TE Vwgh Erkenntnis 1997/2/20 96/07/0224

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Veröffentlicht am 20.02.1997
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Index

82/02 Gesundheitsrecht allgemein;
82/05 Lebensmittelrecht;

Norm

ChemG 1987 §15 Abs2;
ChemG 1987 §49 Abs2;
ChemG 1987 §49 Abs3;
LMG 1975 §38 Abs2 impl;
LMG 1975 §38 Abs3 impl;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Suda, über die Beschwerde der U Gesellschaft m.b.H. in S, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie vom 4. Oktober 1996, Zl. 12 3671/6-I/2/1996, betreffend Maßnahmen nach dem Chemikaliengesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 4. Oktober 1996 trug die belangte Behörde der beschwerdeführenden Partei gemäß § 15 Abs. 2 des Chemikaliengesetzes, BGBl. Nr. 326/1987 i.d.F.

BGBl. Nr. 759/1992 (ChemG), als Importeur auf, alle Käufer der Lederschuhe mit der Bezeichnung "Ledermokassin golden", U-Bestell-Nr. 39137-5, und "Ledermokassin silber", U-Bestell-Nr. 39138-3, die diese Schuhe im Versandwege bezogen haben und deren Namen und Anschriften der beschwerdeführenden Partei bekannt sind, unverzüglich, jedenfalls jedoch derart, daß diese Käufer bis Mittwoch, den 9. Oktober 1996 benachrichtigt sind, auf dem Postwege darüber zu informieren, daß

a) das Tragen der genannten Schuhe auf Grund einer nicht auszuschließenden Kontamination mit dem gefährlichen Stoff Pentachlorphenol eine Gefahr für die Gesundheit darstellen könnte, wenngleich bezüglich des konkreten Gesundheitsrisikos noch weitere Untersuchungen angestellt werden müssen,

b)

diese Schuhe nicht mehr getragen werden sollen,

c)

diese Schuhe von der beschwerdeführenden Partei zurückgenommen werden und

              d)              diese Schuhe bis zur Rückgabe sicher, etwa in einem verknoteten Plastiksack und insbesondere für Kinder unerreichbar aufbewahrt werden sollen (Spruchabschnitt I).

Weiters wurde der beschwerdeführenden Partei als Importeur gemäß § 15 Abs. 2 ChemG aufgetragen, alle nicht namentlich bekannten Käufer der genannten Schuhe, insbesondere jene Käufer, die diese Schuhe über das "Preisparadies" bezogen haben, unverzüglich, spätestens jedoch am Mittwoch, dem 9. Oktober 1996, in geeigneter Weise, insbesondere durch Schaltung einer entsprechenden Mitteilung in einer regionalen Ser Fernsehsendung des ORF sowie durch eine viertelseitige Anzeige in zumindest je einer Ausgabe der Tageszeitungen "Ser Nachrichten" und "Ser Kronenzeitung" darüber darüber zu informieren, daß

              a)              das Tragen der genannten Schuhe auf Grund einer nicht auszuschließenden Kontamination mit dem gefährlichen Stoff Pentachlorphenol eine Gefahr für die Gesundheit darstellen könnte, wenngleich bezüglich des konkreten Gesundheitsrisikos noch weitere Untersuchungen angestellt werden müssen,

b)

diese Schuhe nicht mehr getragen werden sollen,

c)

jeder Käufer dieser Schuhe seinen Namen und seine Adresse sowohl der beschwerdeführenden Partei als auch dem Amt der Ser Landesregierung, Abteilung Umweltschutz, unverzüglich bekanntgeben soll,

              d)              diese Schuhe von der beschwerdeführenden Partei zurückgenommen werden und

              e)              diese Schuhe bis zur Rückgabe sicher, etwa in einem verknoteten Plastiksack und insbesondere für Kinder unerreichbar, aufbewahrt werden sollen.

In der Begründung heißt es, zum 20. Juni 1996 sei in einem näher bezeichneten Lager der beschwerdeführenden Partei im Beisein des Lagerleiters eine Überprüfung nach § 49 ChemG durchgeführt worden. Dabei sei u.a. von dem Produkt "Ledermokassin, Best. Nr. 39137-5, Gr. 41 (Paar Nr. 1)" eine Probe genommen worden. Eine amtlich versiegelte Gegenprobe sei im Betrieb zurückgelassen worden Der Prüfbericht des Amtes der Ser Landesregierung (Landeslabor) vom 5. September 1996 habe ergeben, daß bei der Probe "Ledermokassin golden" der in der Verordnung des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie über ein Verbot von Pentachlorphenol, BGBl. Nr. 58/1991 (PCP-VO) festgelegte Grenzwert von 0,0005 % bzw. 5 ppm, umgerechnet 5 mg/kg, sehr weit überschritten worden sei, da in diesem Produkt ein PCP-Gehalt von 1415,35 mg/kg gemessen worden sei. Am 25. September 1996 sei eine weitere Probenentnahme durch das Amt der Ser Landesregierung durchgeführt und von den Produkten "Ledermokassin golden, Best.-Nr. 39137-5, Gr. 35 (Paar Nr. 2)", "Ledermokassin silber, Best.-Nr. 39138-3, Gr. 39" und "Ledermokassin schwarz, Best.-Nr. 39139-1, Gr. 39" Proben genommen worden.

