Entscheidungsdatum
17.11.2020Norm
AsylG 2005 §34Spruch
W174 2230024-1/6E
W174 2230023-1/6E
W174 2230025-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Viktoria MUGLI-MASCHEK, als Einzelrichterin, über die Beschwerde 1.) der XXXX alias XXXX alias XXXX , geb. XXXX , 2.) des XXXX , geb. XXXX , gesetzlich vertreten durch die Mutter XXXX , und 3.) der XXXX , geb. XXXX , gesetzlich vertreten durch die Mutter XXXX , alle StA. Kosovo, alle vertreten durch RA Dr. Gregor Klammer, gegen die Festnahme und Anhaltung am 11.3.2020 zu Recht erkannt:
A)
I. Den Beschwerden wird stattgegeben und die Festnahmen und Anhaltungen im Rahmen der Festnahmen am 11.3.2020 werden für rechtswidrig erklärt.
II. Der Bund hat gemäß § 35 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 VwGVG in Verbindung mit § 1 Z 1 VwG-Aufwandersatzverordnung den Beschwerdeführern, zu Handen ihres ausgewiesenen Vertreters, Aufwendungen in Höhe von insgesamt € 2212,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
III. Die Verfahrenshilfe wird gemäß § 8a VwGVG in Verbindung mit § 64 Abs. 1 Z 1 lit. a ZPO im Umfang der Befreiung von der Entrichtung der Eingabegebühr bewilligt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
1. Verfahrensgang:
1.1. Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige des Kosovo. Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers und der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin.
1.2. Die Erstbeschwerdeführerin stellte unter ihrem im Spruch erstgenannten Namen erstmalig am 13.12.2013 im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) vom 19.12.2013, Zahl 13 18 353-BAT, in allen Spruchpunkten abgewiesen, die Erstbeschwerdeführerin aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen und einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Am 10.12.2014 wurde für den nachgeborenen Zweitbeschwerdeführer ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt.
Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 9.4.2014, GZ G306 2000308/10E, wurde der Bescheid vom 19.12.2013 in Erledigung der dagegen erhobenen Beschwerde behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
Mit Bescheiden des Bundesamtes vom 30.1.2016, Zahlen 655996705-1768284 und 1001673109-14092681, wurden die ersten Anträge auf internationalen Schutz der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kosovo gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Kosovo zulässig sei (Spruchpunkt III.); zudem wurde einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.).
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 6.4.2016, GZ G307 2000308-2/10E und GZ G307 2122959-1/4E, wurden die dagegen erhobenen Beschwerden als unbegründet abgewiesen.
1.3. Am 7.4.2016 stellte die Erstbeschwerdeführerin für sich und ihre beiden minderjährigen Kinder (den Zweitbeschwerdeführer und die nachgeborene Drittbeschwerdeführerin) erneut Anträge auf internationalen Schutz.
Mit Bescheiden des Bundesamtes vom 1.3.2018, Zl. 655996705-170429837, 1001673109-170429861, 1117411903-170429870, wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz vom 7.4.2017 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG der Antrag der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Kosovo abgewiesen (Spruchpunkt II.), den Beschwerdeführern ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer gemäß § 46 FPG in den Kosovo zulässig ist (Spruchpunkt V.), ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt VI.) und einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz gemäß § 18 Abs. 1 Z. 1 und 6 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.).
Das Bundesverwaltungsgericht wies mit Erkenntnis vom 6.9.2019, GZ G313 2000308-3/8E, GZ G313 2122959-2/7E und GZ G313 2131720-2/7E, die dagegen erhobenen Beschwerden als unbegründet ab.
1.4. Am 13.9.2019 wurden mangels Vorlage von Identitätsdokumenten durch die Erstbeschwerdeführerin Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates eingeleitet.
1.5. Am 4.11.2019 erließ das Bundesamt gegen die Erstbeschwerdeführerin einen Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 BFA-VG – unrechtmäßiger Aufenthalt. Begründet wurde dieser im Wesentlichen damit, dass sich die Erstbeschwerdeführerin nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG falle.
1.6. In der durch den Zweitbeschwerdeführer gegen das Erkenntnis des Bundesver-waltungsgerichts vom 6.9 2019, G313 2122959-2/7E erhobenen außerordentlichen Revision erkannte der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 9.12.2019, Ra 2019/18/0441-5, die aufschiebende Wirkung zu.
