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27 RechtspflegeNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Verhängung einer Disziplinarstrafe über einen Rechtsanwalt wegen Nichterfüllung einer vertraglichen Räumungsverpflichtung sowie wegen Verstoßes gegen einen Mietvertrag durch Untervermietung ohne Zustimmung der Vermieterin; keine Bedenken gegen die disziplinarrechtlichen Straftatbestände im Hinblick auf das Determinierungsgebot des Art7 EMRK; keine verfehlten Sachverhaltsannahmen; keine Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch die behauptete unrechtmäßige Zusammensetzung der DisziplinarbehördeSpruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit Erkenntnis des Disziplinarrates der Tiroler Rechtsanwaltskammer vom 8. November 1991 wurde der beschwerdeführende Rechtsanwalt schuldig erkannt, das Disziplinarvergehen der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes dadurch begangen zu haben, daß er eine vertraglich eingegangene Räumungsverpflichtung nicht erfüllt sowie zumindest seit 1988 durch Überlassen von Teilen des Mietgegenstandes an zwei Untermieterinnen gegen den Mietvertrag verstoßen habe, weil er die dazu erforderliche Zustimmung der Vermieterin nicht eingeholt habe. Er wurde hiefür zu einer Geldbuße von S 20.000,-- und zum Ersatz der Kosten des Disziplinarverfahrens verurteilt.
2. Der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Erkenntnis der Obersten Berufungs- und Disziplinarkommission für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter (im folgenden: OBDK) vom 5. Oktober 1992, Zl. 14 Bkd 6/92 - 9, hinsichtlich des Schuldausspruches nicht, bezüglich des Strafausspruches jedoch insoweit Folge gegeben, als die Geldbuße von S 20.000,-- auf
S 15.000,-- herabgesetzt wurde; weiters wurde der Beschwerdeführer zur Tragung der Verfahrenskosten verurteilt. Begründet wird dieses Erkenntnis im wesentlichen damit, am 3. Jänner 1985 habe die Vermieterin beim Bezirksgericht Innsbruck eine Räumungsklage gegen den Disziplinarbeschuldigten und andere eingebracht. Im Zuge des Räumungsprozesses sei vom Klagsvertreter der Vorschlag unterbreitet worden, einen befristeten Mietvertrag abzuschließen. Am 6. Februar 1985 sei zwischen der Vermieterin und dem Disziplinarbeschuldigten sowie weiteren Mietern ein Mietvertrag abgeschlossen worden, dessen Punkt II. folgenden Wortlaut hat:
"Das Mietverhältnis begann am 1. Oktober 1984 und wird auf die Dauer von 5 Jahren abgeschlossen.
Es endet daher ohne vorausgegangene Kündigung am 30.9.1989.
Während der vereinbarten Vertragsdauer ist das Mietverhältnis von Seiten der Vermieterin unkündbar.
Die Mieter sind berechtigt, das Mietverhältnis vor Ablauf der vereinbarten Bestandsdauer unter Einhaltung einer 3-monatigen Kündigungsfrist auf den Letzten eines jeden Monates zu kündigen, wobei die Kündigung dann rechtzeitig erfolgt ist, wenn sie mittels eingeschriebenen Briefes, spätestens zum Letzten des Kalendermonates bei der Vermieterin eingelangt ist. Darüber hinaus ist die Vermieterin berechtigt, das Mietverhältnis vor Ablauf der vereinbarten Bestandsdauer mit sofortiger Wirkung aufzulösen, wenn einer der im §30 Mietrechtsgesetz genannten Gründe von Seiten der Mieter eintritt."
Punkt IV., 2. und 3. Absatz des Vertrages lautet:
"Eine gänzliche oder teilweise Untervermietung oder eine Weitergabe von Mietrechten an dritte Personen, sei es entgeltlich oder unentgeltlich, ist nur mit schriftlicher Zustimmung der Vermieterin gestattet. Dies mit der Ausnahme, daß den Mietern eine Untervermietung ohne Zustimmung der Vermieterin an inländische männliche Studenten unter der Bedingung erlaubt ist, daß einerseits die Gesamtanzahl der die gegenständliche Wohnung benützenden und unter dieser Wohnung gemeldeten Haupt- und Untermieter die Zahl 4 nicht übersteigt und andererseits die von den Untermietern an die Hauptmieter zu bezahlende Miete in Relation zur Hauptmiete gesehen diese nicht übersteigt.
