TE Vwgh Erkenntnis 1997/4/16 94/12/0359

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Veröffentlicht am 16.04.1997
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Index

L22007 Landesbedienstete Tirol;
L26007 Lehrer/innen Tirol;
40/01 Verwaltungsverfahren;
63/06 Dienstrechtsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
BLKUFG Tir 1979 §14 Abs1;
BLKUFG Tir 1979 §78;
DVG 1984 §8 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde der Dr. J in I, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Verwaltungsoberkommission der Kranken- und Unfallfürsorge der Landesbeamten beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 9. November 1994, Zl. KFS/51-41/94, betreffend Kurkostenbeitrag nach dem Beamten-Lehrer-Kranken- und Unfallfürsorgegesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Tirol hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin steht als Oberrätin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Tirol; sie ist beim Amt der Tiroler Landesregierung tätig.

Sie erlitt am 15. Jänner 1992 einen Unfall, der in der Folge als Dienstunfall anerkannt wurde und für den sie jedenfalls in der Zeit vom 15. Jänner 1992 bis 14. Jänner 1993 wegen einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 v.H. eine Versehrtenrente bezog. Auf Grund einer im September 1993 durchgeführten Nachuntersuchung gelangte die Verwaltungskommission der Kranken- und Unfallfürsorge der Landesbeamten (im folgenden Verwaltungskommission) zur Auffassung, daß ab 14. Jänner 1993 nur noch eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10 v.H. auf Dauer vorliege und daher ab diesem Zeitpunkt keine Versehrtenrente mehr gebühre (Bescheid vom 12. Jänner 1994). Der Ausgang des Rechtsstreites über die Gebührlichkeit einer Versehrtenrente für einen darüber hinausgehenden Zeitraum bis Ende September 1993 ist dem Verwaltungsgerichtshof nicht bekannt. Bereits zuvor hatte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 26. Februar 1993 die Verwaltungskommission um dringende Behandlung ihres Kurantrages ersucht, da nur durch eine konzentrierte stationäre Behandlung ihre nach wie vor vorhandenen Schmerzen beseitigt bzw. gemildert werden könnten. Auf Grund ihres Antrages (ohne Datum) auf Kostenbeitrag für einen (beabsichtigten) Kuraufenthalt von 21 Tagen in Bad W wegen verschiedener Leiden (darunter auch Zustand nach Sprunggelenksfraktion und Cervikalsyndrom) teilte ihr die Verwaltungskommission mit Schreiben vom 10. März 1993 mit, sie habe gemäß § 14 Abs. 1 des Beamten-Lehrer-Kranken- und Unfallfürsorgegesetzes (BLKUFG) die Notwendigkeit des beantragten Kuraufenthaltes für die Dauer von 21 Tagen anerkannt. Kosten für den Kuraufenthalt könnten von der Krankenfürsorge jedoch nur anerkannt werden, wenn die Kuranwendungen am Kurort ärztlich verordnet werden würden. Das Schreiben enthält auch eine Aufstellung des Kostenersatzes für den Kuraufenthalt und einen Hinweis auf die von der Beschwerdeführerin vorzulegenden erforderlichen Nachweise (Aufenthaltsbestätigung; Verordnungen des Kurarztes; Rechnungsbelege).

In der Folge teilte die Beschwerdeführerin während ihres Kuraufenthaltes der Krankenfürsorge telefonisch mit, ihr Aufenthalt müsse verlängert werden. Im Anschluß an den Kuraufenthalt, den die Beschwerdeführerin vom 21. März bis 16. April 1993 absolvierte, legte sie eine ärztliche Bestätigung des leitenden Kurarztes des Biothermenhotels Bad W., Dr. E, vor, wonach "aus medizinischen Gründen" eine Verlängerung des Kuraufenthaltes indiziert gewesen sei.

Mit Schreiben vom 5. Mai 1993 teilte die Verwaltungskommission der Beschwerdeführerin mit, sie habe den Antrag auf Verlängerung des genannten Kuraufenthaltes von 21 auf 27 Tage abgelehnt, sodaß nur die Kosten für 21 Tage seitens der Krankenfürsorge ersetzt werden könnten.

Mit Schreiben vom 18. Mai 1993 stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf bescheidmäßige Absprache und rechtliche Begründung der Ablehnung, da die geforderten Voraussetzungen (entsprechendes ärztliches Attest) vorlägen.

