TE Lvwg Erkenntnis 2020/2/7 LVwG 49.33-2700/2018

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Veröffentlicht am 07.02.2020
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Entscheidungsdatum

07.02.2020

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
40/01 Verwaltungsverfahren
63/06 Dienstrechtsverfahren
64/03 Landeslehrer

Norm

LLDG 1985 §12
AVG §58
DVG §1 Abs1
DVG §10
DVG §11 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch die Richterin Mag. P. Maier über die Beschwerde des Herrn Prof. DI A B, geb. am ****, vertreten durch Dr. C D, Rechtsanwalt, Ngasse, G, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 08.08.2018, GZ: ABT10-25458/2004-37, nach Ergehen einer Beschwerdevorentscheidung vom 12.10.2018, GZ: ABT10-25458/2004-40,

                                                                 

z u R e c h t e r k a n n t:

I. Gemäß § 15 Abs 1 und § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz idgF (im Folgenden VwGVG) wird der Beschwerde

Folge gegeben

und werden die Beschwerdevorentscheidung sowie der bekämpfte Bescheid ersatzlos behoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz (im Folgenden VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I:

A)    Bekämpfter Bescheid – Beschwerde – Vorlageantrag:

Mit Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung (im Folgenden belangte Behörde) vom 08.08.2018, GZ: ABT10-25458/2004-37, wurde die Gesamtpension des Beschwerdeführers nach dem Pensionsgesetz in der Höhe von monatlich brutto € 2.519,38 festgesetzt.

Begründet wurde der Bescheid im Wesentlichen damit, dass sich der Beschwerdeführer seit 01.11.2016 im Ruhestand befinde und die Anspruchsvoraussetzungen für eine Gesamtpension nach dem Pensionsgesetz vorlägen. Die relevanten Daten seien geprüft und in die beiliegenden Berechnungsblätter übernommen worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die gegenständliche Beschwerde mit welcher im Wesentlichen und zusammengefasst Folgendes vorgebracht wurde:

-   Verletzungen von grundlegenden Verfahrensvorschriften (keine Information von der Einleitung eines Verfahrens zur Neubemessung der Pensionsbezüge, kein Parteiengehör, keine Möglichkeit zur Stellungnahme);

 

-   Wegen der seit inklusive November 2016 geleisteten Pensionszahlung liege eine entschiedene Sache vor und somit keine taugliche Rechtsgrundlage für die Erlassung des beschwerdegegenständlichen Bescheides;

-   Verwaltungsrechtlich betrachtet sei bereits im November 2016 eine als Bescheid anzusehende rechtskräftige inhaltliche Erledigung der Bemessung der Höhe der dem Beschwerdeführer zustehenden Pension vorgenommen worden;

-   Zivilrechtlich betrachtet sei eine Vereinbarung über die Höhe der dem Beschwerdeführer gebührenden Pension konkludent abgeschlossen worden;

-   Darüber hinaus sei die mit dem beschwerdegegenständlichen Bescheid vorgenommene Bemessung der Pensionshöhe unrichtig und rechtsrichtig die Bruttopension mit zumindest € 3.727,04 (bzw. nach Erhöhung mit 3.772,88) zu bemessen.

Es wurde die Aufhebung des beschwerdegegenständlichen Bescheides – nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung – beantragt.

Mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom 12.10.2018, GZ: ABT10-25458/2004-40, wurde die Beschwerde abgewiesen (Spruch I.) und der Spruch des Bescheides vom 08.08.2018 vollinhaltlich bestätigt bzw. wiederholt (Spruch II.).

Unter Spruch III. wurde festgehalten, dass von einer Rückforderung der vom November 2016 bis zum Dezember 2017 zu viel erhaltenen Pension gemäß § 39 Abs 1 PG Abstand genommen werde.

Unter Spruchpunkt IV. wurde festgelegt, dass die ab Jänner 2018 zu Unrecht empfangenen Leistungen dem Land Steiermark gemäß § 39 leg cit zu ersetzen seien.

Daraufhin wurde ein Vorlageantrag eingebracht und wurde die gegenständliche Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Steiermark zur Entscheidung vorgelegt.

