TE Bvwg Erkenntnis 2020/12/1 W175 2194039-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.12.2020
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Entscheidungsdatum

01.12.2020

Norm

AsylG 2005 §35
AsylG 2005 §60 Abs2 Z1
AsylG 2005 §60 Abs2 Z3
B-VG Art133 Abs4
FPG §11
FPG §11a

Spruch


W175 2194039-2/2E

W175 2194036-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. NEUMANN als Einzelrichter über die Beschwerden von 1.) XXXX , der mj. Beschwerdeführer gesetzlich vertreten durch die Kindesmutter XXXX , beide StA. Afghanistan, gegen die Bescheide der Österreichischen Botschaft Islamabad 02.07.2020, Islamabad-ÖB/KONS/2569/2019, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden gemäß § 35 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die Erstbeschwerdeführerin (BF1) ist die Mutter des mj. Zweitbeschwerdeführers (BF2). Die BF, Staatsangehörige Afghanistans, stellten am 04.09.2019 bei der Österreichischen Botschaft Islamabad (ÖB Islamabad) Anträge auf Erteilung von Einreisetitel gemäß § 35 Abs. 2 AsylG 2005.

Als Bezugsperson wurde der Ehemann bzw. Vater der BF, ebenfalls afghanischer Staatsangehöriger, genannt, welchem mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde.

Die BF1 wurde im Rahmen der Antragstellung am 04.09.2019 durch die ÖB Islamabad interviewt.

Die Bezugsperson wurde am 30.01.2020 durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) einvernommen.

2. Nachdem die Unterlagen dem BFA übermittelt wurden, teilte dieses der belangten Behörde in seiner Mitteilung nach § 35 Abs. 4 AsylG 2005, datiert mit 19.02.2020, mit, dass die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Die BF hätten die Erfüllung der Erteilungsvoraussetzung gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 und 3 AsylG nicht nachgewiesen und die Einreise der BF erscheine zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geboten. Näheres ergebe sich aus der beiliegenden Stellungnahme.

In der diesbezüglichen Stellungnahme wurde ausgeführt, dass das Erkenntnis der Bezugsperson am XXXX rechtskräftig geworden sei. Aufgrund des vorgelegten Abstammungsgutachtens stehe fest, dass die Bezugsperson der Vater und die BF1 die Mutter des mj. BF2 seien. Im vorliegenden Fall werde der Richtsatz nach § 293 ASVG iHv EUR 1.621,15 (EUR 1.472,00 für ein Ehepaar und EUR 149,15 für den mj. BF2) nicht erreicht. Die Bezugsperson beziehe ein monatliches Bruttoeinkommen iHv EUR 1.590,18; unter der Berücksichtigung des Weihnachts- und Urlaubsgeldes ergebe sich daraus ein monatliches Nettoeinkommen von EUR 1.495,85. Aus dem vorgelegten Mietvertrag gehe eine monatliche Miete iHv EUR 300,- hervor. Nach Abzug des Wertes der freien Station nach § 292 Abs. 3 ASVG iHv EUR 299,95 müsse die Bezugsperson monatlich insgesamt EUR 1.621,20 aufbringen. Überdies sei die Voraussetzung des § 60 Abs. 2 Z 1 AsylG nicht erfüllt. Aus dem vorgelegten Mietvertrag gehe hervor, dass die Wohnung der Bezugsperson 30m² groß sei und über ein Vorzimmer, eine Küche, ein Zimmer und ein WC verfüge. Dies stelle keine ortsübliche Unterkunft für zwei Erwachsene und ein neunjähriges Kind dar. Unter Zusammenschau aller Umstände könne ein Familienleben der BF und der Bezugsperson iSd Art. 8 EMRK nicht als gegenwärtig betrachtet werden. Auf die Möglichkeit einer Familienzusammenführung nach dem NAG wurde verwiesen. Im Zuge der Prüfung des bestehenden Familienverhältnisses der BF1 zu der Bezugsperson habe sich ergeben, dass die behauptete Gültigkeit der Ehe nicht vorliege, da diese gegen den ordre-public-Grundsatz verstoße (Stellvertreterehe). Die BF1 habe bei der Befragung des ersten Einreiseantrages angegeben, zum Zeitpunkt der Eheschließung in Afghanistan gewesen zu sein, während sich die Bezugsperson in Pakistan aufgehalten habe. Im Zuge des gegenständlichen zweiten Einreiseantrages habe sie wiederrum angegeben, dass sie und die Bezugsperson persönlich bei der Hochzeit anwesend gewesen seien. Diese geänderte Aussage sei auf die erste negative Wahrscheinlichkeitsprognose und nicht auf einen Irrtum bei der ersten Befragung zurückzuführen. Nachdem die Voraussetzungen einer Kernfamilieneigenschaft iSd AsylG nicht erfüllt worden seien, würden abschließend die Aspekte eines gemeinsamen Familienlebens iSd Art. 8 EMRK einer Prüfung zugezogen. Eine allfällige Berücksichtigung wie es insbesondere Art. 8 EMRK vorsehe, sei als erfüllt zu erachten gewesen, da auch der Verbindung der Bezugsperson mit der BF1, der mj. BF2 entstammt sei.

