TE Vwgh Erkenntnis 1997/6/11 95/01/0648

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Veröffentlicht am 11.06.1997
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Händschke als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Unterer, über die Beschwerde des K in L, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 6. November 1995, Zl. 4.320.016/10-III/13/95, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 6. November 1995 wurde die Berufung des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen Ghanas, der am 19. Juli 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist und am 22. Juli 1991 den Asylantrag gestellt hat, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 26. August 1991, mit dem festgestellt worden war, daß er die Voraussetzungen für die Zuerkennung seiner Flüchtlingseigenschaft nicht erfülle, abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Der Beschwerdeführer hat anläßlich seiner Einvernahme vor der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich am 24. Juli 1991, zu seinen Fluchtgründen befragt, angegeben, er sei zuletzt als Kraftfahrer einer Speditionsfirma beschäftigt gewesen. Am 6. Mai 1991 sei er von seinem Dienstgeber beauftragt worden, von Accra nach Tema zu fahren, um von dort den Militärmajor D nach Accra zu übersiedeln. Er habe die bereitgestellten Kisten verladen und sei dann in Richtung Accra gefahren. Auf dem Weg sei er von einer Polizeistreife angehalten und kontrolliert worden. Dabei habe man eine Kiste Munition gefunden. Der Wagen und die Ladung seien beschlagnahmt, er selbst verhaftet worden. Er sei in das Gefängnis von Ashafort (Accra) gebracht und dort verhört worden. Er habe angegeben, daß die Ladung dem Major D gehöre; bei der Vernehmung sei er auch geschlagen worden. Er habe seinen Bruder von seiner Verhaftung verständigen können, und dieser sei am nächsten Tag zu ihm ins Gefängnis gekommen, wo der Beschwerdeführer ihn ersucht habe, den Major ausfindig zu machen. Major D sei jedoch unauffindbar gewesen. Sein Bruder habe sich dann bei den Behörden erkundigt, was mit dem Beschwerdeführer geschehen würde, und man habe ihm mitgeteilt, daß er (der Beschwerdeführer) mit seiner Verurteilung und Hinrichtung rechnen müsse, falls man diesen Major nicht ausfindig machen könne. Die Verurteilung würde wegen illegalen Munitionstransportes erfolgen. Sein Bruder habe ihm dann versprochen, ihm behilflich zu sein. Am 3. Juni 1991 sei sein Bruder dann wieder zu ihm ins Gefängnis gekommen und habe erklärt, der Beschwerdeführer solle sich bereit halten, weil er aus dem Gefängnis entlassen werden würde. Was sein Bruder unternommen habe, um seine Freilassung zu bewirken, sei ihm nicht bekannt. Jedenfalls sei er noch am selben Abend aus dem Gefängnis entlassen worden. Er sei dann von seinem Bruder erwartet und nach Accra gebracht worden, von wo er am nächsten Tag mit einem ghanesischen Reisepaß, in dem sich ein bulgarisches und ein jugoslawisches Visum befunden hätten, ausgereist sei. Über seine Frage habe sein Bruder erklärt, er habe einen Gefängniswächter bestochen.

In seiner Berufung gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion führte der Beschwerdeführer keinen im wesentlichen anderslautenden Sachverhalt an, betonte jedoch, da in Ghana ein Militärregime herrsche, habe der Geheimdienst vermutet, daß Major D die Munition für einen Putsch gemeinsam mit anderen Militärs habe verwenden wollen. Offensichtlich hätten die "Sicherheitsagenten" gedacht, daß auch er, der Beschwerdeführer, das Komplott unterstütze, in Wahrheit habe er davon keine Ahnung gehabt. Er habe auch nichts über den Inhalt der Kisten in seinem Bus gewußt. In Ghana würden durch das Militärregime viele Menschen ohne Gerichtsverfahren eingesperrt und auch die Todesstrafe ohne Gerichtsverhandlung vollzogen.

