TE Lvwg Erkenntnis 2022/7/28 VGW-123/072/7589/2022

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.07.2022
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Entscheidungsdatum

28.07.2022

Index

97 Öffentliches Auftragswesen
L72009 Beschaffung Vergabe Wien

Norm

BVergG 2018 §20 Abs1
BVergG 2018 §137
BVergG 2018 §141Abs. 1 Z3
WVRG 2020 §8 Abs1
WVRG 2020 §8 Abs2
WVRG 2020 §15 Abs1
WVRG 2020 §25 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch die Richterin Mag.a Mandl als Vorsitzende, die Richterin Dr.in Lettner und den Richter Dr. Oppel über den Antrag der A. Gesellschaft m.b.H., vertreten durch Rechtsanwälte GmbH & Co KG, auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung betreffend das Vergabeverfahren GZ: … / Vergabeverfahren "Rahmenvertrag für Fliesenlegerarbeiten in den Objekten der Stadt Wien - Wiener Wohnen" (…), der Stadt Wien – Wiener Wohnen, vertreten durch Rechtsanwälte GmbH, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch Verkündung

zu Recht e r k a n n t :

I. Der Antrag auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung vom 08.06.2022 wird abgewiesen.

II. Die Antragstellerin hat die von ihr entrichteten Pauschalgebühren selbst zu tragen.

III. Die ordentliche Revision ist unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die Stadt Wien - Wiener Wohnen (in der Folge: Auftraggeberin) führt ein Vergabeverfahren „Rahmenvertrag für Fliesenlegerarbeiten in den Objekten der Stadt Wien-Wiener Wohnen“ für die Bezirke 1 - 23 in 24 Losen. Es handelt sich dabei um ein offenes Verfahren im Oberschwellenbereich (Bauauftrag). Bieter können laut den Ausschreibungsunterlagen (Verfahrensbestimmungen für Rahmenverträge betreffend Fliesenlegerarbeiten in den Objekten der Stadt Wien-Wiener Wohnen) für maximal drei Lose den Zuschlag erhalten. Der Zuschlag soll nach dem Bestbieterprinzip erfolgen (geringster Preis und Verlängerung der Gewährleistungsdauer)

Die Ausschreibung erfolgte nach dem Preisaufschlags- und Preisnachlassverfahren. Aufschläge sind nur auf Obergruppenebene möglich.

Die A. Gesellschaft m.b.H. (in der Folge: Antragstellerin) hat in allen Losen ein Angebot gelegt. Ihr Angebot ist in allen Losen das teuerste.

Das Angebot der Antragstellerin wurde mit Mitteilung vom 8.6.2022 (Dok.Nr. …) ausgeschieden. Diese Ausscheidensentscheidung wurde damit begründet, dass im Zuge der Angebotsprüfung Unklarheiten und Mängel bezüglich der Position „Personalgemeinkosten“ festgestellt worden seien. Eine Verlagerung von Kosten, für die eigene Positionen im Leistungsverzeichnis vorhanden seien, sei unzulässig. Die Verlagerung stelle eine unzulässige Umlage von Kosten dar bzw. seien KFZ-Kosten für An- und Abfahrt doppelt kalkuliert worden. Da es sich daher um ein den Ausschreibungsbestimmungen bzw. Ausschreibungsunterlagen widersprechendes Angebot handle, sei das Angebot der Antragstellerin gemäß § 141 Abs 1 Z 7 BVergG 2018 zwingend auszuscheiden.

Weiters sei das Angebot aufgrund einer im Rahmen der vertieften Angebotsprüfung festgestellten, nicht plausiblen Zusammensetzung des Gesamtpreises gemäß § 141 Abs 1 Z 3 BVergG 2018 und § 141 Abs 2 BVergG 2018 auszuscheiden.

Die Antragstellerin stellte mit Schreiben vom 17.6.2022 einen Nachprüfungsantrag. Der Nachprüfungsantrag ist rechtzeitig.

In ihrem Antrag führte die Antragstellerin aus, dass sie sich in ihrem Recht auf Nichtausscheiden ihres Angebots sowie auf Teilnahme an einem gesetzeskonformen Vergabeverfahren als verletzt erachte. Sie stellt in der Folge dar, dass ihr Antrag rechtzeitig ist, und führt zu ihrem Interesse am Vertragsabschluss und zu dem ihr durch die angefochtene Entscheidung der Auftraggeberin entstandenen bzw. drohenden Schaden aus.

Sie zitiert Position 01.01 Z aus dem Leistungsverzeichnis und die in Position OG 01 „Baustellengemeinkosten“ vorgegebenen Richtpreise.

Mit Schreiben vom 11.5.2022 habe die Auftraggeberin die Antragstellerin zur Aufschlüsselung des Prozentsatzes sowie zur Übermittlung der Detailkalkulation für die Position „Baustellengemeinkosten bis EUR 500,--“ mit der Positionsnummer 01.0101A in Form des K7-Blattes für das Los 01 aufgefordert.

Die Antragstellerin übermittelte nach ihren eigenen Angaben am 18.5.2022 eine Tabelle, aus der hervorgeht, welche Kosten unter die Personalgemeinkosten kalkuliert wurden und in welcher prozentuellen Höhe der Personalkosten dies erfolgte.

Sie teilte weiters zu den Kosten betreffend Fahrzeuge im Wert von xxx % mit, dass es sich bei den ausgeschriebenen Arbeiten großteils um Ausbesserungen von Bestandsfliesen handle. Diese müssten bei den Großhändlern besorgt werden. Für die flexible Materialbesorgung müssten die Mitarbeiter mit Kleintransportern ausgestattet oder, bei Benutzung eines Privat-PKW, entsprechend entschädigt werden.

In den Ausschreibungsunterlagen sei ÖNORM B 2061 ausdrücklich vereinbart. Gemäß Punkt 4.2. der ÖNORM B 2061 erfolge die Kalkulation der Kosten nach dem Kostenverursachungsprinzip. Es sei zwischen direkten Kosten (Einzelkosten) und indirekten Kosten (Gemeinkosten) zu unterscheiden. Gemäß Pkt. 4.2. der ÖNORM B 2061 könnten Gemeinkosten differenziert betrachtet werden. Sie könnten auf verschiedene Kalkulationsstufen dem Kalkulationsobjekt zugeschlagen werden. Unabhängig von der Zuteilung der Kosten auf die Kostenarten sei zu berücksichtigen, dass deren Abgrenzung oft nur unscharf erfolgen könne.

Die Unternehmen, die sich am gegenständlichen Vergabeverfahren beteiligen würden, würden in der Regel Fahrzeuge (PKW, Kleintransporter, LKW, etc.) einsetzen, um Personal, Geräte und Material zum bzw. vom Einsatzort zu befördern. Weiters seien diese Fahrzeuge für den Transport von Material und Geräten erforderlich.

Ein Fliesenlegerunternehmen verfüge in der Regel über eine gewisse Anzahl an KFZ, deren Einsatz für eine Vielzahl an unterschiedlichen Leistungen erforderlich sei. Die Kosten für KFZ würden daher in der Regel als Gemeinkosten kalkuliert, die keiner Leistung direkt zugeordnet werden könnten. Sie würden auf die entsprechenden Kostenträger, über die die KFZ-Kosten Vergütung finden sollten, umgelegt.

Gemäß Pkt. 5.2.2.6 ÖNORM B 2061 handle es sich bei einem dieser möglichen Kostenträger für die Umlage der KFZ-Kosten um die Personalgemeinkosten. Personalgemeinkosten seien jene Kosten, die im Zusammenhang mit der Beschäftigung von Dienstnehmern entstünden, sowie Kosten der Produktion (siehe nachfolgendem Auszug aus der ÖNORM B 2061). In Punkt 5.2.2.6 der ÖNORM B 2061 sei unter „personenbezogene Nebenkosten“ als Teil der Personalgemeinkosten auch die Beistellung von Betriebsmitteln (z.B. Handwerkszeug, Telefon, EDV, PKW) aufgezählt.