3. Mit Schreiben vom 24.02.2020 wurde den BF eine Aufforderung zur Stellungnahme übermittelt. Es wurde mitgeteilt, dass das BFA nach Prüfung des Antrages mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Eine ausführliche Begründung sei der beiliegenden Mitteilung und Stellungnahme des BFA zu entnehmen. Es werde hiermit Gelegenheit gegeben, innerhalb der Frist von einer Woche ab Zustellung die angeführten Ablehnungsgründe durch ein unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen.

4. Mit Mail vom 03.03.2020 stimmte die ÖB Islamabad einer einwöchigen Fristerstreckung zu.

5. In ihrer Stellungnahme vom 09.03.2020 führten die BF aus, dass bei der Eheschließung beide Ehepartner anwesend gewesen seien. Die Einreise der BF sei zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK geboten, wobei insbesondere auf das gemeinsame Kind verwiesen werde. Es wurde ein am XXXX abgeschlossener Untermietvertrag über eine 45,01m² große Wohnung, bestehend aus zwei Vorzimmern, einem Bad, einem WC, einer Küche und zwei Zimmern mit einer monatlichen Miete iHv EUR 450,-, vorgelegt. Die Bezugsperson verdiene monatlich EUR 1.590,80 brutto.

6. Nachdem die Stellungnahme dem BFA übermittelt wurde, teilte dieses am 22.04.2020 mit, dass die Entscheidung aufrecht bleibe.

7. Mit Bescheiden vom 02.07.2020 wies die ÖB Islamabad die Anträge auf Erteilung von Einreisetitel gem. § 26 FPG iVm § 35 AsylG ab. Das BFA habe nach erneuter Prüfung mitgeteilt, dass es an der negativen Wahrscheinlichkeitsprognose festhalte.

8. Mit Schreiben vom 28.07.2020 brachten die BF im Wege ihrer rechtlichen Vertretung eine Beschwerde ein. Es wurde ausgeführt, dass die Einreiseanträge unter Hinweis auf die Mitteilung bzw. Stellungnahme des BFA vom 19.02.2020 abgewiesen worden seien. In den genannten Schriftstücken werde lediglich pauschal verneint, dass die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 – 3 AsylG vorliegen würden. Die Bezugsperson habe nachgewiesen, dass sie über eine ausreichende Unterkunft verfüge, Krankenversicherungsschutz gegeben sei und der Aufenthalt der BF in Österreich zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könne, da die Bezugsperson über ein ausreichendes Einkommen verfüge.

9. Die ÖB Islamabad erließ keine Beschwerdevorentscheidung.

10. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 21.09.2020, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 24.09.2020, wurden die Beschwerden samt Verwaltungsakt übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF, Staatsangehörige Afghanistans, stellten am 04.09.2019 bei der ÖB Islamabad Anträge auf Erteilung von Einreisetitel gemäß § 35 Abs. 2 AsylG. Als Bezugsperson wurde der Ehemann bzw. Vater der BF genannt. Der Bezugsperson wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX , rechtskräftig seit XXXX , der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.

Das BFA teilte der ÖB Islamabad nach Erhalt und Prüfung der Anträge samt Unterlagen mit, dass die Stattgebung der Anträge auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die Erteilungsvoraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 und 3 AsylG nicht erfüllt worden seien.

Mit Bescheiden der ÖB Islamabad vom 02.07.2020 wurden die Anträge auf Erteilung von Einreisetitel gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG 2005 abgewiesen.

Die Antragstellung erfolgte mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten an die Bezugsperson.

Die Bezugsperson bezieht ein monatliches Bruttoeinkommen iHv EUR 1.590,18. Unter Berücksichtigung des Weihnachts- und Urlaubsgeldes ergibt sich ein monatliches Nettoeinkommen iHv EUR 1.495,85. Die monatliche Miete beträgt EUR 300,-. Der Richtsatz gemäß § 293 ASVG wurde im gegenständlichen Fall nicht erreicht. Es wurde kein ausreichender Nachweis der erforderlichen finanziellen Mittel iSd § 60 Abs. 2 Z 3 AsylG erbracht.

Die BF legten einen Mietvertrag der Bezugsperson über eine 30m² große Wohnung vor. Eine Wohnung von 30m², die überdies über nur einem Wohn-Schlafraum verfügt, stellt für eine dreiköpfige Familie jedenfalls keine ortsübliche Unterkunft dar. Die BF haben einen Nachweis über einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft iSd § 60 Abs. 2 Z 1 AsylG, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird, nicht erbracht. Die Bezugsperson versuchte durch die Vorlage eines Untermietvertrages vom XXXX über eine 45m² große Wohnung die Behörde über das Bestehen einer ortsüblichen Unterkunft zu täuschen.

Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 und 3 AsylG sind nicht erfüllt, die BF konnten weder nachweisen, dass ihr Aufenthalt nicht zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen würde, noch legten sie einen aktuellen Nachweis über eine ausreichende Unterkunft vor.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen, insbesondere das Datum der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten an die Bezugsperson und der Zeitpunkt der Stellung der gegenständlichen Einreiseanträge, ergeben sich zweifelsfrei aus dem Akt der ÖB Islamabad und wurden von den BF auch nicht bestritten.

