TE Bvwg Erkenntnis 2021/5/12 W140 2241151-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.05.2021
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Entscheidungsdatum

12.05.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76
FPG §77
FPG §80

Spruch


W140 2241151-2/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Höller als Einzelrichterin im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl XXXX über die weitere Anhaltung des XXXX StA. Marokko, alias Syrien, alias Algerien, in Schubhaft zu Recht:

A) Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF) stellte am 31.10.2015 im Rahmen eines Aufgriffes durch Beamte einer LPD einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 26.03.2016 wurde gegen ihn eine Entscheidung in I.Instanz rechtskräftig erlassen dergemäß der Antrag auf internationalen Schutz vom 31.10.2015 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, abgewiesen wurde, gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG sein Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Marokko abgewiesen wurde, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt wurde und gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr 100/2005 (FPG) idgF, erlassen wurde und gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt wurde, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Marokko zulässig sei und gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrug.

Der BF konnte seine freiwillige Ausreise innerhalb offener Frist gegenüber dem BFA nicht nachweisen.

Am 08.02.2017 stellte der BF in Dänemark einen Antrag auf internationalen Schutz. Diesbezüglich stellten die dänischen Behörden am 03.03.2017 ein Rückübernahmeersuchen entsprechend der Dublin III Verordnung.

Nur wenige Tage später, bereits am 15.02.2017, stellte der BF auch in Schweden einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz.

Der BF wurde daraufhin am 08.05.2018 gemäß Dublin III Verordnung am Luftweg von Schweden nach Österreich überstellt.

Der in Schweden gestellte Asylantrag galt somit als in Österreich eingebracht und wurde der BF am 11.05.2018 in eine Betreuungsstelle überstellt. Am 04.06.2018 tauchte der BF unter.

Am 08.06.2018 wurde sein Asylverfahren gem. § 24 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 AsylG eingestellt.

Am 10.07.2018 langte beim BFA neuerlich ein Ersuchen aus Dänemark um Rückübernahme des BF gemäß Dublin III Verordnung ein. Am 25.09.2018 langte beim BFA ein weiteres Rückübernahmeersuchen gemäß Dublin III Verordnung aus Schweden ein.

In Schweden wurde der BF straffällig und am 09.02.2018 wegen Diebstahles und Drogendelikten verurteilt. Weiters wurde der BF von einem Strafgericht in Schweden am 07.09.2018 wegen eines Raubüberfalles zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt. Er wurde bis zum 27.02.2019 in Schweden in Strafhaft angehalten und anschließend nach Österreich überstellt.

Seit dem 16.11.2018 besteht gegen den BF ein bis zum 07.09.2023 gültiges schengenweites Einreise-/Aufenthaltsverbot, welches durch Schweden erlassen wurde.

Der Antrag auf internationalen Schutz vom 08.05.2018 wurde mit Bescheid des BFA vom 19.03.2019 wegen entschiedener Sache nach § 68 AVG zurückgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, gemäß § 52 FPG Abs. 2 Z 2 und § 9 Abs 1-3 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung gem. § 52 Abs. 9 und § 46 FPG nach Marokko zulässig sei. Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde gem. § 55 FPG Abs 1a FPG versagt und gem. § 53 Abs 2 Z 6 FPG ein Einreiseverbot verhängt. Dagegen erhob der BF Beschwerde. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.04.2019 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung erwuchs in weiterer Folge in Rechtskraft.

Der BF wurde am 06.07.2019 von Beamten einer Landespolizeidirektion wegen des dringenden Verdachtes der Übertretung nach dem Strafgesetzbuch festgenommen, am selben Tage in eine Justizanstalt eingeliefert. Es wurde die Untersuchungshaft verhängt.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 29.08.2019 wurde der BF wegen gewerbsmäßigen Diebstahles nach §§ 127, 130 (1) 1. Fall StGB, der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e (3) StGB und Urkundenunterdrückung nach § 229 (1) StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr verurteilt. Das Urteil ist seit 29.08.2019 rechtskräftig.

In Haft befindlich wurde der BF am 17.06.2020 zur möglichen Schubhaftverhängung einvernommen und führte dort im Wesentlichen aus, er sei gesund und benötige keine Medikamente. Er habe einen Wohnsitz, habe aber die Adresse vergessen. Er habe bei seinem Cousin genächtigt, wisse aber die Anschrift nicht. In Österreich seien nur der Cousin und Bekannte ansässig. Er habe in Marokko an einer genannten Adresse gelebt.

Er wurde am 03.07.2020 aus der Justizanstalt entlassen, festgenommen und auf Grundlage des Bescheids des BFA vom 01.07.2020 gegen ihn die Schubhaft in Vollzug gesetzt.

Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 05.10.2020 wurde der BF wegen Körperverletzung nach § 83 (1) StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten verurteilt.

Am 19.10.2020 wurde der BF aus der Schubhaft entlassen und trat seine Haftstrafe in einer Justizanstalt an.

Am 18.12.2020 wurde der BF im Beisein eines Dolmetschers erneut zur geplanten Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung einvernommen.

