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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1988 §10 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde der G-GmbH in N, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat X) vom 10. Dezember 1993, Zl. 6/4-4299/93-02, betreffend Körperschaftsteuer und einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrag 1991, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Bescheid wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zum Zwecke des Betriebes einer Bauschuttdeponie erwarb die Beschwerdeführerin mit Kaufvertrag vom 16. Jänner 1991 landwirtschaftlich genutzte Grundstücke (Nr. 729/20, 731/18 und 731/19 der EZ X des Grundbuches N) mit einer Gesamtfläche von
69.940 m2. Bei diesen Grundstücken handelte es sich um ausgearbeitete Schottergruben, deren Kaufpreis sich unter Bedachtnahme auf die durch den erfolgten Abbau vorhandene Befüllmöglichkeit nach der ermittelten Kubatur errechnete: Pro vermessenem Kubikmeter des erfolgten Abbaues wurde ein Betrag von öS 37,-- zuzüglich allfälliger Mehrwertsteuer zugrundegelegt und vereinbart, woraus sich unter Berücksichtigung der Gesamtkubatur von 412.898,46 m3 ein Gesamtkaufpreis von öS 15,277.243,-- zuzüglich allfälliger Mehrwertsteuer errechnete (Punkt III des Kaufvertrages).
Im Rahmen der Steuererklärungen für das Jahr 1991 machte die Beschwerdeführerin von den Anschaffungskosten (inklusive Nebengebühren) einen Investitionsfreibetrag in Höhe von 20 % (S 3,162.390,--) gemäß § 10 EStG 1988 geltend.
Auf einen Vorhalt des Finanzamtes vom 2. März 1993, wonach für die in der Bilanz als "bebaute Grundstücke" bezeichneten abgebauten Schottergruben kein Investitionsfreibetrag zustehe, teilte die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 18. März 1993 mit, die ausgehobenen Schottergruben seien zum Zwecke der Errichtung einer Deponie gekauft worden. Der Kaufpreis habe sich in keiner Weise an der Größe des Grundstückes, sondern "rein an der Kubatur" orientiert. Bis zur Inbetriebnahme der Deponie seien noch umfangreiche bauliche Maßnahmen durchzuführen, sodaß letztlich ein bebautes Grundstück vorliegen werde. Ein wesentlicher Bestandteil dieser Deponie sei der zur Verfügung stehende Ablagerungsraum. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin liege daher im Ankauf des Ablagerungsraumes der erste Schritt zur Errichtung eines bebauten Grundstückes, welches als Deponie betrieben werden könne. Der Deponielagerraum sei notwendiger Bestandteil der gesamten "im Entstehen begriffenen Baulichkeit", bei der es sich nach seiner Fertigstellung um ein abnutzbares, bebautes Grundstück handle. Auch wenn z.B. sonstiger unterirdischer Lagerraum gebaut werde, sei die entsprechende Kubatur auszuheben, wenn nicht bereits eine ausgehobene Grube erworben werde. Die Aushubkosten wären dann sicherlich Herstellungskosten für das gesamte Bauwerk bzw. würden im zweiten Fall Anschaffungskosten für das Bauwerk vorliegen.
Das Finanzamt erkannte bei der Veranlagung 1991 den geltend gemachten Investitionsfreibetrag nicht an und begründete dies im Körperschaftsteuer und Gewerbesteuermeßbetragsbescheid damit, daß es sich nach herrschender Lehre und Rechtsprechung bei abgebauten Schottergruben nicht um abnutzbares Anlagevermögen handle, sodaß der IFB nicht gewinnmindernd berücksichtigt werden könne.
In der dagegen erhobenen Berufung beantragte die Beschwerdeführerin, den auf den Grund und Boden entfallenden Kaufpreisanteil (öS 1,-- pro m2 = insgesamt öS 69.940,--) bei der IFB-Berechnung auszuscheiden und den IFB in Höhe von öS 3,148.400,-- anstelle des in der Gewinn- und Verlustrechnung geltend gemachten Betrages gewinnmindernd zu berücksichtigen. Dazu wurde ausgeführt, daß es sich ihres Erachtens bei einer Bauschuttdeponie um ein für sich selbst bewertbares abnutzbares Wirtschaftsgut handle, dessen Grundstückspreis selbst höchstens Symbolcharakter habe und deshalb wirtschaftlich nahezu nicht in Betracht zu ziehen sei; dies nicht zuletzt deshalb, da aus heutiger Sicht nach Befüllung der Deponie das Grundstück keiner weiteren Verwertung zugeführt werden könne, denn wesentlicher Bestandteil einer Bauschuttdeponie sei deren Befüllungsvermögen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung in der Frage der Zuerkennung des IFB keine Folge (die erstinstanzlichen Bescheide änderte die belangte Behörde auch insofern ab, als sie bisher als Betriebsausgaben angesetzte Deponie-Vertragserrichtungskosten in Höhe von S 210.000,-- aktivierte). In der Begründung wurde ausgeführt, der Deponieraum stelle - neben Grund und Boden - ein separat zu betrachtendes Wirtschaftsgut dar, dem - wie das auch der gegenständliche Kaufvertrag zeige - Marktgängigkeit zukomme. Es stelle aber auch Deponieraum ein nicht abnutzbares Anlagegut dar, weil Deponieraum insoweit keinem Wertverzehr unterliege, als dieser nicht als solcher genutzt werde. Der Wertverzehr trete erst nach Maßgabe des Verbrauches des Deponieraumes durch Beschüttung ein. Eine Abnutzung des vorhandenen Deponieraumes selbst finde somit nicht statt. Der "Deponieraum" weise außerdem die für abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens erforderliche Tatbestandsvoraussetzung des § 7 Abs. 1 EStG 1988 nicht