B)      Sachverhalt:

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere der mündlichen Verhandlung am 19.12.2019, in welcher der Beschwerdeführer selbst sowie die Sachbearbeiterin der belangten Behörde zum Sachverhalt befragt wurden, ergibt sich für das Gericht folgender, für diese Entscheidung maßgebliche Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Steiermark und war bis November 2016 an der E F als Lehrer beschäftigt. Als land- und forstwirtschaftlicher Landeslehrer unterliegt er dem land- und forstwirtschaftlichen Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz (im Folgenden LLDG).

Aufgrund zahlreicher Krankenstände wurde im Jahr 2015 ein Verfahren zur Beurteilung des Gesundheitszustandes eingeleitet und der Beschwerdeführer amtsärztlichen Untersuchungen (§ 36 LLDG) unterzogen und schließlich ein Verfahren gemäß § 12 LLDG (Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit) eingeleitet. Nach zwei durchgeführten amtsärztlichen Untersuchungen (Gutachten vom 21.01.2016 und 08.07.2016) wurde dem Beschwerdeführer mit Schreiben der belangten Behörde vom 05.08.2016 mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, ihn gemäß § 12 Abs 1 LLDG mit Ablauf des 31.08.2016 in den Ruhestand zu versetzen. Dem Beschwerdeführer wurde die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt und wurde ihm ein Fragebogen für die Anweisung des Ruhebezuges beigelegt und um Rücksendung ersucht. Der Fragebogen wurde vom Beschwerdeführer am 01.09.2016 retourniert. Zu diesem Zeitpunkt befand sich der Beschwerdeführer im Krankenstand und hat auch weiter laufendes Gehalt (Netto € 2.653,84) bezogen. Ab November 2016 hat der Beschwerdeführer schließlich „Pensionszahlungen“ (netto € 2.578,97) erhalten, dies war für den Beschwerdeführer auf den Bankauszügen ersichtlich. Daraus schloss der Beschwerdeführer, dass er sich seit November 2016 im Ruhestand befand.

Erst später erhielt der Beschwerdeführer ein Schreiben des Landesrates mit folgendem Inhalt:

„Nach den Bestimmungen des Land- und forstwirtschaftlichen Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1985 wurde Ihre Versetzung in den

R u h e s t a n d

mit Ablauf des

3 1 . O k t o b e r 2 0 1 6

rechtswirksam.

Aus diesem Anlass spricht Ihnen die Steiermärkische Landesregierung für Ihre langjährige und pflichtgetreue Dienstleistung

D a n k u n d A n e r k e n n u n g

aus.

Über Ihre pensionsrechtlichen Ansprüche erhalten Sie von der Abteilung 10 Land- und Forstwirtschaft, Referat Landwirtschaftliches Schulwesen, einen gesonderten Bescheid“

Zum Schreiben des Landesrates vom 02.11.2016 wird folgendes festgestellt:

Das Schreiben wurde von der Bearbeiterin am 03.11.2016 erstellt, dann dem Landesrat zur Unterzeichnung übermittelt. Das unterfertigte Schriftstück wurde am 15.11.2016 wieder bei der belangten Behörde retourniert und im Original für den ELAK eingescannt. Erst danach wurde es auf normalem Postweg an den Beschwerdeführer versandt. Wann dieses beim Beschwerdeführer eingelangt bzw. diesem zugestellt wurde, kann mangels Zustellung zu eigenen Handen nicht eruiert werden.

Bescheid über die Versetzung des Beschwerdeführers in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit wurde keiner erlassen. Zwischen dem Beschwerdeführer und der belangten Behörde erfolgte vorerst kein weiterer Kontakt, weder schriftlich noch persönlich.

Erst mit Schreiben vom 11.12.2017 wurde dem Beschwerdeführer schließlich unter anderem mitgeteilt, dass sich die Erstellung des Pensionsbescheides verzögern würde und, sollte die Gesamtpension aufgrund der Berechnung höher sein als der bisherige Vorschuss, die gesamte Differenz seit seiner Ruhestandsversetzung ausbezahlt werden würde.

Dieses Schreiben wurde ebenfalls auf normalem Postweg versandt und hat der Beschwerdeführer laut seinen Angaben nicht erhalten.