Personalgemeinkosten seien in betriebliche Personalgemeinkosten und projektspezifische Personalgemeinkosten zu unterteilen. Die betrieblichen Personalgemeinkosten änderten sich in der Regel von Projekt zu Projekt nicht. Projektspezifische Personalgemeinkosten seien beispielsweise Fahrtkosten (Pritsche, Bus udgl. inkl. Kosten des Fahrers).

Eine normierte Abgrenzung der betrieblichen von den projektspezifischen Personalgemeinkosten bestehe nicht.

Wie aus dem K7-Blatt zur Position 01.0101A Z „Baustellengemeinkosten bis EUR 500,--“ ersichtlich sei, sei von der Antragstellerin ein Teil der KFZ-Kosten u.a. unter den Positionen für die Baustellengemeinkosten und ein anderer Teil der KFZ-Kosten unter den Personalgemeinkosten (siehe Zeile 16 im K3-Blatt) einkalkuliert worden.

Die Umlage der KFZ-Kosten auf den Personalpreis (Mittellohnpreis), also die Berücksichtigung der KFZ-Kosten unter den Personalgemeinkosten, stelle eine der ÖNORM B 2061 entsprechende Möglichkeit der Kalkulation dar und sei keinesfalls unzulässig. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass eigene Positionen für die Baustellengemeinkosten ausgeschrieben seien, unter welchen u.a. auch KFZ-Kosten für die An- und Abfahrten zu den Einsatzorten einzurechnen seien.

Hinzuweisen sei auf die Ausführungen von Kropik, Baukalkulation, Kostenrechnung und ÖNORM B 2061, über die Zuordnung von Baustellengemeinkosten zu eigenen Positionen für die Baustellengemeinkosten oder Zuordnung zu den Geschäftsgemeinkosten. Lege man dies auf die Zuordnung der KFZ-Kosten um, so sei auch die von der Antragstellerin vorgenommene Zuordnung der KFZ-Kosten zu den Personalgemeinkosten nicht verpönt und betriebswirtschaftlich vertretbar.

Die Antragstellerin habe nicht sämtliche KFZ-Kosten unter die Personalgemeinkosten kalkuliert, sondern nur einen Teil, bei welchem es sich um indirekte Kosten handle, welche keiner Leistung direkt zugeordnet werden könnten bzw. eine Zuordnung zu einzelnen Leistungen betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll sei.

Die tatsächlich anfallenden KFZ-Kosten je Bestellung der Antragsgegnerin seien unterschiedlich hoch, weil die KFZ-Kosten von der Art und vom Umfang der zu erbringenden Leistungen abhängig seien. Würden also sämtliche KFZ-Kosten unter den Positionen der Baustellengemeinkosten (Pos. Nr. 01.0101A Z bis 01.0101D Z) kalkuliert, so könne sich zwischen dem tatsächlichen KFZ-Aufwand und dem dafür lukrierten Erlös eine Differenz ergeben, also eine Fehlvergütung. Aus diesem Grund sei die Zuordnung sämtlicher KFZ-Kosten zu den Positionen der Baustellengemeinkosten betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll.

Eher stünden die Stundenanzahl bzw. die Lohnkosten des für die Fliesenlegerarbeiten eingesetzten Personals und die anfallenden KFZ-Kosten in einem proportionalen Verhältnis zueinander, weil auch die von der Antragstellerin eingesetzte Anzahl an PKW und Personal grundsätzlich in einem konstanten Verhältnis zueinanderstehen stünden. Daher sei die von der Antragstellerin vorgenommene Gliederung der Kosten in der Kalkulation nachvollziehbar und plausibel.

Weiters hätten die Bieter aufgrund des Preisaufschlags- und Preisnachlassverfahrens keine Möglichkeit, die Einheitspreise der Positionen der OG 01 „Baustellengemeinkosten“ nach der eigenen Kalkulation zu gestalten. Wolle ein Bieter aufgrund der hohen KFZ-Kosten höhere Preise bei den Positionen der Baustellengemeinkosten anbieten und gleichzeitig die übrigen Positionen der OG 01 (Pos. 010201 Z „Mieterkoordination“ und Pos. 010202 Z „Aufwandsersatz Beschaffung Fliesen in Sonderformaten“) einigermaßen am Preisniveau der Richtpreise halten, so werde dies dem Bieter durch die Möglichkeit, nur auf den gesamten Preis der OG 01 bzw. auf die Preisanteile „Lohn“ und „Sonstiges“ der OG 01 Aufschläge oder Nachlässe zu geben, verwehrt.

Auch dieser Umstand stelle einen Grund dar, weshalb die von der Antragstellerin vorgenommene Aufteilung der KFZ-Kosten auf die Baustellengemeinkosten und die Personalgemeinkosten (Zeile 16 im K3-Blatt) jedenfalls zulässig sei.

Die von der Antragstellerin vorgenommene kalkulatorische Aufteilung der KFZ-Kosten auf einzelne Leistungspositionen und auf die Personalgemeinkosten widerspreche somit nicht der Ausschreibung. Die Kosten lägen in einer plausiblen Höhe und seien gemäß § 137 Abs. 3 BVergG 2018 betriebswirtschaftlich erklärbar und nachvollziehbar. Es liege daher kein Grund vor, das Angebot der Antragstellerin gemäß § 141 Abs. 1 Z 3 bzw. Z 7 BVergG 2018 auszuscheiden. Die Antragstellerin habe mit ihrem Schreiben vom 18.5.2022 der Auftraggeberin die kalkulierten Kosten aufgeschlüsselt und dazu Stellung genommen. Es liege daher auch der Ausscheidensgrund des § 141 Abs. 2 BVergG 2018 nicht vor.

Beantragt werde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung und der Ersatz der von der Antragstellerin entrichteten Pauschalgebühren.

Der Nachprüfungsantrag wurde der Auftraggeberin zur Kenntnis gebracht. Mit Schriftsatz vom 28.6.2022 gab die Auftraggeberin eine Stellungnahme ab, in der sie zunächst auf die Festlegungen im Leistungsverzeichnis betreffend die Baustellengemeinkosten in Position 01. 01.01 Z und 01.02.02 Z betreffend die Beschaffung Fliesen in Sonderformaten verwies.

Zur Prüfung der Preisangemessenheit verwies die Auftraggeberin in ihrem Schriftsatz auf Punkt 6.3 der Allgemeinen Angebotsbestimmungen der Stadt Wien für Leistungen (WD 307) „Prüfung der Preisangemessenheit“. Dort wird festgehalten, dass sich die Auftraggeberin zur Überprüfung der Preisangemessenheit das Recht vorbehält, in die Kalkulation des Angebots Einsicht zu nehmen bzw. Kalkulationsunterlagen und Erläuterungen, sofern deren Vorlage nicht bereits in der Ausschreibung bedungen war, nachzufordern. Die Teilnehmer verpflichten sich mit der Abgabe des Angebotes einer derartigen Aufforderung umgehend nachzukommen. Dabei ist jedenfalls bei Vergabeverfahren über Bauleistungen die ÖNORM B 2061 zu beachten. Die Kalkulationsunterlagen sind in Form der Kalkulationsformblätter gemäß ÖNORM B 2061 oder in Form von gleichwertigen Unterlagen vorzulegen.

Die Antragstellerin habe in allen 24 Losen Angebote gelegt. Die Angebotsprüfung habe ergeben, dass der im Kalkulationsblatt angeführte Wert für Personalgemeinkosten auffallend hoch war. Mit Schreiben vom 1.4.2022 sei die Antragstellerin darauf aufmerksam gemacht worden und aufgefordert worden, den im Formblatt K3 – Regielohnpreis Helfer, Regielohnpreis Facharbeiter unter 12b Zeile 16 „Personalgemeinkosten“ festgehaltenen Wert von xxx% aufzuschlüsseln und die in diesem Wert einkalkulierten Kosten aufzuklären.

Mit Schreiben vom 8.4.2022 habe die Antragstellerin mitgeteilt, dass die Personalgemeinkosten laut K3 Blatt von ihr aufgrund der hohen Personalintensität für Bearbeitung von Anfragen seitens Wiener Wohnen mit xxx % kalkuliert worden seien.

