TE Vwgh Erkenntnis 1996/12/19 96/11/0231

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Veröffentlicht am 19.12.1996
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Index

43/02 Leistungsrecht;
44 Zivildienst;

Norm

HGG 1992 §28;
ZDG 1986 §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des Dr. H in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 26. Juni 1996, Zl. MA 62-III/34/96, betreffend Familienunterhalt nach dem Zivildienstgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.040,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer leistete seinen ordentlichen Zivildienst vom 2. Oktober 1995 an. Im Zuweisungsbescheid vom 13. Juni 1995 war als Dienstende der 31. August 1996 angegeben.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Antrag des Beschwerdeführers vom 29. November 1995 gemäß § 34 Abs. 1 des Zivildienstgesetzes (ZDG) in Verbindung mit § 28 des Heeresgebührengesetzes 1992 (HGG 1992) stattgegeben und ihm für seine Ehefrau ein Familienunterhalt im Ausmaß eines ziffernmäßig umschriebenen Betrages pro Monat zuerkannt.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer der Sache nach Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Bemessung des Familienunterhaltes war die selbständige Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers als Vortragender bei Universitätskursen zugrundegelegt worden. Er hatte aber im Verwaltungsverfahren geltend gemacht, daß er in den letzten drei Monaten vor Antritt des ordentlichen Zivildienstes zusätzlich ohne Dienstnehmereigenschaft im Betrieb seiner Eltern hauptberuflich tätig gewesen sei. Das wäre bei Ermittlung der Bemessungsgrundlage mitzuberücksichtigen gewesen.

Gemäß § 34 Abs. 1 ZDG hat der Zivildienstleistende, der einen ordentlichen Zivildienst leistet, Anspruch auf u.a. Familienunterhalt, wie er einem Wehrpflichtigen nach § 30 HGG zusteht.

Gemäß § 30 Abs. 1 Z. 1 HGG 1992 ist hinsichtlich des Familienunterhaltes Bemessungsgrundlage bei einem Wehrpflichtigen, der Bezüge aus nichtselbständiger Arbeit erhält oder erhalten hat, ein Drittel des Nettoeinkommens der letzten drei Kalendermonate vor Antritt des Präsenzdienstes. Gemäß § 30 Abs. 3 Z 1 HGG 1992 umfaßt das Nettoeinkommen sämtliche steuerpflichtigen und steuerfreien Bezüge aus nichtselbständiger Arbeit, außer der Familienbeihilfe, vermindert um die darauf entfallende Lohnsteuer sowie um weitere im EStG 1988 genannte Beiträge. Gemäß § 30 Abs. 4 HGG 1992 sind auf einen Wehrpflichtigen, der ohne Dienstnehmereigenschaft in einem Familienbetrieb hauptberuflich tätig ist oder war, die Abs. 1 bis 3 anzuwenden. Als Nettoeinkommen nach Abs. 3 Z. 1 sind dabei die steuerpflichtigen und steuerfreien Bezüge, außer der Familienbeihilfe, heranzuziehen, die in Kollektivverträgen für vergleichbare Dienstnehmergruppen vorgesehen sind. Gemäß § 30 Abs. 7 erster und zweiter Satz HGG 1992 ist die Bemessungsgrundlage für jede Einkommensart gesondert zu ermitteln, wenn der Wehrpflichtige sowohl den Personenkreis der nicht selbständig Erwerbstätigen als auch dem der selbständig Erwerbstätigen angehört. In diesen Fällen bildet die Summe dieser beiden Bemessungsgrundlagen die für das Ausmaß des Familienunterhaltes maßgebliche Bemessungsgrundlage.

