TE OGH 2022/1/25 1Ob242/21a

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Veröffentlicht am 25.01.2022
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der Antragsteller 1. M* L* und 2. M* L*, vertreten durch die Dr. Schartner Rechtsanwalt GmbH, Altenmarkt, gegen den Antragsgegner C* G*, vertreten durch Dr. Reinfried Eberl und andere Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Regelung der Ausübung eines Wasserschöpfrechts, über den Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 17. November 2021, GZ 53 R 180/21h-25, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts St. Johann im Pongau vom 30. Juli 2021, GZ 2 Nc 6/20z-20, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller sind schuldig, dem Antragsgegner die mit 1.119,44 EUR (darin enthalten 186,57 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

[1]       Die Parteien sind Eigentümer verschiedener Grundstücke, zu deren Gunsten jeweils die Dienstbarkeit des Wasserschöpfrechts im Hinblick auf eine bestimmte Quelle (samt Quellfassung und Wasserleitung) besteht, die sich auf einer Liegenschaft Dritter befindet. Der Antragsgegner hat – ohne die Einwilligung der Antragsteller einzuholen – die Quellfassung erneuert und die zwei Wasseranschlüsse in einem größeren Höhenabstand zueinander anbringen lassen, als dies vorher der Fall war.

[2]       Das Erstgericht wies sowohl das Hauptbegehren als auch das erste Eventualbegehren, mit dem die Antragsteller jeweils ausgehend von einer bestimmten Benützungsvereinbarung einen Durchmesser ihrer Ableitung von 1 Zoll und die Anbringung ihres Wasseranschlusses am Quellsammelbehälter lediglich 12 cm über der Ableitung des Antragsgegners mit einem Durchmesser von gleichfalls 1 Zoll anstreben, und auch die mit dem zweiten Eventualbegehren beantragte gerichtliche Benützungsregelung in diesem Sinn ab.

[3]       Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsteller nicht Folge. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR nicht übersteige, und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil zu einer vertraglichen Benützungsvereinbarung bei einem Wasserbezugsrecht, zu den Voraussetzungen einer „gerichtlichen Benützungsvereinbarung“ bei einer „Wasserschöpfgemeinschaft“ wie auch zur Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen das schlüssige Eintreten in eine Benützungsvereinbarung betreffend ein gemeinsames Wasserbezugsrecht erfolge, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bestehe.

[4]       Der dagegen erhobene Revisionsrekurs der Antragsteller ist entgegen dem nach § 71 Abs 1 AußStrG nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig, weil darin keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG angesprochen wird. Die Zurückweisung des ordentlichen Revisionsrekurses mangels Erörterung einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Rechtliche Beurteilung

[5]       1. Die Auslegung einer vertraglichen Vereinbarung hat stets unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu erfolgen und könnte nur dann eine erhebliche Rechtsfrage begründen, wenn der zweiten Instanz – anders als hier – eine Fehlbeurteilung unterlaufen wäre (RIS-Justiz RS0042776; RS0042936). Dies gilt auch für eine Benützungsvereinbarung (5 Ob 255/09z; 4 Ob 93/18g).

[6]       1.2. Die Antragsteller gehen selbst davon aus, dass sie als grundbücherliche Rechtsnachfolger in die zwischen ihrem Rechtsvorgänger und dem Antragsgegner getroffene Benützungsvereinbarung eingetreten sind. Nach dieser sollte der Wasseranschluss des Antragsgegners im Quellsammelbehälter unter dem Anschluss des Rechtsvorgängers der Antragsteller liegen, um die Trinkwasserversorgung für dessen Wohnobjekt vorrangig sicherzustellen. Ein bestimmter Abstand der Anschlüsse wurde nicht vereinbart. Die Errichtung der Anschlüsse im ursprünglichen Quellsammelbehälter erfolgte in einem Höhenabstand von ungefähr 12 cm, der in der Folge von den Parteien akzeptiert wurde. Da der ursprüngliche Quellsammelbehälter defekt war und Wasser verlor, führte der Antragsgegner 2018 (ohne Einverständnis der Antragsteller) die erforderliche Erneuerung des Quellsammelbehälters durch. Die Situierung der Anschlüsse ist darin höher als im früheren Quellsammelbehälter und die Ableitungen weisen nunmehr einen Abstand von 46,5 cm zueinander auf. Während der Antragsgegner das Wasser zur Trinkwasserversorgung seiner Liegenschaft benötigt, verwenden es die Antragsteller nicht zur Trinkwasserversorgung ihres Hauses, sondern zur Befüllung eines Brunnentrogs, eines Wassertanks und ihres Pools. Aufgrund des nunmehr größeren Quellsammelbehälters steht den Antragstellern trotz des erhöhten Abstands der beiden Abläufe eine größere Wassermenge zur Verfügung als dies vor 2018 der Fall war. Sobald und solange der Wasserstand im Behälter die Höhe ihres Ablaufs erreicht, fließt ihnen Wasser zu. Das aus ihrem Brunnentrog nicht entnommene Wasser fließt in den nahegelegenen Bach.