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben mittels Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde – insbesondere in die angefochtenen Bescheide und die dagegen erhobenen Beschwerden und die Stellungnahme des BFA sowie in das Zentrale Melderegister.

Wie bereits die belangte Behörde erwogen hat, ergibt sich der festgestellte Sachverhalt widerspruchsfrei aus den (behördlich) aufgenommenen, im Verwaltungsakt einliegenden Beweismitteln.

Die Feststellungen zur Einkommenssituation der Bezugsperson ergeben sich aus den vorgelegten Verdienstnachweisen sowie den Angaben der BF in ihrer Stellungnahme, wonach die Bezugsperson ein monatliches Bruttoeinkommen iHv EUR 1.590,18 bezieht. Die Bezugsperson hätte für sich und die BF gem. § 60 Abs. 2 Z 3 AsylG iVm § 11 Abs. 5 NAG iVm § 293 ASVG ein monatliches Einkommen von jedenfalls EUR 1.674,14 (EUR 1.524,99 für ein Ehepaar und EUR 149,15 für das mj. Kind) aufbringen müssen, um erst einmal den Nominalwert der Ausgleichszulagenrichtsätze zu erreichen, wobei Aufwendungen für Mietbelastungen (in casu EUR 300,- monatlicher Mietzins [abzüglich der „freien Station“ iHv EUR 299,95],) noch hinzuzurechnen wären. Aus den vorgelegten Unterlagen und den Angaben in der Stellungnahme ist ersichtlich, dass die Bezugsperson im Zeitpunkt der Bescheiderlassung ein monatliches Bruttoeinkommen von EUR 1.590,18 bezog. Die Behörde ging von einem monatlichen Nettoeinkommen inklusive des aliquoten Urlaubsgeldes iHv EUR 1.495,85 aus. Von diesem Betrag wären in der Folge Aufwendungen für Mietbelastungen (EUR 300,-), die über die „freie Station“ des § 292 Abs. 3 ASVG (für 2020: EUR 299,95) hinausgehen, somit in casu EUR 0,05 abzuziehen. Damit steht jedenfalls unzweifelhaft fest, dass die regelmäßig geltend gemachten Einkünfte der Bezugsperson nicht ausreichen, um davon ausgehen zu können, dass der Aufenthalt der BF zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft iSd § 60 Abs. 2 Z3 AsylG und § 11 Abs. 5 NAG führen könnte.

Zudem kommt, dass die Bezugsperson mit einer Einzimmerwohnung von 30m² auch über keine ortsübliche Unterkunft iSd § 60 Abs. 2 Z 1 AsylG für sich und die BF verfügt. Es ist auf das Alter bzw. Geschlecht der Kinder Bedacht zu nehmen. Im vorliegenden Fall handelt es sich bei dem mj. BF2 um einen neunjährigen Buben und kann eine Wohnung in dieser Größe für eine dreiköpfige Familie, die ein Kind im schulpflichtigen Alter hat, nicht als ortsübliche Unterkunft gewertet werden, wenngleich die Ortsüblichkeit einer Unterkunft nicht allein an der Quadratmeter-Größe festgemacht werden kann. In diesem Sinn hat auch bereits das Landesverwaltungsgericht XXXX in seinem Erkenntnis vom 10.11.2014, Zl. VGW-151/023/27620/2014 – unter Bezugnahme auf statistisches Material – ausgeführt, dass eine Wohnungsgröße von 40,3 m² (ein Zimmer, Küche, ein Kabinett) für eine vierköpfige Familie in XXXX als nicht ortsüblich zu bezeichnen sei. Überdies gilt – wie bereits zutreffend vom BFA ausgeführt – eine Einzimmerwohnung ab zwei Personen als überbelegt. Die angeführte Wohnung der Bezugsperson ist jedenfalls nicht als ortsüblich zu qualifizieren, da diese für eine dreiköpfige Familie jedenfalls zu klein ist, zumal jeder Person nur 10m² zur Verfügung stehen würden. Selbst von einem sehr niedrigen Niveau ausgehend, ist der an die Ortsüblichkeit anzulegende Maßstab als deutlich unterschritten zu qualifizieren.

Die BF legten im Rahmen ihrer Stellungnahme einen am XXXX abgeschlossenen Untermietvertrag über eine 45,01m² große Zweizimmerwohnung vor. Hierzu ist zunächst auszuführen, dass als Anschrift der vermieteten Wohnung die XXXX in XXXX angeführt wird. Eine Abfrage des Zentralen Melderegisters ergab jedoch, dass die Bezugsperson nie an dieser Adresse gemeldet war. Weiters wird im Untermietvertrag die Adresse des Untervermieters mit XXXX angeführt. Die BF legten einen ZMR Auszug der Bezugsperson vor, in welchem diese Adresse als Hauptwohnsitz aufschien. Eine aktuelle Abfrage des ZMR ergab jedoch, dass die Bezugsperson dort nur von 19.02.2020 bis 12.03.2020 gemeldet war und sich am 13.03.2020 wieder an der im Antragszeitpunkt angegebenen, 30m² großen Einzimmerwohnung anmeldete. Die Bezugsperson hat sich somit nur für einen sehr kurzen Zeitraum in der 45,01m² großen Zweizimmerwohnung angemeldet, um den Anschein des Rechtsanspruches auf eine ortsübliche Unterkunft zu erwecken. Überdies ist anzumerken, dass im Zeitraum von 19.02.2020 bis 12.03.2020 an der Adresse in der XXXX neben der Bezugsperson zwei weitere erwachsene Personen und ein Kind gemeldet waren. Insoweit von den BF vorgebracht wird, dass BFA habe lediglich pauschal das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 – 3 AsylG verneint und die Bezugsperson habe eine ausreichende Unterkunft nachgewiesen, ist auszuführen, dass die Bezugsperson bereits im Zeitpunkt der zweiten negativen Prognose des BFA am 22.04.2020 (sowie im Zeitpunkt der Bescheiderlassung am 02.07.2020) nicht mehr in der XXXX , sondern wieder an der ursprünglich angegebenen Adresse gemeldet war.

Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 und 3 AsylG wurden daher im vorliegenden Fall nicht erfüllt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG) idgF lauten wie folgt:

„Ausübung der Verwaltungsgerichtsbarkeit

§ 2 Soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch den Senat vorsehen, entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter (Rechtspfleger).

Beschwerdevorentscheidung

§ 14 (1) Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG steht es der Behörde frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). § 27 ist sinngemäß anzuwenden.

(2) Will die Behörde von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absehen, hat sie dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.

Vorlageantrag

§ 15 (1) Jede Partei kann binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Wird der Vorlageantrag von einer anderen Partei als dem Beschwerdeführer gestellt, hat er die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 9 Abs. 1 Z 3), und ein Begehren (§ 9 Abs. 1 Z 4) zu enthalten.

(2) Ein rechtzeitig eingebrachter und zulässiger Vorlageantrag hat aufschiebende Wirkung, wenn die Beschwerde

1. von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung hatte und die Behörde diese nicht ausgeschlossen hat;

2. von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung hatte, die Behörde diese jedoch zuerkannt hat.

Die Behörde hat dem Verwaltungsgericht den Vorlageantrag und die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorzulegen und den sonstigen Parteien die Vorlage des Antrags mitzuteilen.

(3) Verspätete und unzulässige Vorlageanträge sind von der Behörde mit Bescheid zurückzuweisen. Wird gegen einen solchen Bescheid Beschwerde erhoben, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht unverzüglich die Akten des Verfahrens vorzulegen.

Verfahren vor dem Verwaltungsgericht

Anzuwendendes Recht

§ 17 Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.“

Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) idgF lauten:

„Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. In Verfahren zur Erteilung eines Visums gemäß § 20 Abs. 1 Z 9 sind Art. 9 Abs. 1 erster Satz und Art. 14 Abs. 6 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung sind auch die Rechtsmittelinstanz und die Rechtsmittelfrist anzugeben.

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.

Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005:

§ 26 Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Fremden ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen.“

Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetztes 2005 (AsylG 2005) lauten:

„Familienverfahren im Inland

§ 34 (1) Stellt ein Familienangehöriger von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist und

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind.

3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG).

Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden

§ 35 (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei einer mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.

(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),

2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und

3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.“

Allgemeine Erteilungsvoraussetzungen

§60

[…]

(2) Aufenthaltstitel gemäß § 56 dürfen einem Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden, wenn

1.der Drittstaatsangehörige einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird,

2.der Drittstaatsangehörige über einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist,

3.der Aufenthalt des Drittstaatsangehörige zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (§ 11 Abs. 5 NAG) führen könnte, und

[…]

Übergangsbestimmungen

§ 75

[…]

(24) Auf Fremde, denen der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 zuerkannt wurde und auf Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15. November 2015 gestellt haben, sind die §§ 2 Abs 1 Z 15, 3 Abs 4 bis 4b, 7 Abs 2a und 51a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 nicht anzuwenden. Für diese Fremden gilt weiter § 2 Abs 1 Z 15 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016. §§ 17 Abs 6 und 35 Abs 1 bis 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 sind auf Verfahren, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, nicht anzuwenden. Auf Verfahren gemäß § 35, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, ist § 35 Abs 1 bis 4 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 weiter anzuwenden. Handelt es sich bei einem Antragsteller auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs 1 um den Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 rechtskräftig zuerkannt wurde, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs 2 Z 1 bis 3 nicht zu erfüllen, wenn der Antrag auf Erteilung des Einreisetitels innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 gestellt wurde. § 22 Abs 1 gilt für Verfahren, die mit Ablauf des 31. Mai 2018 bereits anhängig waren, auch noch nach dem 31. Mai 2018 weiter.

[…]“

Die gegenständlichen Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln wurden am 04.09.2019, und somit nach Inkrafttreten des § 35 AsylG idF BGBl. I Nr. 24/2016 am 01.06.2016, eingebracht. Gemäß der Übergangsbestimmung § 75 Abs. 24 AsylG 2005 war daher § 35 Abs. 1 bis 4 AsylG 2005 in der geltenden Fassung anzuwenden.

