ROG 1976 in der Fassung der Novelle LGBl. 8000-5 dürfen Neu-, Zu- und Umbauten nur errichtet (in der Stammfassung: "vorgesehen") werden, wenn sie für eine Nutzung nach Abs. 2 erforderlich sind. Gemäß § 30 Abs. 3 NÖ ROG 1976 gelten die nach den bisherigen Bestimmungen aufgestellten örtlichen Raumordnungsprogramme und die vereinfachten Flächenwidmungspläne als örtliche Raumordnungsprogramme und vereinfachte Flächenwidmungspläne nach diesem Gesetz. Das NÖ ROG 1976 ist am 1. Jänner 1977 in Kraft getreten.

Der Beschwerdeführer meint zunächst, § 19 Abs. 4 NÖ ROG 1976 sei zu Unrecht angewendet worden, da sich der Inhalt einer in einem Flächenwidmungsplan festgelegten Widmung nach den Bestimmungen jenes Raumordnungsgesetzes richte, welches im Zeitpunkt der Erlassung der Verordnung in Geltung gewesen sei. Das Raumordnungsprogramm der mitbeteiligten Partei sei am 24. Februar 1975 beschlossen worden und es sei daher das NÖ Raumordnungsgesetz 1974 anzuwenden gewesen.

Mit dieser Auffassung ist der Beschwerdeführer nicht im Recht. Wie der Beschwerdeführer in der Sachverhaltsdarstellung selbst ausführt, ist die das verfahrensgegenständliche Grundstück betreffende Widmung am 25. Mai 1977, also im Geltungszeitraum des NÖ ROG 1976 vom Gemeinderat - wenn auch in Form einer Änderung des gemäß § 30 Abs. 3 NÖ ROG 1976 nach diesem Gesetz weitergeltenden örtlichen Raumordnungsprogrammes - beschlossen worden. Im Zeitpunkt der Erlassung dieser Widmung kam somit bereits

§ 19 Abs. 4 NÖ ROG 1976 zur Anwendung. Die belangte Behörde hat daher zu Recht § 19 Abs. 4 NÖ ROG 1976 angewendet.

Weiters wendet sich der Beschwerdeführer dagegen, daß die belangte Behörde nur im Falle des Eintrittes elementarer Ereignisse die Neuerrichtung eines Gebäudes auf einem Grundstück, das mit der Widmung "im Grünland erhaltenswerter Bau" versehen ist, für zulässig hält. Diesem Vorbringen ist lediglich entgegenzuhalten, daß diese Auffassung der belangten Behörde nicht zutreffend ist, da das NÖ ROG 1976 keine Grundlage dafür bietet, daß im Falle eines Elementarereignisses eine Neuerrichtung eines Baus auf einem Grundstück mit der Widmung "im Grünland erhaltenswerter Bau" nicht im Widerspruch mit dieser Widmung steht.

Die Baubehörde erster Instanz hätte weiters mit Bescheid vom 17. Dezember 1991 die Bewilligung zur Errichtung eines Einfamilienhauses anstelle des "erhaltenswerten Gebäudes" erteilt, dessen verbleibendes Mauerwerk nicht mehr als Gebäude hätte angesehen werden können. Die Behörde hätte feststellen müssen, daß damit der "alte" Baukonsens für das "erhaltenswerte Gebäude" untergegangen sei. Die ersatzweise Errichtung der einzelnen Gemäuer und deren Bewilligungsfähigkeit seien daher nicht an der Widmung "erhaltenswerter Bau", sondern an der Baubewilligung vom 17. Dezember 1991 zu messen. Ein Untergang des Baukonsenses sei dann anzunehmen, wenn raumbildendes Mauerwerk des ursprünglich vorhandenen Gebäudes eingestürzt wäre und die Bewilligung vom 17. Dezember 1991 ihrem Inhalt nach einen Um- oder Zubau zum Gegenstand gehabt hätte. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei ein Untergang des Baukonsenses dann nicht anzunehmen, wenn neben Grund- und Kellermauern auch raumbildendes Mauerwerk Verwendung finde. Demzufolge habe die Baubehörde erster Instanz am 17. Dezember 1991 auch die Bewilligung zur Errichtung eines Einfamilienhauses erteilt, mit der nach Auffassung des Beschwerdeführers gleichzeitig die Umwidmung des bestehenden Bauernhauses in das zu errichtende Einfamilienhaus erfolgt sei.