[7]       1.3. Das Rekursgericht wies das Hauptbegehren und das erste Eventualbegehren mit der Begründung ab, ein Durchmesser von 1 Zoll für die Bewässerung des Grundstücks der Antragsteller entspreche nicht der vertraglichen Benützungsvereinbarung. Eine größere Dimensionierung des Wasseranschlusses hätte einen deutlich größeren Zufluss zu ihrem Laufbrunnen zur Folge; damit würde nutzlos nur mehr Quellwasser in den nahe gelegenen Bach abgeleitet. Der frühere gemeinsame „Wasserpuffer“ habe 250 Liter betragen. Dieser sei ab 2018 sogar größer geworden. Der Umfang des Wasserbezugs für die Liegenschaft der Antragsteller sei nicht zu ihrem Nachteil verändert worden. Die Abflussleistungen hätten sich für sie nicht geändert. Aufgrund des größeren Quellsammelbehälters stehe ihnen sogar eine wesentlich größere Wassermenge im Vergleich zum früheren Quellsammelbehälter zur Verfügung.

[8]       Die Beurteilung des Rekursgerichts, dass das Hauptbegehren und das erste Eventualbegehren deshalb nicht berechtigt seien, weil keine Benützungsvereinbarung mit dem von den Antragstellern gewünschten Inhalt bestehe, ist nicht korrekturbedürftig.

[9]            1.4. Welchen substantiellen Nachteil die Antragsteller durch die neue Quellfassung erleiden, vermögen sie nicht darzulegen. Auf ein bestimmtes „Bezugsverhältnis“ des Quellwassers, das sich aus einem Abstand der beiden Wasserableitungen von 12 cm ergeben soll, haben sie weder einen vertraglichen Anspruch, noch zeigen sie dafür eine gesetzliche Grundlage auf. Der seinerzeit – wie die Revisionsrekurswerber zugestehen – nicht bewusst gewählte Höhenabstand der Ableitungen ist keineswegs Selbstzweck. Welches konkrete „Aufteilungsverhältnis“ ihnen erhalten bleiben soll, führen sie nicht näher aus.

[10]           Zu ihrer (im Kern zutreffenden) Ansicht, es müsse weiterhin ihr Wasserbezug gesichert sein, legen sie konkret allein die Befürchtung dar, der Antragsgegner könne durch sein Verhalten ihre Mitbenutzung „einfachst unterbinden“. Diese Gefahr hat sich aber durch die vorgenommene Veränderung nicht erhöht, wären die Antragsteller doch auch schon bisher vom Wasserbezug ausgeschlossen gewesen, wenn ihr Gegner seinen (niedriger angesetzten) Wasserzulauf ständig geöffnet hätte. Warum solches nunmehr zu erwarten sein sollte, ist nicht ersichtlich. Sollte der Antragsgegner die von ihm vorgenommenen Veränderungen in der Zukunft tatsächlich dazu nutzen, entgegen der bisherigen Wasserverteilung zu Lasten der Antragsteller über seinen Bedarf hinaus übermäßig Wasser zu entnehmen, wird es ihnen unbenommen sein, dagegen vorzugehen.

[11]           2. Abgesehen davon, dass die Antragsteller keine gesetzliche Grundlage oder eine sachliche Begründung für die von ihnen im zweiten Eventualbegehren begehrte Festsetzung einer Benützungsregelung über die Wasserableitungen mit jeweils 1 Zoll-Rohren in einem Abstand von 12 cm zueinander nennen können, hat das Rekursgericht ohne Fehlbeurteilung ausgesprochen, dass kein wichtiger Grund für eine Kündigung der bestehenden Benützungsvereinbarung (als Voraussetzung für eine gerichtliche Neuregelung) vorliegt (vgl dazu RS0013630 [T3]), weil der Umfang des Wasserbezugs für ihre Liegenschaft durch den größeren Quellsammelbehälter mit den veränderten Abflussleitungen nicht zu ihrem Nachteil verändert worden sei. Dieser Beurteilung treten die Revisionsrekurswerber im Zusammenhang mit der begehrten Benützungsregelung nicht entgegen und vermögen daher auch insofern keine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen.

[12]     3. Der Antragsgegner hat in seiner Revisionsrekursbeantwortung auf die fehlende Zulässigkeit des Rechtsmittels der Antragsteller hingewiesen. Ihm steht daher gemäß § 78 Abs 2 AußStrG der Ersatz der im Zwischenstreit über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses entstandenen Kosten zu (RS0122774).

Textnummer

E134156

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2022:0010OB00242.21A.0125.000

Im RIS seit

21.03.2022

Zuletzt aktualisiert am

21.03.2022
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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