Die Mieter sind verpflichtet, vor Abschluß des Untermietvertrages der Vermieterin Name und Anschrift des Untermieters sowie die Höhe des monatlich von diesem zu bezahlenden Untermietzinses schriftlich bekanntzugeben."
Der Abschluß dieses Mietvertrages sei Voraussetzung dafür gewesen, daß im Verfahren vor dem Bezirksgericht Innsbruck Ruhen eingetreten sei.
Durch sein Verhalten habe der Beschwerdeführer gegen §10 Abs2 RAO verstoßen, welche Bestimmung auch zur Zuhaltung von mündlichen oder schriftlichen Verträgen verpflichte. Der Behauptung des Disziplinarbeschuldigten, er habe anläßlich einer Besichtigung des Mietgegenstandes im Jahre 1987 oder 1988 der Vermieterin die beiden Untermieterinnen vorgestellt und diese habe keine weiteren Einwendungen gemacht, sodaß eine nachträgliche konkludente Zustimmung der Vermieterin anzunehmen sei, hält die belangte Behörde entgegen, aus dem Verhandlungsprotokoll ergebe sich dazu nur, daß der Disziplinarbeschuldigte der Vermieterin einmal die beiden Mieterinnen namentlich vorgestellt habe; es lasse sich daraus aber nicht entnehmen, daß er die beiden Mitmieterinnen als solche auch bezeichnet habe und ob der Vermieterin klar gewesen sei, daß die beiden ihr vorgestellten Personen die Mitmieterinnen gewesen seien.
Gemäß §4 RL-BA 1977 dürfe der Rechtsanwalt (Rechtsanwaltsanwärter) nur dann eine Verbindlichkeit eingehen, wenn deren Erfüllung sicher ist. Nach ständiger Rechtsprechung der OBDK habe der Rechtsanwalt eine freiwillig geschlossene Vereinbarung unter allen Umständen einzuhalten und zu seinem Wort zu stehen. Die Bestreitung einer solchen Verpflichtung bilde eine schwere Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes. Aus dem Zusammenhalt der §§10 Abs2 RAO und 1 DSt 1990 ergebe sich ferner, daß bloß äußerlich rechtmäßiges Verhalten im Einzelfall nicht ausreichen müsse, um den Anforderungen standesgemäßen Verhaltens Genüge zu tun. Auch sei unerheblich, ob eine gemachte Zusage einklagbar sei.
3. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in welcher die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides begehrt wird.
Die Beschwerde wirft der belangten Behörde Willkür vor, und führt dazu näher aus:
"Der Beschwerdeführer hat vorgebracht, daß eine Räumungsverpflichtung gar nicht bestand, da es vor dem ursprünglich vereinbarten Räumungstermin zu einer stillschweigenden Verlängerung des Mietvertrages gekommen ist. Die belangte Behörde führt in ihrem Erkenntnis aus, daß auf diesen Einwand des Beschwerdeführers nicht einzugehen sei.
Der Beschwerdeführer anerkennt, daß ein Rechtsanwalt eine geschlossene Vereinbarung einzuhalten und zu seinem Wort zu stehen hat mit der Maßgabe, daß diese Vereinbarung klar, eindeutig und unstrittig ist. Ist dies nicht der Fall, dann muß auch einem Rechtsanwalt das Recht zustehen, seinen Standpunkt, sofern er vertretbar erscheint, darzulegen und sich auf diesen Standpunkt zurückzuziehen, bis die strittige Frage durch eine befugte Stelle endgültig geklärt ist. Gesteht man einem Rechtsanwalt dieses Recht nicht zu, dann wäre er, um sich nicht disziplinär verantwortlich zu machen, verpflichtet, jeden an ihn herangetragenen, jedoch strittigen und unter Umständen ungerechtfertigten Anspruch zu befriedigen.
Im gegenständlichen Fall wurde vor Herannahen des Räumungstermines vom 30.9.1989 der Vermieterin unter anderem der Vorschlag unterbreitet, das Mietverhältnis gegen Bezahlung eines höheren Mietzinses zunächst noch zu verlängern. Die Vermieterin hat diesen Vorschlag nicht abschlägig beschieden, sondern hat vielmehr die ab diesem Zeitpunkt überwiesene höhere Miete unbeanstandet übernommen. Erst am 29. Jänner 1990, also nach viermonatiger unbeanstandeter Annahme des erhöhten Mietzinses, ist dem Beschwerdeführer durch Zustellung der Disziplinaranzeige erstmals zur Kenntnis gelangt, daß die Vermieterin trotz mangelnder gegenteiliger Äußerung und trotz unbeanstandeter Annahme des erhöhten Mietzinses mit einer Verlängerung des Mietverhältnisses doch nicht einverstanden ist (einverstanden war).
Auch ein Rechtsanwalt muß auf äußere Umstände vertrauen und ihnen einen rechtsgeschäftlichen Erklärungswert zumessen können (§863 ABGB). Es kann nicht zweifelhaft sein, daß die geschilderten objektiven Umstände im allgemeinen als stillschweigende Vertragsverlängerung zu werten sind. Im Erkenntnis der ersten Instanz sind hiezu die maßgeblichen Feststellungen unterlassen worden. In der Berufung des Beschwerdeführers wurde dies moniert, die zweite Instanz war jedoch, wie erwähnt, der Auffassung, daß auf dieses Vorbringen nicht einzugehen sei. Es liegt aber auf der Hand, daß, unterstellt man eine stillschweigende Verlängerung des Mietverhältnisses, eine Räumungsverpflichtung zum 30.9.1989 gar nicht bestanden hat und daher der Beschuldigte gegen eine derartige Verpflichtung auch nicht verstoßen konnte.
...
Diese Ausführungen gelten auch analog für den zweiten Punkt des Schuldspruches (Überlassung von Teilen des Mietgegenstandes an zwei weibliche Untermieterinnen). Auch hier konnte der Beschuldigte darauf vertrauen, daß die Vermieterin mit der Untervermietung einverstanden war, nachdem der Beschuldigte die beiden Untermieterinnen der Vermieterin vorgestellt hat und diese jahrelang keinerlei Einwände erhoben hat. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde war es völlig klar, daß die beiden Untermieterinnen eben in dieser Eigenschaft der Vermieterin vorgestellt wurden, einen anderen Anlaß hiezu hätte es überhaupt nicht gegeben. Dazu kommt noch, daß mit dem im Akt erliegenden Schreiben vom 29.1.1988 dem Anwalt der Vermieterin auch noch schriftlich die Namen der Untermieterinnen und ihre Eigenschaft als Untermieterinnen bekanntgegeben wurde. Nachdem die Vermieterin, wie erwähnt, dagegen jahrelang nicht opponiert hatte, konnte der Beschuldigte berechtigterweise darauf vertrauen, daß sie mit der Untervermietung einverstanden war, was auch noch dadurch bestätigt wird, daß dieser Punkt auch nicht Gegenstand der Anzeige war, zumal zu diesem Zeitpunkt die Untermieterinnen gar nicht mehr im Mietgegenstand waren. Auch insofern ist eine nachträgliche konkludente Zustimmung anzunehmen bzw. erscheint sie zumindest vertretbar..."
Zum Vorwurf der Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter führt die Beschwerde aus:
"Wie dem Beschwerdeführer nun anläßlich der Verfassung dieser Beschwerde erstmals bewußt geworden ist, war der Disziplinarrat in der Verhandlung vom 5.7.1991 gesetzwidrig zusammengesetzt, weil dabei ein Mitglied mitwirkte, welches dem Beschwerdeführer vorher nicht bekanntgegeben wurde und hinsichtlich dessen er folglich von seinem Ablehnungsrecht nicht Gebrauch machen konnte.
