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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AmtsspracheV Slowenisch 1977 §3 Abs1 Z2;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 95/10/0212Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Suda, über die Beschwerde des J in K, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in K, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten
vom 15. November 1994, Zl. KUVS-K2-1406/7/1994 und Zl. KUVS-1407/7/1994, jeweils betreffend Übertretung des Forstgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit den im Instanzenzug ergangenen Bescheiden des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 15. November 1994 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt vom 13. April 1994, betreffend 1. Übertretung nach § 174 Abs. 1 lit. a Z. 25 i.V.m.
§ 62 Abs. 1 lit. e Forstgesetz 1975 sowie 2. Übertretung nach § 174 Abs. 1 lit. b Z. 18 i.V.m. § 64 Forstgesetz 1975 als verspätet eingebracht zurückgewiesen. Hiezu wurde - im wesentlichen gleichlautend - ausgeführt, das Straferkenntnis sei am 15. April 1994 beim Postamt hinterlegt und zur Abholung bereitgehalten worden. Am 22. April 1994 sei bei der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt ein vom Beschwerdeführer am 19. April 1994 in slowenischer Sprache verfaßtes Schreiben eingelangt. Dieses beziehe sich auf das Straferkenntnis vom 13. April 1994 und es werde darin - ins Deutsche übersetzt - wörtlich folgendes ausgeführt:
"Herr H ich bitte um Zusendung des diesbezüglichen Schreibens in meiner Muttersprache - SLOWENISCH, weil ich mit der deutschen Sprache schwer zurechtkomme und gewaltige Mängel (Fehler) entstehen können.
Mit diesem Ersuchen und Grüßen
J"
Dem Beschwerdeführer sei in der Folge am 4. August 1994 eine Ausfertigung des Straferkenntnisses in slowenischer Sprache zugestellt worden. Daraufhin habe der Beschwerdeführer mit dem in slowenischer Sprache verfaßten Schreiben vom 9. August 1994 gegen das Straferkenntnis berufen. Im Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat habe er vorgebracht, er habe sich bereits im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens mehrmals der slowenischen Sprache bedient und es sei bei der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt überdies hinlänglich bekannt, daß er sich in behördlichen Verfahren grundsätzlich der slowenischen Sprache bediene. Zum Beweis für die Richtigkeit seines Vorbringens habe er die Zeugeneinvernahme des das erstinstanzliche Verwaltungsstrafverfahren durchführenden Beamten beantragt, der jedoch bei seiner Einvernahme vor dem unabhängigen Verwaltungssenat in glaubwürdiger und überzeugender Weise angegeben habe, daß der Beschwerdeführer im vorliegenden Verwaltungsstrafverfahren erstmals mit Schreiben vom 19. April 1994 zu erkennen gegeben habe, daß er sich der slowenischen Sprache bedienen wolle. Aus dem Akteninhalt sei ferner zu ersehen gewesen, daß dem Beschwerdeführer am 20. Juli 1993 unter anderem der Inhalt der Anzeige und der Inhalt des Ermittlungsverfahrens zur Kenntnis gebracht worden sei. Der Beschwerdeführer habe die Einbringung einer schriftlichen Stellungnahme angekündigt und schließlich mit dem in deutscher Sprache abgefaßten Schriftsatz vom 26. Juli 1993 zu den ihm angelasteten Vorwürfen Stellung genommen. Der unabhängige Verwaltungssenat habe daher davon auszugehen gehabt, daß der Beschwerdeführer sich im vorliegenden Verwaltungsstrafverfahren erstmals mit Schriftsatz vom 19. April 1994 der slowenischen Sprache bedient habe. Die Auffassung des Beschwerdeführers, die Rechtsmittelfrist habe erst mit Zustellung der in slowenischer Sprache verfaßten