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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FrG 1993 §17 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Hanel, über die Beschwerde des H in S, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in P, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 28. August 1996, Zl. Fr 2836/96, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit der vorliegenden Beschwerde wird ein Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 28. August 1996 angefochten, mit welchem gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsbürger, gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes (FrG) die Ausweisung verfügt wurde. Der angefochtene Bescheid wurde damit begründet, daß der Beschwerdeführer am 19. April 1992 über Ungarn nach Österreich eingereist sei. Aufgrund des von ihm gestellten Asylantrages sei er bis zur Rechtskraft des diesen abweisenden Berufungsbescheides am 20. Februar 1995 zum vorläufigen Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt gewesen; seither halte er sich aber unrechtmäßig in Österreich auf. Der vom Beschwerdeführer gestellte Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz sei "vom Amte der Landesregierung" zurückgewiesen, die dagegen eingebrachte Berufung vom Bundesminister für Inneres mit Bescheid vom 7. März 1996 gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) sowie § 5 Abs. 1 AufG i.V.m. § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG abgewiesen worden. Dem Beschwerdeführer sei am 13. Juni 1996 niederschriftlich zur Kenntnis gebracht worden, daß er sich spätestens seit rechtskräftigem Abschluß seines Asylverfahrens nicht rechtmäßig in Österreich aufhalte; er sei aufgefordert worden, das Bundesgebiet zu verlassen; dem habe er jedoch nicht entsprochen. Die öffentliche Ordnung werde schwerwiegend beeinträchtigt, wenn sich Fremde nach Ablauf einer Aufenthaltsberechtigung unerlaubt in Österreich aufhielten, um damit die österreichischen Behörden vor vollendete Tatsachen zu stellen. Die Ausweisung sei in solchen Fällen erforderlich, um jenen Zustand herzustellen, der bestünde, wenn sich der Fremde gesetzestreu verhalten hätte. Der Beschwerdeführer habe darauf verwiesen, daß er über eine aufrechte Arbeitserlaubnis des Arbeitsmarktservice St. Pölten verfüge und daß er als Lagerarbeiter beschäftigt sei. Mangels gültiger Aufenthaltsberechtigung sei er aber nicht berechtigt, einer Erwerbstätigkeit in Österreich nachzugehen. Die Rechtsordnung messe der Beachtung der zwischenstaatlichen Regelungen über die Einhaltung paßrechtlicher - und nunmehr fremdengesetzlicher - Vorschriften ein solches Gewicht bei, daß selbst bei Einmaligkeit von Verfehlungen gegen diese Normen ein schwerwiegender Verstoß gegen erhebliche öffentliche Interessen des österreichischen Staates vorliege. Die Ausweisung des Beschwerdeführers greife zwar in sein Privat- und Familienleben ein; dieser Eingriff sei jedoch gemäß § 19 FrG im Interesse der in Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Ordnung, insbesondere eines geordneten Fremdenwesens, dringend geboten. Die Ausweisung beinhalte kein Rückkehrverbot und der Beschwerdeführer habe nach Verlassen des Bundesgebietes jederzeit die Möglichkeit, wieder ordnungsgemäß einzureisen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig, weil die belangte Behörde seinen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz als einen Antrag auf Verlängerung der bis dahin bestehenden (asylrechtlichen) vorläufigen Aufenthaltsbewilligung hätte ansehen müssen. Er habe gegen die Zurückweisung seines Antrages auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben und hiebei einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gestellt; zumindest bis zur Entscheidung über diesen Antrag wäre das Ausweisungsverfahren hintanzuhalten gewesen.
Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Gemäß § 17 Abs. 4 FrG ist über eine Ausweisung zwar erst nach Erledigung eines rechtzeitig gestellten Antrages auf Verlängerung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz (§ 6 Abs. 3) zu entscheiden, wenn der Behörde im Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung dieser Umstand bekannt wird. Weder dem angefochtenen Bescheid, noch der Beschwerde zufolge hat der Beschwerdeführer aber einen Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz gemäß § 6 Abs. 3 AufG gestellt. Er war - allenfalls - im Besitz einer asylrechtlichen vorläufigen Aufenthaltsberechtigung; es handelte sich weder um die Verlängerung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, noch waren die für die Verlängerung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz geltenden Vorschriften sinngemäß anzuwenden (§ 13 Abs. 2 AufG). Der Erlassung des angefochtenen Bescheides stand im vorliegenden Fall daher nicht das Ausweisungs-Verbot des § 17 Abs. 4 FrG entgegen.
Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid auch deswegen für rechtswidrig, weil er unbescholten sei und weder gerichtliche noch verwaltungsstrafrechtliche Veurteilungen aufweise sowie über einen ordentlichen Wohnsitz und eine aufrechte Arbeitserlaubnis verfüge. Er sei in Österreich in die Gemeinschaft integriert und leiste durch seine Arbeit einen wesentlichen Beitrag zur Volkswirtschaft der Republik Österreich. Bei Durchsetzung der gegen ihn ausgesprochenen Ausweisung würde massiv in seine persönlichen Interessen eingegriffen werden, weil er als Angehöriger der Volksgruppe der Kurden in seinem Heimatland, der Türkei, massiver Unterdrückung bzw. Verfolgung ausgesetzt sei. Bezüglich dieser persönlichen Interessen hätte die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid ohne vorherige persönliche Einvernahme des Beschwerdeführers nicht erlassen dürfen.
Auch dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Zwar trifft die im angefochtenen Bescheid zum Ausdruck gebrachte Rechtsauffassung der belangten Behörde, daß der Beschwerdeführer trotz des Umstandes, daß er im Besitz einer Arbeitserlaubnis sei, mangels gültiger Aufenthaltsbewilligung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit in Österreich nicht berechtigt sei, nicht zu, weil eine Arbeitserlaubnis gemäß § 14a ff des Ausländerbeschäftigungsgesetzes durch die Beendigung des Aufenthaltsrechts des Ausländers nicht erlischt. Der Beschwerdeführer hat zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits mehr als vier Jahre im Bundesgebiet gelebt und ging hier - jedenfalls zuletzt - einer ordnungsgemäßen Beschäftigung nach. Er war zum Aufenthalt im Bundesgebiet - allenfalls - ausschließlich aufgrund einer asylrechtlichen vorläufigen Aufenthaltsberechtigung befugt; sein Aufenthalt im Bundesgebiet ist seit der rechtskräftigen Abweisung seines Asylantrages im März 1996 jedenfalls rechtswidrig. Zugunsten seines weiteren Verbleibes im Bundesgebiet kann der Beschwerdeführer durchaus die Zeit seines Aufenthaltes und dabei allenfalls entstandene private Beziehungen - insbesondere seine erlaubte Beschäftigung bei einem österreichischen Arbeitgeber - ins Treffen führen. Diese, aufgrund eines, letztlich vier Jahre nach der Einreise des Beschwerdeführers abschlägig beschiedenen Asylantrages entstandenen privaten Beziehungen des Beschwerdeführers lassen die gegen ihn verfügte Ausweisung gemäß § 19 FrG jedoch vorliegend nicht als rechtswidrig erscheinen. In Fällen wie jenem des Beschwerdeführers mißt die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Zielsetzung der Aufrechterhaltung der Ordnung im Bereiche der für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden geltenden Vorschriften einen hohen Stellenwert bei (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 30. November 1995, Zl. 95/18/1201, und vom 27. September 1995, Zl. 95/21/0267), zumal die Rechtsordnung abgewiesenen Asylwerbern, die ihr asylrechtliches vorläufiges Aufenthaltsrecht verloren haben, grundsätzlich auch nicht die Möglichkeit einräumt, ihren Aufenthalt vom Inland aus zu legalisieren. Dazu bedarf es vielmehr der Ausreise und der Stellung eines - erstmaligen - Antrages auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz.
Soweit der Beschwerdeführer die gegen ihn verhängte Ausweisung im Lichte des § 19 FrG deswegen für rechtswidrig hält, weil ihm in seinem Heimatland als Kurde massive Unterdrückung und Verfolgung drohe, ist die Beschwerde deswegen nicht berechtigt, weil mit der Ausweisung nicht die Verpflichtung zur Ausreise (oder die allfällige Abschiebung) in einen bestimmten Staat verbunden ist und nur Eingriffe in im Bundesgebiet bestehende private Beziehungen die Ausweisung im Grunde des § 19 FrG unzulässig machen können, nicht aber Umstände, die künftig in einem bestimmten anderen Land das dort geführte Privatleben des betreffenden Fremden beeinträchtigen könnten (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 27. September 1995, Zl. 95/21/0005).
Der angefochtene Bescheid erweist sich somit nicht als rechtswidrig. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996210841.X00Im RIS seit
20.11.2000