Am 18.12.2020 wurde der gegenständliche Schubhaftbescheid zu Sicherung der Abschiebung erlassen und ausgeführt, der BF habe durch sein Vorverhalten die Tatbestandsmerkmale des § 76 Abs. 3 Z 1, 3 und 9 FPG erfüllt und sei daher von Fluchtgefahr auszugehen. Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit habe ergeben, dass die privaten Interessen der Schonung der persönlichen Freiheit des BF dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen haben. Ein gelinderes Mittel sei nach Sicht der Behörde nicht als ausreichende Sicherung anzusehen, um von einer gesicherten Rückführung des BF in seinen Herkunftsstaat ausgehen zu können. Die gegenständliche Schubhaft sei daher notwendig und rechtmäßig.

Mit Verbalnote der Marokkanischen Botschaft vom 15.01.2021 wurde die Staatsangehörigkeit des BF bestätigt und eine Einreisegenehmigung für den BF in Rabat angefordert.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.04.2021, XXXX wurde gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

Die Verwaltungsbehörde übermittelte am 06.05.2021 zum Zwecke der Überprüfung der Schubhaft im Sinne des § 22a Abs. 4 BFA-VG die Verwaltungsakten womit "die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht gilt".

Mit E-Mail vom 06.05.2021 übermittelte das BFA folgende Stellungnahme:

„Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erlaubt sich mitzuteilen, dass mit ho. Bescheid vom 18.12.2020, GZ. XXXX , über den im Betreff genannten Fremden – Partei - gem. § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt wurde.

Dieser Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Eingangs sowie im Besonderen darf höflich auf den mehrfach umfassend dokumentierten Sachverhalt im Schubhaftbescheid vom 18.12.2020 verwiesen werden.

Chronologie der Verfahren:

Die Verfahrenspartei (VP) hat am 31.10.2015 nach Aufgriff durch Bemate der LPD XXXX einen – ersten – Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Bei der Erstbefragung am 31.10.2015 gab die VP betreffend Fluchtgründe im Wesentlichen Folgendes an:

„Ich habe in Marokko keine Möglichkeit einen Beruf zu erlernen. Meine Familie lebt unter der „Nullgrenze“ in Armut. Ich will in Europa einen Beruf lernen und arbeiten und dadurch meiner Familie finanziell helfen. Daher bin ich nun in Österreich.“

Mit Bescheid der erkennenden Brhörde vom 26.03.2016 wurde der Antrag auf internationalen Schutz der VP vom 31.10.2015 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, abgewiesen. Gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz der VP hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Marokko ebenfalls abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen der VP gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt und gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen die VP eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. INr 100/2005 (FPG) idgF, erlassen. Des Weiteren wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der VP gemäß § 46 FPG nach Marokko zulässig sei und gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG betrug die Frist für die freiwillige Ausreise der VP 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

Die VP konnte der erkennenden ihre Ausreise innerhalb der offenen Frist nicht nachweisen.

Am 08.02.2017 hat die VP laut Eurodac-Abgleich in Dänemark einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Diesbezüglich stellten die dänischen Behörden am 03.03.2017 ein Rückübernahme Ersuchen entsprechend der Dublin III Verordnung.

Nur wenige Tage später stellten die VP laut Eurodac Abgleich in Schweden einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz.

Am 08.05.2018 wurde die VP gemäß Dublin III Verordnung am Luftweg von Schweden nach Österreich überstellt.

Der am 09.05.2018 in Schweden gestellte Asylantrag der VP war somit in Österreich eingebracht und die VP wurden am 11.05.2018 in die Betreuungsstelle XXXX überstellt.

Am 03.06.2018 wurden Sie durch die PI XXXX wegen des Besitzes einer verbotenen Waffe und wegen zweier Diebstähle von Mobiltelefonen angezeigt.

Am 04.06.2018 ist die VP neuerlich aus der Betreuungsstelle XXXX untergetaucht.

Am 08.06.2018 wurde das Asylverfahren unter XXXX gem. § 24 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 AsylG, da die VP die Betreuungseinrichtung ohne Angabe einer weiteren Anschrift verlassen hatten, eingestellt.

Am 10.07.2018 langte beim BFA erneut ein Ersuchen um Rückübernahme der VP gemäß Dublin III Verordnung aus Dänemark ein.

Am 25.09.2018 langte beim BFA ein weiteres Rückübernahmeersuchen der VP gemäß Dublin III Verordnung aus Schweden ein.

Die VP wurde in Schweden straffällig und am 09.02.2018 wegen Diebstahles und Drogendelikten verurteilt. Weiters wurden die VP vom Strafgericht von XXXX am 07.09.2018 wegen eines Raubüberfalles zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt. Die VP wurden bis zum 27.02.2019 in Schweden in Strafhaft angehalten.

Am 27.02.2019 wurde die VP begleitet von schwedischen Polizeibeamten mittels Flug an Österreich überstellt.

Seit dem 16.11.2018 besteht gegen die VP bis zum 07.09.2023 ein Einreise-/Aufenthaltsverbot im Schengener Gebiet gem. Art. 24 EU-VO 1987/2006, welches durch Schweden unter ID-Nr.: XXXX erlassen wurde.