Mit Schreiben vom 21.4.2022 habe die Auftraggeberin die Antragstellerin um detaillierte Aufschlüsselung und Aufklärung der im angeführten Wert einkalkulierten Kosten ersucht.

Die Antragstellerin habe am 28.04.2022 eine Aufstellung der Personalgemeinkosten ohne Aufklärung übermittelt.

Die Auftraggeberin habe die Antragstellerin daher mit Schreiben vom 11.5.2022 neuerlich ersucht, eine prozentuelle Aufschlüsselung, wie sich der Prozentsatz von xxx% zusammensetze, vorzulegen. Weiters sei im Rahmen der vertieften Angebotsprüfung um Übermittlung der Detailkalkulation für nachstehende Position in Form des K7-Blattes (Kalkulationsformblatt gemäß ÖNORM B 2061) für das Los 01 ersucht worden:

„OG Positionsnummer Positionsstichwort

01 01.0101A Baustellengemeinkosten bis EUR 500“

Die Antragstellerin habe daraufhin eine Aufstellung übermittelt, aus der hervorgeht, dass „Fahrtkosten (Firmenfahrzeug)“ in der Höhe von xxx% in der Aufschlüsselung der „Personalgemeinkosten“ des kalkulierten Wertes von xxx% eingepreist wurden.

Über Aufforderung der Antragsgegnerin zur Aufklärung, welche Kosten und Fahrzeuge im Wert von xxx % berücksichtigt wurden, habe die Antragstellerin am 23.05.2022 bekanntgegeben, dass es sich bei den ausgeschriebenen Arbeiten grossteils um Ausbesserungen von Bestandsfliesen handle. Diese müssten besorgt werden, eventuell bei 1 - 3 Grosshändlern. Für diese flexible Materialbesorgung müssten die Mitarbeiter mit Kleintransportern ausgestattet werden oder, wenn sie mit dem Privat-PKW Material besorgen, dementsprechend entschädigt werden. Diese Kosten müssten natürlich kalkuliert werden und ergäben daher den angeführten Wert.

Mit Mitteilung vom 8.6.2022 seien die Angebote der Antragstellerin ausgeschieden worden. Die Ausscheidensentscheidung habe sich auf § 141 Abs. 1 Z 3, § 141 Abs. 1 Z 7 und § 141 Abs. 2 BVergG 2018 gestützt.

Tragender Grund für die Ausscheidensentscheidung sei das Umlagern von Kosten, konkret von Fahrkosten, in die Personalgemeinkosten, obwohl die An- und Abfahrtskosten in der eigens dafür vorgesehenen Position 01 01 Z (Baustellengemeinkosten) vollständig einzupreisen waren. Hinzu kommt, dass die Höhe der kalkulierten An- und Abfahrtskosten nicht innerhalb der gesetzten Frist betriebswirtschaftlich nachvollziehbar aufgeklärt werden konnte.

Das Angebot der Antragstellerin widerspreche den Festlegungen in der Ausschreibung, da sie ihre An- und Abfahrtskosten nicht vollständig in den Baustellengemeinkosten kalkuliert habe, obwohl dies in Position 01 01 Z ausdrücklich normiert sei. Sie habe vielmehr Kosten in einer Höhe von xxx% der Personalkosten als Fahrtkosten in die Personalgemeinkosten einkalkuliert. Laut Position 01 01 Z umfasse diese Position alle einmaligen und zeitgebundenen Baustellengemeinkosten sowie sonstige Aufwände, die für die Leistungserbringung des Auftragnehmers erforderlich seien, sofern dafür keine gesonderten Positionen im Leistungsverzeichnis vorhanden seien. Es sei damit bestandsfest festgelegt, dass eine Kalkulation dieser Kosten an keiner anderen Stelle erfolgen könne.

Der Sonderfall, dass Bestandsfliesen ausgebessert werden müssten und diesbezüglich Materialbesorgungen erforderlich seien, sei in Position 01 0202Z „Aufwandsersatz Beschaffung Fliesen im Sonderformat“ abgedeckt.

Die Vorgangsweise der Antragstellerin bedeute, dass ein beträchtlicher Anteil der An- und Abfahrtskosten faktisch auf sämtliche Leistungspositionen umgelegt würde, indem diese Kosten als Personalgemeinkosten auf jede (!) einzelne Arbeitsstunde aufgeschlagen würden. Dies erfolge zum Nachteil der Auftraggeberin, da diese auch dann den Anteil von xxx% bezahlen müsse, wenn gar keine An- und Abfahrten anfielen, die nicht durch die Baustellengemeinkosten abgedeckt würden.

Nach herrschender Judikatur führe die Einrechnung der Preise einzelner Positionen in andere Positionen dazu, dass weder der eingerechnete Positionspreis, noch der Positionspreis, in den die andere Position eingerechnet worden sei, ersichtlich und damit aus dem Angebot erschließbar sei. Eine solche Umlagerung führe zu einer Verschiebung in den Kosten der angebotenen Leistungen, die eine spekulative Preisgestaltung bedeute. Verlange eine Ausschreibung die Auspreisung verschiedener konkreter Leistungspositionen, dürfe demnach der Bieter grundsätzlich keine Verschiebung der Kosten zwischen den Leistungspositionen vornehmen (Mischkalkulation), andernfalls das Angebot ausschreibungswidrig und ohne Verbesserungsmöglichkeit auszuscheiden sei. Die Unzulässigkeit einer derartigen Preisumlagerung bzw. Mischkalkulation stelle auch die herrschende Meinung in der Lehre dar.

Die Argumentation der Antragstellerin, wonach gemäß Punkt 5.2.2.6. der ÖNORM B 2061 PKW-Kosten grundsätzlich auf einen Kostenträger, und zwar die Personalgemeinkosten umgelegt werden könnten, sei im vorliegenden Fall von vornherein schon deshalb verfehlt, weil die bestandsfesten Ausschreibungsunterlagen unmissverständlich festlegten, dass in den Positionen 01 01.0101 A-D alle Vorbereitungsarbeiten des Auftragnehmers […] sowie die Kosten für An- und Abfahrt zu kalkulieren seien. Damit scheide bereits von vornherein aus, einen Teil der An- und Abfahrtskosten an anderer Stelle als den Baustellengemeinkosten zu kalkulieren, auch wenn dies nach Ansicht der Antragstellerin „nicht betriebswirtschaftlich sinnvoll“ erscheine. Diesen Umstand hätte die Antragstellerin aber bereits vor Abgabe eines Angebots rügen müssen.

Das Angebot der Antragstellerin sei daher auszuscheiden, da das Zulassen eines ausschreibungswidrigen Angebots dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter gegenüber jenen Bietern, die ausschreibungskonform kalkuliert hätten, widersprechen würde.

Die Auftraggeberin habe beginnend mit 1.4.2022 die auffallend hohen Personalgemeinkosten von xxx% und deren Zusammensetzung releviert und die Antragstellerin mehrfach zur Aufklärung und Nachreichung von Unterlagen aufgefordert. Erst über zweimaliges Nachfragen habe die Antragstellerin offengelegt, welche Kosten sie als Personalgemeinkosten kalkuliert habe und dass xxx% davon auf „Kosten Fahrzeuge“ entfielen. Wiederum erst über nochmalige Aufforderung habe die Antragstellerin mitgeteilt, dass es sich dabei um die Materialbesorgung von Bestandsfliesen handeln soll, die mit Kleintransportern und mit dem Privat-PKW transportiert werden müssten.

Diese Erklärung sei jedoch im Hinblick auf die bestandsfeste Ausschreibung nicht plausibel, zumal dort in Position 01 01Z festgelegt sei, dass die Kosten für An- und Abfahrten nur in dieser Position zu kalkulieren seien. Der von der Antragstellerin angesprochene Sonderfall, dass Fliesen in Sonderformaten zu beschaffen seien, sei mit Position 01 0202 Z abgedeckt, die sämtliche Aufwände zur Besorgung von zum Bestand passenden Fliesen (in Sonderfarben oder Sonderformaten), insbesondere die Aufwände zur Besichtigung des Bestandes, der Bestellung, Abholung und Anlieferung bis zur Einbaustelle umfasse. Die Materiakosten der Fliesen in Sonderfarben würden gesondert, nach Position OG 07 24.9051, vergütet.

