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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §68 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde 1. des Ludwig F, 2. der Renate F, beide in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 30. April 1996, Zl. MD-VfR - B XIX - 52/95, betreffend Baubewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565.- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bauansuchen vom 13. August 1993 beantragten die Beschwerdeführer die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung einer "Gartenterrasse, Einzäunungs- bzw. Befestigungsmauern" auf den Grundstücken Nr. n1/21 und n2/58 der Liegenschaft EZ nn, KG Ober Döbling, laut Einreichplan vom 4. August 1993 mit der Plannummer GAR 1 - LRF.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom 10. Februar 1994 wurde diesem Ansuchen "um Baubewilligung für die Errichtung von Stützmauern, einer Gartenterrasse, von Wegen und Stufenanlagen auf der im Betreff genannten Liegenschaft ... gemäß §§ 70 und 71 der Bauordnung für Wien nach den mit dem Versagungsvermerk versehenen Plänen" die Bewilligung versagt, da die Bauführung nach den bestehenden Rechtsvorschriften unzulässig sei. Die Baulichkeiten befänden sich zur Gänze auf Flächen, die laut Bebauungsplan gärtnerisch zu gestalten seien. Die Stützmauern und die Gartenterrasse seien überdies in der gemäß § 79 BO vorgeschriebenen Abstandsfläche vorgesehen, wobei diese Stützmauern und Wege nicht unbedingt erforderlich seien. Eine Bewilligung nach § 71 BO wäre nur dann zulässig, wenn die betroffenen Nachbarn auf ihre subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte verzichteten. In der Bauverhandlung sei jedoch von den Anrainern des Nachbargrundstückes K-Gasse 25 wegen Nichteinhaltung der Abstandsfläche Einspruch erhoben worden.
Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
Mit Bauansuchen vom 6. April 1994 beantragten die Beschwerdeführer die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung einer "Gartenterrasse mit integriertem Nebengebäude und Befestigungsmauern" auf den obbezeichneten Grundstücken. Diesem Ansuchen lag der Einreichplan vom 18. Februar 1994 mit der Plannummer GAR 2 - LRF zugrunde, welcher hinsichtlich der Gartenterrasse (mit Ausnahme des Deckenaufbaues), der Einzäunungs- und Befestigungsmauern in bezug auf die Lage und Ausgestaltung mit dem Plan Nr. GAR 1 - LRF ident ist, welcher dem Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom 10. Februar 1994 zugrunde lag. Unterhalb der Terrasse soll jedoch nunmehr ein 16,65 m2 großer Abstellraum errichtet werden.
Die von den hier zu beurteilenden baulichen Maßnahmen betroffene Liegenschaft der Beschwerdeführer liegt im Wohngebiet, Bauklasse I, an der öffentlichen Verkehrsfläche K-Gasse mit einer Breite von rund 17 m und erstreckt sich in Richtung Süden über mehr als 50 m, wobei das Gelände stark ansteigt.
Für das zu bebauende Grundstück bestehen u.a. Bebauungsbeschränkungen, wo nach einem 5 m breiten Vorgartenbereich an der K-Gasse und in der Folge Bauland in einer Grundstückstiefe von 20 m eine "mit G" bezeichnete Fläche anschließt, welche gärtnerisch zu gestalten und dauernd in diesem Zustand zu erhalten ist. Die mit Nebengebäuden bebaute Grundfläche darf höchstens 30 m2 je Bauplatz betragen.
Durch die beantragten Baumaßnahmen soll u.a. an der Südseite des Grundstückes der Hang auf dem rund 2 m von der südlichen Grundstücksgrenze entfernten natürlichen Niveau (Schnitt A/A des Planes) derart begradigt werden, daß eine Terrasse entsteht, welche bis zu 6 m von der südlichen Grundstücksgrenze Richtung Norden reicht, wodurch eine rund 2,40 m hohe sichtbare Stützmauer entsteht, über welcher ein durchsichtiger Zaun mit 1 m hohen Stehern errichtet wird. Unterhalb der Terrasse ist der Abstellraum vorgesehen.
