TE Vfgh Erkenntnis 2021/12/15 E2434/2020

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Veröffentlicht am 15.12.2021
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, Asylrecht

Norm

BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
AsylG 2005 §8, §10, §57
FremdenpolizeiG 2005 §46, §52, §55
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Nichtzuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigter betreffend einen Staatsangehörigen des Iraks; mangelhafte Auseinandersetzung mit dem Herkunftsort, dem Bestehen einer innerstaatlichen Fluchtalternative sowie den aktuellen und verfügbaren Länderinformationen insbesondere zur Sicherheitslage

Spruch

I. 1. Der Beschwerdeführer ist durch das angefochtene Erkenntnis, soweit damit die Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak, gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, gegen die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, gegen die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung und gegen die Festsetzung einer 14-tägigen Frist für die freiwillige Ausreise abgewiesen wird, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl Nr 390/1973) verletzt worden.

Das Erkenntnis wird insoweit aufgehoben.

2. Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

II. Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.616,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Der Beschwerdeführer ist irakischer Staatsangehöriger und gehört der Religionsgemeinschaft der Kaka'i an. Am 1. Dezember 2015 stellte er einen Antrag auf internationalen Schutz und brachte diesbezüglich im Wesentlichen vor, dass er vor dem Islamischen Staat (IS) geflüchtet sei; als Kaka'i habe er Angst, wie die Jesiden vom IS getötet zu werden. In der Nähe seines Heimatdorfes hätten Kämpfe zwischen dem IS und den Peshmerga (kurdischen Streitkräften) stattgefunden. Das Dorf sei auch beschossen worden, weshalb sich der Beschwerdeführer und seine Familie mehrmals aus dem Dorf in Sicherheit bringen hätten müssen.

2. Mit Bescheid vom 29. November 2016 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) diesen Antrag ab und erließ eine Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 5. Dezember 2018 mit mündlich verkündetem Erkenntnis vom selben Tag als unbegründet ab. Der Beschwerde gegen dieses Erkenntnis gab der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 11. Juni 2019, E183/2019, statt, da die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes mangels Begründung einer nachprüfenden Kontrolle durch den Verfassungsgerichtshof nicht zugänglich und daher mit Willkür belastet war.

3. Nach Durchführung einer neuerlichen mündlichen Verhandlung am 5. Mai 2020 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 29. November 2016 mit Erkenntnis vom 3. Juni 2020 als unbegründet ab:

3.1. Zum Fluchtvorbringen führt es im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer zwar der Religionsgemeinschaft der Kaka'i angehöre, eine individuelle Verfolgung auf Grund der Zugehörigkeit zu den Kaka'i allerdings nicht habe glaubhaft machen können. Insbesondere habe der Beschwerdeführer selbst betont, dass er bislang nie verfolgt worden sei. Zudem spreche der Umstand, dass im Heimatdorf des Beschwerdeführers seinen eigenen Angaben zufolge in etwa eintausend Kaka'i-Familien leben würden – darunter auch seine Tanten – gegen eine Verfolgung der Kaka'i in der Region. Dem Beschwerdeführer sei darin zuzustimmen, dass es zur Zeit des IS sehr wohl zu Entführungen, Hinrichtungen und Vertreibungen von Kaka'i gekommen sei; jedoch sei die Herkunftsregion mittlerweile aus den Fängen des IS befreit worden.

3.2. Des Weiteren lägen keine Hinweise auf das Vorliegen einer existenzbedrohenden Notlage vor. Der Beschwerdeführer werde keiner mit der Todesstrafe bedrohten Straftat beschuldigt. Es herrsche im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers auch kein Zustand willkürlicher Gewalt, sodass für ihn als Zivilperson nicht von einer ernsthaften Bedrohung für Leib und Leben ausgegangen werden könne. Eine Rückkehr in den Irak würde dem Beschwerdeführer ferner nicht die notdürftigste Lebensgrundlage entziehen. Schließlich sei zur individuellen Versorgungssituation festzustellen, dass es sich bei dem Beschwerdeführer um einen mobilen, gesunden, arbeitsfähigen Menschen handle, der aus einem Staat stamme, in dem die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet sei. Er gehöre keinem Personenkreis an, der qualifiziert schutzbedürftiger sei als die übrige Bevölkerung. Auch der Antrag auf subsidiären Schutz sei daher zu Recht abgewiesen worden.

4. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der insbesondere die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes BGBl 390/1973) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Entscheidung beantragt wird.

5. Mit Schriftsatz vom 7. Jänner 2021 teilte das Bundesverwaltungsgericht mit, dass sich die Verwaltungsakten derzeit auf Grund eines laufenden Revisionsverfahrens beim Verwaltungsgerichtshof befänden, und sah mit Verweis auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

6. Auf Ersuchen des Verfassungsgerichtshofes übermittelte der Verwaltungsgerichtshof am 30. November 2021 die Verwaltungsakten des Bundesverwaltungsgerichtes zur kurzfristigen Einsichtnahme.