Allenfalls auftretende Fahrtkosten hätte die Antragstellerin daher in diesen Positionen ausweisen müssen.

Der Verweis im Nachprüfungsantrag, dass Personalgemeinkosten nach der ÖNORM B 2061 auch „personenbezogene Nebenkosten wie z.B. […] Beistellung von Betriebsmitteln (z. B. […] PKW) […]“ umfassen könnten, gehe ebenfalls am Thema vorbei. Gemeint seien damit zugewiesene Dienstfahrzeuge (zB Dienstfahrzeug eines Bauleiters), die es bei Arbeitern auf der Baustelle nicht gebe, was von der Antragstellerin auch nie behauptet worden sei.

Die von der Antragstellerin in der Aufklärung angesprochenen „Kleintransporter“ seien klassische Betriebsmittel, die zu den Baustellengemeinkosten zählten. Die Antragstellerin habe selbst in ihren K7-Blättern zu den Baustellengemeinkostenpositionen 01.010101 A-D diese „Kleintransporter“ als „Lieferwagen“ mit einem Dieselanteil kalkuliert.

Die Antragstellerin habe schließlich nicht plausibel aufgeschlüsselt, wie es zu einem Kostenanteil von xxx% der Personalkosten auf die Kosten für „flexible Materialbesorgung“ komme. Dieser Prozentsatz bedeute, dass bei jeder Arbeitsstunde xxx% der Personalkosten Materialbesorgungen wären. Das sei unrealistisch. Realistisch sei vielmehr, dass in der Regel mit den 15 cm x 15 cm Standardfliesen in weiß das Auslangen gefunden würde. Diese lägen gemeinsam mit dem Fliesenkleber bzw. Fugenmörtel bereits auf Lager des Auftragnehmers und müssten lediglich zur Baustelle antransportiert werden; dafür gebe es die Position Baustellengemeinkosten. Die Mehraufwendungen für die Besorgung von Fliesen im Sonderformat werde durch die Position 01.0202 Z „Aufwandersatz Beschaffung Fliesen in Sonderformat“ im Einzelfall abgegolten.

Eine diesbezügliche Aufklärung sei trotz mehrfacher Aufforderung seitens der Auftraggeberin unterblieben. Die Erklärung der Antragstellerin sei jedenfalls nicht nachvollziehbar. Es möge aus Sicht der Antragstellerin bzw. aus Sicht des von ihr zitierten Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn.Kropik womöglich „betriebswirtschaftlich sinnvoll“ sein, KFZ-Kosten in die Personalgemeinkosten umzulagern; vergaberechtlich sei dies aber unzulässig, wenn die bestandsfesten Ausschreibungsunterlagen eigene Positionen für die Kalkulation vorsehen und vorgeben würden.

Das Angebot der Antragstellerin sei daher auch wegen fehlender Aufklärung auszuscheiden gewesen.

Vom Verwaltungsgericht Wien wurde am 28.7.2022 eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Die Verhandlung hatte folgenden Verlauf:

„Auf Nachfrage aus dem Senat, in wie fern die Festlegung, dass jeder Bieter den Zuschlag nur in drei Losen bekommen kann, für die Berechnung der Pauschalgebühren relevant ist, teilt die Auftraggeberin mit, dass es sich bei den diesbezüglichen Ausführungen um einen formalen Hinweis gehandelt hat. Das Vergabeverfahren wird jedenfalls im Oberschwellenbereich durchgeführt.

Festgehalten wird, dass Gegenstand des vorliegenden Vergabeverfahrens Fliesenlegerarbeiten sind. Die AST hat in allen 24 Losen angeboten. Die Angebote in allen 24 Losen sind ausgeschieden worden.

Die Fliesenlegerarbeiten umfassen einerseits die Neuverlegung von Fliesen in Gebäuden von Wiener Wohnen und andererseits Reparaturarbeiten. Verwendet werden in der Regel Standardfliesen (weiß 15 cm x 15 cm bzw. 20 cm x 20 cm im Bodenbereich). Diese sind bei den Bietern vorhanden bzw. leicht beschaffbar.

Im Fall, dass z.B. Badezimmer von den Mietern selbst umgestaltet wurden und der Fliesenbestand im Wesentlichen in Ordnung ist, jedoch Reparaturen erforderlich sind, müssen die beauftragten Bieter entsprechende von den Standardfliesen abweichende Fliesen beschaffen.

Erörtert wird der Ablauf des Vergabeverfahrens, wie er sich im Vergabeakt darstellt, insbesondere der Schriftverkehr zwischen AST und AG hinsichtlich der im K3-Blatt enthaltenen Personalgemeinkosten. Diese betragen xxx %. Sie liegen damit über den von der AG in der Musterkalkulation berechneten Personalgemeinkosten von xxx %.

Auf Nachfrage der AG und Ersuchen um detaillierte Aufschlüsselung und Aufklärung teilte die AST zunächst mit, dass sich die Höhe der Personalgemeinkosten mit der hohen Personalintensität für die Bearbeitung von Anfragen seitens Wiener Wohnen begründe.

Über weitere Aufforderung der AG wurden in der Folge die in den Personalgemeinkosten einkalkulierten Kosten und der entsprechende Prozentsatz bekannt gegeben.

Die AST bringt ergänzend vor, dass die AG zunächst eine Anfrage hinsichtlich der Baustellengemeinkosten gestellt habe und erst als ihr bekannt war, in wie fern dort Fahrtkosten einkalkuliert waren, eine neuerliche Anfrage betreffend die Fahrtkosten in den Personalgemeinkosten gestellt habe.

Abschließend forderte die AG die AST auf bekanntzugeben, welche Kosten und Fahrzeuge im Wert von xxx % in den Personalgemeinkosen berücksichtigt worden seien. Die AST teilte dazu mit, dass es sich bei den ausgeschriebenen Arbeiten Großteils um Ausbesserungen von Bestandsfliesen handle. Diese müssten besorgt werden. Dafür sei es erforderlich die Mitarbeiter mit Kleintransportern auszustatten bzw. die Mitarbeiter für die Verwendung ihres Privat-PKW zu entschädigen. Diese Kosten seien in den Personalgemeinkosten kalkuliert worden.

Die AST bringt auf die Frage, weshalb in ihrem Angebot die Fahrtkosten in der aus dem K3-Blatt ersichtlichen Höhe in den Personalgemeinkosten kalkuliert wurden, vor, dass es sich bei den Fahrtkosten um Gemeinkosten handle. Diese habe das Personal bei Erbringung der Leistung. Es verbrauche dabei Ressourcen, zu denen auch die Fahrzeuge gehören würden. Die Fahrtkosten seien daher an das Personal gebunden. Bei Leistungserbringung würden somit anteilig Gemeinkosten produziert. Es sei üblich derartige Kosten für Hilfsstoffe und Fahrzeuge im K3-Blatt umzulegen und nicht als Einzelkosten auszupreisen.

Es sei auch darauf hinzuweisen, dass im vorliegenden Vergabeverfahren das Preisaufschlags- und Nachlassverfahren anzuwenden sei. Dies bedeute unter anderem, dass die Kalkulation der Baustellengemeinkosten vorgegeben sei. So sei insbesondere vorgegeben, dass in den Baustellengemeinkosten die An- und Abfahrten zu kalkulieren seien. Die AST habe für die Obergruppe, die diese Kosten enthalte, einen Aufschlag angeboten. Ein Teil der Kosten für Fahrzeuge und Fahrten sei in den Personalgemeinkosten kalkuliert worden.

Aus dem Senat wird gefragt, nach welchen Kriterien die AST die Fahrtkosten teilweise zu den Baustellengemeinkosten und teilweise zu den Personalgemeinkosten aufgeteilt habe.

Der informierte Vertreter der AST erläutert dazu, dass an Hand der Musterkalkulation Ansätze für die Baustellengemeinkosten vorhanden waren, auf deren Grundlage ein Teil der Fahrtkosten einschließlich Fahrzeugkosten untergebracht werden konnte. Den Teil der Fahrtkosten einschließlich Fahrzeugkosten, den die AST an Hand der Ansätze der Musterkalkulation und der Möglichkeit, auf die Musterkalkulation in diesem Punkt einen Aufschlag vorzusehen, nicht habe unterbringen können, habe sie den Personalgemeinkosten zugeschlagen.