Der Antrag vom 08.05.2018 auf Internationalen Schutz der VP wurde mit Bescheid des BFA, XXXX , rechtskräftig in II. Instanz am 15.04.2019, wegen entschiedener Sache nach §§ 3, 8 AsylG (§ 68 AVG) Abs 1 zurückgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde der VP gemäß § 57 AsylG nicht erteilt , gemäß § 52 FPG Abs. 2 Z 2 und § 9 Abs 1-3 BFA-VG wurde gegen die VP eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass ihre Abschiebung gem § 52 Abs. 9 und § 46 FPG nach Marokko zulässig ist, die Frist für die freiwillige Ausreise wurde der VP gem. § 55 FPG Abs 1a FPG versagt und gem. § 53 Abs 2 Z 6 FPG wurde ein Einreiseverbot verhängt.

Mit Bescheid der erkennenden Behörde vom 28.02.2019 GZ XXXX wurde gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme über die VP verhängt.

Am 27.06.2019 wurde die VP aus dem Stande der Schubhaft entlassen, und mit Bescheid vom gleichen Tage wurde der VP gemäß § 57 Abs. 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG aufgetragen bis zu ihrer Ausreise durchgängig Unterkunft in der Betreuungseinrichtung XXXX zu nehmen.

Die VP kam dieser Anordnung jedoch nicht nach.

Die VP wurde am 06.07.2019 von Beamten der Landespolizeidirektion XXXX wegen des dringenden Verdachtes der Übertretung nach dem Strafgesetzbuch festgenomme und am selben Tage in die Justizanstalt XXXX eingeliefert. Es wurde über die VP die Untersuchungshaft verhängt. In weiterer Folge wurde die VP am 12.03.2020 in die Justizanstalt XXXX überstellt.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 29.08.2019, Gz.: XXXX wurde die VP wegen des Vergehens des gewerbsmäßigen Diebstahles nach §§ 127, 130 (1) 1. Fall StGB, der Vergehen der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e (3) StGB, und der Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 (1) StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr verurteilt. Das Urteil ist seit 29.08.2019 rechtskräftig.

Am 17.06.2020 wurde die VP beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu einer möglichen Schubhaftnahme nach Haftentlassung niederschriftlich einvernommen. Die wesentlichen Passagen dieser Einvernahme gestalten sich dabei wie folgt:

„[…]

Frage: Wie ist die Verständigung mit dem Dolmetscher? Haben Sie dazu Einwände?

Antwort: Ja, ich verstehe den Dolmetsch. Nein, ich habe keine Einwände.

Frage: Werden Sie rechtsfreundlich vertreten?

Antwort: Nein.

Frage: Sind Sie gesund? Benötigen Sie Medikamente?

Antwort: Mir geht es gut. Ich benötige keine Medikamente.

Frage: Haben Sie einen aufrechten Wohnsitz in Österreich?

Antwort: Ja, in XXXX . Die genaue Adresse weiß ich nicht mehr; ich habe sie vergessen.

Frage: Gemäß Abfrage im ZMR haben Sie keinen Wohnsitz in XXXX . Was sagen Sie dazu?

Antwort: Ich habe einen Schlafplatz bei meine Cousin, XXXX . Die

genaue Anschrift weiß ich nicht.

Frage: Geben Sie Ihre letzte Wohnanschrift vor Ihrer Einreise in das Bundesgebiet an?

Antwort: ich habe in XXXX , Deutschland gewohnt. Ich weiß die genaue Anschrift nicht mehr, es ist schon so lange her.

Frage: Welche Schul- und Berufsausbildung haben Sie absolviert?

Antwort: ich habe für 9 Jahre die Schule absolviert; Abschluss in der Hauptschule. Ich habe keine Berufsausbildung gemacht; ich habe in einem Lebensmittelgeschäft in Schweden gearbeitet. In Marokko habe ich nicht gearbeitet.

Frage: Wie haben Sie Ihren Aufenthalt im Schengengebiet und in Österreich finanziert? Sind Sie im Besitze von Bargeld? Geben Sie den genauen Betrag an!

Antwort: Ich habe gearbeitet. Meine Familie in Frankreich (whft in XXXX ) schickt mir ca. € 100.- in der Woche.

Frage: Sind Sie im Besitze eines gültigen Reisedokumentes oder eines Aufenthaltstitels im Bereich der Europäischen Union oder in den EWR Staaten (Norwegen, Island, Schweiz, Liechtenstein)? Wo befinden sich diese Dokumente?

Antwort: Nein.

Frage: Haben Sie Verwandte oder private bzw. soziale Bindungen in Österreich?

Antwort: Nur meinen Cousin XXXX und Bekannte in XXXX .

Frage: Werden Sie in Ihrem Herkunftsstaat bzw. in Ihrem Heimatstaat strafrechtlich oder politisch verfolgt?

Antwort: Nein.

Frage: Wo haben Sie in Marokko gelebt? 

Antwort: Ich habe in einem Dorf Namens XXXX zusammen mit meiner Oma XXXX gewohnt.

Frage: Haben Sie alles verstanden? Wollen Sie noch etwas hinzufügen?

Antwort: Ich habe alles verstanden und gesagt.

Frage: Möchten Sie zu den beabsichtigten Maßnahmen sowie zur Erlassung der Schubhaft und der anschließenden Abschiebung Stellung nehmen?

Antwort: Ich habe einen Fehler begangen und bereue es. Ich bin mit dieser Entscheidung nicht einverstanden. Ich bleibe in Österreich und werde es bis zum Abschluss der Verhandlung bzw. der endgültigen Entscheidung auch bleiben.