Die belangte Behörde wies diese Berufung mit Bescheid vom 10. August 1993 gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab. Auf Grund der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde hob der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom 13. Oktober 1994, Zl. 94/19/0834-6, den bekämpften Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes (infolge Aufhebung des Wortes "offenkundig" in § 20 Abs. 2 AsylG 1991 durch den Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 1. Juli 1994, G 92, 93/94) auf, sodaß das Berufungsverfahren neuerlich anhängig wurde. In einer Berufungsergänzung verwies der Beschwerdeführer auf sein bisheriges Vorbringen in der Berufung sowie in der (ersten) Bescheidbeschwerde und beantragte die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens "betreffend die Narben an meinen Beinen, die mir von den ghanesischen Behörden im Zuge der von mir erlittenen Folter zugefügt wurden". Mit Eingabe vom 31. Mai 1995 machte der Beschwerdeführer weitere generelle Angaben über die politische Lage, die politische Freiheit und die Wirtschaft in seinem Heimatland.

In dem nunmehr angefochtenen (Ersatz-)bescheid begründete die belangte Behörde die (neuerliche) Abweisung der Berufung des Beschwerdeführers im wesentlichen damit, es sei nicht möglich gewesen, aus den Ausführungen des Beschwerdeführers eine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention zu erblicken, da (gemeint: strafrechtliche Konsequenzen) einer solchen Handlungsweise, nämlich eines illegalen Munitionstransportes, offensichtlich alle Bürger seines Heimatlandes in gleichem Maße träfen und die belangte Behörde dem "Versuch der politischen Ummantelung" nicht habe folgen können. Daß im Falle der Ergreifung des Beschwerdeführers diesem aus einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe eine differenzierte Behandlung gedroht habe, habe er nicht einmal behauptet und sei auch seinem Vorbringen nicht zu entnehmen gewesen. Auch zu Unrecht erhobenen Strafvorwürfen komme allein wegen dieses Umstandes noch nicht ein politischer Aspekt zu. Es sei vielmehr dem Betroffenen auch in diesem Falle zuzumuten, sich dem Gericht zu stellen und die aufgebotenen Beweise zu entkräften, zumal er in Ausübung seiner Tätigkeit unter den Verdacht des illegalen Munitionstransportes geraten sei. Im übrigen erachtete die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer vorgelegten Bescheinigungsmittel in diesem Sinne als nicht asylrelevant.

Flüchtling im Sinne des § 1 Z. 1 AsylG 1991 ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen. Der Beschwerdeführer hat bei seiner Ersteinvernahme lediglich angegeben, im Zusammenhang mit dem ihm angelasteten unerlaubten Munitionstransport verfolgt worden zu sein. Erstmals in der Berufung stellte er einen Zusammenhang mit einer ihm damit unterstellten politischen Gesinnung oder Absicht her. Da der Beschwerdeführer aber im Berufungsverfahren entscheidungswesentliche Verfahrensverletzungen durch die Behörde erster Instanz, die dieses Verfahren im Sinn des § 20 Abs. 2 AsylG 1991 als mangelhaft hätte erscheinen lassen können, nicht geltend gemacht hat, ist die belangte Behörde zutreffend von der Bestimmung des § 20 Abs. 1 leg. cit. ausgegangen, wonach die Berufungsbehörde bei Entscheidung in der Sache selbst von den Ermittlungsergebnissen des Verfahrens erster Instanz auszugehen hat. Insoweit sich daher die Ausführungen in der Beschwerde auf Umstände beziehen, die erstmals im Berufungsverfahren behauptet wurden, war auf sie aus diesem Grunde nicht einzugehen.

Ausgehend von den Ermittlungsergebnissen des Verfahrens erster Instanz gemäß § 20 Abs. 1 AsylG 1991 erweist sich die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde als zutreffend, daß der Beschwerdeführer wohlbegründete Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 1 Z. 1 AsylG 1991 nicht glaubhaft gemacht hat.

Da sich die Beschwerde insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995010648.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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