TE Vwgh Erkenntnis 1997/5/21 96/19/0818

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Veröffentlicht am 21.05.1997
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Index

10/10 Grundrechte;
19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
BVG über die Beseitigung rassischer Diskriminierung 1973;
FrG 1993 §10 Abs1 Z6;
MRK Art8;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des P in W, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. Oktober 1995, Zl. 110.511/3-III/11/94, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. Oktober 1995 wurde der am 20. Juli 1994 bei der österreichischen Botschaft in Preßburg eingereichte Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung - unter anderem - gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 6 des Fremdengesetzes (FrG) abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei mit einem Touristensichtvermerk in das Bundesgebiet eingereist und halte sich nach wie vor in Österreich auf. Die Bewilligung solle daher im Anschluß an einen Touristensichtvermerk erteilt werden. Der Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG sei erfüllt. Die Erteilung einer Bewilligung sei gemäß § 5 Abs. 1 AufG ausgeschlossen. Die Versagung einer Bewilligung aus dem Grunde des § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG stelle einen gemäß Art. 8 Abs. 2 MRK zulässigen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Fremden dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, nach Ablehnung ihrer Behandlung durch den Verfassungsgerichtshof dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:

§ 5 Abs. 1 AufG lautet:

"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist."

§ 10 Abs. 1 Z. 6 FrG lautet:

"§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn

...

6. der Sichtvermerk zeitlich an einen Touristensichtvermerk anschließen oder nach sichtvermerksfreier Einreise (§ 12 Aufenthaltsgesetz oder § 14) erteilt werden soll;"

Der Beschwerdeführer tritt den maßgeblichen Sachverhaltsannahmen der belangten Behörde, wonach er mit einem Touristensichtvermerk eingereist sei und sich seither im Bundesgebiet aufhalte, nicht entgegen. Auf Basis dieser unbekämpften Bescheidfeststellungen ist aber der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG gegeben. Nach ständiger Rechtsprechung ist der Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG auch dann verwirklicht, wenn die Aufenthaltsbewilligung nicht nahtlos an den Touristensichtvermerk anschließen soll (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. März 1996, Zl. 95/19/0134). Für die Verwirklichung dieses Sichtvermerksversagungsgrundes ist es allein maßgeblich, daß sich der Fremde im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides im Anschluß an eine Einreise mit Touristensichtvermerk im Bundesgebiet aufhält (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1995, Zl. 95/19/0534).

Die vom Beschwerdeführer geltend gemachten privaten und familiären Interessen (Zusammenleben mit seiner österreichischen Schwester, auf deren ständige Pflege und Obsorge er infolge einer chronisch verlaufenden psychischen Erkrankung angewiesen sei) vermögen der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil bei einer auf § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG gestützten Entscheidung eine Bedachtnahme auf private und familiäre Interessen des Fremden aus den im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Juli 1993, Slg. Nr. 13.497, genannten Gründen nicht in Betracht kommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. März 1996, Zl. 96/19/0404).

Der Beschwerdeführer macht "verfassungsrechtliche Bedenken" gegen § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG geltend. Er vertritt die Auffassung, die in Rede stehende Bestimmung habe zum Ziel, die Fortsetzung des Aufenthaltes im Bundesgebiet im Anschluß an Touristenaufenthalte nicht mehr zu gestatten. Interpretierte man sie dahingehend, daß eine Aufenthaltsbewilligung dann nicht erteilt werden könne, wenn jemals ein Touristensichtvermerk erteilt worden sei, so wäre ein derartiges Interpretationsergebnis unsachlich. § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG enthalte keine Regelung, für welchen Zeitraum nach Verstreichen des Touristensichtvermerkes dieser Versagungsgrund Anwendung zu finden habe. Die Bestimmung sei daher nicht hinreichend determiniert.

Diesen Bedenken ist entgegenzuhalten, daß bei der oben wiedergegebenen, vom Verwaltungsgerichtshof vertretenen Interpretation der in Rede stehenden Gesetzesbestimmung dem vom Beschwerdeführer zutreffend erkannten Normzweck zum Durchbruch verholfen wird, die Fortsetzung des Aufenthaltes im Bundesgebiet im Anschluß an Touristenaufenthalte nicht mehr zu gestatten. Eine Aufenthaltsbewilligung kann somit wieder erteilt werden, sobald der Fremde seinen mit einer Einreise mit Touristensichtvermerk begonnenen Aufenthalt im Bundesgebiet beendet, vom Ausland aus eine Bewilligung beantragt und die Entscheidung der Behörde im Ausland abwartet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. März 1996, Zl. 95/19/0601).

Auf Basis dieses Interpretationsergebnisses bestehen keine Bedenken gegen die Sachlichkeit der in Rede stehenden Bestimmung, sodaß ein Verstoß gegen das BVG betreffend das Verbot rassischer Diskriminierung, BGBl. Nr. 390/1973, durch Verletzung des Gleichheitssatzes im Verhältnis der Ausländer untereinander nicht vorliegt.

Auch unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 MRK erscheint die Bestimmung des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG unbedenklich, weil der Eingriff in ein - allenfalls bestehendes - Recht des Fremden auf Familiennachzug durch die in Rede stehende Bestimmung im Interesse der öffentlichen Ordnung, insbesondere des Rechtes des Staates auf Regelung der Neuzuwanderung, gerechtfertigt erscheint.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996190818.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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