[…]“

Am 03.07.2020 wurden die VP aus der Justizanstalt XXXX entlassen, festgenommen und mittels Bescheid des BFA vom 01.07.2020 unter GZ: XXXX wurde gegen die VP die Schubhaft verhängt.

Mit Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom 05.10.2020 unter GZ: XXXX wurden die VP wegen des Vergehens der Körperverletzung die sie während Ihrer Strafhaft am 01.03.2020 gesetzt hatte, zu einer weiteren Freiheitsstrafe von 2 (zwei) Monaten verurteilt.

Am 19.10.2020 wurde die VP aus der Schubhaft entlassen und hat ihre Haftstrafe in der JA- XXXX angetreten.

Am 18.12.2020 wurde die VP neuerlich im Beisein eines Dolmetschers einvernommen. Diese Einvernahme gestaltete sich wie folgt:

„[…]

Ich wurde darüber informiert, dass ich heute zur Klärung meines weiteren Aufenthaltes sowie die Erlassung evtl. aufenthaltsbeendender Maßnahmen (Rückkehrentscheidung gem. § 52 FPG evtl. iVm Einreiseverbot gem. § 53 FPG) und Sicherungsmaßnahmen einvernommen werde.

Weiters wurden mir die bei der Einvernahme anwesenden Personen vorgestellt und deren Rolle im Verfahren erklärt. Über den Ablauf der Einvernahme und meine Rechte und Pflichten (insbesondere Wahrheits- und Mitwirkungsverpflichtung) wurde ich informiert.

Der Dolmetscher wurde für die Sprache ARABISCH bestellt und beeidet und ist die Verfahrenspartei dieser Sprache mächtig und damit einverstanden, in dieser Sprache einvernommen zu werden. Die Verfahrenspartei wird überdies darauf hingewiesen, dass sie im Fall von Verständigungsschwierigkeiten jederzeit rückfragen kann.

LA: Haben Sie gegen eine der anwesenden Personen aufgrund einer möglichen Befangenheit oder aus sonstigen Gründen irgendwelche Einwände?

VP: Nein.

LA: Werden Sie im gegenständlichen Verfahren vertreten?

VP: Ich bin mein eigener Anwalt.

LA: Fühlen Sie sich heute psychisch und physisch in der Lage, Angaben in diesem Verfahren zu machen?

VP: Ja. Die Haftentlassung und Verbringung nach XXXX war ein Schock.

LA: Sind Sie in ärztlicher Behandlung, nehmen Sie irgendwelche Medikamente?

VP: Schmerzmittel. Mir geht es gut.

LA: Haben Sie Beweismittel oder Dokumente mit, die Sie heute gerne vorlegen würden?

VP: Wenn die Polizei mich entlässt, dann kann ich Dokumente geben. Ich bin mit 14 Jahren bereits von zu Hause aus Algerien von XXXX weggereist.

LA: Haben Sie einen ordentlichen Wohnsitz außerhalb von Haftanstalten?

VP: Ja, in XXXX bei meinem Freund, wie mein Bruder, namens XXXX , dem auch die Wohnung gehört. Habe dort ca. 2 Monate unangemeldet gewohnt.

Erwähnen möchte ich, dass ich Algerier bin und nicht Marokkaner.

LA: Über wie viel finanzielle Mittel verfügen Sie derzeit?

VP: € 25.- Mein Onkel aus Frankreich schickt alle 2 Wochen mir € 100.-. Eigentlich hasse ich ihn.

LA: Nennen Sie ihren richtigen Namen, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit und die letzte Adresse im Heimatland!

VP: Mein Name ist XXXX in Algeria (Hauptstadt) geboren und wohnhaft in XXXX gewesen.

LA: Sie sind seit 15.04.2019 zur Ausreise verpflichtet, aufgrund der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung iVm. einem 2-jährigen Einreiseverbot. Warum sind Sie bis heute noch nicht ausgereist?

VP: Ich habe einen Fehler gemacht und war dann im Gefängnis. Ich will nur mehr freiwillig ausreisen, wenn mir das genehmigt wird und ich sage dann sofort meine Adresse. Ich gehe raus, ich will in Österreich bleiben. Jede Woche unterschreibe ich euch, wo ich bin. (Anmerkung: verwirrende Angaben)

LA: Haben Sie in Österreich familiäre, berufliche oder sonstige Bindungen?

VP: Soll ich euch die Wahrheit sagen, wollte es aber nicht sagen. Ich möchte nicht, dass es die anderen Leute da oben wissen. Ich habe einen Freund, der XXXX und ich bin schwul. Dieser wohnt in XXXX . Ich habe mit ihm gewohnt und ich bin schwul. Die Leute sollen es nicht wissen. Ich vermisse die Freiheit, ich kann arbeiten, gebt mir eine Chance.

LA: Wo lebt Ihre Kernfamilie?

VP: Ich habe keine Mutter, keinen Vater und bin im Heim aufgewachsen, nur meinen Onkel in Frankreich. Ich mag ihn nicht,weil er arrogant ist. Österreich ist mein Land, hab neue Freunde, die keine Kriminelle sind.

LA: Sind Sie in Ihrem Heimatland bereits straffällig und verurteilt worden?

VP: Nein. Ich war 14 Jahre, was soll ich da gemacht haben.

LA: Sind Sie in einem anderen Land bereits straffällig und verurteilt worden?