Mit dieser Auffassung ist der Beschwerdeführer nicht im Recht. Auf die Wirkungen eines rechtskräftigen baubehördlichen Bescheides kann sich der daraus Berechtigte nur insoweit berufen, als das ausgeführte Bauvorhaben der Bewilligung entspricht. Im konkreten Fall könnte ein solcher Bescheid im Rahmen des bewilligten Bauvorhabens eine mit dem Flächenwidmungsplan nicht im Einklang stehende baurechtliche Bewilligung erteilen. Daß der Beschwerdeführer bei der Ausführung des mit Bescheid der Baubehörde erster Instanz vom 17. Dezember 1991 bewilligten Bauvorhabens abgewichen ist, wird von ihm selbst nicht in Frage gestellt. Mittels eines baubehördlichen Bescheides kann die in dem geltenden Flächenwidmungsplan für das Grundstück vorgesehene Widmung generell für die Zukunft jedoch nicht geändert werden.

Es ist auch nicht zutreffend, wenn der Beschwerdeführer meint, im baubehördlichen Verfahren hätte die Erteilung der naturschutzbehördlichen und der grundverkehrsbehördlichen Bewilligung Berücksichtigung finden müssen. Die im Rahmen eines Bauverfahrens gemäß der NÖ Bauordnung zu beachtenden Kriterien enthält § 98 NÖ Bauordnung. Eine Berücksichtigung des Vorliegens einer naturschutzbehördlichen oder einer grundverkehrsbehördlichen Bewilligung für das betreffende Grundstück ist dort nicht vorgesehen.

Wenn der Beschwerdeführer geltend macht, daß seine Behauptung unbestritten geblieben sei, das in Rede stehende Grundstück würde alle Voraussetzungen für eine Umwidmung in "Bauland-Wohngebiet" erfüllen, ist ihm entgegenzuhalten, daß für die Vollziehung der NÖ Bauordnung allein maßgeblich ist, welche Widmung durch den dafür zuständigen Gemeinderat in dem im Zeitpunkt der Entscheidung der Baubehörden jeweils geltenden Flächenwidmungsplan vorgesehen ist. Der Beschwerdeführer geht selbst in seiner Beschwerde davon aus, daß das als Grünland gewidmete Grundstück mit der besonderen Grünlandnutzungsart "im Grünland erhaltenswerter Bau" versehen ist.

Der Rüge des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe sich mit seinen Argumenten in der Vorstellung nicht entsprechend auseinandergesetzt, kommt schon deshalb keine Berechtigung zu, weil es der Beschwerdeführer unterlassen hat, die Wesentlichkeit dieses allfälligen Verfahrensmangels in der Beschwerde darzutun. Gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG sind nur solche Verfahrensfehler für den Verwaltungsgerichtshof beachtlich, auf Grund derer nicht ausgeschlossen werden kann, daß die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers wurde die von der belangten Behörde vertretene Auffassung, mit der Ausweisung als "im Grünland erhaltenswerter Bau" werde dem bestehenden Baukonsens in einem beschränkten Umfang der Vorrang vor den Intentionen der Flächenwidmung eingeräumt, und durch die Zerstörung eines solchen Altbestandes sei der Baukonsens untergegangen, weshalb eine Neuerrichtung dem Flächenwidmungsplan zuwiderlaufe, ausreichend begründet.

Anzumerken ist weiters, daß das Vorliegen einer naturschutzbehördlichen oder einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung für ein bestimmtes Bauvorhaben keine Änderung von tatsächlichen Verhältnissen darstellt, auf deren Grundlage unter Umständen ein Flächenwidmungsplan gesetzwidrig werden könnte. Für den Verwaltungsgerichtshof ist auch nicht ersichtlich, worauf der Beschwerdeführer seine Auffassung gründet, die belangte Behörde habe ihre Auffassung lediglich darauf gestützt, daß der bestehende Rohbau öffentlichen Interessen widersprechen würde.