Am 08.08.2018 wurde schließlich der nunmehr in Beschwerde gezogene Bescheid erlassen und die Gesamtpension des Beschwerdeführers vom 01.11.2016 an rückwirkend mit monatlich brutto € 2.519,38 festgesetzt und in weiterer Folge die verfahrensgegenständliche Beschwerdevorentscheidung erlassen.

Abgesehen von oben genanntem Schreiben der belangten Behörde vom 11.12.2017 bestand zwischen dem Beschwerdeführer und der belangten Behörde zwischen der Mitteilung der beabsichtigten Ruhestandsversetzung mit Ablauf des 31.08.2016 vom 05.08.2016 und dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 08.08.2018 kein Kontakt. Das Schreiben des Landesrates vom 03.11.2016 hat der Beschwerdeführer Ende November 2016 erhalten.

C)   Beweiswürdigung:

Die getroffenen Feststellungen konnten aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere der Aussagen im Rahmen der mündlichen Verhandlung, getroffen werden. Im Übrigen wurde der Sachverhalt vom Beschwerdeführer nicht bestritten und steht dieser unstrittig fest.

D)    Rechtliche Beurteilung:

Nach Art. 130 Abs 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz idgF (im Folgenden B-VG) entscheiden Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Die örtliche Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark ergibt sich aus § 3 VwGVG.

Gemäß § 28 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden und die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Im vorliegenden Fall liegt weder ein Zurückweisungs- noch Einstellungsgrund im obigen Sinne vor, weshalb in der Sache ein Erkenntnis zu fällen war.

Die maßgebliche Bestimmung des Land- und forstwirtschaftliches Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes (LLDG) lauten wie folgt:

§ 12 LLDG:

„Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit und bei Außerdienststellung

(1) Der Lehrer ist von Amts wegen oder auf seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn er dauernd dienstunfähig ist.

(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl. Nr. 392/1996)

(3) Der Lehrer ist dienstunfähig, wenn er infolge seiner gesundheitlichen Verfassung seine dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen und ihm kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, dessen Aufgaben er nach seiner gesundheitlichen Verfassung zu erfüllen imstande ist und der ihm mit Rücksicht auf seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden kann.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch BGBl. Nr. 820/1995)

(Anm.: Abs. 5 aufgehoben durch BGBl. Nr. 201/1996)

(6) Die Versetzung in den Ruhestand wird mit Ablauf jenes Monats wirksam, in dem sie rechtskräftig wird.

(7) Solange über eine zulässige und rechtzeitige Beschwerde gegen eine Versetzung in den Ruhestand nicht entschieden ist, gilt der Lehrer als beurlaubt.

(8) Eine Versetzung in den Ruhestand nach den Abs. 1 bis 6 ist während einer (vorläufigen) Suspendierung gemäß § 88 nicht zulässig.“

Die belangte Behörde geht davon aus, dass sich der Beschwerdeführer seit 01.11.2016 wegen Dienstunfähigkeit gem. § 12 LLDG im Ruhestand befindet.

Mit dem beschwerdegegenständlichen Bescheid vom 08.08.2018 wurde die monatliche Gesamtpension des Beschwerdeführers nach dem Pensionsgesetz rückwirkend mit 01.11.2016 festgesetzt.

Ein monatlicher Ruhebezug gebührt einem Beamten des Ruhestandes (§ 3 PG ff).

Um in der Sache entscheiden und über die zustehende Höhe des Ruhebezuges absprechen zu können, ist für das erkennende Gericht der Zeitpunkt der Versetzung in den Ruhestand entscheidungsrelevant und wird hiezu folgendes festgestellt:

Im Gegenstand war beabsichtigt, den Beschwerdeführer gemäß § 12 LLDG wegen Dienstunfähigkeit von Amts wegen in den Ruhestand zu versetzen.

Gemäß § 12 Abs 6 leg cit wird die Versetzung in den Ruhestand mit Ablauf jenes Monats wirksam, indem sie rechtskräftig wird. Die Versetzung in den Ruhestand gemäß § 12 LLDG hat also mittels Bescheid zu erfolgen.

Die belangte Behörde vertritt nun die Rechtsansicht, dass es sich beim Schreiben des Landesrates vom 02.11.2016, dem Beschwerdeführer irgendwann Ende November auf normalem Postweg übermittelt, um einen Bescheid handelt, mit welchem der Beschwerdeführer gemäß § 12 LLDG rechtskräftig in den Ruhestand versetzt wurde.