Mit Schreiben vom 17.6.1991 wurde dem Beschwerdeführer die Liste der einberufenen Mitglieder des Senates 2 bekanntgegeben. In dieser Liste schien Dr. Hermann Plochberger nicht auf. Dieser war jedoch Mitglied des Senates bei der Verhandlung am 5.7.1991. Zwar heißt es im Protokoll, daß 'festgestellt (wird), daß der Disziplinarbeschuldigte von seinem Ablehnungsrecht keinen Gebrauch gemacht hat'. Darin ist jedoch keine Zustimmung zur geänderten Senatsbesetzung zu sehen, da sich aus der Formulierung 'gemacht hat' (und nicht: 'macht') klar ergibt, daß sich diese Feststellung ausschließlich auf das Ablehnungsrecht gemäß §33 Abs2 DSt 1990 bezieht, also hinsichtlich jener Mitglieder, die dem Beschwerdeführer vorher bekanntgegeben wurden. Von diesem Recht konnte der Beschwerdeführer jedoch gar keinen Gebrauch machen, da ihm Dr. Plochberger nicht als präsumtives Senatsmitglied bekanntgegeben wurde."
4. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie den angefochtenen Bescheid verteidigt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.
5. Der Beschwerdeführer replizierte darauf und bekräftigt nochmals, daß die Vorfrage ausschlaggebend sei, ob es zu einer stillschweigenden Verlängerung des Mietverhältnisses gekommen sei. Das diesbezügliche Vorbringen habe die Behörde zu Unrecht übergangen.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1.1. Die Beschwerde begründet die behauptete Verletzung von Rechten wegen Anwendung einer verfassungswidrigen generellen Norm damit, indem sich die belangte Behörde auf eine gefestigte Standesauffassung bzw. auf die RL-BA 1977 stütze, habe sie eine Norm angewendet, die zu unbestimmt sei und "dem erforderlichen Klarheitsgebot" im Sinne des Art7 EMRK nicht entspreche.
1.2. Demgegenüber hegt jedoch der Verfassungsgerichtshof auch aus der Sicht des vorliegenden Beschwerdefalles gegen die dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Rechtsgrundlagen, insbesondere gegen §1 DSt 1990, BGBl. 474/1990, und gegen §10 Abs2 RAO keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. zu dem mit §1 DSt 1990 vergleichbaren §2 DSt 1872 VfSlg. 3290/1957, 5643/1967, 7494/1975, 7907/1976, 9160/1981, 11007/1986, 11350/1987, 11776/1988, 11840/1988 u.v.a.; zu §10 Abs2 RAO VfSlg. 4886/1964, 5967/1969, 7905/1976, 12032/1989, 12915/1991).
Auch trifft es, wie die belangte Behörde im bekämpften Bescheid zutreffend ausführt, zu, daß zu den sich aus §10 Abs2 RAO ergebenden Pflichten der Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter die Verpflichtung der "Zuhaltung von mündlichen und schriftlichen Verträgen" zählt und diese Verpflichtung zur Einhaltung eingegangener Verbindlichkeiten ihre standesrechtliche Konkretisierung in den §§3 und 4 RL-BA 1977 und in der Judikatur der OBDK findet. Der Vorwurf der nicht hinreichenden Determinierung der präjudiziellen Regelungen erweist sich sohin als unbegründet (so etwa schon VfSlg. 12586/1990 unter Stützung auf die oben zitierte Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes).
1.3. Der Beschwerdeführer ist deshalb durch den angefochtenen Bescheid nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
2.1. Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt ua. in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 und die dort angeführte Rechtsprechung; VfSlg. 10338/1985, 11213/1987).
2.2. Die Beschwerde wirft der Behörde willkürliches Verhalten durch Unterlassen der Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens vor, ist damit aber nicht im Recht:
Wie schon im zugrundeliegenden Disziplinarverfahren versucht der Beschwerdeführer auch in diesem verfassungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren darzutun, daß einerseits eine Räumungsverpflichtung nicht bestand und andererseits die nachträgliche Zustimmung der Vermieterin zur Überlassung von Teilen des Mietgegenstandes an zwei Untermieterinnen anzunehmen sei, weshalb er ein disziplinarrechtlich zu ahndendes Verhalten nicht gesetzt habe.
Damit zeigt die Beschwerde im Ergebnis aber keinen in die Verfassungssphäre reichenden Fehler der belangten Behörde auf, denn diese ist auf Grundlage eines mängelfreien Ermittlungsverfahrens zu einem anderen als dem vom Beschwerdeführer angestrebten Ergebnis gelangt; allein schon deshalb ist hier ein willkürliches Verhalten der belangten Behörde auszuschließen.