Wenn die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid vom Vorliegen eines Widerspruches des ausgeführten Bauvorhabens mit dem mit Bescheid vom 17. Dezember 1991 bewilligten Bauvorhaben ohne Heranziehung eines Sachverständigen ausgegangen ist, dann kann ihr nicht entgegengetreten werden, da im ganzen Verfahren unbestritten war, daß die im Einreichplan dargestellten alten Mauern im Erd- und Obergeschoß nicht mehr vorhanden und durch neue Mauern ersetzt worden seien, weiters eine Tramdecke über dem Luftraum des PKW-Stellplatzes eingezogen sowie im Obergeschoß eine Riegelwand als Abschluß hergestellt worden sei. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 30. Mai 1995, Zl. 93/05/0118, zum Ausdruck gebracht hat, bewirkt der Umstand, daß das Abweichen vom bewilligten Projekt infolge einer akuten Einsturzgefahr und große Schäden an den nach der baurechtlichen Bewilligung zu belassenden Mauern begründet war, nicht, daß solcherart erforderliche Abweichungen vom bewilligten Projekt erfaßt und gleichsam bereits bewilligt wären. Auch der Umstand, daß der Beschwerdeführer erst im Zuge der Bauausführung dazu veranlaßt wurde, nach der Bewilligung bestehenbleibende Mauern zu beseitigen, kann an der zutreffenden rechtlichen Beurteilung der belangten Behörde, daß in bezug auf die festgestellten Abweichungen keine baubehördliche Bewilligung vorlag, nichts ändern.

Der Beschwerdeführer macht zuletzt geltend, daß die Beseitigung eines gegen Raumordnungsvorschriften verstoßenden Bauvorhabens nur dann erforderlich sei, "wenn nicht das öffentliche Interesse an deren Einhaltung auf unerträgliche Weise verkürzt werden" solle. Ein solcher Verstoß könne aber auch unbedeutende Auswirkungen auf das zu schützende öffentliche Interesse haben. Es wäre daher Sache der belangten Behörde gewesen, die Frage zu beurteilen, "auf welche Weise die ersatzweise Bauführung fortdauernde nachteilige Wirkungen auf die mit der Grünlandwidmung verfolgte planerische Zielsetzung entfalten könnte, die über jene des früheren oder auf gesetzmäßige Weise erreichbaren Zustandes" hinausgingen. In diesem Zusammenhang genügt es, darauf hinzuweisen, daß gemäß § 113 Abs. 2 Z. 3 lit. a NÖ Bauordnung 1976 in der Fassung der Novelle LGBl. 8000-9 der Abbruch eines Bauwerkes u. a. dann anzuordnen ist, wenn für das Bauwerk keine baubehördliche Bewilligung vorliegt und die fehlende Bewilligung nicht erteilt werden darf, weil das Bauvorhaben nicht zulässig ist. Die gesetzlichen Bestimmungen der NÖ Bauordnung stellen im Falle des Abbruchsauftrages nicht darauf ab, in welchem Ausmaß das öffentliche Interesse durch einen Verstoß gegen Raumordnungsvorschriften berührt ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat im übrigen gegen die angeführte Widmung im Flächenwidmungsplan keine Bedenken. Gegebene Aufschließungsmöglichkeiten, die straßenmäßige Erschließung und die allgemeine Zuleitung von Strom in ein Gebiet stellen keine wesentliche Änderung der Grundlagen im Sinne des § 22 Abs. 1 Z. 2 NÖ ROG 1976 dar. Die Festlegung des Baulandbedarfes und damit des Baulandes liegt grundsätzlich im Planungsermessen der Gemeinde. Daß das verfahrensgegenständliche Grundstück zwischen ausschließlich als Bauland gewidmeten Grundstücken liegt, wird nicht behauptet.

Insoweit sich der Beschwerdeführer auf die Einhaltung eines Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bei der Erteilung eines Abbruchsauftrages beruft, ist er darauf zu verweisen, daß die einfachgesetzlichen Bestimmungen die Beachtung eines derartigen Grundsatzes nicht vorsehen und für die Kontrolle über die Einhaltung des aus Art. 5 StGG und Art. 1 1. ZP MRK in der Judikatur abgeleiteten Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (vgl. u. a. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 6. Dezember 1994, G 76/94) in Bezug auf letztinstanzliche Bescheide, sofern nicht einfachgesetzlich oder auf Grund bundesverfassungsgesetzlicher Anordnung (Art. 129a Abs. 1 B-VG) die Zuständigkeit des jeweiligen unabhängigen Verwaltungssenates eines Landes vorgesehen ist, allein der Verfassungsgerichtshof zuständig ist. Dem in diesem Zusammenhang geltend gemachten Vorwurf der nicht ausreichenden Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes kommt daher auch keine Berechtigung zu.

Da sich die vorliegende Beschwerde somit insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden. Anzumerken ist, daß der Beschwerdeführer auch im Rahmen seiner Beschwerdegründe betreffend die Verletzung von Verfahrensvorschriften den von der belangten Behörde angenommenen, entscheidungserheblichen Sachverhalt nicht in Frage gestellt hat.

Schlagworte

Ermessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994050276.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

07.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten