TE Vwgh Erkenntnis 1995/10/23 93/10/0094

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Veröffentlicht am 23.10.1995
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Index

80/03 Weinrecht;

Norm

MethodenV 1989 §1;
MethodenV 1989 Anh Pkt19;
WeinG 1985 §29;
WeinG 1985 §30;
WeinG 1985 §31 Abs1;
WeinG 1985 §31 Abs9 Z1;
WeinG 1985 §47 Abs11;
WeinG 1985 §6;
WeinV 1992 §4 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde des H in R, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in E, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 16. April 1993, Zl. 26.037/9480-IID15b/93, betreffend Versagung der staatlichen Prüfnummer gemäß § 31 Weingesetz 1985, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 22. Februar 1992 stellte der Beschwerdeführer bei der Bundesanstalt für Weinbau einen Antrag auf Erteilung der staatlichen Prüfnummer gemäß § 31 Abs. 1 WeinG 1985, BGBl. Nr. 444 (WeinG) für 550 l Weißwein, Rebsorte: Riesling X

Sylvaner, örtliche Herkunft: Neusiedlersee-Hügelland, beabsichtigte Bezeichnung: Riesling X Sylvaner, Ausbruch 91, Neusiedlersee-Hügelland, Rust, Erzeugerabfüllung, Civis

Rusticanus, Qualitätsstufe: Ausbruch.

Mit Schreiben vom 8. März 1993 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, die durchgeführte analytische Überprüfung habe bei der Probe entgegen § 4 Z. 2 der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft zur Durchführung des Weingesetzes 1985, BGBl. Nr. 630/1992 (WeinV), eine Überschreitung des zulässigen Höchstwertes an Calcium von 220 mg/l ergeben (276 mg/l Calcium).

In seiner Stellungnahme vom 30. März 1993 führte der Beschwerdeführer aus, in § 4 Z. 2 WeinV werde lediglich die Entsäuerung des Weines behandelt, wobei die Entsäuerung mit Kalk dann fachgerecht sei, wenn sich der Calciumgehalt des Weines auf nicht mehr als 220 mg/l erhöhe. Eine dahingehende Behandlung des Weines sei vom Beschwerdeführer nicht vorgenommen worden. Bei dem festgestellten Wert handle es sich um den in diesem Wein natürlich vorhandenen Calciumgehalt.

Mit Bescheid vom 16. April 1993 versagte die belangte Behörde die Erteilung der staatlichen Prüfnummer mit der Begründung, auf Grund der gemäß Anlage 1 zum WeinG 1985 durchgeführten analytischen Untersuchung und Sinnprobe entspreche die eingereichte Probe nicht den Anforderungen an einen Qualitätswein gemäß § 29 und § 30 WeinG 1985. Die analytische Überprüfung habe ergeben, daß bei der Probe entgegen § 4 Z. 2 WeinV der zulässige Höchstwert an Calcium von 220 mg/l überschritten worden sei (276 mg/l Calcium). Der in der Stellungnahme vom 30. März 1993 vorgebrachten Argumentation, § 4 Z. 2 der WeinV sei nur bei einer Entsäuerung des Weines anzuwenden, könne nicht gefolgt werden, da nach dem Wortlaut der Vorschrift sich der Calciumgehalt auf nicht mehr als 220 mg/l erhöhen dürfe. Es sei davon auszugehen, daß in diesem Wert der bereits natürlich vorhandene Calciumgehalt mitenthalten sei. Der Grenzwert von 220 mg/l erfasse daher den natürlichen Calciumgehalt und den nach Durchführung einer eventuellen Entsäuerung verbleibenden Calciumanteil.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Erteilung der staatlichen Prüfnummer für den beantragten Wein verletzt. Er bringt im wesentlichen vor, nach dem Wortlaut des § 4 Z. 2 WeinV gelte die Grenze von 220 mg Calcium pro Liter Wein für den Calciumgehalt nach Entsäuerung des Weines mit reinem, gefälltem, kohlesaurem Kalk, nicht jedoch für einen bereits in natürlicher Form im Wein vorhandenen Calciumgehalt, der durch keinerlei Behandlungsmaßnahmen, insbesondere nicht durch eine Entsäuerung, erhöht worden sei. Dafür spreche auch die Einordnung der genannten Bestimmung unter den Titel "weitere Weinbehandlungsmittel". Die Behörde hätte daher ermitteln müssen, ob es sich bei der eingereichten Probe um einen entsäuerten oder unbehandelten Wein handle.

