TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/5 W150 2238223-3

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Veröffentlicht am 05.03.2021
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Entscheidungsdatum

05.03.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76
FPG §77
FPG §80

Spruch


W150 2238223-3/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. KLEIN als Einzelrichter über die Beschwerde von Herrn XXXX (alias XXXX ), geb. XXXX 1995, alias XXXX 1999 alias XXXX 1999, StA. MAROKKO, im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl XXXX zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft zu Recht erkannt:

A)
Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge auch: „BF“), ein Staatsangehöriger Marokkos, reiste im Jahr 2014 in das Bundesgebiet ein. Er durchlief in Österreich unter tatsachenwidrigen Angaben zu seiner Identität ab 2014 asyl- und fremdenrechtliche Verfahren, welchen er sich mehrfach entzog.

2.       Am 11.03.2014 wurde der BF von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes aufgegriffen, wobei bei ihm Suchtmittel aufgefunden wurde. In weiterer Folge stellte der BF einen Antrag auf internationalen Schutz.

3.       Am 21.03.2014 wurde ein Festnahmeauftrag wegen unbekannten Aufenthalts gegen den BF erlassen, welcher am 26.03.2014 in Vollzug gesetzt wurde.

4.       Der BF hat eine Betreuungsstelle trotz zugesagter Einquartierung am 26.03.2014 verlassen. Einen Aufenthaltsort hat der BF dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge auch: „BFA“) nicht bekannt gegeben.

5.       Der Ladung zur Altersfeststellung für den 02.04.2014 leistete der BF keine Folge.

6.       Mit Bescheid des BFA vom 05.06.2014 wurde der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und gleichzeitig gemäß § 61 Abs. 1 FPG eine Außerlandesbringung nach Italien erlassen. Eine Beschwerde gegen diesen Bescheid erfolgte nicht; er erwuchs in Rechtskraft.

7.       Am 09.01.2015 reiste der BF freiwillig nach Italien aus.

8.       Am 10.01.2015 wurde der BF neuerlich im Bundesgebiet aufgegriffen. Am 11.01.2015 wurde die Schubhaft über den BF verhängt. Nach einem neu eingeleiteten Konsultationsverfahren mit Italien wurde der BF am 12.01.2015 wieder aus der Schubhaft entlassen.

9.       Am 05.03.2015 wurden über den BF gelindere Mittel verhängt, welchen er sich in weiterer Folge entzog.

10.      Aufgrund des Entzugs aus den gelinderen Mittel musste der für die Abschiebung am 19.03.2015 gebuchte Flug aufgrund unbekannten Aufenthalts des BF storniert werden.

11.      Am 30.07.2015 wurde der BF von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes festgenommen, woraufhin er am selben Tag einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz stellte.

12.      Eine Überstellung am 03.11.2015 musste aufgrund des unbekannten Aufenthaltes des BF storniert werden.

13.      Mit Bescheid des BFA vom 29.02.2016 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen und eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 FPG nach Italien angeordnet. Dieser Bescheid wurde mit Bescheid des BFA vom 11.07.2017 aufgehoben. Der Bescheid wurde nicht angefochten und erwuchs in Rechtskraft.

14.      Am 13.05.2016 wurde die Identität des BF durch Marokko festgestellt.

15.      Mit Urteil vom 01.03.2017 wurde der BF wegen des Vergehens der Geldwäscherei gemäß § 165 Abs. 1 StGB rechtskräftig zu einer Geldstrafe von 300 Tagessätzen zu je 4,-- Euro verurteilt.

16.      Mit Urteil vom 20.10.2016 wurde der BF wegen des Vergehens des Suchtgifthandels gemäß §§ 28a Abs. 1 5. Fall, 28a Abs. 2 Z 2, 28a Abs. 4 Z 3 SMG rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sieben Monaten verurteilt.

17.      Mit Bescheid des BFA vom 07.02.2018 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß §§ 3 und 8 AsylG abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Marokko zulässig ist. Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 FPG wurde ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen. Eine Frist für eine freiwillige Ausreise bestand nicht. Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Es wurde festgestellt, dass der BF gemäß § 13 Abs. 2 Z 1 AsylG sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 27.10.2017 verloren hat. Diese Entscheidung wurde durch das Bundesverwaltungsgericht (in weiterer Folge auch: „BVwG“) mit Erkenntnis vom 25.04.2018, GZ I412 2192625-1, mit der Maßgabe bestätigt, dass der BF sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 01.03.2017 verloren hat, weshalb eine rechtskräftige und durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vorliegt.

