Entscheidungsdatum
03.03.2021Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W116 2230815-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Mario DRAGONI über die Beschwerde des XXXX gegen den Bescheid der Präsidentin des Handelsgerichts WIEN vom 19.02.2020, 18 Cg 9/19a, betreffend Zeugengebühren zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, Facharzt für Orthopädie und orthopädische Chirurgie wurde in einem Verfahren vor dem Handelsgericht Wien mit Ladung vom 19.12.2019 für den 22.01.2020 von 15:00 Uhr bis (voraussichtlich) 17:00 Uhr als Zeuge geladen.
2. Nach der Verhandlung machte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 29.01.2020 beim Handelsgericht Wien Kosten für den durch die Zeugenvernehmung verursachten Verdienstentgang in der Höhe von € 1.260,- geltend. Dies begründete er damit, dass er aufgrund seiner Ordinationszeiten an einem Mittwoch (14:00 bis 20:00 Uhr) und der für Mittwoch den 22.01.2020 für 15:00 bis 17:00 Uhr anberaumten Ladung an diesem Tag Patiententermine erst ab 17:30 Uhr vergeben habe können. Obwohl die Verhandlung tatsächlich bereits um 15:50 Uhr zu Ende gewesen sei, habe er das nicht mehr ändern können. Da er pro Behandlungsstunde üblicherweise 2 bis 4 Patienten behandle (Erstvorstellung 30 Minuten, Kontrolle 15 Minuten) ergebe dies einen durchschnittlichen Verdienstentgang von 280 bis 400 Euro pro Stunde (Erstvorstellung 140 Euro, Kontrollen 90 bis 110 Euro). Für dreieinhalb Stunden ergäbe dies bei einen Durchschnittsatz von 360 Euro pro Stunde den Betrag von 1.260 Euro.
3. Mit Schreiben des Handelsgerichts WIEN vom 31.01.2020 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert seinen tatsächlichen Verdienstentgang innerhalb einer Woche zB. durch Vorlage von Rechnungen an Patienten nachzuweisen. Sollte dies nicht möglich sein, müsse eine Pauschalentschädigung pro Stunde zu je € 14,20 berechnet werden. Der Zeuge habe den Grund und die Höhe des tatsächlichen Einkommens zu bescheinigen. Zum Nachweis der Höhe des Einkommensentgangs genüge nicht die Ermittlung eines fiktiv nach Durchschnittsätzen errechnetes Einkommen (VwGH 14.2.1986, 86/17/0023-6).
4. Mit Schreiben vom 10.02.2020 übermittelte der Beschwerdeführer dem Handelsgericht die Ordinationsabrechnung der einzelnen (insgesamt acht) Ordinationstage vom 07.01.2020 bis 05.02.2020 mit aufgeschlüsselten Rechnungsdaten sowie eine Gesamtaufstellung, auf welcher die Mittwoche markiert sind. Daraus sei abzulesen, dass der Tagesumsatz am Mittwoch dem 22.01. erheblich geringer (um ca. 800 bis 900 Euro weniger) als an den anderen Mittwochen sei. Die Ordinationskosten seien während seiner Abwesenheit dagegen nicht gemindert gewesen. Er ersuche daher um Überweisung des Betrages von 850 Euro.
5. Mit verfahrensgegenständlichen Bescheid der Präsidentin des Handelsgerichts WIEN vom 19.02.2020 wurden die dem Zeugen zustehenden Gebühren mit EUR 47,40 bestimmt, davon Reisekosten in der Höhe von EUR 4,80 und eine Pauschalentschädigung für die Zeitversäumnis von drei Stunden in der Höhe von EUR 42,60. Das Begehren auf Verdienstentgang in der Höhe von EUR 850,- wurde abgewiesen.