Die maßgebliche Bestimmung des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) idgF lautet:

„Allgemeine Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel

§11

[…]

(5) Der Aufenthalt eines Fremden führt zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15) ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.“

Die maßgebliche Bestimmung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) idgF lautet:

„Richtsätze

§ 293 (1) Der Richtsatz beträgt unbeschadet des Abs. 2

a) für Pensionsberechtigte aus eigener Pensionsversicherung,

aa) wenn sie mit dem Ehegatten (der Ehegattin) oder dem/der eingetragenen PartnerIn im gemeinsamen Haushalt leben      1 120,00 € (Anm. 1, 1a, 1b),

bb) wenn die Voraussetzungen nach sublit. aa nicht zutreffen  882,78 € (Anm. 2),

(Anm.: sublit. cc aufgehoben durch Art. 1 Z 2, BGBl. I Nr 84/2019)

b) für Pensionsberechtigte auf Witwen(Witwer)pension oder Pension nach § 259          747,00 € (Anm. 2),

c) für Pensionsberechtigte auf Waisenpension:

aa) bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres    274,76 € (Anm. 3),

falls beide Elternteile verstorben sind     412,54 € (Anm. 4),

bb) nach Vollendung des 24. Lebensjahres     488,24 € (Anm. 5),

falls beide Elternteile verstorben sind     747,00 € (Anm. 2).

Der Richtsatz nach lit. a erhöht sich um 120,96 € (Anm. 6) für jedes Kind (§ 252), dessen Nettoeinkommen den Richtsatz für einfach verwaiste Kinder bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres nicht erreicht.

(2) An die Stelle der Richtsätze und der Richtsatzerhöhung gemäß Abs. 1 treten ab 1. Jänner eines jeden Jahres, erstmals ab 1. Jänner 2001, die unter Bedachtnahme auf § 108 Abs. 6 mit dem Anpassungsfaktor (§ 108f) vervielfachten Beträge.

(3) Hat eine Person Anspruch auf mehrere Pensionen aus einer Pensionsversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz, so ist der höchste der in Betracht kommenden Richtsätze anzuwenden. In diesem Fall gebührt die Ausgleichszulage zu der Pension, zu der vor Anfall der weiteren Pension Anspruch auf Ausgleichszulage bestanden hat, sonst zur höheren Pension.

(4) Haben beide Ehegatten oder eingetragenen PartnerInnen Anspruch auf eine Pension aus einer Pensionsversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz und leben sie im gemeinsamen Haushalt, so besteht der Anspruch auf Ausgleichszulage bei der Pension, bei der er früher entstanden ist.

(Anm. 1: gemäß BGBl. II Nr. 391/2016 für 2017: 1 334,17 €; gemäß BGBl. II Nr. 339/2017 für 2018: 1 363,52 €; gemäß BGBl. II Nr. 329/2018 für 2019: 1 398,97 €; gemäß BGBl. II Nr. 348/2019 für 2020: 1 472,00 €

Anm. 1a: Art. 1 Z 2 der Novelle BGBl. I Nr. 98/2019 lautet: „In § 293 Abs. 1 lit. a sublit. aa wird der Ausdruck „1 398,97 €“ durch den Ausdruck „1 472,00 €“ ersetzt.“. Da die Beträge jährlich durch Kundmachung angepasst wurden, konnte die Anweisung nicht durchgeführt werden.

Anm. 1b: § 727 Abs. 2 idF BGBl. I Nr. 21/2020 lautet: „Der Richtsatz nach § 293 Abs. 1 lit. a sublit. aa in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 98/2019 ist abweichend von § 293 Abs. 2 für das Kalenderjahr 2020 (rückwirkend) mit dem Faktor 1,036 zu vervielfachen.“

Anm. 2: für 2017: 889,84 €; für 2018: 909,42 €; für 2019: 933,06 €; für 2020: 966,65 €

Anm. 3: für 2017: 327,29 €; für 2018: 334,49 €; für 2019: 343,19 €; für 2020: 355,54 €

Anm. 4: für 2017: 491,43 €; für 2018: 502,24 €; für 2019: 515,30 €; für 2020: 533,85 €

Anm. 5: für 2017: 581,60 €; für 2018: 594,40 €; für 2019: 609,85 €; für 2020: 631,80 €

Anm. 6: für 2017: 137,30 €; für 2018: 140,32 €; für 2019: 143,97 €; für 2020: 149,15 €)“

Die Werte für diese Richtsätze betragen für das Jahr 2020 folglich:

Für Ehepaare: EUR 1.524,99

Für jedes Kind: zusätzlich EUR 149,15

Grundsätzlich müssen diese Beträge nach Abzug der monatlichen regelmäßigen Kosten (wie Miete, Kreditraten etc.), soweit diese in Summe EUR 299,95 (sogenannter "Wert der freien Station" gemäß § 292 Abs. 3 ASVG für das Jahr 2020) überschreiten, zur Verfügung stehen.

Zu A) Abweisung der Beschwerden:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034 unter Hinweis auf VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152; VwGH 19.06.2008, 2007/21/0423).

Nach dieser Rechtsprechung ist zur Frage des Prüfungsumfangs der österreichischen Vertretungsbehörde bei der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels im Sinne des § 35 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005 auf die Gesetzesmaterialien zur Stammfassung der Vorgängerbestimmung (§ 16 AsylG 1997) zurückzugreifen.