Ergänzend wird dazu vorgebracht, dass sich die oben angeführte Vorgangsweise sowohl auf die Kalkulation der Fahrtkosten, wie sie in Pos. 01.01 Z vorgesehen ist als auch auf Pos. 02.02 Z bezieht. Da beim Preisaufschlags- und Nachlassverfahren nur auf die Obergruppen Nachlässe gewährt bzw. Aufschläge verrechnet werden könnten, würde ein Aufschlag auf die Obergruppe, in der die Fahrtkosten im Rahmen der Baustellengemeinkosten zu kalkulieren seien, auch einen ungewollten Aufschlag auf die ebenfalls in dieser Obergruppe zu kalkulierende Position Mieterkoordination bedeuten, wenn man den Aufschlag so hoch gestalten wolle, wie er den tatsächlichen Kosten entspreche.

Die AG entgegnet, dass die Ausscheidensentscheidung auf Grund des Informationsstandes zum Zeitpunkt ihrer Erlassung erfolgt sei. Die AST habe in der heutigen Verhandlung wesentlich umfangreichere Ausführungen gemacht, als dies auf ihre Nachfragen im Vergabeverfahren hin erfolgt sei.

Die Ausschreibungsunterlagen seien bestandsfest. Die AST habe diesbezüglich keine Anfragen gestellt und sie auch nicht angefochten. Im Leistungsverzeichnis sei eindeutig festgelegt, wo die Fahrtkosten zu kalkulieren seien. Dies gelte auch für die Beschaffung von Fliesen in Sonderformaten.

Aus Sicht der AG wäre es kein Problem gewesen, wenn die AST die bei ihrer Kalkulation herausgefundenen Kosten für An- und Abfahrten bzw. Fahrzeuge dort kalkuliert hätte, wo sie aufgetreten sind. Sie hätte auf die entsprechende Obergruppe der Baustellengemeinkosten einen entsprechenden Aufschlag anbieten können. Dass dieser Aufschlag sich auch auf andere in dieser Obergruppe enthaltene Positionen bezogen hätte, liege im System des Preisaufschlags- und Preisnachlassverfahrens. Wenn Nachlässe und Aufschläge nur auf Obergruppenebene zulässig seien, würden diese immer alle Positionen in der jeweiligen Obergruppe betreffen. Dies würde sich insgesamt wieder ausgleichen. Die AST hätte weiters die Möglichkeit gehabt, eine Anfrage zur Musterkalkulation zu stellen und auf aus ihrer Sicht unzureichende Verrechnungsmöglichkeiten für Kosten im Zusammenhang mit Fahrzeugen und Ab- und Anlieferungen hinzuweisen.

Auf Frage aus dem Senat, ob die von der AST vorgenommene Verlagerung eines Teils der Fahrtkosten auf die Personalgemeinkosten praktische Auswirkungen auf die Angebotsbewertung und auf das Ergebnis etwaiger Preisumrechnungen haben könne, legt die AG dar:

Praktische Auswirkungen auf die Ergebnisse der Preisumrechnung könne es insoweit geben, als die Fahrtkosten, soweit sie auf die Personalgemeinkosten umgelegt sind, in jeder Arbeitsstunde als Zuschlag enthalten sind, auch wenn für die betreffenden Arbeitsstunden keinerlei Fahrten anfallen. Im Gegenzug sind sie insoweit in den Baustellengemeinkosten nicht enthalten. Auch bei der Angebotsbewertung könnten Unterschiede auftreten, weil sich der Angebotspreis einerseits dadurch verringere, dass der Aufschlag auf die Baustellengemeinkosten geringer ausfällt. Andererseits wird der Angebotspreis durch den höheren Zuschlag für Personalgemeinkosten wiederum erhöht. Ob sich das genau 1 zu 1 ausgleiche, könne nicht gesagt werden.

Zu beachten sei auch, dass es sich gegenständlich um einen Rahmenvertrag handle und daher die endgültigen Mengen nicht 100%ig feststehen würden.

Die AST hält dem entgegen, dass sich das wechselweise ausgleichen würde. Die Baustellengemeinkosten würden dadurch zwar geringer ausfallen, im gleichen Masse aber die Personalgemeinkosen höher werden. Außerdem würde durch diese Kostenverlagerung auf Personalgemeinkosten bereits deswegen kein anderer Bieter benachteiligt werden, weil die AST mit ihrer Kalkulation das teuerste Angebot gelegt habe und überall Letzter sei.

Die AG bringt vor, dass Angebote, in denen Fahrtkosten, anders als in der Ausschreibung vorgesehen, in den Personalgemeinkosten einkalkuliert würden, schlussendlich nicht vergleichbar seien.

Es treffe nicht zu, dass die Angebote der AST keinesfalls für den Zuschlag in Frage gekommen wären, weil sie nicht die Billigsten waren. Dies liege an der Systematik, wonach jeder Bieter nur drei Lose bekommen könne. Wenn vorgereihte Bieter jeweils die für sie möglichen drei Lose erhalten hätten und noch Lose übrig seien, sei es möglich, dass diese auch an teurere Bieter vergeben würden. Dies wäre im vorliegenden Fall hinsichtlich der Angebote der AST der Fall gewesen, wären die Angebote nicht ausgeschieden worden.

Im Übrigen werde darauf hingewiesen, dass bei Vorliegen eines ausschreibungswidrigen Angebotes dieses ausgeschieden werde müsse.

Aus Frage aus dem Senat teilt die AG mit, dass eine Zuordnung der Fahrtkosten z.B. bei Besorgung von Sonderformaten laut Ausschreibung nicht zu den einzelnen Leistungen zu erfolgen hatte. Diese Fahrtkosten wurden herausgelöst und sind als Gemeinkosten bei den Baustellengemeinkosten zu kalkulieren. Um auch die Kosten kalkulieren zu können, die zusätzlich entstehen, wenn Sonderformate beschafft werden müssen, wurde die Position 02.02 Z in das Leistungsverzeichnis aufgenommen. Hingewiesen wird darauf, dass in den Baustellengemeinkosten unter Punkt 3. auch für den Fall vorgesorgt ist, dass der Auftragsempfänger leistungsbereit zu einer bewohnten Wohnung fährt, die Bewohner aber nicht zu Hause sind und eine neuerliche An- und Abfahrt erforderlich ist.

Die AST ergänzt, dass jeder Bieter einen Preis zu einer konkreten Leistungsposition abgebe. Die Kalkulation ändere nichts an der Leistungsbeschreibung. Die Abrechnung erfolge entsprechend der im Leistungsverzeichnis vorgesehenen Positionen.

Im Übrigen gebe es neben den Fahrzeuggemeinkosten auch andere Gemeinkosten z.B. für das Bauleitungspersonal. Diese müssten nach der Argumentation der AG ebenfalls in die Baustellengemeinkosten einkalkuliert werden. Dies habe die AG bei ihrer Musterkalkulation selbst nicht gemacht. Daraus gehe hervor, dass die Umlage derartiger Kosten über den Mittellohnpreis üblich sei.

(…)

Die AST verweist auf das Vorbringen im Nachprüfungsantrag und stellt fest, dass in der ÖNORM 2061, die laut Ausschreibung der Kalkulation zu Grunde zu legen war, angeführt wird, was unter den Personalgemeinkosten kalkuliert werden kann (personenbezogene Nebenkosten). Dort werden ausdrücklich auch Kosten für einen PKW angeführt. Verwiesen werde auch auf die Broschüre der Wirtschaftskammer über das Ausfüllen von K3-Blättern.

Die AG hält fest, dass unbestritten sei, dass nach der ÖNORM 2061 verschiedene Kalkulationsansätze für die Fahrtkosten möglich seien. In der Ausschreibung sei aber festgehalten, wie die Angebote im vorliegenden Fall kalkuliert werden sollen. Die ÖNORM sage selbst aus, dass die dort vorgesehenen Möglichkeiten nur anzuwenden seien, wenn nichts Anderes festgelegt sei. Eine solche Festlegung sei in der Position 01.01 erfolgt.