Die Schuhe, von denen Proben gezogen worden seien, habe die beschwerdeführende Partei aus Italien importiert.

Der Amtssachverständige des Referates für Umweltmedizin des Amtes der Ser Landesregierung habe in seiner Stellungnahme vom 27. September 1996 darauf hingewiesen, daß nach Durchsicht der zur Verfügung stehenden umfangreichen Literatur festzuhalten sei, daß eine Gesundheitsgefährdung durch den PCP-Gehalt in den Schuhen zu erwarten sei. Es handle sich dabei sogar um eine akute Gefährdung. Diese Gefährdung nehme mit der Tragedauer der Schuhe nicht ab. Aus medizinischer Sicht sei ein Rückruf der verkauften Schuhe umgehend nötig, weil unmittelbar Gefahr für die Gesundheit von Menschen drohe.

Die vom Paar Nr. 1 der goldenen Ledermokassins gezogene Probe sei durch das Prüf- und Forschungsinstitut für die Schuhherstellung eV in Pirmasens über Auftrag des Amtes der Ser Landesregierung einer weiteren Überprüfung unterzogen worden. Diese habe ergeben, daß die untersuchte Probe einen Gehalt an PCP aufweise, der über 100 mg/kg liege. Auf Grund des Kalibrierbereiches des Verfahrens sei eine genauere Bestimmung des PCP-Gehaltes der Probe nicht durchführbar gewesen.

Die Prüfung der am 25. September 1996 entnommenen Proben (Ledermokassin golden, Paar Nr. 2; Ledermokassin silber; Ledermokassin schwarz) durch das Labor des Amtes der Ser Landesregierung habe bei den goldenen Ledermokassins einen PCP-Gehalt von 28 mg/kg und bei den silbernen Mokassins einen solchen von 8 mg/kg ergeben. Der schwarze Ledermokassin sei unbelastet gewesen.

Da bei den Produkten aus der Serie "Ledermokassin golden", Best.-Nr. 39137-5 "die Analysewerte in beiden untersuchten Proben wesentlich über dem gesetzlich zulässigen Grenzwert lägen, müsse davon ausgegangen werden, daß noch weitere Exemplare aus dieser Serie ähnlich belastet seien. Die durchgeführten Prüfungen seien an mehreren Proben, durch zwei verschiedene Prüfinstitute und nach anerkannten und validierten Prüfmethoden durchgeführt worden (Prüfung des Prüf- und Forschungsinstitutes für die Schuhherstellung eV nach DIN 53313).

PCP sei als ein sehr giftiger Stoff im Sinne des ChemG mit dem R-Satz 24/25 ("giftig bei der Berührung mit der Haut und beim Verschlucken") und dem R-Satz 26 ("sehr giftig beim Einatmen") eingestuft. Diese Einstufung sei in der Giftliste-Verordnung, BGBl. Nr. 422/1995, festgelegt.

Auf Grund des Gutachtens des medizinischen Amtssachverständigen sei davon auszugehen, daß durch das Tragen der gegenständlichen Schuhe, insbesondere wenn diese direkt mit der Haut - und eventuell verletzten Körperstellen - in Berührung kämen, eine Gefahr für die Gesundheit der betreffenden Person bestehe, wobei kein exakter unterer Grenzwert für den PCP-Gehalt, der zu einer unmittelbaren gesundheitlichen Beeinträchtigung führen könne, angegeben werden könne. Es sei auf Grund des Gutachtens des medizinischen Amtssachverständigen davon auszugehen, daß bei einem Hautkontakt mit Fertigwaren, auch wenn sie eine PCP-Gehalt von nur knapp über dem rechtlich verbindlichen Grenzwert von 5 mg/kg aufwiesen, grundsätzlich eine Gefährdung der Gesundheit von Menschen nicht ausgeschlossen werden könne. Daß ein PCP-Gehalt von 1415,35 mg/kg, wie bei Probe 1 festgestellt, eine eminente Gesundheitsgefahr darstelle, könne als gesichert betrachtet werden. Aus medizinischer Sicht sei es daher erforderlich, Maßnahmen zu setzen, um der vorliegenden drohenden Gefahr für die Gesundheit von Menschen, die durch das Tragen von Schuhen entstehe, die PCP in einem höheren als dem zulässigen Ausmaß enthielten, entgegenzuwirken.