Danach sollten die bei den österreichischen Berufsvertretungsbehörden im Ausland gestellten Asylanträge an die Durchführung eines Vorverfahrens gebunden sein. Bei diesem speziellen Sichtvermerksantrag sollte nämlich ein relativ formalisiertes Ermittlungsverfahren betreffend eine mögliche Asylgewährung stattfinden, in welches das Bundesasylamt einzubinden sei. Treffe das Bundesasylamt die Prognose, dass eine Asylgewährung wahrscheinlich sei, habe die Berufsvertretungsbehörde ohne Weiteres einen entsprechend befristeten Sichtvermerk zur Einreise zu erteilen, worauf das eigentliche Asylverfahren stattzufinden habe. Dieser Mechanismus solle auf der Ebene eines Sichtvermerksverfahrens dazu dienen, die im Hinblick auf eine potentielle Schutzbedürftigkeit heiklen Fälle aus der Vielzahl der Asylanträge im Ausland herauszufiltern, ohne zugleich - im Hinblick auf das relativ formalisierte Verfahren vor der österreichischen Vertretungsbehörde - durch eine negative Asylentscheidung res iudicata zu bewirken und den Asylwerber für immer von einem ordentlichen Asylverfahren auszuschließen. Werde ein Sichtvermerk nicht erteilt, sei der betreffende Asylantrag als gegenstandslos abzulegen (RV 686 BlgNR 20.GP 23).

Schon diese Ausführungen lassen erkennen, dass die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Visumserteilung an die Mitteilung des (nunmehr) Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Prognose einer Schutzgewährung gebunden ist. Das Gesetz stellt nur klar, dass es bei einer positiven Mitteilung über die voraussichtliche Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten keiner weiteren Voraussetzungen für die Visumserteilung bedarf, somit die Erteilungsvoraussetzungen und Versagungsgründe des FPG diesfalls unbeachtet zu bleiben haben. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass die Vertretungsbehörde im Falle einer negativen Mitteilung des BFA noch einmal eine eigene Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Asylgewährung vorzunehmen hätte und zu einem gegenteiligen Ergebnis als die zur Entscheidung über Asylanträge sachlich zuständige Behörde kommen könnte. Für diese Auffassung gibt das Gesetz keine ausreichenden Anhaltspunkte. Es würde auch dem Zweck der Erteilung dieses Einreisetitels zuwiderlaufen, dem Familienangehörigen einer schutzberechtigten Ankerperson im Hinblick auf die voraussichtliche Gewährung von Asyl bzw. subsidiären Schutz die Einreise zu ermöglichen, wenn das zur Beurteilung des Schutzantrages zuständige BFA die Stattgebung unter diesem Titel nicht für wahrscheinlich erachtet (siehe hiezu BVwG 12.01.2016, W184 2112510-1ua).

Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz – FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems allerdings dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offensteht, auch die Einschätzung des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis, da die Prognose des BFA und die in der Folge darauf gestützte Auffassung der Vertretungsbehörde nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes zutreffend sind:

Im gegenständlichen Fall wurden Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln gemäß § 35 Abs. 2 AsylG gestellt und als Bezugsperson der in Österreich seit dem Jahr XXXX subsidiär schutzberechtigte Ehemann bzw. Vater der BF genannt.

Im vorliegenden Fall wurden die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 und 3 AsylG nicht erfüllt. Die BF konnten (mit Hilfe der Bezugsperson) den Nachweis eigener und fester Einkünfte nicht erbringen und verfügen sie somit nicht über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhaltes in Österreich. Die Bezugsperson bezog im Zeitpunkt der Antragstellung und der Bescheiderlassung monatliche Nettoeinkünfte von gesamt EUR 1.495,85. Wie bereits beweiswürdigend ausgeführt, wurde der Richtsatz gemäß § 293 ASVG nicht erreicht. Die BF konnten daher nicht den Nachweis erbringen, dass ihr Aufenthalt zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte.

Auch das Erfordernis einer für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehenen Unterkunft konnte nicht erbracht werden. Wie bereits beweiswürdigend ausgeführt, wohnte die Bezugsperson im Zeitpunkt der Antragstellung sowie im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides in einer 30m² großen Einzimmerwohnung. Die Bezugsperson versuchte mit der Vorlage eines Untermietvertrages über eine 45,01m² große Zweizimmerwohnung die Behörde über das Bestehen einer ortsüblichen Unterkunft zu täuschen (siehe die Ausführungen in der Beweiswürdigung).

Betreffend den Ausnahmetatbestand des § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass das BFA diese Frage im Rahmen der Erstellung der Wahrscheinlichkeitsprognose implizit mit zu berücksichtigen hatte und fallgegenständlich offensichtlich zu der Ansicht gelangt ist, dass dies nicht geboten ist.

Das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art 8 EMRK steht unter Gesetzesvorbehalt. Wenn die Verweigerung eines Einreiseantrags in den Schutzbereich des Privatlebens oder des Familienlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK eingreift, ist zu prüfen, ob sich diese auf eine gesetzliche Bestimmung stützt, was im vorliegenden Fall offensichtlich zutrifft, und ob sie Ziele verfolgt, die mit der EMRK in Einklang stehen, wofür hier insbesondere die Verteidigung der Ordnung im Bereich des Fremden- und Asylwesens sowie das wirtschaftliche Wohl des Landes in Betracht kommen.

