TE Vwgh Erkenntnis 1996/11/28 96/11/0224

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Veröffentlicht am 28.11.1996
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Index

90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §64 Abs6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des N in W, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 25. Juni 1996, Zl. MA 65-8/301/96, betreffend Erteilung einer österreichischen Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er Kraftfahrzeuge der Gruppen B, C, F und G betrifft, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben; im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.560,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines iranischen Staatsangehörigen mit Hauptwohnsitz in Österreich seit Februar 1994, vom 1. September 1994 auf Erteilung einer österreichischen Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen B, C, E, F und G auf Grund seiner iranischen Lenkerberechtigung gemäß § 64 Abs. 6 KFG 1967 abgewiesen.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 64 Abs. 6 KFG 1967 ist Besitzern einer im Ausland erteilten Lenkerberechtigung auf Antrag insoweit ohne Ermittlungsverfahren eine Lenkerberechtigung mit dem gleichen Berechtigungsumfang zu erteilen, als auf Grund der Vorschriften des Staates, in dem die ausländische Lenkerberechtigung erteilt wurde, bei der Erteilung einer Lenkerberechtigung auf Grund einer österreichischen Lenkerberechtigung von der Feststellung der im Abs. 2 angeführten Voraussetzungen abzusehen ist. Diesem Antrag darf nur stattgegeben werden, wenn der Antragsteller seit länger als sechs Monaten seinen Hauptwohnsitz in Österreich hat und glaubhaft macht, daß er auf Grund der im Ausland erteilten Lenkerberechtigung seit mindestens einem Jahr Kraftfahrzeuge der Gruppe gelenkt hat, für die die Lenkerberechtigung erteilt wurde, und wenn bei ihm keine Bedenken hinsichtlich der Verkehrszuverlässigkeit, der geistigen und körperlichen Eignung und der fachlichen Befähigung bestehen. Das Erfordernis der glaubhaft zu machenden Fahrpraxis entfällt bei Antragstellern, deren Lenkerberechtigung in einem der Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum erteilt worden ist.

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist lediglich strittig, ob es dem Beschwerdeführer gelungen ist, eine ausreichende Lenkpraxis im Jahr vor der Antragstellung glaubhaft zu machen. Was diesen Zeitraum betrifft, hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren eine Bestätigung eines inländischen Transportunternehmens vom 9. Juni 1995 vorgelegt, wonach der Beschwerdeführer zwischen dem 1. Jänner und dem 31. August 1994 "einmal in der Woche ... als Ersatzfahrer" mit näher bezeichneten Lastkraftwagen Transporte zwischen österreichischen Landeshauptstädten durchgeführt habe. Die belangte Behörde vermeint, eine derartige Lenkpraxis sei nicht ausreichend. Sie beruft sich auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, nach der ein bloß gelegentliches Lenken nicht genüge.

Vorauszuschicken ist, daß der Beschwerdeführer im gesamten Verwaltungsverfahren eine Lenkpraxis lediglich in Ansehung von Kraftfahrzeugen der Gruppe C behauptet hat. Schon aus diesem Grund ist die Abweisung seines Antrages, soweit er Kraftfahrzeuge der Gruppe E betrifft, zu Recht erfolgt und seine Beschwerde in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Im übrigen ist der Verwaltungsgerichtshof der Auffassung, daß beim einmal in der Woche erfolgten Lenken über nicht lediglich ganz kurze Strecken durch die letzten acht Monate vor der Antragstellung nicht von einem unzureichenden bloß gelegentlichen Lenken die Rede sein kann (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Oktober 1985, Zl. 83/11/0163, in Form von Rechtssätzen abgedruckt in Slg. Nr. 11912/A, in welchem von einem "im Durchschnitt monatlich einige Tage" erfolgtem ausreichenden Lenken die Rede war).

Es bleibt allerdings offen, was mit der in Rede stehenden Bestätigung vom 9. Juni 1995 gemachten Einschränkung "als Ersatzfahrer" gemeint war, ob nämlich damit nur eine Beschäftigung als Beifahrer mit der Verpflichtung zum Einspringen bei Ausfall des "Hauptfahrers" umschrieben werden sollte oder ob sich der Beschwerdeführer als "Ersatzfahrer" mit dem "Hauptfahrer" regelmäßig beim Lenken abgewechselt hat, wobei den "Hauptfahrer" gegenüber dem Arbeitgeber die Verantwortung für die ordnungsgemäße Absolvierung des Transportes oblegen ist. Ohne konkrete Feststellungen zu dieser Frage läßt sich nicht überprüfen, ob der Antrag des Beschwerdeführers auch in Ansehung von Kraftfahrzeugen der Gruppe C zu Recht abgewiesen wurde. Wenn das Vorbringen des Antragstellers an sich zur Glaubhaftmachung geeignet, aber hiezu nach Ansicht der Behörde (noch) nicht ausreichend ist, so obliegt es der Behörde, dem Antragsteller diese Ansicht mitzuteilen und ihm Gelegenheit zu geben, sein Vorbringen zu ergänzen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Jänner 1994, Zl. 93/11/0204). Dies hat die belangte Behörde - ausgehend von ihrer unzutreffenden Ansicht, ein einmal wöchentliches Lenken durch acht Monate sei von vornherein nicht ausreichend - unterlassen.

Der angefochtene Bescheid war daher, soweit er den Antrag auf Erteilung einer österreichischen Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppe C (welche auch die entsprechende Berechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen B, F und G umfaßt) betrifft, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996110224.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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