18.      Mit Urteil vom 30.07.2018 wurde der BF wegen des Vergehens der Körperverletzung gemäß § 15 § 83 Abs. 1 StGB rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von zwei Wochen verurteilt.

19.      Im Rahmen eines Parteiengehörs vom 01.09.2020 wurde der BF über das Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt und ihm die Möglichkeit eingeräumt, binnen drei Tagen Stellung zu nehmen.

20.      Am 03.09.2020 langte beim Bundesamt eine schriftliche Stellungnahme des BF ein, in welcher er Ausführungen zu seiner wirtschaftlichen und familiären Situation sowie zu einer Wohnmöglichkeit machte. Auch führte er an, dass er freiwillig nach Marokko ausreisen werde.

21.      Mit Bescheid vom 04.09.2020 ordnete das Bundesamt gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG über den BF die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung an. Dieser Bescheid wurde nach der Entlassung des BF aus der Strafhaft am 09.09.2020 in Vollzug gesetzt und der BF wird seither in Schubhaft angehalten. Begründend wurde dabei insbesondere auf das Vorverhalten – insbesondere das strafrechtliche Fehlverhalten –, den überwiegenden Aufenthalt im Verborgenen sowie die mangelnde soziale und wirtschaftliche Integration verwiesen. Der Schubhaftbescheid wurde nicht bekämpft und erlangte daher Rechtskraft.

22.      Am 16.09.2020 übermittelte der Verein Menschenrechte Österreich (in weiterer Folge auch: „VMÖ“) einen Antrag des BF zur freiwilligen Ausreise, welchem am selben Tag zugestimmt wurde. Ein Flugtermin wurde durch den VMÖ noch nicht bekannt gegeben.

23. Am 21.09.2020 begann der BF einen Hungerstreik, den er am 23.09.2020 wieder beendete.

24. Am 21.11.2020 wurde nach Fund eines Mobiltelefones und eines Notebooks beim BF gegen diesen eine Disziplinierungsmaßnahme gesetzt.

25.      Am 30.12.2020 stellte der BF neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz, welchen er jedoch umgehend wieder zurückzog. Begründend führte der BF aus, dass die Antragstellung auf Grund von sprachlichen Problemen entstanden sei, er keinen Antrag auf internationalen Schutz stellen, sondern freiwillig nach Marokko ausreisen wolle. Ein Mithäftling habe den Antrag gestellt; der BF habe nur artikulieren wollen, dass er nach Marokko wolle.

26.      Das Bundesamt legte dem BVwG am 30.12.2020 die Akten gemäß §22a BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG zur Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft vor. In einem beiliegenden Schreiben wies das Bundesamt im Wesentlichen auf die bisherigen asyl- und fremdenrechtlichen Verfahren sowie die Straffälligkeit des BF hin. Die Behörde habe aufgrund des wiederholten Untertauchens des BF das Verfahren nicht zu einem Abschluss bringen können. Nach der Greifbarkeit des BF seien die erforderlichen Schritte eingeleitet worden, um das am 30.10.2018 von den marokkanischen Behörden zugesicherte HRZ zu erlangen. Eine Ausstellung des HRZ müsse noch abgewartet werden.

27. Mit Erkenntnis des BVwG vom 08.01.2021, GZ. W137 2238223-1/5E, wurde festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist und die Revision nicht zugelassen.

28. Am 13.01.2021 schrie der BF vom Gang aus in arabischer Sprache in eine verschlossene fremde Zelle und riss an der Versperrung herum. Trotz mehrmaliger Aufforderung, sein unangepasstes Verhalten einzustellen, kam der BF dem nicht nach, beschimpfte einen JWB und erklärte, das zu machen, was er wolle. Der BF wurde in weiterer Folge als Disziplinierungsmaßnahme in eine Einzelzelle verlegt.

29. Mit Schreiben vom 22.01.2021 teilte die BBU (welche die Agenden des VMÖ übernommen hatte) mit, dass sich der BF gegen die freiwillige Rückkehr entschieden habe, weswegen von Seiten der BBU das freiwillige Rückkehrverfahren samt Kostenübernahme widerrufen wurde.

30. Das Bundesamt legte dem BVwG am 26.01.2020 die Akten gemäß §22a BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG zur Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft vor. In einem beiliegenden Schreiben wies das Bundesamt im Wesentlichen auf die bisherigen asyl- und fremdenrechtlichen Verfahren sowie die Straffälligkeit des BF hin. Die Behörde habe aufgrund des wiederholten Untertauchens des BF das Verfahren nicht zu einem Abschluss bringen können. Nach der Greifbarkeit des BF seien die erforderlichen Schritte eingeleitet worden, um das am 30.10.2018 von den marokkanischen Behörden zugesicherte HRZ zu erlangen. Eine Ausstellung des HRZ müsse noch abgewartet werden.