1.7. Am 11.3.2020 langte laut do Aktenvermerk vom selben Tag bei einer Polizeiinspektion in Niederösterreich ein anonymer Hinweis über eine vermutlich illegal aufhältige Person, bei der es sich um die seit 9.7.2019 an einer anderen Adresse aufrecht gemeldete „ XXXX “ handeln soll, ein. Die Anfragen in Bezug auf die genannten Personendaten seien anfangs negativ verlaufen. Im Zuge der polizeilichen Erhebungen habe sich jedoch herausgestellt, dass diese Person „ XXXX “ sei, deren Originalidentität im iZR bestätigt werde und gegen die ein aufrechter Festnahmeauftrag des Bundesamtes vorliege. Diesbezüglich sei im Vorfeld am 11.3.2020 um 16:29 Uhr mit dem Journaldienst des Bundesamtes telefonisch Rücksprache gehalten und dabei der Festnahmeauftrag bestätigt worden. Zudem sei seitens des Journaldienstes vorerst mündlich eine Festnahme angeordnet worden, sollte die Erstbeschwerdeführerin angetroffen werden. Diesbezüglich wurde im Aktenvermerk ausgeführt, dass diese Person unter dem im Festnahmeauftrag angeführten Namen laut ZMR nicht aufrecht im Bundesgebiet gemeldet und bis dato für das Bundesamt nicht greifbar bzw. erreichbar gewesen sei. Die Erstbeschwerdeführerin habe ihren Wohnsitz offensichtlich mit falscher Identität angemeldet, sodass sie sich bis dato einer Festnahme entziehen habe können.
1.8. In weiterer Folge erging am 11.3.2020 gegen alle drei Beschwerdeführer ein Festnahmeauftrag gelinderes Mittel (Zinnergasse) gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG – Auftrag zur Abschiebung beabsichtigt. Die Beschwerdeführer seien umgehend an einer näher genannten Adresse, an der sie sich derzeit befänden, festzunehmen.
Noch am selben Tag wurden die Beschwerdeführer um 17:30 Uhr festgenommen.
Noch vor Beendigung der Protokollierungsarbeiten meldete sich abermals der Journaldienst des Bundesamtes telefonisch auf der Polizeiinspektion und teilte mit, dass die Festnahme sowie die Vorführung der Familie aufzuheben seien, ein schriftlicher Widerruf der Festnahme wurde erlassen und die Beschwerdeführer von der Polizeidienststelle entlassen.
1.9. Gegen die Festnahmen am 11.3.2020 und Anhaltungen bis zum Ende der Einvernahme wurden Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 2 B-VG erhoben.
Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beschwerdeführer am 11.3.2020 um etwa 17:00 Uhr auf Weisung des Bundesamtes zu Hause festgenommen und zur Polizeistation gebracht worden seien. Nach Intervention des Rechtsanwaltes via Telefon und via E-Mail an die Polizei wie auch an das Bundesamt, sei die Familie nach Durchführung einer Einvernahme um etwa 19:40 Uhr wieder entlassen worden, weil auch die Polizei und das Bundesamt schließlich eingesehen hätten, dass aufgrund der aufschiebenden Wirkung der außerordentlichen Revision (des Minderjährigen Zweitbeschwerdeführers) keine Abschiebung möglich gewesen sei.
Beantragt wurde, das Bundesverwaltungsgericht möge
? feststellen, dass die Festnahmen und nachfolgenden Anhaltungen am 11.3.2020 rechtswidrig gewesen seien;
? hierzu eine mündliche Verhandlung anberaumen;
? den Beschwerdeführern im Umfang der Gebühren unter Vorlage des Vermögensbekenntnisses anbei Verfahrenshilfe gewähren und die Beschwerdeführer so von der Entrichtung der Gebühren für diesen Antrag zu befreien und
? den Beschwerdeführern Aufwandsersatz in gesetzlicher Höhe gemäß § 35 VwGVG zuerkennen.
1.10. In ihrer Stellungnahme vom 1.4.2020 führte die belangte Behörde dazu im Wesentlichen aus, dass auch der zweite Antrag der Erstbeschwerdeführerin auf internationalen Schutz negativ entschieden worden und die dagegen erhobene Beschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 6.9.2019 in allen Spruchpunkten abgewiesen worden sei.