Die AST ergänzt, dass das Angebot der AST nicht ausschreibungswidrig sei. Die AST habe genau das angeboten, was ausgeschrieben sei. Sie habe nur teilweise anders kalkuliert als vorgesehen.

Die AG teilt mit, dass die Ausscheidensentscheidung erfolgt sei, da aus ihrer Sicht das Angebot der AST ausschreibungswidrig kalkuliert worden sei. Weiters habe das Angebot keine plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises aufgewiesen. Wenn sich die Ausscheidensentscheidung auch darauf bezogen hätte, dass nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden sei, so habe sich dies auf andere Punkte bezogen. Die Aufklärung zu den Fahrtkosten sei der AG als ausreichend erschienen. Es habe sich klar herausgestellt, dass es sich um eine unzulässige Umlagerung gehandelt habe.

Die AST legt Ausführungen des informierten Vertreters zum Akt (Beilage ./A) und führt aus, dass darin neben den bereits besprochenen Punkten Ausführungen zur Höhe der kalkulierten Fahrtkosten bzw. deren Plausibilität enthalten seien.

Ein Exemplar wird der AG übergeben. Diese führt aus, dass ausscheidensgegenständlich die Umlagerung der Fahrtkosten und nicht die Plausibilität des Gesamtpreises gewesen sei. Auf die diesbezüglichen Ausführungen in der vorgelegten Unterlage müsse daher nicht näher eingegangen werden.“

Mit Schriftsatz vom 11.8.2022 stellte die Antragstellerin einen Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG.

Aufgrund des Inhalts des Vergabeaktes, der Schriftsätze, die jeweils der anderen Partei zur Kenntnis gebracht wurden, und des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

Die Auftraggeberin führt ein Vergabeverfahren „Rahmenvertrag für Fliesenlegerarbeiten in den Objekten der Stadt Wien-Wiener Wohnen“ für die Bezirke 1-23 in 24 Losen. Es handelt sich dabei um ein offenes Verfahren im Oberschwellenbereich (Bauauftrag). Bieter können laut den Ausschreibungsunterlagen (Verfahrensbestimmungen für Rahmenverträge betreffend Fliesenlegerarbeiten in den Objekten der Stadt Wien-Wiener Wohnen) für maximal drei Lose den Zuschlag erhalten. Der Zuschlag sollte nach dem Bestbieterprinzip erfolgen (geringster Preis und Verlängerung der Gewährleistungsdauer).

Die Ausschreibung erfolgte nach dem Preisaufschlags- und Preisnachlassverfahren. Aufschläge sind nur auf Obergruppenebene möglich. Das Leistungsverzeichnis sieht acht Obergruppen vor, darunter auch OG 01, die Baustellengemeinkosten und Bieterkoordination umfasst.

Die A. Gesellschaft m.b.H. (in der Folge: Antragstellerin) hat in allen Losen ein Angebot gelegt.

Im Leistungsverzeichnis ist zu den Baustellengemeinkosten Folgendes festgelegt:

„[…]

01.01    Z Baustellengemeinkosten

Die Positionen umfassen alle einmaligen und zeitgebundenen Baustellen-gemeinkosten sowie sonstige Aufwände, die für die Leistungserbringung des Auftragnehmers erforderlich sind, sofern dafür keine gesonderten Positionen im Leistungsverzeichnis vorhanden sind. Die Position umfasst auch alle Vorbereitungsarbeiten des Auftragnehmers (z.B. Besichtigung der Arbeitsstelle vor Leistungsbeginn, Arbeitsvorbereitung) sowie die Kosten für An- und Abfahrt.

Die Baustellengemeinkosten werden als Pauschale ohne Unterschied des Bezirkes, der Wohnhaus- oder Siedlungsanlage, der Lage der Stiegenhäuser oder der Geschoße, je Bestellung unabhängig von der Preisart, der Leistung und ob es sich um eine geplante Leistung oder ein Gebrechen handelt, vergütet. Grundsätzlich wird bei jeder Bestellung eine Baustellengemeinkosten-Pauschale in Abhängigkeit der Abrechnungssumme vergütet.

[…]

Ausnahmen: […]

3.) Sollte aus Gründen, die nicht der Auftragnehmer zu vertreten hat, eine mehrfache An- und Abfahrt erforderlich sein, wird unabhängig von der Abrechnungssumme zusätzlich zur Baustellengemeinkosten-Pauschale die Position OG 01 Pos. 01.0101A Z je zusätzlicher An- und Abfahrt vergütet.

Festlegung der zur Vergütung gelangenden Baustellengemeinkosten-Position:

Die Vergütung der Baustellengemeinkosten erfolgt gestaffelt nach Bemessungsgrundlagen in Pauschalen.

Die Bemessungsgrundlage wird aus der Abrechnungssumme (ohne Ust.) der anerkannten Leistungspositionen einer Bestellung ermittelt. Werden für die Leistungserbringung Regieleistungen angeordnet, werden diese in anerkannter Höhe zur Bemessungsgrundlage hinzugerechnet. Die Positionen der OG 01 bleiben für die Berechnung der Bemessungsgrundlage unberücksichtigt.

Wird die Leistung ausschließlich in Regie vergütet, kommt jene Baustellengemeinkosten-Position zur Vergütung, deren Bemessungsgrundlage der Abrechnungssumme der anerkannten Regieleistung entspricht.

Bei Verträgen zu veränderlichen Preisen wird die Abrechnungssumme ohne Preisanpassung als Bemessungsgrundlage herangezogen.

01.0101 Z Baustellengemeinkosten

01.0101A Z Baustellengemeinkosten bis EUR 500,-- 1,00 PA LT:01

Diese Position wird bei einer Bemessungsgrundlage bis EUR 500,-- abgerechnet.

01.0101B Z Baustellengemeinkosten über EUR 500,-- bis EUR 1.000,-- 1,00 PA LT:01

Diese Position wird bei einer Bemessungsgrundlage über EUR 500,-- bis EUR 1.000,-- abgerechnet.

01.0101C Z Baustellengemeinkosten über EUR 1.000,-- bis EUR 2.500,-- 1,00 PA LT:01

Diese Position wird bei einer Bemessungsgrundlage über EUR 1.000,-- bis EUR 2.500,-- abgerechnet.

01.0101D Z Baustellengemeinkosten über EUR 2.500,-- bis EUR 5.000,-- 1,00 PA LT:01

Diese Position wird bei einer Bemessungsgrundlage über EUR 2.500,-- bis EUR 5.000,-- abgerechnet.

[…]

01.0202 Z Aufwandsersatz Beschaffung Fliesen in Sonderformaten

1,00 PA LT:01

Für alle Ergänzungs- und Reparaturarbeiten (vgl. OG 06) sind grundsätzlich jene Fliesen zu verwenden, für welche Materialpreise im vorliegenden LV enthalten sind (Standardfarben).

Nur wenn Reparaturarbeiten (Arbeiten in Teilflächen) bestellt werden (siehe dazu Position OG 06 24.6001Z - Pkt. 4), werden Fliesen in Sonderfarben verwendet, wenn dies zur Anpassung der neuen Teilflächen an den Bestand erforderlich ist. In diesen Fällen erhält der Auftragnehmer über die nachfolgende Position gesonderte Vergütung für die Besorgung von Fliesen in Sonderfarben.

Die Position umfasst sämtliche Aufwände zur Besorgung von zum Bestand passenden Fliesen (in Sonderfarben oder Sonderformaten), insbesondere die Aufwände zur Besichtigung des Bestandes, der Bestellung, Abholung und Anlieferung bis zur Einbaustelle. Die Materialkosten der Fliesen in Sonderfarben werden gesondert, nach Position OG 07 24.9051, vergütet.

Die Position kommt nur zur Anwendung, wenn vom Auftragnehmer zur Abwicklung einer Bestellung zum Bestand passende Fliesen in Sonderfarben / Sonderformaten besorgt werden müssen. Sind andere Materialien in Sonderfarben (Abschlussschienen, Fugenmörtel, Silikon udgl.) zu besorgen, wird diese Position nicht vergütet.