Hinzu kommt folgendes:
Beim Faktum der Nichträumung der Wohnung kann im Hinblick auf die jahrelangen, nachhaltigen und eindeutigen, im Disziplinarakt im einzelnen belegten Bemühungen der Vermieterin und ihres Schwiegersohnes, die Bestandrechte des Beschwerdeführers zu beenden, den Annahmen der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden.
Beim Faktum Untervermietung ohne - vertraglich vorgesehene - vorherige Zustimmung der Vermieterin behauptet nicht einmal der Beschwerdeführer, diese Zustimmung vorher eingeholt zu haben. Im übrigen kann aus dem Umstand, daß der Beschwerdeführer der Vermieterin nachher bei Gelegenheit zwei Damen vorgestellt hat, nicht abgeleitet werden, die Annahme der belangten Behörde, es fehle an dieser Zustimmung der Vermieterin, sei grundsätzlich verfehlt.
Es zeigt sich sohin, daß der belangten Behörde Willkür nicht anzulasten ist.
2.3. Der Beschwerdeführer wurde sohin durch den angefochtenen Bescheid nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt.
3.1. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird insbesondere dann verletzt, wenn eine an sich zuständige, aber nicht dem Gesetz entsprechend zusammengesetzte Kollegialbehörde entschieden hat (zB VfSlg. 8731/1980, 10022/1984, 11350/1987).
Eine Kollegialbehörde ist auch dann unrichtig zusammengesetzt, wenn der zur Ablehnung von Mitgliedern der Behörde berechtigten Partei die Ausübung dieses Rechtes dadurch unmöglich gemacht wird, daß ihr die zur Entscheidung berufenen Mitglieder der Kollegialbehörde nicht bekanntgegeben werden; gesetzlicher Richter ist in Fällen dieser Art nämlich die Behörde, deren Besetzung der Partei bekanntgegeben und gegen welche ein Ablehnungsantrag nicht erhoben oder zu Unrecht erhoben worden ist (VfSlg. 3406/1958 und 7037/1973). Diese Überlegung trifft auch dann zu, wenn der zur Ablehnung berechtigten Partei nicht alle an der Entscheidung beteiligten Kommissionsmitglieder bekanntgegeben worden sind (VfSlg. 7360/1974, 8904/1980).
Da der administrative Instanzenzug als Einheit aufzufassen ist, wird das Recht auf den gesetzlichen Richter auch dann verletzt, wenn in unterer Instanz eine unrichtig zusammengesetzte Kollegialbehörde eingeschritten ist und dies von der belangten Behörde nicht wahrgenommen wurde (vgl. zB VfSlg. 5700/1968, 9599/1983, 11677/1988).
3.2. Die Beschwerde behauptet, daß eine solche Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter vorliegt, weil an der Disziplinarverhandlung erster Instanz am 5. Juli 1991 ein Mitglied mitgewirkt habe, welches dem Beschwerdeführer vorher nicht bekanntgegeben worden sei, sodaß er von seinem Ablehnungsrecht nicht habe Gebrauch machen können; die belangte Behörde habe diesen Mangel nicht aufgegriffen.
3.3. Dem hält die belangte Behörde zutreffend den durch den Akteninhalt gedeckten Umstand entgegen, daß dem Beschwerdeführer für die weitere Disziplinarverhandlung am 8. November 1991 alle Mitglieder, die an ihr teilgenommen haben, rechtzeitig bekanntgegeben wurden, der Beschwerdeführer aber von seinem Ablehnungsrecht nicht Gebrauch gemacht hat. In dieser Verhandlung wurde aber der gesamte Inhalt des Disziplinaraktes verlesen und behandelt, sodaß auch dem diesbezüglichen Beschwerdevorbringen Berechtigung nicht zukommt (vgl. auch VfGH 24.2.1992, B198/91).
3.4. Der Beschwerdeführer wurde deshalb auch im bezogenen Grundrecht nicht verletzt.
4. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin insgesamt nicht stattgefunden. Das Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof hat nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde.
5. Die Beschwerde war daher abzuweisen.
III. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4, erster Satz, VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Rechtsanwälte, Disziplinarrecht Rechtsanwälte, Behördenzusammensetzung, Kollegialbehörde, DeterminierungsgebotEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1993:B325.1993Dokumentnummer
JFT_10069072_93B00325_00