Rund 43 m von der nördlichen Grundstücksgrenze entfernt befindet sich an der Westseite des Grundstückes ein weiterer Abstellraum von 12 m2. An der Ostseite befindet sich - teilweise noch im Vorgartenbereich - eine rund 9 m lange und 3 m breite Garage.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom 21. Juni 1995 wurde das Bauansuchen der Beschwerdeführer vom 6. April 1994 abgewiesen. Die Baubehörde erster Instanz wiederholte die schon in ihrem Bescheid vom 10. Februar 1994 enthaltene Begründung und ergänzte, daß aufgrund des schlüssigen Gutachtens der MA 19 vom 20. April 1995 davon auszugehen sei, daß das örtliche Stadtbild durch die beantragte Bauführung gestört werde. Die Errichtung des Nebengebäudes werde erst durch die unzulässigen Stützmauern ermöglicht und das Dach dieses Nebengebäudes werde als begehbare Terrasse ausgebildet.
Mit Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 30. April 1996 wurde die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen. In der Begründung führte die belangte Behörde hiezu aus, zur Frage der Beeinträchtigung des örtlichen Stadtbildes durch das Bauvorhaben sei ein Gutachten der MA 19 eingeholt worden. In diesem werde ausgeführt, daß die grundsätzliche Intention zur Gestaltung des Freiraumes im Stadtgebiet durch die Festlegung des Bebauungsplanes und der Bauordnung beschrieben sei, wobei an der betreffenden Hanglage zur möglichst unbeschadeten Erhaltung des durchgängigen Grünraumes sowohl für die Öffentlichkeit als auch für die Anlieger eine Minimierung jeglicher baulicher Maßnahmen außerhalb des durch die Fluchtlinien eingegrenzten Raumes vorgesehen sei. Die Erforderlichkeit des in der Bauordnung definierten "erforderlichen Ausmaßes" von Stützmauern beziehe sich aus der Sicht der Stadtgestaltung auf notwendige Hangsicherungsmaßnahmen bzw. die Erschließbarkeit eines Grundstückes. Die im vorliegenden Fall durchgeführte Einebnung zur besseren Benützbarkeit durch gebäudehohe Mauerwerke sprenge den Rahmen der optisch verträglichen Kunstbauten. Bauwerke in diesem überdimensionierten Ausmaß stellten vor allem durch den Schattenwurf (besonders am Nordhang) und als Sichtblockade eine Beeinträchtigung der Nachbarliegenschaften dar. Eine Vervielfachung solcher Baulichkeiten habe fatale Auswirkungen auf alle bebauten und bebaubaren Hangausläufer des Wienerwaldes, weshalb im gegebenen Fall auch die negative Vorbildwirkung zu bewerten sei. Eine durch Volumenkonfiguration und Positionierung die Gartenlandschaft beeinträchtigende Baulichkeit einer Stützmauer könne nicht alleine durch Umwidmung bzw. Umbenennung in ein Nebengebäude optisch erträglicher gemacht werden. Dieser Versuch der Legitimierung der bereits errichteten Stützmauern überschreite auch in dieser Richtung die Grenzen des beabsichtigten örtlichen Stadtbildes, definiert in der Bebauungsbestimmung, welche eine Einschränkung der Bebaubarkeit der gärtnerisch auszugestaltenden Flächen durch Nebengebäude (max. 30 m2) vorsehe. Diese Bestimmung liege im dringenden Interesse der Stadtgestaltung zur Bewahrung des generellen Grüncharakters und sollte einer übermäßigen Bebauung und Flächenversiegelung Vorschub leisten. Dieses Ausmaß scheine jedoch mit den im Einreichplan nicht deutlich dargestellten vorhandenen Nebengebäuden, Garage und Abstellraum im Garten bereits erreicht bzw. überschritten worden zu sein. Die Beschwerdeführer hätten zwar das Gutachten in ihrer Stellungnahme teilweise als unrichtig bezeichnet, sie seien diesem jedoch nicht auf gleichem fachlichen Niveau entgegengetreten.