31. Mit Erkenntnis des BVwG vom 05.02.2021, GZ. W251 2238223-2/8Z, wurde festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist; die Revision wurde zugelassen.

32. Am 06.02.2021 begann der BF einen Hungerstreik, den er am 07.02.2021 wieder beendete.

33. Das BFA legte am 23.02.2021 abermals die Akten zwecks Ansuchen um Genehmigung der Verlängerung der Schubhaft vor und führte in diesem Kontext entscheidungsrelevant aus, dass der BF seine freiwillige Rückkehr, die jedenfalls geplant war und vor dem 09.03.2021 durchgeführt worden wäre, durch seine Antragsrückziehung selber vereitelt und somit seine Rückführung verzögert habe. Weiters sei der BF am 17.02.2021 zu einem Interviewtermin der Marokkanischen Vertretungsbehörde vorgeführt worden und habe dort angegeben, geglaubt zu haben, nach Italien ausreisen zu dürfen.

34. Das oben unter Punkt xx. angeführte Schreiben wurde noch am gleichen Tage dem BF gemäß § 45 Abs. 3 AVG in Verbindung mit § 17 VwGVG zur Kenntnis gebracht und ihm dazu Parteiengehör eingeräumt. Als Frist für eine Stellungnahme wurde ihm dazu der 01.03.2021, 12:00 Uhr, gesetzt. Bis dato langte keine Stellungnahme des BF ein.

35. Mit Schreiben vom 24.02.2021 legte die Diakonie – Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH, FN 272779 x, eine Vollmacht des BF vor und ersuchte um Vorlage der letzten Verhandlungsschrift. Dem wurde vom BVwG mit Schreiben vom 25.02.2021 entsprochen.

36. Mit Schreiben vom 25.02.2021 legte die Diakonie – Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH, FN 272779 x, die oben genannte Vollmacht wieder zurück.

37. Aufgrund eines gerichtlichen Auftrages vom 23.02.2021 übermittelte das BFA am 03.03.2021 eine aktuelle amtsärztliche Bestätigung vom gleichen Tage, welches die weitere Haftfähigkeit des BF bestätigte.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1. Der Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.

2. Der Beschwerdeführer besitzt weder die österreichische Staatsbürgerschaft, noch die Staatsbürgerschaft eines EU-Mitgliedstaates, er ist marokkanischer Staatsangehöriger. Der Beschwerdeführer ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

3. Es besteht gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige aufenthaltsbeendende Maßnahme.

4. Der Beschwerdeführer ist haftfähig. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen beim Beschwerdeführer vor. Der Beschwerdeführer hat in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung. Es gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass der BF einer der COVID-19-Risikogruppen angehören würde.

5. Der Beschwerdeführer weist in Österreich folgende strafgerichtlichen Verurteilungen auf:

Mit Urteil eines Landesgerichts vom 01.03.2017 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Geldwäscherei (§ 165 Abs. 1 StGB) zu einer Geldstrafe von 300 Tagessätzen zu je 4,-- Euro verurteilt.

Mit Urteil eines Landesgerichts vom 20.10.2016 wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels (§§ 28a Abs. 1 5. Fall, 28a Abs. 2 Z 2, 28a Abs. 4 Z 3 SMG) zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sieben Monaten verurteilt.

Der Beschwerdeführer hat mit anderen Personen im April 2016 an einen Abnehmer zumindest 65.132 Gramm Cannabisharz und 25.000 Gramm Cannabisharz an einen weiteren Abnehmer überlassen. Der Beschwerdeführer hat im Jänner 2016 bis zu seiner Festnahme 09.04.2016 an einen Abnehmer insgesamt 31.619,9 Gramm Cannabisharz (in unterschiedlichen Reinheitsgraden und Aufbereitungsformen) an verschiedene Abnehmer überlassen.

Mit Urteil eines Bezirksgerichts vom 30.07.2018 wurde der Beschwerdeführer wegen Vergehens der versuchten Körperverletzung (§ 15 § 83 Abs. 1 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von 2 Wochen verurteilt.

6. Der Beschwerdeführer hat in den Asylverfahren unterschiedliche Angaben zu seinem Namen und zu seinem Geburtsdatum gemacht. Er versuchte durch die unrichtige Angabe seiner Identität eine mögliche Abschiebung zu verhindern.