VP: In Schweden einen Diebstahl, habe ihn aber nicht gemacht. Verurteilung 6 Monate.

LA: Sie sind zur sofortigen Ausreise verpflichtet. Haben Sie bereits Schritte für Ihre Ausreise unternommen (Flugbuchung, Kontaktaufnahme mit Rückkehrberater oder Botschaft etc…)? Legen Sie Nachweise vor!

VP: Gebt mir wieder eine Chance. Ich war bei der Diakonie, den Zettel habe ich verloren. Die haben mir eine Adresse gegeben, ich denke XXXX .

LA: Würden Sie freiwillig in Ihr Heimatland ausreisen?

VP: Nein, mein Heimatland auf keinen Fall. Algerien ist ein Land von Terrorismus, die würden mich umbringen. Ausreisen und in irgendein anderes Land einreisen, z.B. Italien, da hab ich soviel Freunde. Oder auch Spanien, dort bin ich als erster eingereist. Ich bin mit allem einverstanden, was Sie sagen. Ich bin bereit.

LA: Ihnen wird zur Kenntnis gebracht, dass gegen Sie im Anschluss der Einvernahme gem. § 76 Abs 2 Z 2 FPG die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt wird. Möchten Sie dazu Stellung nehmen?

VP: ------

LA: Wie haben Sie den Dolmetsch die gesamte Befragung über verstanden?

VP: Ich habe alles verstanden.

LA: Hat Ihnen der Dolmetsch die Niederschrift rückübersetzt?

VP: Ja.

LA: Wie haben Sie den Dolmetsch dabei verstanden?

VP: Ja.

LA: Hat der Dolmetsch das rückübersetzt was Sie gesagt haben?

VP: Ja.

Die gesamte Niederschrift wurde mir rückübersetzt.

Sie ist in allen Teilen korrekt und habe ich alles vollinhaltlich verstanden. Die von mir gemachten Angaben wurden in der Niederschrift vollständig und richtig festgehalten.

Der VP wird eine Kopie der Niederschrift ausgefolgt.

Ende der Amtshandlung: 10:25 Uhr

[…]“

Am 18.12.2020 wurde über die VP neuerlich die Schubhaft verhängt.

Am 29.12.2020 wurde die VP im Stande der Schubhaft beim Medikamentenschmuggel betreten. Eine Abmahnung seitens des PAZ XXXX erfolgte.

Mit Erkenntnis des BVwG vom 16.04.2020 unter GZ: XXXX wurde ohne Durchführung einer mündl. Verhandlung folgendes entschieden: (…)

A) Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

wesentliche Entscheidungsgründe:

Aufgrund der dem Gericht vorliegenden Informationen aus dem Akt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl lässt sich aus derzeitiger Sicht erkennen, dass von deren Seiten eine zügige Erlangung eines Heimreisezertifikates und eine anschließende zeitnahe Außerlandesbringung betrieben wird. Das Gericht geht daher im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung davon aus, dass eine Außerlandesbringung des BF nach heutigem Wissensstand durchaus möglich, und auch im Laufe der kommenden Monate trotz der coronabedingten Einschränkungen realistisch erscheint. Aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen ist jedenfalls gewährleistet, dass eine allfällige weitere wesentliche Verlängerung der Schubhaft einer neuerlichen gerichtlichen Überprüfung zu unterziehen sein wird. Dabei wird abermals eine Prognoseentscheidung hinsichtlich einer zeitnahen Effektuierung der Außerlandesbringung des BF durchzuführen sein. Das Gericht kommt daher zu dem Schluss, dass eine Fortsetzung der Schubhaft durch Überschreitung der Viermonatsfrist des § 22a Abs. 4 BFA-VG weiterhin verhältnismäßig und notwendig ist. Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung auch die Voraussetzungen für eine nunmehr über die Viermonatsfrist hinausgehende Schubhaft weiter vorliegen.

Heimreisezertifikaterlangung:

Am 15.01.2021 wurde die VP von der marokkanischen Botschaft als Marokkaner identifiziert. Ein Heimreisezertifikat wird jedoch derzeit aufgrund der vorherrschenden COV-19 Situation nur für freiwillige Rückkehrer ausgestellt.

Es wäre ebenfalls jederzeit ein Flug nach Marokko mit der XXXX oder der XXXX möglich, doch auch hier werden aktuell nur freiwillige Rückkehrer akzeptiert.

Da sich die VP jedoch vehemment weigert in Ihr Heimatland zurückzukehren, ist liegt die daraus resultierende Dauer der Schubhaft eindeutig an der Rückkehrunwilligkeit der VP und der Weigerung sich an die geltenden Gesetzte im Bundesgebiet zu halten.

Das BFA geht jedoch davon aus, dass die sich die derzeitige COVID-19 Lage in Marokko stabilisiert, ua. auch durch den Impffortschritt (Stand. 04.05.2021, 11,9 % der marrok. Bevölkerung) im Land. Es ist daher davon auszugehen, dass die Reisebeschränkungen, in Bezug auf eine zwangsweise Außerlandesbringung, in den nächsten drei Monaten wegfallen wird.

Weitere Anhaltung in Schubhaft:

Die weitere Anhaltung in Schubhaft wird als verhältnismäßig angesehen.

Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt erfolgten seitens der ho. Behörde bereits drei Schubhaftprüfungen gem. § 80 Abs. 6 FPG und ist das BFA der Ansicht, dass die Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft nach wie vor aus den im Schubhaftbescheid vom 18.12.2020 angeführten Gründen erforderlich ist, kein gelinderes Mittel anwendbar scheint und Rücküberstellung der VP in naher Zukunft als sehr wahrscheinlich angesehen werden darf.

Die begleitete Abschiebung wird geplant, sobald eine HRZ- Austellung seitens der marokkanischen Botschaft bestätigt wird.

Es wird auch angemerkt dass die gem. § 80 Abs. 4 Z. 2 FPG höchstzulässigen Dauer der Schubhaft von 18 Monaten noch nicht überschritten wurde.

Ein gelinderes Mittel wurde nicht nur aufgrund der Wohnsituation sondern vor allem aufgrund des desaströsen Gesamtverhalten – Untertauchen - und der strafrechtliche Verurteilungen gänzlich ausgeschlossen.

Aufgrund der Fristerreichung gem. § 22a Abs. 4 BFA-VG der durchgehend andauernden Schubhaft, wird die Verfahrenszuammenfassung bzw. Stellungnahme des Obgenannten zur 2. Prüfung einer möglichen Fortsetzung der Schubhaft i.S.d. § 22a Abs. 4 BFA-VG übermittelt.

Antrag

Das Bundesverwaltungsgericht möge iSd § 22a Abs 3 BFA-VG feststellen, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

Aus Sicht des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl liegen die Voraussetzungen vor, von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abzusehen, dies aus folgenden Gründen:

- Fluchtgründe unverändert

- Keine Veränderung hinsichtlich der Wohnsituation

- Strafrechtliche Verfehlungen

- 1. erfolgte Verhältnismäßigkeitsprüfungen durch den BVwG sowie keine Veränderung seit der Entscheidung vom 16.04.2020 unter GZ: XXXX

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA VG kann unter anderem dann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.

Fest steht, dass im gegenständlichen Fall auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu keinem anderen Ergebnis führen könnte, erscheint doch der entscheidungsrelevante Sachverhalt aus der Aktenlage als geklärt, weshalb gemäß § 21 Abs. 7 BFA VG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen wurde.“

Die Stellungnahme des BFA wurde dem BF am 06.05.2021 zum Parteiengehör in das Polizeianhaltezentrum übermittelt. Eine Stellungnahme langte bis zur Erkenntniserlassung nicht ein.

Mit E-Mail vom 10.05.2021 führte das BFA ergänzend zur Aktenvorlage Folgendes aus:
„Seitens des BFA steht einer freiwilligen Rückkehr der Verfahrenspartei (VP) in ihr Heimatland nichts entgegen, der VP wäre es somit jederzeit möglich aus dem Stande der Schubhaft freiwillig in ihr Heimatland zurückzukehren.“

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Feststellungen:

Der BF ist marokkanischer Staatsangehöriger und befindet sich seit 18.12.2020 in Schubhaft. Er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

Der BF ist illegal ins Land gekommen, hat insgesamt zwei Anträge auf internationalen Schutz gestellt, hat jedoch den negativen Abschluss seines ersten Asylverfahrens gar nicht abgewartet, sondern hat seinen illegalen Aufenthalt durch Untertauchen erfolgreich prolongiert. Darüber hinaus ist er höchst mobil und musste bereits zwei Mal aus Schweden nach Österreich rücküberstellt werden.

Seit dem 16.11.2018 besteht gegen den BF ein bis zum 07.09.2023 gültiges schengenweites Einreise-/Aufenthaltsverbot, welches durch Schweden erlassen wurde.

Der Antrag auf internationalen Schutz vom 08.05.2018 wurde mit Bescheid des BFA vom 19.03.2019 wegen entschiedener Sache nach § 68 AVG zurückgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, gemäß § 52 FPG Abs. 2 Z 2 und § 9 Abs 1-3 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung gem. § 52 Abs. 9 und § 46 FPG nach Marokko zulässig sei. Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde gem. § 55 FPG Abs 1a FPG versagt und gem. § 53 Abs 2 Z 6 FPG ein Einreiseverbot verhängt. Dagegen erhob der BF Beschwerde. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.04.2019 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung erwuchs in weiterer Folge in Rechtskraft.

Der BF wurde in Österreich 2 Mal rechtskräftig strafrechtlich verurteilt.

Am 18.12.2020 wurde der gegenständliche Schubhaftbescheid zur Sicherung der Abschiebung erlassen. Der BF befindet sich seit 18.12.2020 in Schubhaft.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.04.2021, XXXX , wurde gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

Der BF leidet an keinen unverhältnismäßigen, die Schubhaft unzulässig machenden gesundheitlichen Beschwerden und ist haftfähig.

Der BF verfügt über keine nennenswerten familiären oder sozialen Kontakte in Österreich, hat keinen gesicherten Wohnsitz und ist in keiner Weise selbsterhaltungsfähig.

Bei einer Entlassung aus der Schubhaft wird der BF mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit untertauchen und sich vor den Behörden erneut verborgen halten. Der BF ist nicht ausreisewillig. Der BF ist im Hinblick auf sein bisheriges Verhalten in hohem Maß vertrauensunwürdig und nicht kooperativ.

