TE Vwgh Erkenntnis 1995/11/22 95/21/0274

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Veröffentlicht am 22.11.1995
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

FrG 1993 §18 Abs2 Z2;
FrG 1993 §20 Abs1;
KFG 1967 §64 Abs1;
KFG 1967 §64 Abs5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des T in S, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 26. April 1994, St 106/94, betreffend Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 26. April 1994 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen der ehemaligen Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien, gemäß § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 2 sowie den §§ 19 bis 21 des Fremdengesetzes - FRG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.

In der Begründung führte die belangte Behörde aus: Der Beschwerdeführer sei im August 1990 nach Österreich gekommen, wo sich auch seine Eltern sowie sein Bruder und ein Onkel aufhielten. Der Beschwerdeführer sei ledig, beabsichtige jedoch, sich demnächst mit einer österreichischen Staatsangehörigen zu verehelichen.

Der Beschwerdeführer sei bisher siebenmal wegen Lenkens eines Kraftfahrzeuges ohne Lenkerberechtigung bestraft worden (§ 64 Abs. 1 KFG); die rechtskräftigen Bestrafungen wegen Übertretung des § 64 Abs. 1 KFG erfüllten den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG. Auch die in § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme sei gerechtfertigt.

Das Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne Lenkerberechtigung zähle zu den gröbsten Verstößen gegen das Kraftfahrgesetz und stelle somit eine schwerwiegende Verwaltungsübertretung im Sinn des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG dar. Es komme auch nicht darauf an, ob dem Beschwerdeführer allenfalls gemäß § 64 Abs. 6 KFG aufgrund seiner ausländischen Lenkerberechtigung eine österreichische hätte erteilt werden können. Im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer die österreichischen Rechtsvorschriften bewußt mißachte und auch die mehrfachen Bestrafungen ihn nicht dazu hätten anhalten können, die gerade für den Straßenverkehr wichtige Bestimmung des § 64 Abs. 1 KFG einzuhalten, erweise sich das Aufenthaltsverbot im Grunde des § 19 FrG als dringend geboten. Da der Beschwerdeführer mit seinen im Bundesgebiet wohnhaften Verwandten nicht im gemeinsamen Haushalt lebe und ungeachtet seiner geäußerten Absicht, demnächst eine österreichische Staatsbürgerin zu heiraten, nach wie vor ledig sei, werde durch das Aufenthaltsverbot nicht in sein Familienleben eingegriffen. Sein noch nicht vierjähriger Aufenthalt im Bundesgebiet bewirke für sich allein gesehen kein besonders hohes Maß an Integration, sodaß die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes schwerer wögen als die Auswirkungen auf das Privatleben des Beschwerdeführers. Somit sei das Aufenthaltsverbot auch unter dem Gesichtspunkt des § 20 Abs. 1 FrG zulässig.

Mit Beschluß vom 29. Juni 1994, B 1368/94-3, hat der zunächst angerufene Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde abgelehnt und diese zugleich dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die fristgerecht gemäß § 34 Abs. 2 VwGG ergänzte, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend machende Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Die Beschwerde läßt die von der belangten Behörde getroffenen maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen - die siebenmalige rechtskräftige Bestrafung wegen Übertretung nach § 64 Abs. 1 KFG - unbestritten. Dazu bringt der Beschwerdeführer jedoch vor, daß er über eine "jugoslawische" Lenkerberechtigung verfüge und es lediglich verabsäumt habe, einen nach wie vor offenen Antrag auf Erteilung einer österreichischen Lenkerberechtigung gemäß § 64 Abs. 6 KFG zu stellen.