Die Position wird je Einzelbestellung ein Mal abgerechnet. Sie umfasst somit auch die Aufwände zur Besorgung mehrerer Fliesentypen, sofern diese zur vollständigen Abwicklung der von der Bestellung umfassten Leistungen erforderlich sind (z.B. mehrere Fliesen in unterschiedlichen Sonderfarben).“

Die anzubietenden Leistungen umfassen u.a. die Verlegung von Standardfliesen in der Farbe Weiß und einer Größe von 15 cm x 15 cm bzw. 20 cm x 20 cm (Boden) in Gebäuden der Auftraggeberin, in denen noch keine Fliesen verlegt sind bzw. die vorhandenen Fliesen völlig entfernt werden. Dieses Fliesenformat ist den Auftragnehmern aus der Ausschreibung bekannt und kann vorgehalten werden. Weiters umfassen sie die eigenständige Beschaffung und die Verlegung von Fliesen in Sonderformaten dort, wo bereits von den Standardfliesen abweichende Fliesen angebracht sind, die weiterverwendet werden können und nur durch dazu passende Fliesen ausgebessert werden müssen.

Von der Auftraggeberin wurde eine Musterkalkulation angefertigt, die als Grundlage für die angebotenen Aufschläge und Nachlässe heranzuziehen ist. Die Ausschreibung wurde bestandsfest.

Die Angebotsprüfung betreffend das Angebot der Antragstellerin hat ergeben, dass der im Kalkulationsblatt angeführte Wert für Personalgemeinkosten (xxx%) im Vergleich zur Vorgabekalkulation (xxx%) auffallend hoch war. Mit Schreiben vom 1.4.2022 wurde die Antragstellerin darauf aufmerksam gemacht und aufgefordert, u.a. den im Formblatt K3 – Regielohnpreis Helfer, Regielohnpreis Facharbeiter unter 12b Zeile 16 „Personalgemeinkosten“ festgehaltenen Wert von xxx% detailliert aufzuschlüsseln und die in diesem Wert einkalkulierten Kosten aufzuklären.

Mit Schreiben vom 8.4.2022 teilte die Antragstellerin mit, dass die Personalgemeinkosten laut K3 Blatt Zeile Personalgemeinkosten von ihr aufgrund der hohen Personalintensität für Bearbeitung von Anfragen seitens Wiener Wohnen mit xxx % kalkuliert worden seien.

Mit Schreiben vom 21.4.2022 machte die Auftraggeberin die Antragstellerin darauf aufmerksam, dass die geforderte detaillierte Aufschlüsselung des kalkulierten Wertes nicht übermittelt worden sei und ersuchte erneut um detaillierte Aufschlüsselung des kalkulierten Wertes.

Die Antragstellerin übermittelte am 28.04.2022 eine Aufstellung der Personalgemeinkosten ohne weitere Aufklärung.

Die Auftraggeberin machte die Antragstellerin mit Schreiben vom 11.5.2022 darauf aufmerksam, dass zwar die einzelnen Kosten für die Zusammensetzung der „Personalgemeinkosten“, jedoch nicht eine detaillierte Aufschlüsselung des kalkulierten Wertes übermittelt worden sei. Die Auftraggeberin ersuchte um prozentuelle Aufschlüsselung, wie sich der Prozentsatz von xxx% zusammensetzt.

Die Antragstellerin übermittelte am 18.5.2022 folgende Tabelle:

Personalgemeinkosten (Grafik)

Über Aufforderung der Antragsgegnerin am 19.5.2022 zur Aufklärung, welche Kosten und Fahrzeuge im Wert von xxx % berücksichtigt wurden, hat die Antragstellerin am 23.05.2022 bekanntgegeben, dass es sich bei den ausgeschriebenen Arbeiten großteils um Ausbesserungen von Bestandsfliesen handle. Diese müssten besorgt werden, eventuell bei 1 - 3 Großhändlern. Für diese flexible Materialbesorgung müssten die Mitarbeiter mit Kleintransportern ausgestattet oder, wenn sie mit dem Privat-PKW Material besorgen, dementsprechend entschädigt werden. Diese Kosten müssten natürlich kalkuliert werden und ergäben daher den angeführten Wert.

Die Antragstellerin hat die von der Auftraggeberin hinterfragte Kalkulation der Fahrtkosten dem Angebot hinsichtlich aller Lose zugrunde gelegt.

Mit der Ausscheidensentscheidung vom 8.6.2022 wurde das Angebot der Antragstellerin in allen Losen ausgeschieden. Die Begründung lautete:

„Dazu teilen wir mit, dass für die „Fahrtkosten“ eigene Positionen (01 01.0101A-D Baustellengemeinkosten) im Leistungsverzeichnis ausgeschrieben wurden. Eine Verlagerung von Kosten, für die eigene Positionen im Leistungsverzeichnis vorhanden sind, ist unzulässig und steht im Widerspruch zu den Ausschreibungsunterlagen.

In diesem Zusammenhang ist in den von Ihnen am 18.05.2022 übermittelten Formblatt K7 für die Position 01 01.0101A „Baustellengemeinkosten bis EUR 500,--“ ersichtlich, dass Sie KFZ Kosten (Lieferwagen, Diesel) in Ihrer Kalkulation berücksichtigt haben. Aus den oben dargestellten Punkten ist ersichtlich, dass die KFZ Kosten für die An- und Abfahrt korrekterweise bereits in den dafür vorgesehenen Positionen der Gemeinkosten im Formblatt K7 kalkuliert wurden. Zusätzlich wurden diese jedoch im Formblatt K3 in der Zeile 16 „Personalgemeinkosten“ als „Fahrtkosten“ kalkuliert. Dies stellt eine unzulässige Umlage von Kosten dar bzw. wurden KFZ Kosten für An- und Abfahrt doppelt kalkuliert.

Aus dem oben genannten Grund ist Ihr Angebot gemäß § 141 Abs. 1 Z. 7 BVergG 2018 zwingend auszuscheiden, da es sich um ein den Ausschreibungsbestimmungen bzw. Ausschreibungsunterlagen widersprechendes Angebot handelt. Des Weiteren ist Ihr Angebot durch eine im Rahmen der vertieften Angebotsprüfung festgestellte – nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises – gemäß § 141 Abs. 1 Z. 3 BVergG 2018 und § 141 Abs. 2 zwingend auszuscheiden. […]“

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien teilte die Antragstellerin zur Frage, wieso sie Fahrtkosten einschließlich Fahrzeugkosten teilweise in die Baustellengemeinkosten und teilweise in die Personalkosten eingerechnet habe und nach welchen Kriterien dies erfolgt sei, zusammengefasst Folgendes mit:

Man habe sich an den Ansätzen der Musterkalkulation orientiert. Den Teil der Fahrtkosten einschließlich Fahrzeugkosten, den die Antragstellerin an Hand der Ansätze der Musterkalkulation und der Möglichkeit, auf die Musterkalkulation in diesem Punkt einen Aufschlag vorzusehen, nicht habe unterbringen können, habe sie den Personalgemeinkosten zugeschlagen. Da es sich gegenständlich um ein Preisaufschlag- und –nachlassverfahren handle, bei dem Aufschläge und Nachlässe nur auf Obergruppenebene möglich seien, hätte der Aufschlag der Fahrtkosten der Antragstellerin, wie sie den tatsächlichen Kosten entsprechen, auf die Obergruppe 01, auch einen ungewollten Aufschlag auf die ebenfalls in dieser Obergruppe zu kalkulierende Position Mieterkoordination bedeutet. Man habe daher einen Teil dieser Kosten in die Personalgemeinkosten einkalkuliert, was nach der ÖNORM B-2061 ebenfalls zulässig sei.

Die Angebote der Antragstellerin waren in allen Losen an letzter Stelle gereiht, weil sie am teuersten waren. Nachdem die Ausschreibung jedoch vorsah, dass jeder Bieter den Zuschlag nur für maximal drei Lose erhalten könne, und dadurch auch vorgereihte Bietern nach Erhalt des Zuschlags in drei Losen keine weiteren Lose mehr erhalten konnten, hätte die Antragstellerin bei Vorliegen der Zuschlagsvoraussetzungen den Zuschlag für solche „Restlose“ erhalten können, wenn ihre Angebote nicht ausgeschieden worden wären.