In der Begründung wurde Folgendes ausgeführt (im Original, anonymisiert):
„Der (Beschwerdeführer) war am 22.1.2020 als Zeuge für 15.00 Uhr geladen und wurde vom zuständigen Richter um 15.50 Uhr aus der Verhandlung entlassen. Mit Schreiben vom 29.1.2020 beantragte der (Beschwerdeführer) seinen durchschnittlichen Verdienstentgang mit EUR 1.260,-. Aufgrund dieses Schreibens wurde der (Beschwerdeführer) von der zuständigen Kostenbeamtin mit einer kurzen Note vom 31.1.2020 darüber informiert, dass der Zeuge seinen TATSÄCHLICHEN Einkommensentgang für die Zeit, in der der Zeuge bei Gericht war, nachzuweisen hat; samt Auszug aus dem GebAG. Daraufhin schickte der (Beschwerdeführer) ein Schreiben vom 10.2.2020 mit einer Ordinationsabrechnung der einzelnen Ordinationstage vom 7.1.2020 bis 5.2.2020. Mit diesem Schreiben beantragte der Zeuge nunmehr einen Verdienstentgang in Höhe von EUR 850,-.
Von einem tatsächlichen Einkommensentgang kann hiebei beim selbständig Erwerbstätigen nur dann gesprochen werden, wenn während der durch die Erfüllung der Zeugenpflicht versäumten Zeit Tätigkeiten angefallen wären, die dem Zeugen Einkommen gebracht hätten, welches unwiederbringlich verlorenging. Diese Tätigkeiten können in der Regel bezeichnet, beschrieben und erforderlichenfalls durch Urkunden bescheinigt werden. Jedenfalls ist der selbständig Erwerbstätige für die Erfüllung seiner Zeugenpflicht nicht nach den für ihn sonst geltenden Honorarsätzen oder in Anlehnung an sein sonstiges Einkommen zu entlohnen, sondern lediglich für einen konkreten Einkommensentgang zu entschädigen (E 23 zu § 18 GebAG).
Der Zeuge hat Grund und Höhe des tatsächlichen Einkommensentgangs zu bescheinigen. Zum Nachweis der Höhe des Einkommensentgangs genügt nicht die Ermittlung eines fiktiv nach Durchschnittssätzen errechneten Einkommens (E 29 zu § 18 GebAG). Kann der Zeuge einen konkreten Einkommensentgang nicht bescheinigen, so ist es ohne Belang, welche Stundensätze er seinen Patienten üblicherweise in Rechnung stellt (E 29 zu § 18 GebAG). Bei einem Arzt müssen bei Nachholung der abgesagten Behandlungstermine keineswegs Einnahmen verlorengehen. Es wäre Sache des Beschwerdeführers gewesen, nicht nur den auf der Hand liegenden Einnahmenausfall an dem Tag der Zeugeneinvernahme darzulegen, sondern - sollte dies zutreffen - jedenfalls zu behaupten und zumindest glaubhaft zu machen, dass die Einnahmen verloren gingen, weil die Vornahme der Behandlung nur an diesem Tag und nicht auch an einem anderen Termin möglich war (E 41 zu § 18 GebAG).
Die Ladung zur Vernehmung als Zeuge wurde am 20.12.2019 an den (Beschwerdeführer) zugestellt. Bei einem freiberuflich Tätigen mit großer Freiheit im Fixieren geschäftlicher Termine ist bei rechtzeitiger Ladung eine entsprechende Disposition zur Vermeidung von Kollisionen mit dem gerichtlichen Ladungstermin zumutbar. Notfalls besteht die Möglichkeit, sich wegen beruflicher Unabkömmlichkeit zu entschuldigen (E 64 zu § 18 GebAG). Deshalb war ihm der tatsächliche Verdienstentgang abzuweisen und nur die Pauschalentschädigung zuzusprechen.“
6. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 03.03.2020 fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin bringt er vor, das die Zeugeneinvernahme am 22.01.2020 zu einer erheblichen Reduktion seines Verdienstes aus selbstständiger Tätigkeit geführt habe. Zur Bestätigung habe er zuletzt die genaue Ordinationsabrechnung der einzelnen Ordinationstage des Jahres 2020 (07.01.2020 bis 5.02.2020) mitsamt den einzelnen Rechnungen (Registrierkassenbelegsnummern) sowie einer Gesamtaufstellung (Mittwoche grün markiert) eingebracht, um dies im Vergleich zu belegen. Leider sei es trotz rechtzeitiger Verständigung über den Termin durch das HG Wien nicht möglich eine Verschiebung vorzunehmen. In der Ordination sei er Mieter und verfüge über ein fixes, zeitgebundenes Terminkontingent. Aufgrund der Zeugeneinvernahme sei es ihm nicht möglich gewesen die reguläre Ordinationszeit ab 14:00 einzuhalten, somit sei das entsprechende Zeitkontingent unwiederbringlich verfallen und habe folglich zu einem Verdienstentgang von ca. 800 bis 900 Euro geführt. Eine Nachholung der Patiententermine an einem anderen Tag oder einer anderen Urzeit sei leider nie möglich gewesen. Deshalb ersuche er um neuerliche Prüfung und Überweisung der beantragten Summe in der Höhe von 850 Euro auf sein Konto.