Damit verkennt die belangte Behörde jedoch die Rechtslage:

§ 1 Abs 1 Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984 idgF (im Folgenden DVG) lautet:

„Auf das Verfahren in Angelegenheiten des öffentlich-rechtlichen Dienst-, Ruhe- oder Versorgungsverhältnisses (im folgenden 'Dienstverhältnis' genannt) zum Bund, den Ländern, Gemeinden und Gemeindeverbänden ist das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit den nachstehenden Abweichungen anzuwenden.“

§ 10 DVG lautet:

Ernennungen, Verleihungen von Amtstiteln, Verständigungen über solche Ernennungen und Verleihungen sowie die mit Ernennungen und Verleihungen von Amtstiteln zusammenhängenden und gleichzeitig getroffenen Feststellungen und Verfügungen bedürfen weder der Bezeichnung als Bescheid, noch einer Begründung, noch einer Rechtsmittelbelehrung.“

§ 11 Abs 1 DVG lautet:

„Bescheide in Dienstrechtsangelegenheiten sind, abgesehen von den Fällen des § 9, schriftlich zu erlassen und, wenn sie an Beamte des Dienststandes gerichtet sind, jedenfalls zu eigenen Handen zuzustellen.“

§ 58 AVG idgF lautet auszugsweise:

„(1) Jeder Bescheid ist ausdrücklich als solcher zu bezeichnen und hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung zu enthalten.

(2) Bescheide sind zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen wird.

...“

Gemäß § 10 DVG bedürfen Ernennungen, Verleihungen von Amtstiteln, Verständigungen über solche Ernennungen und Verleihungen sowie die mit Ernennungen und Verleihungen von Amtstiteln zusammenhängenden und gleichzeitig getroffenen Feststellungen und Verfügungen weder der Bezeichnung als Bescheid, noch einer Begründung, noch einer Rechtsmittelbelehrung.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Aufzählung in § 10 DVG eine taxative. Mit einer Ernennung hängen nur solche Feststellungen und Verfügungen zusammen, die ihrem Wesen nach zu dieser Ernennung gehören. Die Feststellung der besoldungsrechtlichen Stellung, die aufgrund einer Ernennung erlangt wird, zählt nicht zu den Wesensbestandteilen dieser Ernennung (vgl. VwGH 23.10.2006, Zl. 2003/12/0155; 28.05.2014, Ro 2014/12/0025 u.a.).

Die somit nicht unter § 10 DVG fallende und verfahrensgegenständliche Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit gemäß § 12 LLDG bedarf daher gemäß § 58 Abs 1 und Abs 2 AVG iVm § 10 DVG einer Bezeichnung als Bescheid, einer Begründung sowie einer Rechtsmittelbelehrung.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH nimmt die fehlende Bezeichnung als Bescheid diesem Teil der Erledigung zwar nicht von vornherein den Bescheidcharakter, doch ist die Bezeichnung als Bescheid in jedem Fall, in dem der Inhalt der Erledigung, also ihr Wortlaut und ihre (sprachliche) Gestaltung, Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen lassen, essenziell (vgl. VwGH 22.04.2009, Zl. 2009/12/0059; 28.05.2014, Ro 2014/12/0025 u.a.).

Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid kann nach der Judikatur des VwGH also nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, dass die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt, sondern auch, dass sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. Der normative Inhalt muss sich aus der Formulierung der behördlichen Erledigung, also in diesem Sinn auch aus ihrer Form, ergeben. Die bloße Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen oder Rechtsbelehrungen kann demnach nicht als verbindliche Erledigung, also nicht als Spruch im Sinne des § 58 Abs 1 AVG, gewertet werden. In jedem Fall, in dem der Inhalt einer behördlichen Erledigung Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen lässt, ist die ausdrückliche Bezeichnung für den Bescheidcharakter dieser Erledigung essenziell. Nur dann, wenn dieser Inhalt, also der Wortlaut und die sprachliche Gestaltung, keinen Zweifel darüber aufkommen lassen, dass die Behörde die Rechtsform des Bescheides gewählt hat, wäre die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid für das Vorliegen eines solchen nicht wesentlich (VwGH 14.12.2005, Zl: 2002/12/0183).