7. Der Beschwerdeführer hat sich in Österreich durch Untertauchen dem Verfahren entzogen.

8. Der Beschwerdeführer hält die Meldevorschriften in Österreich nicht ein. Er versucht sich vor den Behörden verborgen zu halten. Er hat zudem die Erfüllung eines gelinderen Mittels nicht eingehalten und ist in Österreich untergetaucht.

9. Der Beschwerdeführer begab sich mehrmals (21.09.2020 bis 23.09.2020 und 06.02.2021 bis 07.02.2021) während der Anhaltung in Schubhaft in Hungerstreik um seine Freilassung zu erpressen. Weiters zeigte sich der Beschwerdeführer durch mehrere Ordnungswidrigkeiten während der Anhaltung in Schubhaft nicht kooperativ und nicht willens, die österreichische Rechtsordnung einzuhalten, indem am 21.11.2020 bei ihm ein Mobiltelefon und ein Notebook aufgefunden wurde und er am 13.01.2021 vom Gang aus in arabischer Sprache in eine verschlossene fremde Zelle schrie, an der Versperrung herumriss, trotz mehrmaliger Aufforderung, sein unangepasstes Verhalten einzustellen, dem nicht nachkam, einen JWB beschimpfte und erklärte, zu machen, was er wolle.

10. Der Beschwerdeführer hat in Österreich weder Verwandte noch enge soziale Anknüpfungspunkte in Österreich. Er hat zwar Bekanntschaften in Österreich, jedoch keine engen sozialen Beziehungen. Er ist beruflich in Österreich nicht verankert. Er verfügt über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz.

11. Der Beschwerdeführer achtet die österreichische Rechtsordnung nicht. Der Beschwerdeführer hat sich in Österreich den Behörden entzogen und sich vor diesen verborgen gehalten. Bei einer Entlassung aus der Schubhaft wird der Beschwerdeführer untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten um sich einer Abschiebung zu entziehen.

12. Bei freiwilligen Ausreisen muss der Drittstaatsangehörige der Botschaft vorgeführt werden, damit die Botschaft in einem Gespräch überprüfen kann, ob der Drittstaatsangehörige ohne Druck und aus freien Stücken bereit ist, freiwillig nach Marokko zurückzukehren. Eine Vorführung des Beschwerdeführers war ursprünglich für Anfang Februar 2021 vorgesehen. Derzeit gibt es keine Direktflüge nach Marokko. Es gibt Flüge nach Marokko über Paris oder über Amsterdam. Bei freiwilligen Rückkehrern können diese über diese Flugwege zurückgeführt werden. Dafür ist eine Sondergenehmigung erforderlich. Das BFA sucht beim der marokkanischen Botschaft in Wien um diese Sondergenehmigung an. Die marokkanische Botschaft leitet das Ansuchen an das Innenministerium in Rabat weiter. Dort würde die Zustimmung erteilt werden und die Sondergenehmigung anschließend ausgestellt werden. Ohne Sondergenehmigung kann kein Flug mit Zwischenstopp über Paris oder Amsterdam gebucht werden. Nach Vorliegen der Sondergenehmigung kann der Flug gebucht werden. Die Flugbuchung wird anschließend der marokkanischen Botschaft in Wien übermittelt und um HRZ Ausstellung für diesen bestimmten Flug ersucht. Die marokkanische Botschaft leitet dieses Ersuchen an das Innenministerium in Rabat weiter, dass der HRZ-Ausstellung eine Zustimmung erteilt. Es wird dann das HRZ und die Einreisegenehmigung für Marokko für diesen bestimmten Flug ausgestellt. Wenn der Beschwerdeführer der Botschaft Anfang Februar mitgeteilt hätte, dass er bereit ist freiwillig zurückzukehren, hätte er bis zum 09.03.2021 nach Marokko zurückkehren können. Dadurch das der BF am 26.01.2021 den Antrag auf freiwillige Ausreise zurückgezogen hat, kann jedoch eine Rückführung bis zum 09.03.2021 über einen Zwischenstopp in Amsterdam oder Paris nicht erfolgen. Die Versuche, seine Überstellung zu hintertreiben, hat der BF am 17.02.2021 bei einem Interviewtermin in der Marokkanischen Vertretungsbehörde durch seine dahingehenden Angaben fortgesetzt, dass er dort behauptete, geglaubt zu haben, nach Italien ausreisen zu dürfen.