Ausfertigung des Straferkenntnisses zu laufen begonnen, könne nicht geteilt werden. Denn der Beschwerdeführer habe während der gesamten Dauer des Verfahrens in K gewohnt. Diese Gemeinde zähle aber nicht zu jenen in der Verordnung BGBl. Nr. 307/1977 genannten Gemeinden, für deren Bewohner die slowenische Sprache zusätzlich zur deutschen Sprache als Amtssprache vor den Bezirkshauptmannschaften Villach-Land, Klagenfurt-Land und Völkermarkt zugelassen sei. Aber selbst bei Vorliegen eines Rechtsanspruches auf Durchführung eines zweisprachigen Verfahrens wäre für den Standpunkt des Beschwerdeführers nichts gewonnen, weil er seine Absicht, sich der Volksgruppensprache zu bedienen, erstmals mit Schreiben vom 19. April 1994, somit erst nach Erlassung des Straferkenntnisses, zu erkennen gegeben habe. Die Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt sei daher nicht verpflichtet gewesen, das Straferkenntnis vorweg zweisprachig zuzustellen; die Rechtsmittelfrist sei mit der Zustellung der deutschsprachigen Ausfertigung des Straferkenntnisses in Gang gesetzt worden und es hätte der Zustellung einer (weiteren) Bescheidausfertigung in slowenischer Sprache keine normative Bedeutung, also auch kein Einfluß auf die bereits abgelaufene Berufungsfrist, beigemessen werden können. Da die Bundesverfassung die Zweisprachigkeit vor Behörden nur auf Verlangen gewährleiste, müsse die Absicht, sich der Volksgruppensprache bedienen zu wollen, in jedem einzelnen Verfahren zum Ausdruck gebracht werden. Die erst am 9. August 1994 zur Post gegebene Berufung sei somit als verspätet eingebracht zurückzuweisen gewesen.
Die gegen diesen Bescheid an den Verfassungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abgetreten.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im Recht auf Einbringung einer Berufung gegen das Straferkenntnis binnen zwei Wochen nach dessen Zustellung (in slowenischer Sprache) und nachfolgende meritorische Durchführung eines Berufungsverfahrens verletzt. Er bringt hiezu im wesentlichen vor, es sei zwar richtig, daß er sich "im Vorverfahren" der deutschen Sprache bedient habe, unter anderem deshalb, weil er zunächst nicht damit gerechnet habe, daß es zu einem Straferkenntnis komme. Daraus folge jedoch nicht, daß er mit seinem Anspruch auf Gebrauch der Volksgruppensprache als Amtssprache in diesem Strafverfahren "präkludiert" sei. Sein Begehren auf Ausfertigung des Straferkenntnisses in slowenischer Sprache müsse ausreichen, den Lauf der Rechtsmittelfrist bis zur verlangten Zustellung der Bescheidausfertigung in slowenischer Sprache zu unterbrechen. Die gegenteilige Auffassung würde nämlich bedeuten, daß das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Ausfertigung des Straferkenntnisses in der Volksgruppensprache inhaltsleer wäre, weil sich sämtliche relevanten Rechtsfolgen bereits an die Zustellung der deutschsprachigen Ausfertigung des Straferkenntnisses knüpften. Vor Zustellung des Straferkenntnisses habe für ihn keinerlei Anlaß bestanden, die Zustellung des Straferkenntnisses in slowenischer Sprache zu begehren, zumal er davon ausgegangen sei, daß kein Straferkenntnis gefällt werde. Mit dem Antrag auf Zustellung des Straferkenntnisses in slowenischer Sprache habe er zum Ausdruck gebracht, daß er sich ab nun und somit auch in einem allfälligen Rechtsmittelverfahren seiner Muttersprache bedienen wolle. Dazu gehöre aber auch die Beurteilung anhand einer Ausfertigung des Straferkenntnisses in slowenischer Sprache, ob ein Rechtsmittel ergriffen werden solle oder nicht. Das Recht auf Gebrauch der Volksgruppensprache könne sich nämlich nicht darauf beschränken, zwar eine Ausfertigung des