07. Die belangte Behörde sah in der Folge von einer Beschwerdevorentscheidung ab und legte die Beschwerde samt den bezughabenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht am 08.05.2020 zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer ist Facharzt für Orthopädie und orthopädische Chirurgie. Er ist in einer Praxisklink in 1010 Wien, XXXX eingemietet und praktiziert dort jeweils Dienstag von 09:00 bis 14:00 und Mittwoch von 14:00 bis 20:00 ausschließlich nach Terminvereinbarung als Wahlarzt aller Kassen und privat. Eine Erstvorstellung in seiner Ordination kostet € 140,- und dauert durchschnittlich ca. eine halbe Stunde, Kontrollen danach je nach Dauer € 90,- bis € 110,- (durchschnittliche Dauer 15 Minuten).
1.2. Mit Ladung vom 19.12.2019 wurde der Beschwerdeführer vom Handelsgericht Wien, 1030 Wien, Marxergasse 1a, für Mittwoch den 22.01.2020 um 15:00 Uhr als Zeuge in einem gerichtlichen Verfahren mit der voraussichtlichen Dauer bis 17:00 Uhr geladen. Tatsächlich wurde der Beschwerdeführer vom zuständigen Richter bereits um 15:50 Uhr aus der Verhandlung entlassen.
1.3. Laut vorgelegter Ordinationsabrechnung hatte der Beschwerdeführer an den acht Ordinationstagen zwischen dem 07.01.2020 und dem 05.02.2020 folgende Patientenfrequenz und Einnahmen:
Dienstag 07.01.: 5 Patienten € 720,- (Kassenbelege von 10:33 bis 12:14 Uhr)
Mittwoch 08.01.: 15 Patienten € 1.540,- (Kassenbelege von 15:02 bis 19:40 Uhr)
Dienstag 14.01.: 10 Patienten € 1.120,- (Kassenbelege von 10:15 bis 13:27 Uhr)
Mittwoch 15.01.: 13 Patienten € 1.620,- (Kassenbelege von 14:18 bis 19:47 Uhr)
Dienstag 21.01.: 10 Patienten € 960,- (Kassenbelege von 10:07 bis 13:55 Uhr)
Mittwoch 22.01.: 6 Patienten € 720,- (Kassenbelege von 17:55 bis 20:09 Uhr)
Dienstag 04.02.: 10 Patienten € 1.180,- (Kassenbelege von 09:51 bis 13:33 Uhr)
Mittwoch 05.02.: 15 Patienten 1.590,- (Kassenbelege von 14:47 bis 19:35 Uhr)
Als maßgebend wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer damit für die mit der gegenständlichen Zeugenladung verbundenen Zeitversäumnis keinen tatsächlichen Einkommensentgang bescheinigen konnte.
2. Beweiswürdigung:
Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich zur Gänze aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt.
Die Feststellungen unter Punkt 1.1. ergeben sich aus den Angeben des Beschwerdeführers sowie aus dem von ihm vorgelegten Ausdruck des Internetauftritts seiner Arztpraxis.
Die Feststellungen unter Punkt 1.2. ergeben sich zur Gänze aus dem Verwaltungsakt und wurden vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten.
Die Feststellungen unter Punkt 1.3. ergeben sich unzweifelhaft aus den vom Beschwerdeführer dem Handelsgericht Wien vorgelegten Abrechungsunterlagen.