Aufgrund der Covid-bedingten Einschränkungen im internationalen Flugverkehr gibt es derzeit keine Direktflüge nach Marokko. Würde es jedoch keine Einschränkungen im internationalen Flugverkehr geben, dann könnte der Beschwerdeführer über einen Direktflug – auch ohne seine Zustimmung zur freiwilligen Ausreise – zwangsweise abgeschoben werden. Dies würde 4 Wochen Vorlaufzeit benötige. Ohne Einschränkungen im internationalen Flugverkehr könnte der Beschwerdeführer jedenfalls bis zum 09.03.2021 nach Marokko abgeschoben werden.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt, in die Akte des BVwG das bisherige Schubhaftverfahren des BF betreffend, in den Akt des BVwG das Asylverfahren des BF betreffend, in das Grundversorgungs-Informationssystem, in das Strafregister, in das Zentrale Fremdenregister, in das Zentrale Melderegister sowie in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

1. Zum Verfahrensgang, zur Person des BF und den Voraussetzungen der Schubhaft:

1.1. Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akt des BFA, den Akten des BVwG das bisherige Schubhaftverfahren des BF betreffend, aus dem Akt des BVwG das Asylverfahren des BF betreffend, aus dem Auszug aus dem Zentralen Melderegister sowie aus dem Auszug aus dem Zentralen Fremdenregister und aus der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres.

1.2. Die Feststellungen zur Identität des BF beruhen auf dem Inhalt des Verwaltungsaktes, insbesondere auf den Unterlagen zur Vorbereitung seiner Abschiebung unter Bezugnahme auf jene Identitätsdaten, unter denen von der algerischen Vertretungsbehörde die Ausstellung eines Heimreisezertifikates zugesagt wurde. Anhaltspunkte dafür, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt sind im Verfahren nicht hervorgekommen, ebenso wenig besteht ein Zweifel an der Volljährigkeit des BF. Da sein Asylantrag rechtskräftig vollinhaltlich abgewiesen und über den Asylfolgeantrag noch nicht entschieden wurde, handelt es sich beim BF weder um einen Asylberechtigten noch um einen subsidiär Schutzberechtigten.

1.3. Der Zeitpunkt, seit dem der BF in Schubhaft angehalten wird, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und den damit übereinstimmenden Angaben in der Anhaltedatei.

1.4. Der Gesundheitszustand des BF ergibt sich vor allem aus der aktuellen amtsärztlichen Bestätigung vom vorgestrigen Tage, welches die weitere Haftfähigkeit des BF bestätigte. Auch sind dem Verwaltungsakt keine Hinweise auf gesundheitliche Probleme des BF zu entnehmen, auch in der Anhaltedatei finden sich keine Eintragungen von Arztbesuchen, die auf eine Erkrankung des BF hinweisen. Bisher gab der BF ebenfalls keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen an. Insofern konnten die Feststellungen zur Haftfähigkeit des BF getroffen werden und ergibt sich auch, dass der BF keiner der COVID-19-Risikogruppen angehört. Dass der BF Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Behandlung hat, ist unzweifelhaft.

2. Zur Fluchtgefahr und zum Sicherungsbedarf:

2.1. Die Feststellungen zu der mit Bescheid des BFA vom 07.02.2018 gegen den BF erlassenen Rückkehrentscheidung und dem unbefristet erlassenen Einreiseverbot beruhen auf einer Einsichtnahme in den Verwaltungsakt und die Akten des BVwG.

2.2. Aus der Aktenlage der Verwaltungsakten und den Gerichtsakten konnte festgestellt werden, dass sich der BF seinem Asylverfahren bzw. seiner Abschiebung entzogen hat.

2.3. Aus der rezenten Strafregisterauskunft den vom BFA vorgelegten Urteilen ergibt sich, dass der BF im Zeitraum von 2016 bis 2018 in Österreich mehrfach Straftaten, begangen gegen unterschiedliche Rechtsgüter, begangen hat. Es konnte daher festgestellt werden, dass der BF seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkam und straffällig wurde. Dass er die österreichische Rechtsordnung nicht achtet, ergibt sich sowohl aus seinem unrechtmäßigen Verbleib in Österreich, seinem wiederholten strafrechtlichen Verhalten, das der BF trotz bereits erfolgter strafgerichtlichen Verurteilung zeigte und seinem wiederholten ordnungswidrigen Verhalten während seiner Schubhaft.