Straferkenntnisses in slowenischer Sprache erhalten zu können, die inhaltliche und rechtliche Würdigung des Sachverhaltes aber anhand der deutschsprachigen Ausfertigung des Straferkenntnisses vornehmen zu müssen. Mit der Bekanntgabe vom 19. April 1994 sei daher die Rechtsmittelfrist unterbrochen worden; sie habe mit der Zustellung des Straferkenntnisses in slowenischer Sprache neu zu laufen begonnen. Verfehlt sei weiters die Auffassung der belangten Behörde, die slowenische Sprache sei im vorliegenden Fall schon deshalb nicht als zusätzliche Amtssprache zugelassen, weil der Beschwerdeführer nicht in einer der im § 2 der Verordnung BGBl. Nr. 307/1977 aufgezählten Gemeinden wohnhaft sei. K sei nämlich aus vom Beschwerdeführer näher dargelegten Gründen eine Gemeinde mit gemischter Bevölkerung und müsse daher die slowenische Sprache gemäß Art. 7 Z. 3 des Staatsvertrages von Wien zusätzlich zum Deutschen als Amtssprache zugelassen sein. Im übrigen habe er nach § 3 Abs. 1 Z. 2 i.V.m. Abs. 2 der genannten Verordnung die Möglichkeit, vor der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt-Land die slowenische Sprache als Amtssprache zu verwenden. Die belangte Behörde selbst habe ihm den angefochtenen Bescheid schließlich auch in slowenischer Sprache übermittelt.
Gemäß § 63 Abs. 5 AVG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der Wiederverlautbarung BGBl. Nr. 51/1991 ist die Berufung von der Partei binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat oder bei der Behörde, die über die Berufung zu entscheiden hat. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Falle bloß mündlicher Verkündung mit dieser.
Gemäß Art. 8 B-VG ist die deutsche Sprache, unbeschadet der den sprachlichen Minderheiten bundesgesetzlich eingeräumten Rechte, die Staatssprache der Republik.
Gemäß Art. 7 Z. 3 erster Satz des Staatsvertrages von Wien, BGBl. Nr. 152/1955, wird in den Verwaltungs- und Gerichtsbezirken Kärntens, des Burgenlandes und der Steiermark mit slowenischer, kroatischer oder gemischter Bevölkerung die slowenische oder kroatische Sprache zusätzlich zum Deutschen als Amtssprache zugelassen.
Gemäß § 1 Abs. 1 Volksgruppengesetz genießen die Volksgruppen und ihre Angehörigen den Schutz der Gesetze; die Erhaltung der Volksgruppen und die Sicherung ihres Bestandes sind gewährleistet. Ihre Sprache und ihr Volkstum sind zu achten.
Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 3 Volksgruppengesetz sind die Behörden und Dienststellen, bei denen zusätzlich zur deutschen Amtssprache die Verwendung der Sprache einer Volksgruppe zugelassen wird, durch Verordnungen der Bundesregierung im Einvernahmen mit dem Hauptausschuß des Nationalrates nach Anhörung der in Betracht kommenden Landesregierungen festzulegen.
Gemäß § 1 der Verordnung BGBl. Nr. 307/1977 steht die Verwendung der slowenischen Sprache als zusätzliche Amtssprache zur deutschen Sprache für Behörden und Dienststellen, vor denen sie nach dieser Verordnung zugelassen ist, nur österreichischen Staatsbürgern zu.
Gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 dieser Verordnung wird die slowenische Sprache zusätzlich zur deutschen Sprache als Amtssprache für Personen (§ 1), die in einer der im § 2 genannten Gemeinden wohnhaft sind, bei den Bezirkshauptmannschaften Villach-Land, Klagenfurt-Land - mit Ausnahme der Expositur Feldkirchen - und Völkermarkt zugelassen. Vor diesen Behörden können gemäß § 3 Abs. 2 der Verordnung im Sinne der Zielsetzung des § 1 des Volksgruppengesetzes auch andere Personen (§ 1), insbesondere solche, die der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig sind, die slowenische Sprache als Amtssprache gebrauchen.