Unter der Annahme, daß der Beschwerdeführer tatsächlich über eine im ehemaligen Jugoslawien erteilte Lenkerberechtigung verfügt, wäre er gemäß § 64 Abs. 5 KFG aufgrund dessen berechtigt gewesen, in Österreich ein Kraftfahrzeug bis längstens ein Jahr nach Begründung seines ordentlichen Wohnsitzes im Bundesgebiet zu lenken. Selbst wenn man dem Beschwerdeführer in bezug auf das erstmalige Lenken eines Kraftfahrzeuges in Österreich nach Ablauf dieser Frist hinsichtlich derselben ein Versehen konzedierte und diesen ersten Verstoß nicht als gravierend betrachtete, so mußte ihm jedenfalls aufgrund der erstmaligen Bestrafung wegen Übertretung nach § 64 Abs. 1 KFG die Rechtswidrigkeit jedes künftigen Lenkens eines Kraftfahrzeuges ohne österreichische Lenkerberechtigung bewußt gewesen sein. Von daher liegt ihm hinsichtlich der weiteren sechs Verstöße gegen § 64 Abs. 1 KFG Vorsatz zur Last. Die vorsätzliche Mißachtung einer zentralen kraftfahrrechtlichen Norm wie der des § 64 Abs. 1 leg. cit., wonach das Lenken eines Kraftfahrzeuges auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur aufgrund einer von der (zuständigen österreichischen) Behörde erteilten Lenkerberechtigung zulässig ist, stellt aber eine schwerwiegende Verwaltungsübertretung im Sinn des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG dar.

Unter Zugrundelegung der vorstehenden Ausführungen vertrat die belangte Behörde zu Recht die Ansicht, daß der Beschwerdeführer mehr als einmal wegen einer schwerwiegenden Verwaltungsübertretung rechtskräftig bestraft, somit der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG verwirklicht worden ist und die in Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt sei.

Gleichfalls zu Recht hielt die belangte Behörde die Erlassung des Aufenthaltsverbotes für im Grunde des § 19 FrG zulässig, ist doch diese Maßnahme in Anbetracht der sich aus den zahlreichen Gesetzesverstößen, insbesondere der sich daraus erhellenden bewußten Mißachtung von österreichischen Rechtsvorschriften ergebenden Gefährdung von im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Zielen dringend geboten.

Der Beschwerdeführer erachtet die nach § 20 Abs. 1 FrG vorgenommene Interessenabwägung für rechtswidrig, weil die belangte Behörde nicht auf die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf seine im Bundesgebiet wohnenden Eltern sowie auf seine Beziehung mit der österreichischen Staatsbürgerin B ausreichend Bedacht genommen habe.

Dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Die belangte Behörde nahm im Rahmen der gemäß § 20 Abs. 1 FrG gebotenen Abwägung auf die Dauer des Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich sowie auf seine privaten Beziehungen zu einer österreichischen Staatsbürgerin Bedacht. Wenn sie das Ausmaß der Integration des Beschwerdeführers angesichts des zum Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides erst ca. dreieinhalbjährigen Aufenthaltes als nicht sehr hoch einschätzte, so ist dies nicht rechtswidrig, wobei im Rahmen der anzustellenden Abwägung die sich aus den zahlreichen Bestrafungen nach § 64 Abs. 1 KFG abzuleitende bewußte Mißachtung österreichischer Rechtsvorschriften zum Nachteil des Beschwerdeführers erschwerend hinzutritt. Die Behörde hat bei ihren Erwägungen ungewisse künftige Ereignisse nicht zu berücksichtigen, sodaß sie von einer nach den Angaben des Beschwerdeführers lediglich beabsichtigten Eheschließung nicht ausgehen konnte. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß sich die Eltern des Beschwerdeführers im Bundesgebiet befinden, zumal er mit diesen nicht im gemeinsamen Haushalt lebt. Wenn der Beschwerdeführer darauf verweist, daß er als Deserteur von der jugoslawischen Armee im Falle seiner Abschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien erheblichen Gefahren ausgesetzt wäre, ist darauf zu antworten, daß diese Gesichtspunkte im Aufenthaltsverbot-Verfahren außer Betracht zu bleiben haben. Zu deren Geltendmachung steht während des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes ein eigenes Verfahren zur Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat zur Verfügung (§ 54 iVm § 37 Abs. 1 und 2 FrG).

Was die Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes anlangt, so vermag der Beschwerdeführer mit dem bloßen Hinweis, daß ihm nach wie vor die Möglichkeit offenstünde, die Ausstellung einer österreichischen Lenkerberechtigung zu beantragen, nicht darzutun, daß der Wegfall des für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Grundes schon vor dem Verstreichen von fünf Jahren anzunehmen sei. Der Verwaltungsgerichtshof kann auf dem Boden seiner ständigen Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom 23. Februar 1995, Zl. 95/18/0064) nicht finden, daß die belangte Behörde in diesem Punkt rechtswidrig gehandelt hätte.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995210274.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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