Mit Bescheid vom 3. Juni 1993 lehnte die Verwaltungskommission die Gewährung eines Kostenbeitrages für die Verlängerung des Kuraufenthaltes von 21 auf 27 Tage vom 21. März bis 16. April 1993 in Bad W. ab. Die Behörde erster Instanz ging unter Zugrundelegung des oben dargestellten Sachverhaltes davon aus, bereits im Kurantragsformular werde auf der Rückseite (Punkt 2.) darauf hingewiesen, daß ein Zuschuß für einen Kuraufenthalt höchstens für 21 Tage gewährt werde. Zudem besage auch "die Verordnung in § 14, daß ein Kostenersatz bei einer Aufenthaltsdauer von weniger als 2 Wochen oder länger als 3 Wochen nur bei Vorliegen berücksichtigungswürdiger Gründe" gewährt werde. Der vorgelegten Bestätigung des Arztes habe die Behörde nicht entnehmen können, ob wichtige Gründe für die Verlängerung vorgelegen seien, weshalb die Verlängerung abgelehnt hätte werden müssen, was der Beschwerdeführerin auch mitgeteilt worden sei und in der Folge zu ihrem Antrag vom 18. Mai 1993 geführt habe. Auf Grund der Tatsache, daß kein Grund für die Notwendigkeit eines längeren Kuraufenthaltes angeführt worden sei, habe die Behörde erster Instanz diesen Antrag abgelehnt.

In ihrer Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, der von ihr erlittene Unfall vom 15. Jänner 1992 sei in der Zwischenzeit als Dienstunfall anerkannt worden. Zur nachhaltigen Besserung der Folgen dieses Dienstunfalles sei die Verlängerung des Kuraufenthaltes unbedingt erforderlich gewesen. Es lägen somit berücksichtigungswürdige Gründe vor, die eine Verlängerung des Kuraufenthaltes notwendig gemacht hätten. Bezüglich des Vorliegens dieser wichtigen Gründe werde sie ein entsprechendes ärztliches Attest des leitenden Kurarztes vorlegen.

In der Folge wurde die Beschwerdeführerin ersucht, das in ihrer Berufung angekündigte ärztliche Attest vorzulegen.

Die Beschwerdeführerin legte hierauf folgendes Schreiben von Dr. E vom 20. Juli 1994 vor:

"Frau Dr. J war vom 21.3.1993 - 16.4.1993 im Biothermenhotel zur Kur. Wegen Ausbleibens des Kurerfolges war eine Verlängerung der Kur um eine Woche medizinisch notwendig."

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 9. November 1994 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 1 DVG sowie den §§ 14 Abs. 1 lit. d und 63 BLKUFG als unbegründet ab. Sie begründete ihre Entscheidung nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens damit, sie erblicke in dem nunmehr vorgelegten neuerlichen Attest keine Begründung für die Notwendigkeit der Verlängerung des Kuraufenthaltes, da weder eine Diagnose angeführt sei noch angegeben werde, aufgrund welcher Leiden eine längere Behandlung notwendig gewesen sei. Aus der vorgelegten Bestätigung könne weder der Vertrauensarzt noch die Verwaltungskommission ableiten, daß eine Verlängerung des Aufenthaltes aus medizinischen Gründen wegen Ausbleibens des Kurerfolges erforderlich gewesen sei, da erfahrungsgemäß der Kurerfolg oft erst Wochen später eintrete. Die belangte Behörde habe auf Grund der vorliegenden Verfahrensergebnisse keinen berücksichtigungswürdigen Grund für eine Verlängerung des Kuraufenthaltes finden können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BLKUFG, LGBl. Nr. 42/1979 (Wiederverlautbarung) haben unter anderem die in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Tirol stehenden Bediensteten des Dienst- und Ruhestandes (Beamte) bei Krankheit oder Mutterschaft gegenüber dem Land für sich und ihre Angehörigen Anspruch auf Leistungen nach den Bestimmungen der §§ 9 bis 16 dieses Gesetzes.

Den nach § 1 Anspruchsberechtigten stehen nach Maßgabe der Bestimmungen des Abs. 3 unter anderem bei Krankheit (das ist der regelwidrige Körper- oder Geisteszustand, der Heilbehandlung notwendig macht) Ersatz der Kosten der Heilbehandlung (§ 10) zu (§ 9 Abs. 1 lit. b leg. cit.).