Vom BFA wurde zeitgerecht ein Verfahren zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF eingeleitet. Mit Verbalnote der Marokkanischen Botschaft vom 15.01.2021 wurde die Staatsangehörigkeit des BF bestätigt und eine Einreisegenehmigung für den BF in Rabat angefordert. Ein Heimreisezertifikat für den BF liegt aktuell noch nicht vor. Zum Zeitpunkt der Entscheidung ist davon auszugehen, dass für den BF in absehbarer Zeit ein Heimreisezertifikat ausgestellt wird und er danach in seinen Herkunftsstaat abgeschoben werden kann. Dem BF ist es jederzeit möglich - aus dem Stande der Schubhaft - kontrolliert freiwillig in sein Heimatland zurückzukehren.

Die Abschiebung des BF innerhalb der Schubhafthöchstdauer ist aufgrund der bereits erfolgten Identifizierung im höchstem Maße wahrscheinlich.

Eine relevante Änderung der Umstände seit der letzten Feststellung des Vorliegens der maßgeblichen Voraussetzungen und der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft liegt nicht vor.

Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die Akten des BFA und in die Akten des Bundesverwaltungsgerichtes, durch Einsichtnahme in das Zentrale Fremdenregister, in das Strafregister, in das Zentrale Melderegister, in das Grundversorgungsinformationssystem sowie in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

Anhaltspunkte dafür, dass der BF die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, in Österreich Asylberechtigter oder subsidiär Schutzberechtigter ist, finden sich weder im Akt des BFA noch in den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die Feststellungen zum Schubhaftbescheid und der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung ergeben sich widerspruchsfrei aus dem Verwaltungsakt sowie dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes.

Aus der Einsichtnahme in das Strafregister ergeben sich die strafrechtlichen Verurteilungen des BF.

Die Feststellung zur Staatsangehörigkeit des BF ergibt sich aus der im Jänner 2021 mitgeteilten Identifizierung durch die marokkanischen Behörden. Aus dem Akteninhalt ergibt sich, dass noch kein Heimreisezertifikat vorliegt. Es sind keine Gründe hervorgekommen, die die Annahme begründen würden, dass für den BF kein Heimreisezertifikat ausgestellt werden könnte, zumal die Marokkanische Botschaft bereits eine Einreisegenehmigung für den BF angefordert hat (siehe hiezu Mail vom 20.01.2021, AS 49, DEF-Akt). Nach den aktuellen Informationen des Gerichts zu Rückführungen werden derzeit seitens Marokko lediglich freiwillige Rückkehrer übernommen, Heimreisezertifikate jedoch (auch ohne Interviews) prinzipiell ausgestellt. Das Gericht schließt sich diesbezüglich der behördlichen Einschätzung an, dass aus derzeitiger Sicht von einer Besserung der pandemischen Situation auszugehen ist und ein Erhalt eines Heimreisezertifikates in absehbarer Zeit vertretbar angenommen werden kann. Auch ist davon auszugehen, dass es in diesem Zusammenhang bis zum Vorliegen eines Heimreisezertifikates ebenso zu einer Akzeptanz von Abschiebungen nach Marokko kommen könnte, da von einer Stabilisierung der pandemischen Situation auszugehen ist.

Aus einer Überprüfung der formalen Grundlagen für die Aufrechterhaltung der Schubhaft ergibt sich, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die durchsetzbare Rückkehrentscheidung, welche seinerzeit die rechtliche Grundlage für die Erlassung des Schubhaftbescheides darstellte, nach wie vor Durchsetzbarkeit hat.

Aus dem Akt ergibt sich keinerlei Anhaltspunkt für eine Erkrankung des BF. Aus der Anhaltedatei sind keine wesentlichen Beschwerden und ärztlichen Behandlungen ersichtlich. Das Gericht geht daher in weiterer Folge davon aus, dass für eine Haftunfähigkeit oder eine Unverhältnismäßigkeit der Haft aufgrund gesundheitlicher Aspekte keine Anhaltspunkte gegeben sind.

Im gerichtlichen Verfahren sind keine Anhaltspunkte dafür hervorgekommen, dass es für den BF nicht möglich wäre, innerhalb der dafür gesetzlich vorgesehenen zeitlichen Grenzen auch tatsächlich in sein Heimatland verbracht zu werden.

Die Feststellungen zu den sozialen und familiären Aspekten ergeben sich im Wesentlichen aus den bisher unwidersprochen gebliebenen Angaben im Asylbescheid und im Schubhaftbescheid. Bereits im abgeschlossenen Asylverfahren wurde festgehalten, dass der BF in Österreich keine nahen Verwandten (Kernfamilie) hat. Eine enge Bindung zu seinem Cousin hat das Verfahren vor der Behörde nicht ergeben. Es bestehen daher keine beachtlichen familiären Anknüpfungspunkte des BF in Österreich. Weder das Asylverfahren noch das behördliche Schubhaftverfahren hat jedenfalls Anhaltspunkte dafür ans Tageslicht gebracht, dass der BF im Inland tatsächlich über sonstige nennenswerte soziale Anknüpfungspunkte verfügen würde, die ihn von einem neuerlichen Untertauchen in die Anonymität, bzw. von einer Weiterreise in ein anderes Land abhalten könnten. Ein aufrechter Wohnsitz war bisher im Wesentlichen nur in Flüchtlingsbetreuungseinrichtungen bzw. im Zuge von Haftaufenthalten gegeben und verfügt der BF nunmehr über gar keine Barmittel, sodass auch nicht davon ausgegangen werden konnte, dass der BF sich eine Unterkunft etwa mieten könnte. Selbst die in der Einvernahme vom 18.12.2020 genannte Wohnmöglichkeit bei einem Freund kann, bei Wahrheitsunterstellung, das Kriterium eines gesicherten Wohnsitzes nicht erfüllen, da der BF dort in der Vergangenheit nicht gemeldet war und auch sonst keinerlei Recht zur Wohnungsnahme bescheinigen konnte.