II. Erwägungen

A. Soweit sich die – zulässige – Beschwerde gegen die Abweisung der Beschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, der Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung, der Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung und der Festsetzung einer 14-tägigen Frist für die freiwillige Ausreise richtet, ist sie auch begründet:

1. Nach der mit VfSlg 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s etwa VfSlg 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein – auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes – Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.

Diesem einem Fremden durch ArtI Abs1 leg cit gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl zB VfSlg 16.214/2001), wenn das Verwaltungsgericht dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der – hätte ihn das Gesetz – dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, stehend erscheinen ließe (s etwa VfSlg 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie 18.614/2008).

Ein willkürliches Verhalten des Verwaltungsgerichtes, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001).

2. Ein derartiger, in die Verfassungssphäre reichender Fehler ist dem Bundesverwaltungsgericht bei seiner Entscheidung hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten unterlaufen:

2.1. Gemäß §8 Abs1 AsylG 2005 ist einem Fremden, dessen Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

2.2. Das Bundesverwaltungsgericht geht in seiner Entscheidung insbesondere mit Verweis auf die persönliche Situation des Beschwerdeführers und die allgemeine Sicherheitslage davon aus, dass ihm im Falle seiner Rückkehr in den Irak keine reale Gefahr einer Verletzung seiner in Art2 und 3 EMRK gewährleisteten Rechte drohe. Die rechtliche Beurteilung erschöpft sich dabei in einer Aneinanderreihung von floskelhaften, aus Textbausteinen zusammengesetzten Passagen ohne für den vorliegenden Einzelfall nachvollziehbaren Begründungswert:

2.2.1. Zum einen fehlen fallbezogene Erwägungen, ob dem Beschwerdeführer eine Rückkehr in seine Heimatregion zumutbar ist, wobei der angefochtenen Entscheidung nicht unmissverständlich zu entnehmen ist, von welchem Herkunftsort des Beschwerdeführers das Bundesverwaltungsgericht überhaupt ausgeht: So stellt es fest, der Beschwerdeführer stamme aus "Safiya, Al Guweyr, Provinz Mosul", gemeint ist dabei wohl die Provinz Ninawa (alias Ninewa), deren Hauptstadt Mosul ist (siehe dazu etwa das vom Bundesverwaltungsgericht herangezogene Länderinformationsblatt vom 20. November 2018, letzte Kurzinformation vom 30. Oktober 2019, 36):

Aus der zum Entscheidungszeitpunkt – am 3. Juni 2020 – des Bundesverwaltungsgerichtes bereits veröffentlichten Aktualisierung des Länderinformationsblattes (LIB) vom 17. März 2020 ergibt sich, dass der IS unter anderem in der Provinz Ninawa erneut seine Aktivitäten als Untergrundorganisation aufgenommen hat und daher dies gerade für den Beschwerdeführer als Zugehörigen einer durch den IS verfolgten Minderheit eine Bedrohung darstellt:

"Der IS unterhält ein Netz von Zellen, die sich auf die Gouvernements Ninewa, Salah ad-Din, Kirkuk und Diyala konzentrieren, während seine Taktik IED-Angriffe auf Sicherheitspersonal, Brandstiftung auf landwirtschaftlichen Flächen und Erpressung von Einheimischen umfasst (Garda 3.3.2020). Der IS führt in vielen Landesteilen weiterhin kleinere bewaffnete Operationen, Attentate und Angriffe mit improvisierten Sprengkörpern (IED) durch (USCIRF 4.2019). Er stellt trotz seines Gebietsverlustes weiterhin eine Bedrohung für Sicherheitskräfte und Zivilisten, einschließlich Kinder, dar (UN General Assembly 30.7.2019). Er ist nach wie vor der Hauptverantwortliche für Übergriffe und Gräueltaten im Irak, insbesondere in den Gouvernements Anbar, Bagdad, Diyala, Kirkuk, Ninewa und Salah ad-Din (USDOS 11.3.2020; vgl UN General Assembly 30.7.2019).[…]

Ihre besondere religiöse Identität machte die Kaka‘i zu einem Ziel des Islamischen Staates (IS), der dutzende Kaka‘i-Dörfer zerstört hat. Berichten zufolge flüchteten alle vormals in Mossul und der Ninewa-Ebene ansässigen Kaka‘i in die KRI (OHCHR 9.1.2017). Der IS ist systematisch gegen die Kaka‘i vorgegangen. Auch nach der territorialen Niederlage des IS werden Angehörige der Kaka‘i durch den IS bedroht, besonders im Gouvernement Kirkuk. Es wird von regelmäßigen Sprengfallen am Straßenrand (Kurdistan24 5.3.2019), Entführungen, Morden und Erpressungen, sowie in Brandsetzung von Anbauflächen berichtet. Die Sicherheitskräfte, al-Hashd al-Sha‘bi und die Bundespolizei führen keine Nachforschungen zu diesen Vorfällen durch (Rudaw 31.5.2019).