Beabsichtigt eine Person, in einer mündlichen Verhandlung von der Sprache einer Volksgruppe Gebrauch zu machen, so hat sie dies gemäß § 15 Abs. 1 Volksgruppengesetz unverzüglich nach Zustellung der Ladung der Behörde oder Dienststelle bekanntzugeben. Diese Verpflichtung zur Bekanntgabe entfällt bei Verfahren, die aufgrund eines in der Sprache einer Volksgruppe abgefaßten Anbringens durchgeführt werden. Die Bekanntgabe gilt für die Dauer des gesamten weiteren Verfahrens, sofern sie nicht widerrufen wird.
Entscheidungen und Verfügungen (einschließlich der Ladung), die zuzustellen sind und die in der Sprache einer Volksgruppe eingebrachte Eingaben oder Verfahren betreffen, in denen in der Sprache einer Volksgruppe bereits verhandelt worden ist, sind gemäß § 16 Volksgruppengesetz in dieser Sprache und in deutscher Sprache auszufertigen.
Von diesen Bestimmungen ausgehend erweist sich zunächst die Auffassung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe schon deshalb keinen Anspruch auf Durchführung eines zweisprachigen Verfahrens, weil er in keiner der im § 2 der zitierten Verordnung genannten Gemeinden wohnhaft sei, als unzutreffend. Stand es dem Beschwerdeführer doch im Grunde des § 3 Abs. 2 der genannten Verordnung frei, die slowenische Sprache vor der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt ("Klagenfurt-Land") als Amtssprache zu gebrauchen.
Allerdings setzt die Ausübung dieses Rechtes die Bekanntgabe an die Behörde voraus, daß von der Volksgruppensprache Gebrauch gemacht werde, wobei diese Bekanntgabe für das weitere Verfahren, nicht aber rückwirkend gilt (vgl. § 15 Abs. 1 letzter Satz VolksgruppenG).
Im Zeitpunkt der Zustellung (der deutschsprachigen Ausfertigung) des Straferkenntnisses vom 15. April 1994 lag der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt eine entsprechende Bekanntgabe des Beschwerdeführers unbestrittenermaßen nicht vor. Vielmehr hat der Beschwerdeführer bis zum Schreiben vom 19. April 1994 in keiner Weise erkennen lassen, daß er die Absicht habe, sich der Volksgruppensprache zu bedienen. Im Zustellzeitpunkt (15. April 1994) bestand daher für die Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt keine Verpflichtung, sich zusätzlich der slowenischen Sprache zu bedienen; mit der (ordnungsgemäßen) Zustellung des Straferkenntnisses lediglich in deutscher Sprache wurde der Lauf der Berufungsfrist ausgelöst.
Ein Anspruch des Beschwerdeführers auf Zustellung des Straferkenntnisses auch in slowenischer Sprache bestand somit nicht. Die Zustellung der slowenischen Übersetzung hatte daher - obwohl dies nicht eindeutig zum Ausdruck gebracht wurde - keine normative Bedeutung. Mit Zustellung der Ausfertigung des Straferkenntnisses in slowenischer Sprache am 4. August 1994 hätte die Berufungsfrist im Sinne der Beschwerdeausführungen allerdings dann neu zu laufen begonnen, wenn für den Beschwerdeführer mit der Zustellung der deutschsprachigen Ausfertigung des Straferkenntnisses erstmals die Gelegenheit bestanden hätte, bekanntzugeben, daß er sich der Volksgruppensprache zu bedienen gedenke (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. November 1983, Zl. 83/10/0231). Ein solcher Fall liegt jedoch nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten nicht vor.
Da dem - oben wiedergegebenen - ausschließlich auf die Zusendung einer slowenischsprachigen Bescheidausfertigung gerichteten Schreiben des Beschwerdeführers vom 19. April 1994 schließlich die Qualifikation einer Berufung nicht zukommt, besteht die Auffassung der belangten Behörde, die Berufung vom 9. August 1994 sei verspätet, zu Recht.
Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Zeitpunkt der Bescheiderlassung Eintritt der RechtswirkungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1995100211.X00Im RIS seit
07.06.2001