Nach § 9 Abs. 3 (erster Satz in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 9/1989) ist das Verhältnis der Höhe des zu gewährenden Kostenersatzes zur Höhe der dem Anspruchsberechtigten tatsächlich erwachsenen Kosten durch Verordnung der Verwaltungskommission festzulegen und für die einzelnen Arten der Leistungen eine Höchstgrenze zu bestimmen, sofern das Ausmaß der Leistungen nicht bereits in diesem Gesetz (§§ 16 Abs. 2 und 17 Abs. 2) bestimmt ist. In dieser Verordnung ist auch für Fälle besonderer Härte die Gewährung außerordentlicher Unterstützungen vorzusehen und zu bestimmen, daß bei der Beurteilung, ob ein solcher Fall vorliegt und in welchem Ausmaß die Unterstützung gewährt werden kann, die Dringlichkeit des Aufwandes und die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unterstützungswerbers angemessen zu berücksichtigen sind.

Gemäß Abs. 4 leg. cit. (in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 9/1989) ist bei Erlassung einer Verordnung nach Abs. 3 darauf Bedacht zu nehmen, daß unter Berücksichtigung der Höhe des Beitragssatzes (§ 4 Abs. 4) die nach diesem Gesetz zu erbringenden Leistungen in ihrer Gesamtheit denen, die den öffentlich-rechtlichen Bediensteten des Bundes nach den für sie geltenden Vorschriften über die Krankenversicherung zustehen, mindestens gleichwertig sind.

Nach § 10 BLKUFG (Stammfassung) umfaßt die Heilbehandlung alle Maßnahmen, die zur Beseitigung oder Besserung des durch die Krankheit bedingten regelwidrigen Körper- oder Geisteszustandes notwendig sind. Hiezu gehören nach lit. c die Sonderleistungen (§ 14).

Gemäß § 14 Abs. 1 lit. b leg. cit. ist, soweit zur nachhaltigen Besserung oder Festigung der Gesundheit, der Dienstfähigkeit oder der Fähigkeit, für die lebenswichtigen persönlichen Bedürfnisse zu sorgen, ein Aufenthalt in Heilstätten, Kurbädern, Kurorten oder anderen Erholungsstätten notwendig ist, hiefür Kostenersatz zu leisten.

Die Unfallfürsorge der Landesbeamten ist im II. Hauptstück erster Abschnitt BLKUFG (§§ 24 ff) geregelt. Nach § 42 Abs. 1 lit. a steht den nach § 24 Abs. 1 Anspruchsberechtigten (dazu gehören nach dieser Bestimmung die in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Tirol stehenden Bediensteten mit Ausnahme der Landeslehrer und der land- und forstwirtschaftlichen Landeslehrer) unter anderem Ersatz der Kosten der Heilbehandlung (§ 43) zu. Die Heilbehandlung umfaßt nach § 43 Abs. 2 lit. c leg. cit. auch Sonderleistungen, zu denen nach § 46 Abs. 1 lit. c ein Aufenthalt in Heilstätten, Kurbädern, Kurorten oder anderen Erholungsstätten gehört; soweit dieser zur nachhaltigen Besserung oder Festigung der durch einen Dienstunfall oder durch eine Berufskrankheit beeinträchtigten Gesundheit, Dienstfähigkeit oder Fähigkeit, für die lebenswichtigen persönlichen Bedürfnisse zu sorgen, notwendig ist, ist hiefür Kostenersatz zu leisten. Gemäß § 46 Abs. 3 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 9/1989 hat die Verwaltungskommission durch Verordnung das Verhältnis der Höhe des nach den Abs. 1 und 2 zu leistenden Kostenersatzes zur Höhe der dem Anspruchsberechtigten tatsächlich erwachsenen Kosten festzusetzen, sofern das Ausmaß der Leistung nicht bereits in diesem Gesetz bestimmt ist. § 9 Abs. 3 zweiter Satz, Abs. 4 und 5 gelten sinngemäß.

Nach § 63 Abs. 2 BLKUFG (der erste Satz in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 9/1989) obliegt der Verwaltungskommission hinsichtlich der Krankenfürsorge neben den ihr nach den §§ 8, 9 und 13 Abs. 1 zugewiesenen Aufgaben die Entscheidung über den Bestand und den Umfang von Ansprüchen und von Beitragsverpflichtungen. Ein Bescheid, der die Feststellung des Bestandes von Ansprüchen zum Gegenstand hat, ist nur zulässig, wenn der Anspruchsberechtigte eine solche Feststellung ausdrücklich begehrt. Abs. 3 dieser Bestimmung räumt der Verwaltungskommission hinsichtlich der Unfallfürsorge bestimmte Aufgaben ein.