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer mit den vorgelegten Unterlagen für die Dauer seiner Zeugenladung keinen tatsächlichen Einkommensentgang bescheinigen konnte, ergibt sich aus nachstehenden Gründen:
Der Beschwerdeführer hat seinen Einkommensentgang damit begründet, dass er in der Ordination als Mieter lediglich über ein fixes, zeitgebundenes Terminkontingent verfüge (Dienstag fünf Stunden, 09:00 bis 14:00 Uhr, und Donnerstag sechs Stunden, 14:00 bis 20:00 Uhr) und es ihm aufgrund der Zeugeneinvernahme an diesem Tag nicht möglich gewesen sei die Ordinationszeit ab 14:00 Uhr einzuhalten, weshalb ihm das entsprechende Zeitkontingent (14:00 bis 17:00) unwiederbringlich verloren gegangen wäre, weil eine Nachholung dieser Patiententermine an einem anderen Tag oder einer anderen Urzeit nie möglich gewesen sei. Das würde die vorgelegte Ordinationsabrechnung der einzelnen Ordinationstage von 07.01.2020 bis 5.02.2020 belegen.
Dem ist jedoch entgegen zu halten, dass die vom Beschwerdeführer vorgelegten Abrechnungsdaten (Anzahl der Patienten an den einzelnen Tagen sowie Uhrzeit der Rechnungsbelege) nicht auf eine generelle Vollauslastung seiner (fixen) Ordinationszeiten schließen lassen. Vielmehr finden sich an den mit Abrechnungsdaten dokumentierten acht Ordinationstagen durchaus erkennbare Abweichungen, was das Patientenaufkommen, die damit verbundenen Einkünfte aber auch die Uhrzeit der an den einzelnen Tagen ausgestellten, ersten und letzten Rechnungsbelege betrifft. Besonders deutlich wird dies bei einem Vergleich der vorliegenden Abrechnungen für die Dienstage. Während am 14.01., 21.01. und 04.02. die Behandlung jeweils 10 Patienten und Einnahmen zwischen € 960,- bis € 1.180,- dokumentiert sind, sind es am 07.01.2020 lediglich 5 Patienten und € 720,- Einkünfte. Zudem weisen an diesen Tagen die ersten Rechnungsbelege die Uhrzeiten zwischen 09:51 bis 10:33 und die letzte Rechnungsbelege Uhrzeiten zwischen 12:14 und 13:55 auf, was bei einer Ordinationszeit von 09:00 bis 14:00 Uhr an einzelnen Tagen ebenfalls auf freie Kapazitäten schließen lässt. Zudem werden Behandlungtermin in der Praxis des Beschwerdeführers ausschließlich nach telefonischer Voranmeldung gewährt, eine „Laufkundschaft“ gibt es nicht. Vor dem Hintergrund, dass dem Beschwerdeführer die gegenständliche Zeugenladung bereits einen Monat vorher bekannt war, kann aus den vorgelegten Abrechnungsdaten daher nicht geschlossen darauf werden, dass ihm durch seine Abwesenheit am 22.01.2020 tatsächlich Einnahmen unwiederbringlich verloren gegangen wären, weil die Behandlung von konkreten Patienten nur an diesem Tag und nicht auch an einem anderen Termin möglich gewesen wäre.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1.1 Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.
3.1.2. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.1.3 Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 i.d.F. BGBl. I Nr. 51/2012, erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
3.1.4 Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
3.2. Zu Spruchteil A)
3.2.1. Gemäß § 3 Abs. 1 GebAG umfasst die Gebühr des Zeugen
1. den Ersatz der notwendigen Kosten, die durch die Reise an den Ort der Vernehmung, durch den Aufenthalt an diesem Ort und durch die Rückreise verursacht werden;
2. die Entschädigung für Zeitversäumnis, soweit er durch die Befolgung der Zeugenpflicht einen Vermögensnachteil erleidet.
Gemäß § 6 Abs 1 GebAG umfasst der Ersatz der notwendigen Reisekosten (§ 3 Abs. 1 Z 1) die Kosten der Beförderung des Zeugen mit einem Massenbeförderungsmittel oder mit einem anderen Beförderungsmittel und die Entschädigung für zu Fuß zurückgelegte Wegstrecken (Kilometergeld); er bezieht sich, vorbehaltlich des § 4, auf die Strecke zwischen dem Ort der Vernehmung des Zeugen und seiner Wohnung oder Arbeitsstätte, je nachdem, wo der Zeuge die Reise antreten oder beenden muss.