Die der Schubhaft zugrunde liegende Rückkehrentscheidung ist durchsetzbar. Der BF befindet sich illegal in Österreich. Darüber hinaus ergibt sich aus dem Akt, dass sich der BF in keiner Weise kooperativ oder aber rückkehrwillig gezeigt hat. Zur Vermeidung einer neuerlichen Weiterreise etwa nach Dänemark oder Schweden (wie bereits zwei Mal zuvor) und einer darauffolgenden Rücküberstellung des BF nach Österreich sieht daher das Gericht das öffentliche Interesse an einer gesicherten Außerlandesbringung des BF weiterhin als unverändert hoch an.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A. – Fortsetzungsausspruch

§§ 76 und 77 Fremdenpolizeigesetz (FPG), § 22a Abs 4 Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Verfahrensgesetz (BFA-VG) lauten auszugsweise:

Schubhaft (FPG)

„§ 76 (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1.         dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
2.         dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3.         die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen. 

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1.         ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a.         ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2.         ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3.         ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4.         ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5.         ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6.         ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a.         der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b.         der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c.         es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7.         ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8.         ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebiets-beschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9.         der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

Gelinderes Mittel (FPG)

§ 77 (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,
1.         in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,
2.         sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder
2.         eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen;

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

Dauer der Schubhaft (FPG)

§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.
(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich,
1.         drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;
2.         sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil,
1.         die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,
2.         eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,
3.         der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder
4.         die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft (BFA-VG)

§ 22a (4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde

Anwendungsbereich (Rückführungsrichtlinie)

Art 2. (1) Diese Richtlinie findet Anwendung auf illegal im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufhältige Drittstaatsangehörige.

Inhaftnahme (Rückführungsrichtlinie)

Art 15. (1) Sofern in dem konkreten Fall keine anderen ausreichenden, jedoch weniger intensiven Zwangsmaßnahmen wirksam angewandt werden können, dürfen die Mitgliedstaaten Drittstaatsangehörige, gegen die ein Rückkehrverfahren anhängig ist, nur in Haft nehmen, um deren Rückkehr vorzubereiten und/oder die Abschiebung durchzuführen, (…)

(5) Die Haft wird so lange aufrechterhalten, wie die in Absatz 1 dargelegten Umstände gegeben sind und wie dies erforderlich ist, um den erfolgreichen Vollzug der Abschiebung zu gewährleisten. Jeder Mitgliedstaat legt eine Höchsthaftdauer fest, die sechs Monate nicht überschreiten darf. 

(6) Die Mitgliedstaaten dürfen den in Absatz 5 genannten Zeitraum nicht verlängern; lediglich in den Fällen, in denen die Abschiebungsmaßnahme trotz ihrer angemessenen Bemühungen aufgrund der nachstehend genannten Faktoren wahrscheinlich länger dauern wird, dürfen sie diesen Zeitraum im Einklang mit dem einzelstaatlichen Recht um höchstens zwölf Monate verlängern:
a.         mangelnde Kooperationsbereitschaft seitens der betroffenen Drittstaatsangehörigen oder,
b.         Verzögerung bei der Übermittlung der erforderlichen Unterlagen durch Drittstaaten.

Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Das Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme per se vermag zwar keinen Tatbestand zu verwirklichen, der in tauglicher Weise "Fluchtgefahr" zum Ausdruck bringt. Der Existenz einer solchen Maßnahme kommt jedoch im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Bewertung der Größe der auf Grund der Verwirklichung eines anderen tauglichen Tatbestandes des § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich anzunehmenden Fluchtgefahr Bedeutung zu (vgl. VwGH vom 11.05.2017, Ro 2016/21/0021). In einem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen grundsätzlich weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung aus, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (VwGH vom 20.02.2014, 2013/21/0178).

Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FPG ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Der Behörde kommt aber dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043).

Zum konkret vorliegenden Fall:

Der BF besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Ziff. 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Anordnung der Schubhaft grundsätzlich – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen (Vorliegen eines Sicherungsbedarfes, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft) – möglich ist. Im vorliegenden Fall liegt eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung vor.

Zu Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf:

Es liegt beim BF fortgesetzt Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf iSd § 76 Abs. 3 FPG vor.

Der Antrag auf internationalen Schutz vom 08.05.2018 wurde mit Bescheid des BFA vom 19.03.2019 wegen entschiedener Sache nach § 68 AVG zurückgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, gemäß § 52 FPG Abs. 2 Z 2 und § 9 Abs 1-3 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung gem. § 52 Abs. 9 und § 46 FPG nach Marokko zulässig sei. Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde gem. § 55 FPG Abs

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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