Kaka‘i werden aufgrund ihrer schlecht verstandenen religiösen Identität weiterhin diskriminiert, sowie zum Opfer von Drohungen, Entführungen, Attentaten und Boykotten ihrer Unternehmen. Kaka‘i-Männer sind durch ihren charakteristischen Schnurrbart leicht zu erkennen, wodurch sie eher Belästigung und Diskriminierung ausgeliefert sind (MRG 11.2017e). Gemeindevertretern zufolge gibt es auch Druck auf Kaka‘i sich zu 'schiitisieren' (OHCHR 9.1.2017)."

2.2.2. Zum anderen trifft das Bundesverwaltungsgericht lediglich pauschale Aussagen zur Möglichkeit einer Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat, die sich vor dem Hintergrund der im angefochtenen Erkenntnis selbst dargestellten Berichtslage und widersprüchlichen Feststellungen als unzureichend erweisen:

"Schwierige Rückkehrbedingungen finden sich unter anderem in Sinjar Zentrum, Telafar Zentrum, West Mosul, al-Ba‘aj, im Wüsten-Streifen von al-Tal, Hatra (Hadr) und Muhallabiyya (Provinz Ninewa); in Baiji, Tuz Khurmatu/Sulayman Beg und Balad/Duloeiya (Provinz Salah al-Din); in Taza Khurmatu, Hawija Zentrum und al-Abassi (Provinz Kirkuk); in al-Adheim und Sa‘adiya/Jalawla (Provinz Diyala); und im Falludscha-Ramadi Streifen sowie in Ana Zentrum (Provinz Anbar) (IOM 9.2018)."

Das Bundesverwaltungsgericht lässt Feststellungen vermissen, ob dem Beschwerdeführer eine Rückkehr in jene Region, aus der er stammt, möglich ist bzw ob eine konkrete innerstaatliche Fluchtalternative besteht, die ihm eine Einreise und einen Aufenthalt in einer Weise ermöglicht, die den Anforderungen des Art3 EMRK Rechnung trägt.

2.2.3. Da es das Bundesverwaltungsgericht unterlassen hat, sich widerspruchsfrei mit der aktuellen Lage in jener Region auseinanderzusetzen, aus welcher der Beschwerdeführer stammt, und diese in der Begründung des Erkenntnisses mit der individuellen Situation des Beschwerdeführers in Beziehung zu setzen, hat das Bundesverwaltungsgericht Willkür geübt (vgl statt vieler, VfGH 26.6.2020, E1389/2020 mwN).

2.3. Schließlich legt das Bundesverwaltungsgericht seiner Entscheidung das LIB vom 20. November 2018, letzte Kurzinformation vom 30. Oktober 2019, zugrunde. Im Entscheidungszeitpunkt stand – wie oben angeführt – allerdings bereits eine neue Gesamtaktualisierung des LIB vom 17. März 2020 zur Verfügung. Der Verfassungsgerichtshof hat bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass die im Asylverfahren herangezogenen Länderberichte hinreichend aktuell sein müssen; dies betrifft insbesondere Staaten mit sich rasch ändernder Sicherheitslage (siehe dazu statt vieler VfGH 8.6.2020, E175/2019 mwN).

2.4. Soweit sich das Erkenntnis auf die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und – daran anknüpfend – auf die Zulässigerklärung der Rückkehrentscheidung bzw der Abschiebung in den Herkunftsstaat Irak unter Setzung einer Frist zur freiwilligen Ausreise bezieht, ist es somit mit Willkür behaftet und insoweit aufzuheben.

B. Im Übrigen, soweit sich die Beschwerde gegen die Abweisung des Antrages auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten richtet, wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt:

1. Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde ablehnen, wenn von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144 Abs2 B-VG). Ein solcher Fall liegt vor, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.

2. Die Beschwerde rügt die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander. Die gerügten Rechtsverletzungen wären im vorliegenden Fall aber nur die Folge einer – allenfalls grob – unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen nicht anzustellen.

III. Ergebnis

1. Der Beschwerdeführer ist somit durch das angefochtene Erkenntnis, soweit damit seine Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak, gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, gegen die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, gegen die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung und gegen die Festsetzung einer 14-tägigen Frist für die freiwillige Ausreise abgewiesen wird, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl 390/1973) verletzt worden.

Das Erkenntnis ist daher in diesem Umfang aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.

2. Im Übrigen wird von der Behandlung der Beschwerde abgesehen.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 bzw §19 Abs3 Z1 iVm §31 letzter Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 436,– enthalten.

Schlagworte

Asylrecht, Entscheidungsbegründung, Ermittlungsverfahren, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2021:E2434.2020

Zuletzt aktualisiert am

08.03.2022
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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