Gemäß § 64 Abs. 1 leg. cit. wird zur Entscheidung über Berufungen gegen Bescheide der Verwaltungskommission beim Amt der Landesregierung die "Verwaltungsoberkommission der Kranken- und Unfallfürsorge der Landesbeamten" errichtet. Gegen Bescheide der Verwaltungsoberkommission ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig (§ 64 Abs. 6).

Nach § 78 BLKUFG (in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 96/1993) gilt für das Verfahren das DVG 1984, BGBl. Nr. 29 in der Fassung des Gesetzes BGBl. Nr. 362/1991.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Kurkostenersatz nach §§ 14 und (richtig wohl: oder) 46 BLKUFG durch unrichtige Anwendung dieser Normen, sowie der Vorschriften über die Sachverhalts-Ermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung (§§ 1, 8 DVG; §§ 37, 39 und 60 AVG) verletzt. Unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften macht sie geltend, sie habe im Berufungsverfahren ein ärztliches Attest vorgelegt, in dem bestätigt worden sei, daß die Verlängerung der Kur um eine Woche wegen des (vorherigen) Ausbleibens des Kurerfolges notwendig gewesen sei. Das sehe die belangte Behörde als unzureichend im Hinblick auf das von ihr angenommene rechtliche Erfordernis des Vorliegens "wichtiger Gründe" an. Selbst wenn diese (im Abschnitt über die Darstellung der inhaltlichen Rechtswidrigkeit verworfene) Rechtsansicht zuträfe, wäre es Aufgabe der belangten Behörde gewesen, das zusätzliche Beweiserfordernis zu realisieren. Es gälten die einschlägigen Verfahrensgesetze (AVG und DVG); dementsprechend bestehe die Verpflichtung zur amtswegigen Wahrheitsforschung. Es liege nicht in der Macht der Beschwerdeführerin, einen Arzt zu einem bestimmten Handeln zu bewegen und ihn zur Abgabe einer ausführlichen Darstellung zu bewegen. Für einen Arzt bestehe aber, wie für jedermann, die Pflicht der Zeugenaussage; es wäre daher für die Behörde die Möglichkeit gegeben gewesen, auf diesem Weg die gewünschten und detaillierten Angaben zu erhalten. Wegen der Verpflichtung zur amtswegigen Durchführung des Ermittlungsverfahrens und der Offenlegung aller relevanten Umstände, könne nicht davon ausgegangen werden, daß die Beschwerdeführerin verpflichtet gewesen wäre, einen förmlichen Beweisantrag auf zeugenschaftliche Einvernahme des Arztes zu stellen. Es wäre daher behördliche Aufgabe gewesen, durch zeugenschaftliche Einvernahme des Arztes Dr. E und/oder Gutachtenseinholungen die von ihr gewünschte und vollständige Klärung des Sachverhaltes herbeizuführen. Im übrigen sei das Berufungsvorbringen, daß in der Zwischenzeit klargestellt worden sei, daß ein Dienstunfall krankheitskausal gewesen sei, im angefochtenen Bescheid nicht behandelt worden, obwohl dies bei Zutreffen zur Anwendung des § 46 BLKUFG hätte führen müssen.

Schon mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin im Recht.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes hat die belangte Behörde mit der Verneinung der Erforderlichkeit der Verlängerung des Kuraufenthaltes der Beschwerdeführerin aus medizinischen Gründen jedenfalls auch das Vorliegen der für JEDEN Anspruch auf Sonderleistungen gebotenen Notwendigkeit im Sinne des § 14 Abs. 1 BLKUFG als nicht gegeben angenommen und sich nicht ausschließlich auf ihrer Auffassung nach nicht vorhandene "berücksichtigungswürdige Gründe" berufen. Es kann daher im Beschwerdefall dahingestellt bleiben, was die belangte Behörde unter berücksichtigungswürdigen Gründen verstanden hat, ob darin eine verschärfende Einschränkung der Anspruchsvoraussetzungen gegenüber § 14 Abs. 1 BLKUFG liegt und, bejahendenfalls, ob hiefür eine gesetzliche oder verordnungsmäßige Grundlage besteht.

Zu prüfen ist daher im Beschwerdefall, ob die belangte Behörde den von ihr angenommenen Sachverhalt, aus dem sie diesen Schluß zog, ordnungsgemäß ermittelt hat.