Die im Schreiben vom 02.11.2016 gewählten Formulierungen, nach denen dem Beschwerdeführer aus Anlass der Ruhestandsversetzung, welche nach den Bestimmungen des Land- und forstwirtschaftlichen Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1985 mit Ablauf des 31.10.2016 rechtswirksam wurden, Dank und Anerkennung für seine langjährige und pflichtgetreue Dienstleistung ausgesprochen wird – und nicht etwa ausgeführt wird „es wird festgestellt, dass Sie mit Ablauf ... in den Ruhestand versetzt werden …. oder: werden Sie versetzt“ – lassen darauf schließen, dass es sich bei diesem Schreiben nicht um einen Abspruch in Bescheidform, sondern um ein „Dankesschreiben“ des Landesrates anlässlich einer „bereits erfolgten“ Ruhestandsversetzung im Nachhinein handelt, das nicht die Rechtswirkungen eines Bescheides entfaltet (vgl. auch VwGH 28.03.2008, Zl. 2008/12/0048).

Für diese Deutung spricht auch die Tatsache, dass das gegenständliche Schreiben erst im Nachhinein zu einer offensichtlich beabsichtigten Versetzung in den Ruhestand erstellt, unterfertigt und auf normalem Postwege an den Beschwerdeführer übermittelt wurde, zumal eine rückwirkende Pensionierung rechtswidrig wäre.

Das von der belangten Behörde als Bescheid ins Treffen geführte „Dankesschreiben“ des Landesrates vom 02.11.2016 enthält keine Aussprüche bzw. Feststellungen, die im obigen Sinne zweifelsfrei darauf schließen lassen, dass es sich um einen Bescheid handelt. Daran ändert auch die Mitteilung nichts, anlässlich der Dank und Anerkennung ausgesprochen wurden, nämlich dass nach den Bestimmungen des Land- und Forstwirtschaftlichen Landeslehrer- Dienstrechtsgesetztes die Versetzung in den Ruhestand mit Ablauf des 31. Oktober 2016 rechtswirksam wurde, zumal es sich dabei um eine bloße Wiedergabe einer Rechtsansicht bzw. Tatsachen im Nachhinein im Sinne obiger Ausführungen handelt und demnach nicht als verbindliche Erledigung, also nicht als Spruch im Sinne obiger Judikatur, gewertet werden kann. Die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid wäre daher für die Qualifikation des in Rede stehenden Schreibens als Bescheid essenziell gewesen (vgl. auch VwGH vom 30.04.2014, Ro 2014/12/0015 und Ro 2014/12/0026).

Doch selbst wenn man davon ausgehen würde, dass es sich beim gegenständlichen „Dankesschreiben“ um einen Bescheid handelt, wird festgestellt, dass dieser gemäß § 11 Abs 1 DVG jedenfalls zu eigenen Handen zuzustellen gewesen wäre, um Rechtswirkungen zu entfalten.

Zusammenfassend wird festgestellt, dass dem Beschwerdeführer kein Bescheid zu eigenen Handen zugestellt wurde, weshalb eine Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit gemäß § 12 Abs. 6 LLDG auch nicht rechtskräftig werden konnte.

Da die Versetzung in den Ruhestand aber unabdingbare Voraussetzung für die Festsetzung der Gesamtpension bzw. des Ruhebezuges ist, waren der beschwerdegegenständliche Bescheid sowie die diesen bestätigende Beschwerdevorentscheidung, mit welcher darüber hinaus in rechtswidriger Weise (da vom bekämpften Bescheid nicht umfasst) auch zusätzlich über die „Rückforderung zu Unrecht empfangener Leistungen“ abgesprochen wurde, zu beheben.

Zu II:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Landeslehrer, Versetzung in den Ruhestand, Bescheid, normative Anordnung, Spruch, Bezeichnung als Bescheid, Dank und Anerkennung, Dankesschreiben

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGST:2020:LVwG.49.33.2700.2018

Zuletzt aktualisiert am

21.12.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Steiermark LVwg Steiermark, http://www.lvwg-stmk.gv.at
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