Nach § 31 Abs. 1 WeinG ist die staatliche Prüfnummer das Zeichen, das dazu bestimmt ist, österreichischen Qualitätswein und Prädikatswein zu kennzeichnen. Zur Erlangung einer staatlichen Prüfnummer muß eine Probe des Weines den in der Anlage 1 angeführten Untersuchungen unterzogen werden. Es dürfen jedoch weitere erforderliche Untersuchungen durchgeführt werden. Ergibt die Untersuchung der Probe keinen Verdacht, daß die Anforderungen an einen Qualitätswein gemäß § 29 und §30 nicht gegeben sind, ist die staatliche Prüfnummer zu erteilen.

Die §§ 29 und 30 Weingesetz normieren besondere Anforderungen, unter denen Wein unter der Bezeichnung "Qualitätswein" (§ 29), "Prädikatswein" oder "Qualitätswein besonderer Reife und Leseart "(§ 30)" in Verkehr gebracht werden darf.

Zu den Voraussetzungen für die Erteilung einer staatlichen Prüfnummer im Sinne des § 31 Abs. 1 WeinG zählen nicht nur die jeweiligen im § 29 oder § 30 WeinG geregelten besonderen Anforderungen, sondern auch die im Weingesetz an anderen Stellen normierten Voraussetzungen für die Verkehrsfähigkeit von Wein (vgl. das Erkenntnis vom 24. Jänner 1994, 93/10/0216).

Nach § 4 Z. 2 WeinV darf reiner, gefällter, kohlensaurer Kalk zur Entsäuerung des Weines bis zu einem Mindestgehalt von 0,4 g Weinsäure je Liter verwendet werden, wobei sich der Calciumgehalt des Weines auf nicht mehr als 220 mg/l erhöhen darf.

Zwar teilt der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung der Beschwerde, daß sich aus der zuletzt zitierten Vorschrift selbst kein Grenzwert für den Gehalt des Weines an "natürlichem" Calcium, sondern nur ein solcher für den infolge Zusatzes von Kalk "erhöhten" (Gesamt-)gehalt an Calcium ergibt.

Daraus folgt jedoch nicht, daß keine Vorschrift bestünde, die einen Grenzwert für den Gehalt des Weines an "natürlichem" Calcium vorschreibt. Nach Punkt 19 des Anhanges zur Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 31. Juli 1989 über Methoden und Toleranzen bei der Untersuchung von Wein und Obstwein, BGBl. Nr. 495/1989 (Methodenverordnung) beträgt die Toleranzgrenze bei Calcium 200 mg/l Wein. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 24. Jänner 1994, Zl. 93/10/0088, ausgesprochen, daß es sich bei den in der Methodenverordnung angeführten Toleranzgrenzen um Werte für den jeweiligen höchstzulässigen Gehalt des betreffenden Stoffes im Wein handelt. Demgemäß wurde im erwähnten Fall Wein mit einem Calciumgehalt von 282 mg/l als nicht verkehrsfähig angesehen. Die Methodenverordnung bietet keinerlei Anhaltspunkt dafür, den Grenzwert für den Gehalt an Calcium allein auf jenen (erhöhten) Calciumgehalt des Weines zu beziehen, der auf den Zusatz von Kalk zurückzuführen ist.

Im Hinblick auf die mangelnde Verkehrsfähigkeit des Weines liegen die Voraussetzungen für die Erteilung der staatlichen Prüfnummer nicht vor. Auf die Möglichkeit der Wiedererlangung der Verkehrsfähigkeit durch ein Vorgehen im Sinne des § 58 Abs. 3 WeinG idF der Weingesetznovelle 1991, BGBl. Nr. 10/1992 ist im vorliegenden Verfahren nicht Bedacht zu nehmen.

Die belangte Behörde hat die Erteilung der Prüfnummer somit im Ergebnis zu Recht abgelehnt; die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1993100094.X00

Im RIS seit

23.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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