Am 13.9.2019 seien Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates eingeleitet worden, weil die Erstbeschwerdeführerin keine Dokumente zur Vorlage gebracht habe. Weiters sei ein Verfahren zur Effektuierung der Ausreiseentscheidung eröffnet und die Erstbeschwerdeführerin unter dem Namen XXXX zur Festnahme wegen illegalen Aufenthaltes ausgeschrieben worden. Eine aufrechte Wohnsitzmeldung habe zu dieser Zeit unter der geführten Identität XXXX nicht bestanden und sei diese auch am 18.10.2019 mit Status unstet gemeldet worden.
Mit 19.12.2019 sei für den Zweitbeschwerdeführer die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof zuerkannt worden, die Festnahmeanordnung für die Erstbeschwerdeführerin jedoch aufrecht geblieben. Am 11.3.2020 sei eine Information an den zuständigen Journaldienst der Regionaldirektion Niederösterreich ergangen, wonach die Erstbeschwerdeführerin unter einer falschen Schreibweise des Nachnamens in Niederösterreich gemeldet sei und angefragt worden, ob der Festnahmeauftrag vollzogen werden solle.
Da der Aufenthaltsstatus sowie der dauernde Aufenthalt der Erstbeschwerdeführerin unklar gewesen sei, sei die Festnahme durch den Journaldienst geprüft und eine Vorführung verfügt worden. Nach der erfolgten Einvernahme und einer Klärung des Sachverhaltes sei die Festnahmeanordnung aufgehoben und die Beschwerdeführerin entlassen worden.
Die Erstbeschwerdeführerin halte sich seit nunmehr über sechs Jahren in Österreich auf und verweigere trotz zweier rechtskräftig abgewiesener Asylanträge und erlassener Rückkehrentscheidungen die Ausreise aus dem Bundesgebiet beharrlich. Auch wenn ihrem Sohn (dem Zweitbeschwerdeführer) nunmehr die aufschiebende Wirkung betreffend seine VwGH-Beschwerde zuerkannt worden sei, sei der Aufenthalt lediglich unter bestimmten Voraussetzungen gerechtfertigt, wozu auch die Meldeverpflichtung gehöre, welche unter der Originalidentität zu erfolgen habe. Die Erstbeschwerdeführerin wechsle stetig ihren Aufenthalt sowie die Schreibweisen Ihres Nachnamens, die Behörde gehe davon aus, dass dieser Umstand auch dazu gedient habe, sich dem Zugriff des Bundesamtes zu entziehen. die Die Erstbeschwerdeführerin wolle als einzigen Ausweis ihre Asylkarte zur Verfügung haben, auf welcher die im zentralen Fremdenregister gespeicherte Identität, nämlich konkret „ XXXX “ aufscheine. Weshalb es trotzdem zu einer Meldung unter einer anderen Schreibweise gekommen sei, entziehe sich der Kenntnis der Behörde, aber es könne daraus auf eine Verfahrensverschleppung rückgeschlossen werden.
Die gegenständliche Amtshandlung habe vor allem dazu gedient, die Sachlage beurteilen zu können. Nach erfolgter Einvernahme und Hinzuziehung eines rechtskundigen Mitarbeiters des Bundesamtes sei die Sachlage erneut beurteilt und die Festnahmeanordnung wieder aufgehoben worden.
1.11. Mit Erkenntnis vom 25.6.2020, Ra 2019/18/0441-8, hob der Verwaltungsgerichtshof das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 6.9.2019, G313 2122959-2/7E, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf.
2. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
2.1. Getroffene Feststellungen:
Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige des Kosovo. Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers und der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin.
Am 11.3.2020 wurde gegen alle drei Beschwerdeführer ein Festnahmeauftrag gelinderes Mittel (Zinnergasse) gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG – Auftrag zur Abschiebung erlassen. Noch am selben Tag wurden die Beschwerdeführer um 17:30 Uhr festgenommen und bis zur Aufhebung des Festnahmeauftrages angehalten.