Gemäß § 17 GebAG bezieht sich die Entschädigung für Zeitversäumnis (§ 3 Abs. 1 Z 2), vorbehaltlich des § 4, auf den Zeitraum, den der Zeuge wegen seiner Vernehmung außerhalb seiner Wohnung bzw. Arbeitsstätte bis zur möglichen Wiederaufnahme der Arbeit verbringen muss.
Gemäß § 18 Abs. 1 GebAG gebühren dem Zeugen als Entschädigung für die Zeitversäumnis
1. 14,20 € für jede, wenn auch nur begonnene Stunde, für die dem Zeugen eine Entschädigung für Zeitversäumnis zusteht,
2. anstatt der Entschädigung nach Z 1
a) beim unselbständig Erwerbstätigen der tatsächlich entgangene Verdienst,
b) beim selbständig Erwerbstätigen das tatsächlich entgangene Einkommen,
c) anstatt der Entschädigung nach den Buchstaben a) oder b) die angemessenen Kosten für einen notwendigerweise zu bestellenden Stellvertreter,
d) die angemessenen Kosten für eine notwendigerweise beizuziehende Haushaltshilfskraft.
Gemäß Abs. 2 des § 18 GebAG hat der Zeuge im Falle des Abs. 1 Z 1 den Grund des Anspruches, im Falle des Abs. 1 Z 2 auch dessen Höhe zu bescheinigen.
Nach § 19 Abs. 1 GebAG hat der Zeuge den Anspruch auf seine Gebühr binnen 14 Tagen, im Fall des § 16 binnen vier Wochen nach Abschluss seiner Vernehmung, oder nachdem er zu Gericht gekommen, aber nicht vernommen worden ist, bei sonstigem Verlust schriftlich oder mündlich bei dem Gericht, vor dem die Beweisaufnahme stattgefunden hat oder stattfinden sollte, geltend zu machen.
3.2.2. Fallbezogen ist der Zeuge ein selbstständig Erwerbstätiger und machte als Entschädigung für Zeitversäumnis fristgerecht einen Einkommensentgang nach § 18 Abs. 1 Z 2 lit. b GebAG im Ausmaß von drei Stunden im Ausmaß von insgesamt € 850,00 geltend.
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung, dass beim selbstständig Erwerbstätigen von einem tatsächlichen Einkommensentgang nur dann gesprochen werden kann, wenn während der durch die Erfüllung der Zeugenpflicht versäumten Zeit Tätigkeiten angefallen wären, die dem Zeugen Einkommen gebracht hätten, welches verloren ging (vgl. VwGH 20.06.2012, 2008/17/0070; 18. 12. 1992, 89/17/0225; 17. 12 1993, 92/17/0184).
Unter "tatsächlich entgangenem" Einkommen im Sinne des § 18 Abs. 1 Z. 2 lit. b GebAG ist nicht ein fiktiv nach Durchschnittssätzen errechnetes Einkommen zu verstehen. Dass der Zeuge seinen Einkommensentgang nur zu bescheinigen, aber nicht nachzuweisen hat, ändert nichts an der Verpflichtung, den konkreten Verdienstentgang zunächst einmal unter entsprechender Aufgliederung zu behaupten. Die Tätigkeiten, die während der versäumten Zeit ausgeübt worden wären und dem selbständig Erwerbstätigen Einkommen gebracht hätten, können in der Regel bezeichnet, beschrieben und erforderlichenfalls durch Urkunden oder Aussagen bescheinigt werden. Auf Grund der für diese Tätigkeiten üblichen Entgelte und der dem Selbständigen bei Erfüllung der versäumten Tätigkeit erwachsenden variablen Auslagen wird sich in der Regel auch das tatsächlich entgangene Einkommen errechnen und bescheinigen lassen, wobei der Schätzungsweg durch die §§ 18, 19 Abs. 2 GebAG keinesfalls verschlossen ist. Eine solche Schätzung wäre aber der Ermittlung eines fiktiven Einkommens nach Durchschnittssätzen keinesfalls gleichzuhalten, muss doch Ausgangspunkt auch der Schätzung stets eine konkrete, dem selbstständig Erwerbstätigen ein Einkommen vermittelnde Tätigkeit während des Zeitraumes der Verhinderung sein (vgl. VwGH 25.05.1998, 98/17/0137). Fehlt es aber einem Antrag auf Bestimmung der Zeugengebühr an der konkreten Behauptung, dass der Antragsteller infolge seiner Abwesenheit eine bestimmte Tätigkeit nicht habe verrichten können und ihm dadurch ein bestimmter Einkommensverlust entstanden sei, so wird der Obliegenheit, den konkreten Verdienstentgang unter entsprechender Aufgliederung zu behaupten, nicht entsprochen (vgl. VwGH 17.12.1993, 92/17/0184).