In rechtlicher Hinsicht ist Folgendes festzuhalten:

Gemäß § 8 Abs. 1 und 2 WVRG 2020 entscheidet das Verwaltungsgericht Wien nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Hauptstückes über Anträge zur Durchführung von Nichtigerklärungsverfahren (2. Abschnitt), zur Erlassung einstweiliger Verfügungen (3. Abschnitt) und zur Durchführung von Feststellungsverfahren (4. Abschnitt). Derartige Anträge sind unmittelbar beim Verwaltungsgericht Wien einzubringen.

(2) Bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zur Widerrufserklärung eines Vergabeverfahrens ist das Verwaltungsgericht Wien zum Zwecke der Beseitigung von Verstößen gegen das BVergG 2018, das BVergGKonz 2018, das BVergGVS 2012 oder die hierzu ergangenen Verordnungen oder wegen eines Verstoßes gegen unmittelbar anwendbares Unionsrecht zuständig

1. zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie

2. zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen der Auftraggeberin oder des Auftraggebers im Rahmen der von der Antragstellerin oder vom Antragsteller geltend gemachten Beschwerdepunkte.

Gemäß § 18 Abs. 1 WVRG 2020 kann eine Unternehmerin oder ein Unternehmer bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zur Widerrufserklärung die Nichtigerklärung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung der Auftraggeberin oder des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern

1. sie oder er ein Interesse am Abschluss eines Vertrages behauptet, dessen Nachprüfung gemäß § 1 dieses Landesgesetzes in den Vollziehungsbereich des Landes Wien fällt, und

2. ihr oder ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

Gemäß § 25 Abs. 1 WVRG 2020 hat das Verwaltungsgericht Wien auf Antrag einer Unternehmerin oder eines Unternehmers, der oder dem die Antragsvoraussetzungen nach § 18 nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen der Antragstellerin oder des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.

Gemäß § 20 Abs. 1 BVergG 2018 sind Vergabeverfahren nach einem in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Verfahren, unter Beachtung der unionsrechtlichen Grundsätze wie insbesondere der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter, der Nichtdiskriminierung, der Verhältnismäßigkeit, der Transparenz sowie des freien und lauteren Wettbewerbes und unter Wahrung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit durchzuführen. Die Vergabe hat an befugte, leistungsfähige und zuverlässige (geeignete) Unternehmer zu angemessenen Preisen zu erfolgen.

Gemäß § 137 BVergG 2018 ist die Angemessenheit der Preise in Bezug auf die ausgeschriebene oder alternativ angebotene Leistung und unter Berücksichtigung aller Umstände, unter denen sie zu erbringen sein wird, zu prüfen. Dabei ist von vergleichbaren Erfahrungswerten, von sonst vorliegenden Unterlagen und von den jeweils relevanten Marktverhältnissen auszugehen.

(2) Der öffentliche Auftraggeber muss Aufklärung über die Positionen des Angebotes verlangen und gemäß Abs. 3 vertieft prüfen, wenn

1. Angebote einen im Verhältnis zur Leistung ungewöhnlich niedrigen Gesamtpreis aufweisen, oder

2. Angebote zu hohe oder zu niedrige Einheitspreise in wesentlichen Positionen aufweisen, oder

3. nach der Prüfung gemäß Abs. 1 begründete Zweifel an der Angemessenheit von Preisen bestehen.

(3) Bei einer vertieften Angebotsprüfung ist zu prüfen, ob die Preise betriebswirtschaftlich erklär- und nachvollziehbar sind. Geprüft werden kann insbesondere, ob

1. im Preis von Positionen alle direkt zuordenbaren Personal-, Material-, Geräte-, Fremdleistungs- und Kapitalkosten enthalten sind und ob die Aufwands- und Verbrauchsansätze sowie die Personalkosten, diese insbesondere im Hinblick auf die dem Angebot zugrunde gelegten Kollektivverträge, nachvollziehbar sind,

2. der Einheitspreis (Pauschalpreis, Regiepreis) für höherwertige Leistungen grundsätzlich höher angeboten wurde als für geringerwertige Leistungen, und

3. die gemäß § 105 Abs. 2 geforderte oder vom Bieter gemäß § 128 Abs. 2 vorgenommene Aufgliederung der Preise oder des Gesamtpreises (insbesondere der Lohnanteile) aus der Erfahrung erklärbar ist.

Ergeben sich bei der Prüfung der Angebote Unklarheiten über das Angebot oder über die geplante Art der Durchführung der Leistung oder werden Mängel festgestellt, so ist gemäß § 138 Abs. 1 BVergG 2018, sofern die Unklarheiten für die Beurteilung der Angebote von Bedeutung sind, vom Bieter eine verbindliche Aufklärung zu verlangen. Die vom Bieter übermittelten Auskünfte bzw. die vom Bieter allenfalls vorgelegten Nachweise sind der Dokumentation über die Prüfung der Angebote beizuschließen.

(2) Die durch die erfolgte Aufklärung allenfalls veranlasste weitere Vorgangsweise darf die Grundsätze der §§ 20 Abs. 1, 112 Abs. 3, 113 Abs. 2 und 139 nicht verletzen.

Gemäß § 141 Abs. 1 BVergG 2018 hat der öffentliche Auftraggeber vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung aufgrund des Ergebnisses der Prüfung u.a. folgende Angebote auszuscheiden:

(…)

3. Angebote, die eine – durch eine vertiefte Angebotsprüfung festgestellte – nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises (zB spekulative Preisgestaltung) aufweisen,

(…)

7. den Ausschreibungsbestimmungen widersprechende Angebote (…).

(2) Vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung kann der öffentliche Auftraggeber Angebote von Bietern ausscheiden, die es unterlassen haben, innerhalb der ihnen gestellten Frist die verlangten Aufklärungen zu geben oder deren Aufklärungen einer nachvollziehbaren Begründung entbehren.

Im vorliegenden Fall wurde Folgendes erwogen:

Die Antragstellerin hat in ihrem Nachprüfungsantrag ihr Interesse am Vertragsabschluss und den ihr durch die angefochtene Entscheidung drohenden Schaden nachvollziehbar dargestellt und die Pauschalgebühren entrichtet.

Es handelt sich gegenständlich um einen Rahmenvertrag für Fliesenlegerarbeiten. Anzubieten war im Preisaufschlag- und Preisnachlassverfahren. Die Antragstellerin hat in allen Losen angeboten. Die Auftraggeberin hat das Angebot der Antragstellerin geprüft. Dabei ist aufgefallen, dass die Antragstellerin laut K3-Blatt Personalgemeinkosten in der Höhe von xxx % verrechnet hat. Da dieser Prozentsatz die Personalgemeinkosten laut Musterkalkulation von xxx % wesentlich überstieg, hat die Antragsgegnerin die Antragstellerin mit Schreiben vom 1.4.2022 zur detaillierten Aufschlüsselung und Aufklärung der dort einkalkulierten Kosten aufgefordert.

Dieses Aufklärungsersuchen erfolgte zu Recht, da die Auftraggeberin im Leistungsverzeichnis der bestandsfesten Ausschreibung in Position 01.01 Z klar und eindeutig festgelegt hat, dass die Kosten für An- und Abfahrt (für die Verlegung von Standardfliesen) nur als Baustellengemeinkosten zu kalkulieren sind. Unbeachtlich ist daher, ob derartige Fahrtkosten nach der ÖNORM B 2061 grundsätzlich auch als Personalgemeinkosten kalkuliert werden könnten.

Eine Sonderregelung (Ausnahme 3.) existiert im gegenständlichen Leistungsverzeichnis für den Fall, dass aus Gründen, die nicht der Auftragnehmer zu vertreten hat, eine mehrfache An- und Abfahrt erforderlich ist (z.B. weil der Mieter der Wohnung, in der die Arbeiten durchgeführt werden so

Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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