2.4. Dass der BF in Österreich über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz verfügt ergibt sich aus dem Zentralen Melderegister. Er weist seit 2016 lediglich Meldeadressen in Justizanstalten und in einem Polizeianhaltezentrum auf. Anzeichen dafür, dass er in Österreich einer legalen Erwerbstätigkeit nachgeht ergaben sich nicht. Aus den in der Anhaltedatei vermerkten finanziellen Mittel des BF ergibt sich, dass bis auf 950,- EUR über keine eigenen finanziellen Mittel zur Existenzsicherung verfügt. Dass der BF nicht selbsterhaltungsfähig ist ergibt sich zudem aus dem Auszug aus dem Grundversorgungs-Informationssystem, wonach der BF – mit Unterbrechungen auf Grund seines Untertauchens – in der Grundversorgung betreut wurde. Dass der BF in Österreich weder nennenswert sozial noch beruflich verankert ist und in Österreich über keine Familienangehörigen verfügt ergibt sich aus seinen Angaben in den bisherigen Verfahren. Gestützt wird diese Feststellung auch durch die Eintragungen in der Anhaltedatei, laut denen er lediglich durch Rechtsvertreter, Rechtsberater, Rückkehrberater und sonstige Betreuungspersonen Besuch in der Schubhaft erhalten hat.

2.5. Die Feststellungen zum Fund von einem Mobiltelefon und einem Notebook in der Zelle des BF beruhen auf den diesbezüglichen Eintragungen in der Anhaltedatei.

2.6. Dass der BF am 30.12.2020 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte und kurz darauf wieder zurückzog, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt. Dass der BF zu diesem Zeitpunkt in Schubhaft angehalten wurde und eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vorlag, ergibt sich ebenfalls aus dem Akteninhalt.

3. Zur Verhältnismäßigkeit der Schubhaft:

3.1. Die Feststellungen zu den strafgerichtlichen Verurteilungen des BF beruhen auf einer Einsichtnahme in das Strafregister.

3.2. Die Feststellungen zu der von der marokkanischen Vertretungsbehörde zugesagten Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF sowie zur Vereitelung der beantragten freiwilligen Ausreise des BF ergeben sich aus dem Verwaltungsakt.

3.3. Eine Änderung der Umstände für die Aufrechterhaltung der Schubhaft seit ihrer letzten Überprüfung ist dem Verwaltungsakt nicht zu entnehmen. Gegenteiliges ist auch im durchgeführten Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit:

Gemäß Artikel 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;

2. gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;

3. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde;

4. gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 4.

Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

§ 7 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), lautet:

(1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes,

2. Beschwerden gegen Bescheide der Vertretungsbehörden gemäß dem 11. Hauptstück des FPG,

3. Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG,

4. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes und

5. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesministers für Inneres in Verfahren gemäß §§ 3 Abs. 2 Z 1 bis 6 und 4 Abs. 1 Z 1 und 2

Gemäß § 7 Abs. 2 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision oder der Verfassungsgerichtshof einer Beschwerde gegen ein Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes gemäß Abs. 1 stattgegeben hat.

Für das gegenständliche Verfahren ist sohin das Bundesverwaltungsgericht zuständig.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A) Fortsetzungsausspruch

3.2. §§ 76 und 77 Fremdenpolizeigesetz (FPG), § 22a Abs. 4 Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Verfahrensgesetz (BFA-VG) lauten auszugsweise:

„§ 76 (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebiets-beschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.

§ 77 (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,

1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder

2. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen;

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

[…]

§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich,

1. drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;

2. sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil,

1. die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2. eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,

3. der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder

4. die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.“

Das BFA-VG lautet auszugsweise:

„§ 22a (4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.“

Die Rückführungsrichtlinie lautet auszugsweise:

„Art 2. (1) Diese Richtlinie findet Anwendung auf illegal im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufhältige Drittstaatsangehörige.

[…]

Art 15. (1) Sofern in dem konkreten Fall keine anderen ausreichenden, jedoch weniger intensiven Zwangsmaßnahmen wirksam angewandt werden können, dürfen die Mitgliedstaaten Drittstaatsangehörige, gegen die ein Rückkehrverfahren anhängig ist, nur in Haft nehmen, um deren Rückkehr vorzubereiten und/oder die Abschiebung durchzuführen, […]

(5) Die Haft wird so lange aufrechterhalten, wie die in Absatz 1 dargelegten Umstände gegeben sind und wie dies erforderlich ist, um den erfolgreichen Vollzug der Abschiebung zu gewährleisten. Jeder Mitgliedstaat legt eine Höchsthaftdauer fest, die sechs Monate nicht überschreiten darf.