Im gegenständlichen Verfahren hat der Beschwerdeführer zwar behauptet, dass er aufgrund der Ladung zur Zeugeneinvernahme am Mittwoch den 22.01.2020 um 15:00 Uhr mit einer voraussichtlichen Dauer bis 17:00 Uhr in seiner Ordination erst um 17:30 Uhr den ersten Termin vergeben habe können, weshalb ihm im Vergleich zu anderen Tagen Einnahmen in der Höhe von ca. € 850,- durch den Ausfall von Behandlungen entgangen seien, und dies mit den mit der vorgelegten Ordinationsabrechnung für den Zeitraum von 07.01.2020 auch entsprechend belegt. Für seine weitere Behauptung, dass die während dieser Zeit nicht möglichen Behandlungen wegen dem fixen Zeitkontingent, das ihm in der von ihm gemieteten Praxis zur Verfügung steht, an anderen Tagen nicht nachgeholt werden hätten können, finden sich jedoch – wie bereits oben unter Punkt II.2. ausgeführt – keine entsprechenden Anhaltspunkte. Weder enthält das Vorbringen des Beschwerdeführers irgendwelche Hinweise auf konkrete Patienten, deren Behandlung nur an diesem Ordinationstag möglich gewesen wäre und von ihm daher abgewiesen werden mussten, noch ergibt sich aus den von ihm vorgelegten Unterlagen, dass ein Nachholen der an diesem Tag ausgefallen Behandlungen zu einem anderen Zeitpunkt schon alleine aufgrund einer generellen Vollauslastung seiner Praxisstunden ausgeschlossen gewesen wäre.
Es wäre aber Sache des Zeugen gewesen, nicht nur zu behaupten sondern zumindest auch glaubhaft zu machen, dass Einnahmen verloren gingen, weil die Vornahme der ärztlichen Behandlung nur an diesem Tag und nicht auch zu einem anderen Termin möglich war (vgl. VwGH 25.02.1994, 93/17/0001, VwGH 15.04.1994, 93/17/0329).
Darüber hinaus wurde dem Zeugen die Ladung bereits einen Monat vor der Verhandlung zugestellt. Es war ihm damit möglich, Behandlungstermine rechtzeitig entsprechend zu vereinbaren oder allenfalls auch zu verschieben, so dass keine Termine wegen seines Erscheinens vor Gericht ausfallen und ihm damit auch kein Verdienstentgang entsteht.
Da der Zeuge nach den oben dargestellten Grundsätzen sohin keinen tatsächlichen Einkommensverlust erlitten hat, erweist sich die Ansicht der belangten Behörde, dem Zeugen stehe eine Entschädigung für den Einkommensentgang nach § 18 Abs. 1 Z 2 li.t b GebAG in der Höhe von € 850,- nicht zu, als berechtigt.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
3.2.3. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, da im vorliegenden Fall die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung auch im Hinblick auf Art 6 Abs 1 EMRK und Art 47 GRC nicht ersichtlich ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist hier geklärt und wurde auch kein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt.
3.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (siehe dazu Punkt 3.2.), noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Einkommensentgang ZeugengebührEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W116.2230815.1.00Im RIS seit
19.05.2021Zuletzt aktualisiert am
19.05.2021