auf, wonach abnutzbares Anlagevermögen lediglich bei Wirtschaftsgütern gegeben sei, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstrecke. Diese Voraussetzungen seien bei Deponieraum nicht erfüllt, weil der noch nicht verwendete - gleichsam auf Vorrat angeschaffte - Deponieraum in keiner Weise einkünftebegründend sei und auch in keiner Weise objektiv die Möglichkeit bestehe, die zeitliche Tatbestandskomponente zu bestimmen. Deponieraum könne auch keinesfalls als Gebäude qualifiziert werden, schon allein deswegen, weil Gebäude - etwa Lagerhäuser - ihre Funktionsfähigkeit nicht - wie Deponieraum - mit der Einlagerung von Waren verlören. Diese Beurteilung erfahre dadurch keine Änderung, daß bei Deponieraum durch das Deponieren von Bauschutt ein Verbrauch der Substanz bewirkt werde bzw. aus diesem Grund bei bestimmungsgemäßer Verwendung eine Absetzung für Substanzverringerung im Sinne der Bestimmung des § 8 Abs. 5 EStG 1988 begründet sei. Bei Betrieben, die einen Verbrauch der Substanz mit sich brächten, stellten diese Substanzen (diesfalls der verbrauchbare Deponieraum) keine abnutzbaren Anlagegüter im Sinne des § 10 Abs. 1 EStG 1988 dar. Aus der (näher dargestellten) Gesetzessystematik ergebe sich auch, daß die im § 8 Abs. 5 EStG 1988 normierte Absetzung für Substanzverringerung vom zweiten Satz des § 10 Abs. 1 EStG 1988 nicht angesprochen werde. Bei dieser "Rechtslage" erübrige es sich schließlich, auch darauf einzugehen, ob die seitens der Beschwerdeführerin vorgenommene Aufteilung des Gesamtkaufpreises auf Grund und Boden bzw. das Wirtschaftsgut "Deponieraum" den tatsächlichen Verhältnissen entspreche.
Die Behandlung der zunächst vor dem Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde hat dieser mit Beschluß vom 20. Juni 1994, B 365/94-3, abgelehnt. In der an den Verwaltungsgerichtshof antragsgemäß abgetretenen Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die Rechtsverletzung wird nach den Beschwerdeausführungen darin gesehen, daß der beantragte Investitionsfreibetrag nach § 10 EStG nicht zuerkannt wurde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 10 Abs. 1 EStG 1988, in der im Beschwerdefall anzuwendenden Stammfassung BGBl. Nr. 400, kann der Steuerpflichtige bei der Anschaffung oder Herstellung von abnutzbaren Anlagegütern einen Investitionsfreibetrag von höchstens 20 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnmindernd geltend machen. Die Absetzung für Abnutzung (§§ 7 und 8) wird dadurch nicht berührt.
Gemäß § 7 Abs. 1 EStG 1988 sind bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt (abnutzbares Anlagevermögen), die Anschaffungs- oder Herstellungskosten gleichmäßig verteilt auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abzusetzen (Absetzung für Abnutzung). Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer bemißt sich nach der Gesamtdauer der Verwendung oder Nutzung.
Wirtschaftsgüter können zwar neben körperlichen (materiellen) Gütern auch immaterielle (unkörperliche) Güter sein. Dazu zählen nicht nur Rechte und rechtliche Umstände (Zustände), sondern auch tatsächliche Umstände (Zustände). Voraussetzung für die Wirtschaftsguteigenschaft ist allerdings auch bei immateriellen Gütern stets, daß sie in irgendeiner Form eigenständig in Erscheinung treten. Es muß sich um nach der Verkehrsauffassung selbständig bewertbare Güter handeln und nicht bloß um den Ausfluß eines ("anderen") Wirtschaftsgutes (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshof vom 21. Jänner 1986, 84/14/0129 = Slg. Nr. 6.069/F).
Nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren hat diese mit den abgebauten Schottergruben "Ablagerungsraum" erworben, der einer zu errichtenden Bauschuttdeponie dienen sollte. Beide Parteien gehen davon aus, daß es sich beim erworbenen Deponieraum um ein vom Grund und Boden gesondert zu betrachtendes Wirtschaftsgut handle.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag dieser Ansicht nicht zu folgen. Die Beschwerdeführerin hat die ausgearbeiteten Schottergruben offensichtlich deshalb erworben, weil sie aufgrund ihrer topographischen Gegebenheiten für die Errichtung der beabsichtigten Mülldeponie (in der Beschwerde mehrmals als "Deponiegebäude" bezeichnet) geeignet waren. Das mögliche Ablagerungsvolumen mag zwar bei der Anschaffung der Schottergruben preisbildend gewesen sein, es handelte sich dabei aber letztlich doch nur um die besondere Qualität eines anderen Wirtschaftsgutes, nämlich des der zu errichtenden Mülldeponie dienenden Grund und Bodens (vgl. dazu auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshof vom 30. Juni 1987, 86/14/0195 = Slg. Nr. 6.237/F). Mit dem "Deponieraum" (von der Beschwerdeführerin u.a. als "Hohlraum" bezeichnet) trat noch kein Wirtschaftsgut selbständig in Erscheinung.
War der laut Kaufvertrag vom 16. Jänner 1991 zu entrichtende Preis für die Schottergruben damit zur Gänze als Anschaffungskosten für Grund und Boden zu werten, kam bereits deshalb die Zuerkennung eines Investitionsfreibetrages nach § 10 Abs. 1 EStG 1988 - der nur für abnutzbare Anlagegüter zusteht - nicht in Betracht. Die in der Beschwerde relevierte Rechtsverletzung liegt damit nicht vor.
Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1994130179.X00Im RIS seit
20.11.2000