Das BLKUFG enthält - abgesehen von der Antragsbedürftigkeit im Streitfall nach § 63 Abs. 2 leg. cit. - keine besonderen Bestimmungen wie z.B. eine Beweislastumkehr, die den Grundsatz der Amtswegigkeit und den Grundsatz der materiellen Wahrheitsforschung, deren Geltung sich aus § 78 BLKUFG in Verbindung mit § 8 Abs. 1 DVG und § 39 Abs. 2 AVG ergibt, einschränken.

Eine allgemeine Regel, wonach denjenigen, der in einem Antragsverfahren einen Anspruch auf Erlassung eines begünstigenden Aktes geltend macht, die Behauptungs- und Beweislast träfe, ist dem AVG (und auch DVG) fremd; doch wird naturgemäß in diesen Fällen die Behauptungslast im wesentlichen den Antragsteller treffen, wenngleich nicht von einer formalen Behauptungslastregel des Inhaltes ausgegangen werden darf, daß die Unterlassung der Behauptung einer Tatsache schon den Anspruchsverlust zur Folge hätte.

Nach Judikatur und Lehre besteht auch für Verwaltungsverfahren, für die dies nicht ausdrücklich in den Verwaltungsvorschriften vorgesehen ist, eine - der Pflicht der Behörde zur amtswegigen Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes korrespondierende - Verpflichtung der Parteien zur Wahrnehmung der ihnen "zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen" eingeräumten prozessualen Rechte. Es handelt sich dabei um die Verpflichtung, "zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen und Verzögerungen des Verfahrens hintanzuhalten" (Mitwirkungspflicht).

Was die Verpflichtung zum Nachweis der behaupteten Tatsachen anlangt, so obliegt es auch im Antragsverfahren der Behörde, innerhalb der Grenzen ihrer Möglichkeiten und des vom Verfahrenszweck her gebotenen und zumutbaren Aufwandes ihrer AMTSWEGIGEN ERMITTLUNGSPFLICHT nachzukommen. Aber auch dort, wo es der Behörde nicht möglich ist, von sich aus und ohne Mitwirkung der Partei tätig zu werden, was insbesondere bei jenen in der Person des Antragstellers gelegenen Voraussetzungen der Fall sein wird, deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann, ist es Aufgabe der Behörde, der Partei mitzuteilen, welche personenbezogenen Daten zur Begründung des geltend gemachten Anspruches noch benötigt werden und sie aufzufordern, für ihre Angaben Beweise anzubieten (vgl. dazu z.B. das hg. Erkenntnis vom 27. März 1996, 94/12/0298, und die dort angeführte Vorjudikatur).

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage ist die Beschwerdeführerin aber ihrer Behauptungs- und Mitwirkungspflicht durch die Vorlage der ärztlichen Bestätigung Dris. E (jedenfalls in diesem Verfahrensstadium) hinreichend nachgekommen, mit dem sie die medizinische Notwendigkeit der Verlängerung ihres Kuraufenthaltes geltend gemacht hat. Mangels einer entsprechenden gesetzlichen Regelung im BLKUFG bestand keine Verpflichtung der Beschwerdeführerin von sich aus den Nachweis des Zutreffens dieses Vorbringens zu erbringen; vielmehr oblag es in diesem Verfahrensstadium den Behörden des Verwaltungsverfahrens, für den Fall, daß sie die Behauptung der Beschwerdeführerin als nicht ausreichend ansahen, durch entsprechende Ermittlungen (wie z.B. die Einvernahme Dris. E aber auch die Einholung von Sachverständigen-Gutachten), die allenfalls eine weitere Mitwirkungsverpflichtung der Beschwerdeführerin ausgelöst hätten (wie z.B. bei einer ärztlichen Begutachtung), den objektiven Sachverhalt festzustellen. Ohne Klärung der konkreten Situation im Einzelfall konnte sich die belangte Behörde auch nicht auf den von ihr ins Treffen geführten angeblichen Erfahrungssatz über die Wirkung einer Kur berufen.

Da der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf und die belangte Behörde Verfahrensvorschriften außer acht gelassen hat, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben. Im fortgesetzten Verfahren wird auch zu klären sein, ob nicht im Beschwerdefall § 46 BLKUFG anzuwenden ist, was bei Bejahung der Anspruchsvoraussetzungen für die Verlängerung des Kuraufenthaltes für den Ersatz der Kosten von Bedeutung sein könnte.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1994120359.X00

Im RIS seit

21.12.2000

Zuletzt aktualisiert am

01.06.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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