Hinsichtlich der gärtnerischen Ausgestaltung habe die MA 42 nach einem Ortsaugenschein am 13. Oktober 1995 noch die gutächtliche Stellungnahme abgegeben, daß die Ausgestaltung des Hanges mit ca. 1 m hohen Stützmauern, Treppen, Wegen und schmalen Terrassen vom Charakter und den verwendeten Materialien her den Maßnahmen, die auch bei den benachbarten Grundstücken angewendet worden seien, um eine Nutzbarkeit des Hanges zu erzielen, entspräche. Sowohl die beim Bau der Terrasse angewendeten Maßnahmen (Betonmauern, Gitter, Rasenfläche, Baumpflanzungen und Schlinggehölze) als auch die Nutzung der Fläche seien gärtnerisch. Die Nutzbarkeit des ehemaligen Hanges habe dadurch eine höhere Qualität erhalten. Durch die Schaffung einer im Mittel ca. 4,5 m breiten ebenen Fläche für die Terrasse und der daraus resultierenden, aus dem Hang herausragenden übermannshohen Mauer übersteige dieses Bauwerk jedoch in seinen Proportionen die Baulichkeiten auf den Nachbargrundstücken. Eine Errichtung des Terrassenbauwerkes aus technischen Gründen zur Hangsicherung sei nicht erforderlich, da der Hang stabil sei. Die Errichtung eines Gebäudes in der Stützmauer würde eine gärtnerische Ausgestaltung der Terrassenfläche erschweren. Hiezu hätten die Beschwerdeführer keine Stellungnahme bezogen.
Da die Gartenterrasse mit integriertem Nebengebäude und die Stützmauern auf Flächen, die gärtnerisch zu gestalten seien, errichtet würden und auch unter Bedachtnahme auf die Stellungnahme der MA 42 das im § 79 Abs. 6 BO genannte unbedingt erforderliche Ausmaß überschritten, stehe der Erteilung der angestrebten Baubewilligung neben der Unvereinbarkeit des Bauvorhabens mit § 85 Abs. 2 BO ein weiteres Hindernis entgegen, welches auch im Zusammenhang mit der diesbezüglich vorgebrachten Einwendung einer Anrainerin ausschließe, eine Baubewilligung nach § 71 BO zu erteilen. Es erweise sich daher die Versagung der Baubewilligung durch die Behörde erster Instanz schon aus diesen Gründen als gerechtfertigt und sei auf die Frage, inwieweit das gegenständliche Nebengebäude nach den Bebauungsbestimmungen des Plandokumentes 6311, denenzufolge die mit Nebengebäuden bebaute Grundfläche höchstens 30 m2 je Bauplatz betragen dürfe, in Anbetracht der Überschreitung dieses Ausmaßes durch die bereits vorhandenen Nebengebäude (Abstellraum 14 m2 und Kleingarage 29,21 m2) zulässig sei, nicht weiter einzugehen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Bewilligung des beantragten Bauvorhabens verletzt. Sie machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 68 Abs. 1 AVG ist ein Anbringen von Beteiligten, die außer den - hier nicht in Betracht kommenden - Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet (was hier ebenfalls nicht der Fall ist). Ansuchen, die offenbar die Aufrollung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezwecken, sind auch dann, wenn das Begehren nicht ausdrücklich dahin lautet, wegen "res iudicata" zurückzuweisen. Die Rechtskraft eines Bescheides erfaßt jedoch nicht einen Sachverhalt, der sich nach Erlassung des Bescheides geändert hat, es sei denn, daß sich das neue Parteibegehren von dem mit rechtskräftigem Bescheid abgewiesenen Begehren nur dadurch unterscheidet, daß es in für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unwesentlichen Nebenumständen modifiziert worden ist. Die Wesentlichkeit einer Sachverhaltsänderung ist dabei nach der Wertung zu beurteilen, die das geänderte Sachverhaltselement in der