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22/01 JurisdiktionsnormNorm
B-VG Art 7 / GesetzLeitsatz
Ablehnung eines Antrags auf Aufhebung einer – hinreichend bestimmten – Regelung der JN betreffend die Ablehnung eines Richters sowie einer sachlich gerechtfertigten Bestimmung der ZPO betreffend die Einleitung der StreitverhandlungSpruch
Die Behandlung des Antrages wird abgelehnt.
Begründung
Begründung
Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung eines Antrages gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B-VG ablehnen, wenn er keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (Art140 Abs1b B-VG; vgl VfGH 24.2.2015, G13/2015).
Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B-VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).
Der Antragsteller behauptet die Verfassungswidrigkeit des Wortes "zureichender" in §19 Z2 JN und der Wortfolge "spätestens eine Woche vor der vorbereitenden Tagsatzung bei Gericht und beim Gegner einlangenden," in §257 Abs3 ZPO wegen Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot gemäß Art18 Abs1 B-VG und gegen die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art7 B-VG und auf ein faires Verfahren gemäß Art6 EMRK.
Das Vorbringen des Antrages lässt die behauptete Verfassungswidrigkeit als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass er keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat: Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes verlangt Art18 Abs1 B-VG angesichts der unterschiedlichen Lebensgebiete, Sachverhalte und Rechtsfolgen, die Gegenstand und Inhalt gesetzlicher Regelungen sein können, einen dem jeweiligen Regelungsgegenstand adäquaten Determinierungsgrad (vgl VfSlg 16.993/2003). §19 Z2 JN weist nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes einen dem Regelungsgegenstand angemessen Grad der Bestimmtheit auf; insbesondere das Wort "zureichender" in §19 Z2 JN ist einer Auslegung zugänglich.
Der Verfassungsgerichtshof teilt auch die gegen §257 Abs3 und 4 ZPO vorgebrachten Bedenken nicht, zumal es den Parteien unbenommen ist, ihr Vorbringen mündlich in der Verhandlung vorzutragen (vgl §§179, 259 Abs1 ZPO). Es ist mit Art6 EMRK vereinbar und sachlich gerechtfertigt, dass in der Zivilprozessordnung der Schwerpunkt auf der mündlichen Verhandlung liegt. Vor diesem Hintergrund bestehen auch keine Bedenken hinsichtlich einer Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes gemäß Art7 B-VG.
Das weitere Vorbringen, es liege eine Befangenheit des Richters auf Grund der behaupteten rechtswidrigen Zurückweisung eines Schriftsatzes gemäß §257 Abs3 und 4 ZPO vor, wendet sich der Sache nach nur gegen die Vorgangsweise des Gerichtes bei Anwendung des Gesetzes, macht also lediglich Vollzugsmängel geltend. Solche Bedenken gehen ins Leere, weil der Verfassungsgerichtshof nach Art140 Abs1 Z1 litd B-VG alleine über die "Verfassungswidrigkeit […] von Gesetzen", nicht aber über allfällige Vollzugsfehler befindet. Die Entscheidung des Gerichtes ist nicht Prüfungsgegenstand in Verfahren nach Art140 B-VG (vgl VfSlg 20.188/2017).
Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung des – nicht auf das Vorliegen sämtlicher Prozessvoraussetzungen geprüften – Antrages abzusehen (§19 Abs3 Z1 iVm §31 letzter Satz VfGG).
Schlagworte
Zivilprozess, fair trial, Verhandlung mündliche, Befangenheit, VfGH / AblehnungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2020:G295.2020Zuletzt aktualisiert am
24.02.2021