Die Ergebnisse der Sachverhaltsfeststellung und die wesentlichen Aussagen aus den von der belangten Behörde herangezogenen Beweismitteln seien vom Vertreter der beschwerdeführenden Partei auch nicht in Abrede gestellt worden.

Auf Grund der festgestellten Meßergebnisse und auf Grund des erwiesenen Vorliegens von weit über den zulässigen Grenzwerten liegenden PCP-Gehalten in allen drei untersuchten Proben müsse angenommen werden, daß zumindest einige der verkauften Paare dieser Schuhmodelle, unter Umständen sogar alle, ähnliche PCP-Kontaminationen aufwiesen. Das Tragen solcher Schuhe führe zu einer Exposition der Träger, die als drohende Gesundheitsgefahr zu bewerten sei.

Die angeordneten Maßnahmen und der zeitliche Rahmen seien unter Berücksichtigung folgender Umstände festgelegt worden:

Einerseits sei im Falle der Versandkunden eine verläßliche Information durch direktes Anschreiben gegeben. Eine Verständigung über die Medien müßte im Falle der Versandkunden österreichweit erfolgen und würde diese dennoch nicht verläßlich früher erreichen als dies bei einer unverzüglichen postalischen Verständigung der Fall sei. Im Hinblick auf die namentlich nicht bekannten Kunden sei eine Verständigung über die Medien - diesfalls allerdings im regionalen Bereich - unumgänglich.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die beschwerdeführende Partei bringt vor, sie gehe davon aus, daß das Meßergebnis, welches eine 280fache Überschreitung des Grenzwertes ergeben habe, absolut unrichtig sei, da eine derart hohe Überschreitung völlig undenkbar sei. Daß bezüglich der Richtigkeit des Prüfberichtes des Amtes der Ser Landesregierung zumindest ernste Zweifel bestünden, ergebe sich auch daraus, daß bei der zweiten Probe desselben Produktes lediglich ein PCP-Gehalt von 28 mg/kg festgestellt worden sei. In Ledermokassin der Farbe silber sei nur ein PCP-Gehalt von 8 mg/kg festgestellt worden.

Die beschwerdeführende Partei habe nach Zustellung des bekämpften Bescheides mit dem italienischen Lieferanten Kontakt aufgenommen und dieser habe mitgeteilt, daß PCP bereits seit Jahren weder von dieser Firma selbst noch von deren Lieferanten verwendet werde. Gleichzeitig habe die beschwerdeführende Partei die Versuchsanstalt für Lederindustrie an der Höheren Bundes-Lehr- und Versuchsanstalt für chemische Industrie in Wien beauftragt, je 9 Paar Ledermokassin der Farben golden und silber auf ihren PCP-Gehalt zu untersuchen. Die Versuchsanstalt sei zu dem Ergebnis gekommen, daß der PCP-Gehalt hinsichtlich der silbernen Schuhe jeweils unterhalb des zulässigen Grenzwertes von 5 mg/kg gelegen sei. Bei den Schuhen der Farbe gold sei lediglich bei 3 Schuhen ein geringfügig erhöhter PCP-Gehalt festgestellt worden. Es fehle daher an den Voraussetzungen für die Anordnung von Sicherheitsmaßnahmen nach § 15 Abs. 2 ChemG.

Die belangte Behörde habe im angefochtenen Bescheid ausgeführt, daß der drohenden Gefahr anders als durch die angeordneten Maßnahmen nicht schnell und wirksam begegnet werden könne. Dies sei unzutreffend. Das Amt der Ser Landesregierung habe eine erste Probe bereits am 20. Juni 1996 gezogen, der diesbezügliche Prüfbericht sei aber erst am 5. September 1996 vorgelegen. Im Hinblick auf die grundsätzliche Dringlichkeit derartiger Überprüfungen wäre es Sache des Amtes der Ser Landesregierung gewesen, die Überprüfung der Probe zügig durchzuführen. Völlig unverständlich sei jedoch, daß das Amt der Ser Landesregierung nach Vorliegen des Prüfberichtes diesen der beschwerdeführenden Partei erst drei Wochen später zur Kenntnis gebracht habe. Das Amt der Ser Landesregierung wäre verpflichtet gewesen, die beschwerdeführende Partei umgehend vom Prüfergebnis in Kenntnis zu setzen, um sie in die Lage zu versetzen, die erforderlichen Maßnahmen in die Wege zu leiten.