(6) Die Mitgliedstaaten dürfen den in Absatz 5 genannten Zeitraum nicht verlängern; lediglich in den Fällen, in denen die Abschiebungsmaßnahme trotz ihrer angemessenen Bemühungen aufgrund der nachstehend genannten Faktoren wahrscheinlich länger dauern wird, dürfen sie diesen Zeitraum im Einklang mit dem einzelstaatlichen Recht um höchstens zwölf Monate verlängern:

a. mangelnde Kooperationsbereitschaft seitens der betroffenen Drittstaatsangehörigen oder,

b. Verzögerung bei der Übermittlung der erforderlichen Unterlagen durch Drittstaaten.“

3.3. Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Das Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme per se vermag zwar keinen Tatbestand zu verwirklichen, der in tauglicher Weise "Fluchtgefahr" zum Ausdruck bringt. Der Existenz einer solchen Maßnahme kommt jedoch im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Bewertung der Größe der auf Grund der Verwirklichung eines anderen tauglichen Tatbestandes des § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich anzunehmenden Fluchtgefahr Bedeutung zu (vgl. VwGH vom 11.05.2017, Ro 2016/21/0021). In einem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen grundsätzlich weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung aus, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (VwGH vom 20.02.2014, 2013/21/0178).

Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FPG ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Der Behörde kommt aber dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043).

Gemäß § 80 Abs. 4 FPG darf die Anhaltung in Schubhaft nur bei Vorliegen der dort in den Z 1 bis 4 genannten alternativen Voraussetzungen höchstens achtzehn Monate dauern. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, so beträgt die Schubhaftdauer - wie in § 80 Abs. 2 Z 2 FPG als Grundsatz normiert - nur sechs Monate. Mit § 80 Abs. 4 FPG soll Art. 15 Abs. 6 RückführungsRL umgesetzt werden, sodass die Bestimmung richtlinienkonform auszulegen ist. In diesem Sinn ist auch der Verlängerungstatbestand des § 80 Abs. 4 Z 4 FPG dahingehend auszulegen, dass der Verlängerungstatbestand nur dann vorliegt, wenn das Verhalten des Beschwerdeführers kausal für die längere (mehr als sechsmonatige) Anhaltung ist. Wenn kein Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten des Drittstaatsangehörigen und der Verzögerung der Abschiebung festgestellt werden kann, liegen die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft gemäß § 80 Abs 4 Z 4 FPG über die Dauer von sechs Monaten nicht vor (VwGH vom 15.12.2020, Ra 2020/21/0404).

Gemäß § 22a Abs. 4 dritter Satz BFA-VG gilt mit der Vorlage der Verwaltungsakten durch das BFA eine Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. In einem gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG ergangenen Erkenntnis wird entsprechend dem Wortlaut der genannten Bestimmung (nur) ausgesprochen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist. Diese Entscheidung stellt - ebenso wie ein Ausspruch nach § 22a Abs. 3 BFA-VG - einen neuen Hafttitel dar. Über vor (oder nach) der Entscheidung liegende Zeiträume wird damit nicht abgesprochen (VwGH vom 29.10.2019, Ra 2019/21/0270; VwGH vom 30.08.2018, Ra 2018/21/0111).

3.4. Der BF befindet sich zum Zeitpunkt der Entscheidung in Schubhaft, es ist daher eine Entscheidung über die Fortsetzung der Schubhaft zu treffen.

Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Ziff. 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Anordnung der Schubhaft grundsätzlich – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen (Vorliegen eines Sicherungsbedarfes, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft) – möglich ist.

Im vorliegenden Fall liegt eine rechtskräftige, durchsetzbare und durchführbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor.

Im vorliegenden Fall geht das Gericht auch weiterhin von Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG aus.

Der Beschwerdeführer achtet die österreichische Rechtsordnung nicht, er ist nicht kooperativ. Der Beschwerdeführer hat unterschiedliche Identitäten angegeben, um eine Abschiebung zu verhindern. Er hat ein gelinderes Mittel nicht eingehalten und ist bereits untergetaucht. Der Beschwerdeführer ist bereits mehrfach in Hungerstreik getreten und hat im Stande der Schubhaft Ordnungswidrigkeiten begangen. Sowohl das Vorverhalten als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose haben bei dem Beschwerdeführer ein erhöhtes Risiko des Untertauchens sowie einen Sicherungsbedarf ergeben. In diesem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen grundsätzlich weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung aus, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist.

Es liegt daher jedenfalls weiterhin Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 Z 1, 3, 7 und 9 FPG vor und ist auch Sicherungsbedarf gegeben.

Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich weder sozial noch familiär verankert. Er hat keine Verwandten oder sonstigen engen Nahebeziehungen in Österreich. Er ist beruflich nicht verwurzelt und hat auch keinen eigenen gesicherten Wohnsitz.

Eine Abschiebung des Beschwerdeführers im April 2021, entweder freiwillig über einen Flug mit Zwischenstopp oder über eine zwangsweise Rückführung mit einem Direktflug, ist aus heutiger Sicht sehr wahrscheinlich.

Zu prüfen ist weiters, welche höchstmögliche Haftfrist vorliegt. Der BF hat seine freiwillige Rückkehr, die jedenfalls geplant war und vor dem 09.03.2021 durchgeführt worden wäre, durch eine Antragsrückziehung selber vereitelt. Er hat daher ein Verhalten gesetzt, dass seine Rückführung verzögert hat und somit zu einer Rückführung nach 6 Monaten Anhalte Dauer führt. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass eine zwangsweise Direktabschiebung nach Marokko daran scheitert, dass es keine Direktflüge gibt und dies als höhere Gewalt nicht dem BF als kausaler Hinderungsgrund angelastet werden darf. Da der BF jedoch selber seine Rückkehr durch die Antragsrückziehung am 26.01.2021 vereitelt hat, ist er durch diese Handlung auch selber für die Vereitelung der Rückführung vor dem 09.03.2021 verantwortlich, sodass jedenfalls § 80 Abs. 4 FPG erfüllt ist und die höchstmögliche Schubhaftdauer bis zu 18 Monate beträgt.

Bei einer im Sinne des § 80 Abs. 4 Z. 1 und Z 2 und Z4 FPG höchstzulässigen Dauer der Schubhaft von 18 Monaten ist die Aufrechterhaltung der seit 09.09.2020 bestehenden Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft derzeit auch weiterhin verhältnismäßig.

Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers kommt daher ein geringerer Stellenwert zu als dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen – insbesondere an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung – zumal der Beschwerdeführer bereits in der Vergangenheit gezeigt hat, dass er die österreichische Rechtsordnung missachtet und im Verfahren auch keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er dieses Verhalten in Zukunft ändert.

Zu prüfen ist, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt. Eine Sicherheitsleistung sowie die konkrete Zuweisung einer Unterkunft oder einer Meldeverpflichtung kann auf Grund des vom Beschwerdeführer in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens nicht zum Ziel der Sicherung der Abschiebung führen, da diesfalls die konkrete Gefahr des Untertauchens des Beschwerdeführers besteht.

Die Verhängung eines gelinderen Mittels kommt daher weiterhin nicht in Betracht.

Die hier zu prüfende Schubhaft ist daher nach wie vor als „ultima ratio“ gerechtfertigt, da sowohl Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des Beschwerdeführers zu gewährleisten.

Es war daher festzustellen, dass die angeordnete Schubhaft nach wie vor notwendig und verhältnismäßig ist und zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Zu Spruchteil B) – Zulässigkeit der Revision

3.5. Es fehlt an der Rechtsprechung des VwGH zu § 80 Abs. 4. Wenn kein Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten des Drittstaatsangehörigen und der Verzögerung der Abschiebung festgestellt werden kann, liegen die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft gemäß § 80 Abs 4 Z 4 FPG über die Dauer von sechs Monaten nicht vor (VwGH vom 15.12.2020, Ra 2020/21/0404). Hier liegt jedoch eine Konstellation vor in der sowohl die Einschränkungen im internationalen Flugverkehr (die eine direkte Zwangsweise Abschiebung verhindern) als auch die Zurückziehung des Antrages auf freiwillige Ausreise – jedes Ereignis für sich betrachtet – kausal für einen Entfall einer Rückführung bis zum 09.03.2021 (Ablauf der 6-monatigen Frist war). Es fehlt an der Rechtsprechung des VwGH, ob in derartigen Fällen eine Verlängerung der Frist auf bis zu 18 Monaten in Betracht kommt und der Beschwerdeführer daher auch weiterhin in Schubhaft angehalten werden kann.

Schlagworte

Abschiebung Einreiseverbot falsche Angaben Fluchtgefahr Folgeantrag Fortsetzung der Schubhaft Identität Mittellosigkeit öffentliche Interessen Pandemie Rechtsfrage Revision zulässig Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf Straffälligkeit Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Suchtmitteldelikt Ultima Ratio Untertauchen Vereitelung Verhältnismäßigkeit Wohnsitz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W150.2238223.3.00

Im RIS seit

18.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

18.05.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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