seinerzeitigen rechtskräftigen Entscheidung erfahren hat (vgl. hiezu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Juni 1971, Slg. Nr. 8.035/A, vom 19. Mai 1988, Zl. 86/06/0255, BauSlg. Nr. 1.120, sowie das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1994, Zl. 92/06/0270, BauSlg. Nr. 151/1994). Die für die Beachtung der Rechtskraft im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG maßgebende Identität der Sache liegt auch dann vor, wenn sich das neue Parteibegehren von dem mit rechtskräftigem Bescheid bereits abgewiesenen nur dadurch unterscheidet, daß eine bisher von der Partei nicht ins Treffen geführte Rechtsfrage aufgegriffen wird oder die Behörde in dem bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren die Rechtsfrage aufgrund eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens oder einer unvollständigen oder unrichtigen rechtlichen Beurteilung entschieden hat (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1994, Zl. 92/06/0270, BauSlg. Nr. 151/1994).
Die dem gegenständlichen Baubewilligungsantrag der Beschwerdeführer zugrundeliegenden, aus dem Einreichplan ersichtlichen baulichen Maßnahmen zur Errichtung einer Gartenterrasse sowie von Einzäunungs- bzw. Befestigungsmauern waren bereits Gegenstand des Baubewilligungsverfahrens, welches mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom 10. Februar 1994 deshalb zu einer Versagung der beantragten Baubewilligung geführt hat, weil sich die "Baulichkeiten zur Gänze auf Flächen befinden, die laut Bebauungsplan gärtnerisch zu gestalten sind, und die Stützmauern und Gartenterrasse überdies in der vom § 79 BO vorgeschriebenen Abstandsfläche vorgesehen sind, wobei diese Stützmauern und Wege nicht unbedingt erforderlich sind". Ausgehend davon, daß das hier zu beurteilende Projekt - wie sich aus den vorliegenden Verwaltungsakten ergibt - aus dem Grunde des § 79 Abs. 6 BO deshalb nicht für bewilligungsfähig angesehen wurde, weil Stützmauern und Wege im nicht unbedingt erforderlichen Ausmaß vorgesehen waren, erweist sich der in Ergänzung des damals nicht als bewilligungsfähig erkannten Projektes nunmehr unter der Terrasse vorgesehene Abstellraum als keine Änderung des Sachverhaltes, der an der Maßgeblichkeit des ursprünglichen Abweisungsgrundes etwas ändert. Bei einer Änderung des Sachverhaltes kann nämlich nur eine solche zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluß zuläßt, daß nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vorneherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 3. Juli 1987, Slg. Nr. 12.511/A). Aus diesen Gründen hätte die Baubehörde erster Instanz im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG das ihrem Bescheid zugrundeliegende Baubewilligungsansuchen der Beschwerdeführer wegen entschiedener Sache zurückweisen müssen. Daß die belangte Behörde dies im angefochtenen Bescheid nicht aufgegriffen hat, vielmehr der Berufung der Beschwerdeführer gegen den das Baubewilligungsansuchen abweisenden Bescheid im Grunde des § 66 Abs. 4 AVG keine Folge gegeben hat, vermag aber keine Verletzung des im Beschwerdepunkt genannten subjektiv-öffentlichen Rechtes der Beschwerdeführer zu begründen.
Unter Berücksichtigung dieser Rechtslage bedarf es keiner weiteren Erörterung des Beschwerdevorbringens. Die Beschwerde erweist sich daher bereits aus den vorstehenden Darlegungen als unbegründet und war sohin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996050182.X00Im RIS seit
20.11.2000