Selbst wenn man von einer drohenden Gefahr für Leben oder Gesundheit von Menschen durch die Ledermokassins ausginge, seien die der beschwerdeführenden Partei aufgetragenen Sicherheitsmaßnahmen in diesem Ausmaß nicht erforderlich. Die belangte Behörde habe selbst festgestellt, daß nahezu alle inkriminierten Schuhe an namentlich bekannte Käufer verkauft worden seien, sodaß eine Rückholaktion durch direktes Anschreiben der Kunden möglich gewesen sei. Lediglich 8 Paar Schuhe seien in einem Tochterunternehmen an einen nicht bekannten Kundenkreis verkauft worden. Angesichts dieser geringen Anzahl sei es jedenfalls nicht erforderlich gewesen, die von der belangten Behörde vorgeschriebene Information jeweils in Form einer viertelseitigen Anzeige in den Tageszeitungen "Ser Nachrichten" und "Kronen-Zeitung", Ausgabe S zu verlautbaren sowie darüber hinaus in der regionalen Fernsehsendung "S aktuell" verlesen zu lassen. Zur Information dieser 8 Kunden wäre es effizienter gewesen, die Information in Ser Regionalzeitungen, wie beispielsweise "Ser Fenster" oder "Ser Stadtanzeiger" zu schalten.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften wirft die beschwerdeführende Partei der belangten Behörde vor, es sei § 49 Abs. 2 ChemG nicht beachtet worden, weil bei der Probenahme die Schuhe nicht in zwei Teile zertrennt und ein Teil der beschwerdeführenden Partei zu Beweiszwecken zurückgelassen sei.

Als weiteren Verfahrensmangel betrachtet es die beschwerdeführende Partei, daß die belangte Behörde es unterlassen habe, einen medizinischen Sachverständigen beizuziehen, der über die erforderlichen Fachkenntnisse im Hinblick auf die Auswirkungen eines erhöhten PCP-Gehaltes in Schuhen auf das Leben und die Gesundheit von Menschen verfüge. Dies umso mehr, als der von der belangten Behörde beigezogene Amtssachverständige in seinem Bericht ausführe, zusammenfassend werde festgestellt, daß eine exakte Beurteilung einer allfälligen Gesundheitsgefährdung mangels entsprechender Daten zur Aufnahmemenge aus dem Tragen von PCP-belasteten Lederschuhen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht möglich sei. Der beigezogene Sachverständige habe demnach auf Grund seiner Fachkenntnisse nicht verläßlich beurteilen können, ob die in den Prüfberichten des Amtes der Ser Landesregierung festgestellten PCP-Gehalte überhaupt eine drohende Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen bedeuteten. Eine Ergänzung des Gutachtens sei auch deshalb notwendig gewesen, weil mit Ausnahme von Deutschland in den übrigen EU-Mitgliedstaaten der zulässige Grenzwert bei 1.000 mg/kg liege und davon auszugehen sei, daß selbst ein derartiger Wert noch zu keiner Gefahr für Gesundheit oder Leben von Menschen führe.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 15 Abs. 2 ChemG hat in Fällen drohender Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder für die Umwelt der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie dem Hersteller oder Importeur durch Bescheid aufzutragen, die betroffenen Verkehrskreise über die von den gefährlichen Stoffen, gefährlichen Zubereitungen oder gefährlichen Fertigwaren ausgehenden Gefahren umfassend zu informieren und diese Stoffe, Zubereitungen oder Fertigwaren erforderlichenfalls zurückzufordern. Besitzer der von einem solchen Bescheid betroffenen Stoffe, Zubereitungen oder Fertigwaren haben diese dem Hersteller oder Importeur zurückzugeben oder selbst für deren schadlose Beseitigung im Sinne der § 4 und 5 des Sonderabfallgesetzes zu sorgen; dabei sind auch die in der Information allenfalls enthaltenen Hinweise auf Sicherheits- und Beseitigungsmaßnahmen zu beachten. Im Fall der Rückgabe sind Hersteller und Importeur zur unentgeltlichen Rücknahme der Stoffe, Zubereitungen oder Fertigwaren verpflichtet.