Mit Bescheiden des Bundesamtes vom 30.1.2016, Zahlen 655996705-1768284 und 1001673109-14092681, wurden die ersten Anträge auf internationalen Schutz der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kosovo gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Kosovo zulässig sei (Spruchpunkt III.); zudem wurde einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.). Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 6.4.2016, GZ G307 2000308-2/10E und GZ G307 2122959-1/4E, wurden die dagegen erhobenen Beschwerden als unbegründet abgewiesen.
Am 7.4.2016 stellten alle drei Beschwerdeführer weitere Anträge auf internationalen Schutz.
Mit Bescheiden des Bundesamtes vom 1.3.2018, Zlen. 655996705-170429837, 1001673109-170429861, 1117411903-170429870, wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz vom 7.4.2017 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG der Antrag der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Kosovo abgewiesen (Spruchpunkt II.), den Beschwerdeführern ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer gemäß § 46 FPG in den Kosovo zulässig ist (Spruchpunkt V.), ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt VI.) und einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz gemäß § 18 Abs. 1 Z. 1 und 6 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.). Das Bundesverwaltungsgericht wies mit Erkenntnis vom 6.9.2019, GZ G313 2000308-3/8E, GZ G313 2122959-2/7E und GZ G313 2131720-2/7E, die dagegen erhobenen Beschwerden als unbegründet ab.
Der durch den Zweitbeschwerdeführer gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 6.9 2019, G313 2122959-2/7E erhobenen außerordentlichen Revision erkannte der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 9.12.2019, Ra 2019/18/0441-5, die aufschiebende Wirkung zu. Die gegen ihn erlassene Rückkehrentscheidung war zum Zeitpunkt der Festnahme und Anhaltung der Familie am 11.3.2020 nicht durchsetzbar.
Die Erstbeschwerdeführerin war unter dem Namen XXXX seit 24.2.2014 durchgehend im Bundesgebiet gemeldet. Unter diesem Namen waren auch alle Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes erlassen worden und dieser Name war ebenfalls in den Asylverfahren aktenkundig. Somit konnte das Bundesamt nicht von vorne herein davon ausgehen, dass die Beschwerdeführer durch Verwendung eines falschen Namens (bzw. einer anderen Schreibweise) untergetaucht waren bzw. versuchen würden unterzutauchen.
2.2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem unbestrittenen Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes, den Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichts sowie den Einsichtnahmen in das Zentrale Fremdenregister und Zentrale Melderegister.
2.3. Rechtliche Beurteilung:
2.3.1. Verfahrensrechtliche Voraussetzungen, insbesondere Zuständigkeit:
2.3.1.1. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, des Agrarverfahrensgesetzes und des Dienstrechtsverfahrens-gesetzes 1984 und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: „Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungs-gerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein.
2.3.1.2. Gemäß Artikel 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden 1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; 2. gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit; 3. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde und 4. gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 4.
Gemäß Artikel 132 Abs. 2 B-VG kann gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch sie in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.
Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Gemäß § 7 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr 87/2012 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über 1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes, 2. Beschwerden gegen Bescheide der Vertretungsbehörden gemäß dem 11. Hauptstück des FPG,
3. Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG, 4. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes und 5. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesministers für Inneres in Verfahren gemäß §§ 3 Abs. 2 Z 1 bis 6 und 4 Abs. 1 Z 1 und 2.
Gemäß Abs. 2 leg. cit. hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision oder der Verfassungs-gerichtshof einer Beschwerde gegen ein Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes gemäß Abs. 1 stattgegeben hat.
Gemäß §22a Abs. 2 BFA-VG hat der Fremde das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn 1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist, 2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder 3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.
Das Bundesverwaltungsgericht ist sohin für die Entscheidung in der gegenständlichen Beschwerde zuständig.
2.3.2. Zu Spruchpunkt A) I. - Rechtmäßigkeit der Festnahme und Anhaltung:
Gemäß dem mit Festnahmeauftrag betitelten § 34 BFA-VG kann ein Festnahmeauftrag gegen einen Fremden auch dann erlassen werden, wenn gegen ihn ein Auftrag zur Abschiebung (§ 46 FPG) erlassen werden soll (Abs. 3 Z 3 leg cit.). Gemäß Abs. 5 leg cit. ergeht der Festnahmeauftrag in Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehlsgewalt; er ist aktenkundig zu machen. Die Anhaltung aufgrund eines Festnahmeauftrags darf 72 Stunden nicht übersteigen und ist nach Durchführung der erforderlichen Verfahrenshandlungen zu beenden.