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist nur ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 AsylG ist, worüber die Botschaft in einem relativ formalisierten Ermittlungsverfahren zu entscheiden hat und dass die Tatbestandsvoraussetzungen nach dieser Gesetzesbestimmung, die vom Verfassungsgerichtshof nicht beanstandet wurden, im gegenständlichen Fall nicht vorliegen. Bei Erteilung eines Einreisetitels ist zu berücksichtigen, dass Art. 8 EMRK im Allgemeinen kein Recht auf Einreise in ein bestimmtes Land gewährt (EGMR 02.08.2001, Fall Boultif, Appl. 54.273/00, newsletter 2001, 159 uva). Art. 8 EMRK gewährt auch kein unmittelbares Zuwanderungsrecht und lässt den Mitgliedstaaten der EMRK bei der Regelung der Einwanderungspolitik einen breiten Ermessensspielraum (vgl. VfSlg 17.013/2003 und 18.613/2008).

Nach der Rechtsprechung des EGMR (EGMR 31.07.2008, 265/07, Darren Omoregie u. a.) stellen die Regeln des Einwanderungsrechtes eine ausreichende gesetzliche Grundlage in Hinblick auf die Frage der Rechtfertigung des Eingriffs nach Art. 8 Abs. 2 EMRK dar. Die Verweigerung eines Visums, welche dem öffentlichen Interesse an der effektiven Durchführung der Einwanderungskontrolle dient, kann nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten. Auch nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes kommt der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VfGH 29.09.2007, B 328/07; VwGH 15.12.2015, Ra 2015/19/0247; 22.01.2013, 2011/18/0012).

Im gegenständlichen Fall ist zu berücksichtigen, dass die BF die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 und 3 AsylG nicht erfüllen konnten und die Einreise und der Aufenthalt der BF, einer dreiköpfigen Familie, daher zu einer finanziellen Belastung der Gebietskörperschaft führen würde. Es ist auch nicht abzusehen, dass diese Belastung nur von kurzer Dauer wäre, da die Bezugsperson schon bisher weder ein ausreichendes Einkommen noch eine ortsübliche Unterkunft nachweisen konnte und vom mj. BF2 eine eigenständige Bestreitung des Lebensunterhaltes in naher Zukunft nicht erwartet werden kann. Eine Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an einer Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften sowie der Vermeidung finanzieller Belastungen der Gebietskörperschaft einerseits und des persönlichen Interesses der BF an einer Fortsetzung des Familienlebens in Österreich fällt daher zu Lasten der BF aus. Besondere Umstände, weshalb das Recht auf Familienleben im gegenständlichen Fall schwerer wiegen sollte als das öffentliche Interesse, wurden nicht dargetan.

Die Regelung des § 35 Abs. 1 und Abs. 4 Z 3 bedeutet nämlich auch unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK nicht, dass in jedem Fall durch die Nichterteilung eines Einreisetitels in das Recht auf Privat- und Familienleben nach Art. 8 EMRK in unzulässiger Weise eingegriffen würde. Mit der hier gegenständlichen Regelung sollen Gesichtspunkte des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Familienleben nach Art. 8 EMRK — und zwar im Rahmen des Familienverfahrens nach den §§ 34 und 35 AsylG– Berücksichtigung finden, ist doch davon auszugehen, dass damit eine Verletzung dieses verfassungsgesetzlich geschützten Rechts durch die Nichterteilung des asylrechtlichen Schutzstatus hintangehalten werden soll, weil § 34 darauf abstellt, dass dem Familienangehörigen entweder der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen ist. Hingegen lässt sich aus dieser Bestimmung nicht ableiten, dass die Voraussetzung des § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG immer schon allein dann erfüllt wäre, wenn überhaupt der Anwendungsbereich des Art. 8 EMRK eröffnet ist (vgl. im Grundsatz VwGH 22.11.2017, Ra 2017119/0218), zumal das Bestehen eines Familienlebens iSd Art. 8 EMRK im Regelfall Voraussetzung für die Familienangehörigeneigenschaft nach § 35 Abs. 5 AsylG ist. Nur in seltenen Ausnahmefällen wäre eine Visumerteilung nach § 35 AsylG auch dann geboten, wenn zwar eine Familienangehörigeneigenschaft nach § 35 Abs. 5 AsylG, aber kein Familienleben iSd Art. 8 EMRK besteht. Es kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, dass er die Erfüllung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 – 3 AsylG nur in den seltenen Fällen als Voraussetzung für die Erteilung eines Einreisetitels vorsehen wollte, in denen trotz Familienangehörigeneigenschaft nach § 35 Abs. 5 AsylG kein Familienleben iSd Art. 8 EMRK vorliegt.

Die – unter Gesetzesvorbehalt stehende – Regelung des Art. 8 EMRK schreibt auch keineswegs vor, dass in allen Fällen der Familienzusammenführung jedenfalls der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren wäre. Vielmehr wird im Regelfall ein Aufenthaltstitel nach den fremdenrechtlichen Bestimmungen in Betracht kommen. Die Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) stellen in Österreich den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige dar, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen (so kann etwa subsidiär Schutzberechtigten nach fünf Jahren unter bestimmten Voraussetzungen gemäß § 45 Abs. 12 NAG ein Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ gewährt werden, danach kann eine Familienzusammenführung nach § 46 NAG erfolgen).