Die belangte Behörde nahm auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens als erwiesen an, daß der Beschwerdeführer - auch im fraglichen Zeitraum von Juli bis September 1995 - im elterlichen Betrieb nur "in geringem Umfang aushilfsweise" tätig war. In einem Schreiben an die Erstbehörde, den Magistrat der Stadt Wien, vom 19. November 1995 hätten die Eltern des Beschwerdeführers angegeben, daß der Beschwerdeführer bis zu seinem Dienstantritt ca. 35 Stunden in ihrem Betrieb mitgearbeitet hätte. Laut einem Schreiben der NÖ. Gebietskrankenkasse vom 9. Mai 1996 an die Erstbehörde (welches als Antwort auf ein Ersuchen der Erstbehörde, allerdings bereits während des Berufungsverfahrens vor der belangten Behörde verfaßt worden war und dem eine Einvernahme der Eltern des Beschwerdeführers vom 15. März 1996 zugrundelag) liege eine hauptberufliche Beschäftigung des Beschwerdeführers nicht vor und die Eltern des Beschwerdeführers hätten ihre Angaben gegenüber der Erstbehörde vom 19. November 1995 widerrufen. Auf Grund dieser widersprüchlichen Angaben könne nicht davon ausgegangen werden, daß der Beschwerdeführer hauptberuflich im Familienbetrieb tätig gewesen sei.

Der Beschwerdeführer rügt zutreffend, daß die belangte Behörde die Zeugenaussagen der Eltern des Beschwerdeführers vor der von der belangten Behörde ersuchten Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen vom 28. Mai 1996 überhaupt nicht berücksichtigt hat. In diesen Aussagen wurde zum Ausdruck gebracht, der Beschwerdeführer habe wöchentlich 30 bis 40 Stunden in ihrem Betrieb mitgearbeitet.

Dazu kommt, daß nicht klar ist, was mit dem Widerruf der Angaben vom 19. November 1995 gemeint war, ist dieser Widerruf doch mit den weiteren Angaben, der Beschwerdeführer sei "nur im Rahmen des Familienverbandes an Wochenenden bzw. in seiner Freizeit tätig" gewesen, von einer Dienstnehmereigenschaft könne nicht ausgegangen werden und er habe im Rahmen seiner Tätigkeit keine Taxi-, sondern nur Mietwagenfahrten durchgeführt, verbunden gewesen. Daß der Beschwerdeführer seine Tätigkeit nur "an Wochenenden bzw. in der Freizeit" ausgeübt habe, kann ohne weiteres auch in Einklang mit seinem Vorbringen gebracht werden, er habe seine selbständige Erwerbstätigkeit (Vortragstätigkeit) von Montag bis Freitag von 9.00 bis 12.00 Uhr in Wien ausgeübt; dies schlösse nicht aus, daß er an den Nachmittagen (in seiner "Freizeit") und an den Wochenenden die von ihm behauptete Tätigkeit für den elterlichen Betrieb in Niederösterreich ausgeübt habe. Daß er nicht Dienstnehmer seiner Eltern gewesen sei, ist eine der Tatbestandsvoraussetzungen des § 30 Abs. 4 HGG 1992. Insofern wäre es denkbar, daß sich der Widerruf nur auf die Frage "Taxi- oder Mietwagenfahrten" bezieht.

Die im Schreiben der NÖ GKK vom 9. Mai 1996 enthaltenen Ausführungen, wonach die Eltern des Beschwerdeführers zugegeben hätten, gegenüber der Erstbehörde unwahre Angaben gemacht zu haben, um einen höheren Familienunterhalt zu erlangen, jedoch nicht bereit seien, dies "niederschriftlich bekanntzugeben", stehen in Widerspruch zu den in der Folge gemachten Zeugenaussagen vor der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen vom 28. Mai 1996. Die belangte Behörde hätte daher auf diese Aussagen einzugehen gehabt. Um diesen Aussagen im Hinblick auf die Ausführungen der NÖ GKK nicht zu folgen, wären die Eltern ergänzend zu befragen gewesen, was sie mit dem am 15. März 1996 geäußerten Widerruf gemeint haben; es wäre ihnen der Widerspruch zwischen ihren Angaben vom 15. März und vom 28. Mai 1996 vorzuhalten gewesen. Allenfalls wäre jenes Organ der GKK, dem gegenüber das in Rede stehende Eingeständnis der Unwahrheit erklärt worden sei, seinerseits als Zeuge einzuvernehmen gewesen.

Da der Sachverhalt in wesentlichen Punkten einer Ergänzung bedarf und Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil Stempelgebührenersatz nur im Ausmaß von S 540,-- (S 360,-- für drei Beschwerdeausfertigungen, S 60,-- für eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides und S 120,-- für die Vollmachtsurkunde) zugesprochen werden konnte.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996110231.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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