Die Untersuchungen der im Lager der beschwerdeführenden Partei entnommenen Proben (Schuhe bestimmter Art) durch das Labor des Amtes der Ser Landesregierung - und im Falle der goldenen Ledermokassins auch durch das Prüf- und Forschungsinstitut für die Schuhherstellung eV - haben ergeben, daß der in diesen Produkten enthaltene Gehalt an PCP den in der PCP-VO festgelegten Grenzwert überschreitet. Vom medizinischen Amtssachverständigen wurde festgestellt, daß eine derartige Grenzwertüberschreitung eine Gefahr für die Gesundheit von Menschen bedeutet, die solche Schuhe tragen.

Auf diese Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens konnte sich die belangte Behörde stützen, da sie nicht als unschlüssig zu erkennen sind und die beschwerdeführende Partei ihnen im Zuge des Verwaltungsverfahrens nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten ist. Der Hinweis der beschwerdeführenden Partei auf eine nach der Zustellung des angefochtenen Bescheides eingeholte Bestätigung des italienischen Lieferanten, daß PCP schon seit längerer Zeit nicht mehr verwendet werde, stellt ebenso eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung dar wie der Hinweis auf die ebenfalls erst nach Bescheiderlassung veranlaßte Analyse von neun Paar Schuhen durch die Versuchsanstalt für Lederindustrie an der Höheren Bundes-Lehr- und Versuchsanstalt für chemische Industrie in Wien.

Auch der Hinweis der beschwerdeführenden Partei auf die zwischen der Probenahme und der Durchführung der Analyse sowie der Übermittlung des Überprüfungsberichtes an die beschwerdeführende Partei verstrichene Zeit vermag keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Es mag aus organisatorischen Gründen nicht möglich sein, sofort auf den strittigen Import zu reagieren. Dies beseitigt allerdings nicht die durch den Import herbeigeführte Gefahr. Eine allenfalls späte Reaktion mag daher in ihrer Wirksamkeit geschwächt sein, sie wird aber durch den Zeitablauf keineswegs rechtswidrig.

Nach § 49 Abs. 2 ChemG ist die entnommene Probe, soweit dies ihrer Natur nach möglich ist und hiedurch nicht ihre einwandfreie Beurteilung vereitelt wird, in zwei gleiche Teile zu teilen, die amtlich zu verschließen sind. Der eine Teil ist der Untersuchung zuzuführen, der andere der Partei zu Beweiszwecken zurückzulassen.

Ist eine Teilung der entnommenen Probe ihrer Natur nach nicht möglich, so ist nach § 49 Abs. 3 ChemG die Probe ohne vorherige Teilung der Untersuchung zuzuführen. Sind noch augenscheinlich gleiche Einheiten des Stoffes, der Zubereitung oder der Fertigware vorhanden, so ist eine Einheit zu entnehmen und der Partei zurückzulassen.

Einen Schuh im Zuge einer Probenahme in zwei "gleiche" Teile zu teilen, ist nicht möglich. Die Vorgangsweise der die Probe nehmenden Organe, jeweils den zweiten Schuh zurückzulassen, war daher korrekt.

Unverständlich ist die - erstmals im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof aufgestellte - Behauptung, der medizinische Amtssachverständige sei zur Beurteilung der Frage einer möglichen Gesundheitsgefährdung durch den PCP-Gehalt in den Schuhen nicht geeignet gewesen, handelt es sich doch bei diesem Sachverständigen um einen Amtssachverständigen für Umweltmedizin. Der von der beschwerdeführenden Partei zitierte Satz aus dem Gutachten des Amtssachverständigen besagt lediglich, daß das genaue Ausmaß der Gesundheitsgefährdung nicht beurteilt werden kann, wobei die Unmöglichkeit dieser exakten Beurteilung aber nicht aus einer Unfähigkeit des Sachverständigen resultiert, sondern aus dem Fehlen von genauen Daten. Dieser Satz ist aber auch kein Beleg dafür, daß von dem PCP-Gehalt in den in Rede stehenden Schuhe keine Gesundheitsgefahr ausginge; dieser Satz besagt lediglich, daß eine EXAKTE Beurteilung der Gesundheitsgefährdung dem Amtssachverständigen nicht möglich war. Aus dem gesamten Gutachten geht jedoch eindeutig hervor, daß eine Gesundheitsgefährdung durch diesen PCP-Gehalt droht, was der Sachverständige im Anschluß an den von der beschwerdeführenden Partei zitierten Satz auch dahingehend zusammenfaßt, daß die Möglichkeit akuter negativer Gesundheitseffekte besteht und daher unter dem Aspekt des vorbeugenden Gesundheitsschutzes weitergehende Schritte im Sinne der von der belangten Behörde vorgeschriebenen Maßnahmen notwendig sind.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996070224.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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