Nur in besonders gelagerten Fällen ist auf die Regelung des § 35 Abs. 4 Z 3 letzter Halbsatz AsylG 2005 zurückzugreifen, wenn die Erteilungsvoraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 – 3 nicht vorliegen, aber „im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2“ - also zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 oder zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 - die Stattgebung des Antrages gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist.

Nur dann also, wenn (ausnahmsweise) eine Familienzusammenführung im Grunde von (insb.) § 46 NAG nicht hinreicht, sondern für den Familienangehörigen Art. 8 EMRK einen asylrechtlichen Schutzstatus nach §§ 34 und 35 AsylG 2005 gebietet, kommt die Regelung des § 35 Abs. 4 Z 3 letzter Halbsatz AsylG 2005 („die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten") zum Tragen. Eine solche Ausnahmesituation ist für das erkennende Gericht nicht zu sehen und zwar auch nicht im Hinblick auf das Prinzip des Kindeswohls, kann doch aus keinem der Artikel dieses BVG über die Rechte der Kinder ein Recht des Kindes auf Erteilung eines Einreisetitels abgeleitet werden. Insbesondere ist auch auf Art. 7 dieses BVG zu verweisen, wonach eine Beschränkung der in den Art. 1, 2, 4 und 6 dieses BVG gewährleisteten Rechte und Ansprüche nur zulässig ist, insoweit sie gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Das „Kindeswohlvorrangigkeitsprinzips" (Art. 1) als Orientierungsmaßstab für die Gesetzgebung, Gerichtsbarkeit und Verwaltung sowie auch für die Leistungen staatlicher und privater Einrichtungen — steht damit jedenfalls unter Gesetzesvorbehalt. Wie schon oben gesagt kommt der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung nach der Rechtsprechung der Höchstgerichte ein hoher Stellenwert zu und wird gerade im Art. 7 des BVG über die Rechte der Kinder die öffentliche Ruhe und Ordnung angesprochen.

Auch wenn man vom Bestehen eines aufrechten Familienlebens zwischen den BF und der Bezugsperson ausgeht, kann die familiäre Situation — zumindest — nicht als so außergewöhnlich angesehen werden, dass (ausnahmsweise) eine Familienzusammenführung im Grunde von (insb.) § 46 NAG nicht hinreichen würde, sondern für die BF Art. 8 EMRK einen asylrechtlichen Schutzstatus nach §§ 34 und 35 AsylG gebieten würde.

Gegen die Entscheidung der zuständigen Einwanderungsbehörde stehen letztlich auch noch Rechtsbehelfe an ein Verwaltungsgericht sowie an den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof offen. In einem Verfahren nach den Bestimmungen des NAG sind aber auch die öffentlichen Interessen, insbesondere am wirtschaftlichen Wohl des Landes, entsprechend in die Prüfung einzubeziehen (z.B. Einkünfte, Integrationsvereinbarung, Quotenplatz), wird doch das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK nicht absolut verbürgt, sondern nur unter Gesetzesvorbehalt. In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, dass der EuGH in seinem jüngsten Urteil vom 21.04.2016, in der Rechtssache C 558/14, betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV ausgesprochen hat, dass Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung dahin auszulegen sei, „dass er es den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats erlaubt, die Ablehnung eines Antrags auf Familienzusammenführung auf eine Prognose darüber zu stützen, ob es wahrscheinlich ist, dass die festen, regelmäßigen und ausreichenden Einkünfte, über die der Zusammenführende verfügen muss, um ohne Inanspruchnahme der Sozialhilfeleistungen des betreffenden Mitgliedstaats seinen eigenen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen zu decken, während des Jahres nach dem Zeitpunkt der Einreichung des Antrags weiterhin vorhanden sein werden, und dabei dieser Prognose die Entwicklung der Einkünfte des Zusammenführenden während der sechs Monate vor der Antragstellung zugrunde zu legen.“. Diese Auslegung lässt jedenfalls erkennen, dass Aspekten des wirtschaftlichen Wohls eines Landes im Zusammenhang mit dem Familiennachzug im Rahmen der öffentlichen Interessen offenkundig ein hoher Stellenwert zukommen darf.

Der Verwaltungsgerichtshof führte zuletzt in seinem Erkenntnis vom 03.05.2018 zu Ra 2017/19/0609 aus: „Der VwGH hat allerdings in seiner Rechtsprechung zu § 46 NAG 2005 ("Bestimmungen über die Familienzusammenführung") bereits festgehalten, dass es - um ein verfassungswidriges Ergebnis zu vermeiden - geboten sein kann, im Einzelfall den in § 46 NAG verwendeten Begriff "Familienangehörigen" von der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Z 9 NAG 2005 abzukoppeln. Besteht etwa ein aus Art. 8 EMRK ableitbarer Anspruch auf Familiennachzug, so ist als "Familienangehöriger" in § 46 NAG demnach aus verfassungsrechtlichen G

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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