Gemäß § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, einen Fremden zum Zweck der Vorführung für das Bundesamt festzunehmen, wenn gegen ihn ein Festnahmeauftrag nach § 34 BFA-VG besteht.
Der mit „Familienverfahren im Inland“ betitelte § 34 AsylG lautet:
§ 34. (1) Stellt ein Familienangehöriger von
1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;
2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder
3. einem Asylwerber
einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.
(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist und
(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).
(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist;
(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und
4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.
(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.
(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.
(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:
1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;
2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;
3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG).
Der minderjährige (ledige) Zweitbeschwerdeführer ist der Sohn der Erstbeschwerdeführerin, die minderjährige (ledige) Drittbeschwerdeführerin deren Tochter.
Mit Bescheiden des Bundesamtes vom 1.3.2018, Zlen. 655996705-170429837, 1001673109-170429861, 1117411903-170429870, wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz vom 7.4.2017 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG der Antrag der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Kosovo abgewiesen (Spruchpunkt II.), den Beschwerdeführern ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer gemäß § 46 FPG in den Kosovo zulässig ist (Spruchpunkt V.), ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt VI.) und einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz gemäß § 18 Abs. 1 Z. 1 und 6 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.). Das Bundesverwaltungsgericht wies mit Erkenntnis vom 6.9.2019, GZ G313 2000308-3/8E, GZ G313 2122959-2/7E und GZ G313 2131720-2/7E, die dagegen erhobenen Beschwerden als unbegründet ab.
Der durch den Zweitbeschwerdeführer gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 6.9 2019, G313 2122959-2/7E erhobenen außerordentlichen Revision erkannte der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 9.12.2019, Ra 2019/18/0441-5, die aufschiebende Wirkung zu. Die erlassene Rückkehrentscheidung war zum Zeitpunkt der Festnahme und Anhaltung der Familie am 11.3.2020 somit nicht durchsetzbar.
Am 11.3.2020 wurde gegen alle drei Beschwerdeführer ein Festnahmeauftrag gelinderes Mittel (Zinnergasse) gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG – Auftrag zur Abschiebung erlassen. Noch am selben Tag wurden die Beschwerdeführer um 17:30 Uhr festgenommen und bis zur Aufhebung des Festnahmeauftrages angehalten.
Da die gegen den minderjährigen Zweitbeschwerdeführer erlassene Rückkehrentscheidung zum Zeitpunkt der Festnahme und Anhaltung der Familie am 11.3.2020 nicht durchsetzbar war, waren der Festnahmeauftrag zur Erlassung eines Auftrags zur Abschiebung und die darauf basierende Festnahme und Anhaltung schon aus diesem Grund rechtswidrig.
Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass die Erstbeschwerdeführerin unter dem Namen XXXX seit 24.2.2014 durchgehend im Bundesgebiet gemeldet war. Unter diesem Namen waren auch alle Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes erlassen worden und dieser Name war in den Asylverfahren jedenfalls auch aktenkundig. Somit war – obwohl die Beschwerdeführer an einer anderen als ihrer Meldeadresse festgenommen wurden – im Gegensatz zum Vorbringen des Bundesamtes nicht von vorne herein davon auszugehen, dass die Erstbeschwerdeführer und ihre minderjährigen Kinder nicht durch Verwendung eines falschen Namens (bzw. einer anderen Schreibweise) untergetaucht waren bzw. versucht haben unterzutauchen.
2.3.3. Zu Spruchpunkt A) II. - Kostenbegehren:
Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).
Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.
Gemäß Abs. 4 leg. cit. gelten als Aufwendungen gemäß Abs. 1:
1. die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat,
2. die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie
3. die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.
Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat gemäß Abs. 5 leg. cit. den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht.
Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.
Gemäß Abs. 7 leg. cit. ist Aufwandersatz auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.
Die Höhe der im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes – B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, und Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG als Aufwandersatz zu leistenden Pauschalbeträge ist in § 1 der VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV), BGBl. II Nr. 517/2013, wie folgt festgesetzt:
1. Ersatz des Schriftsatzaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 737,60 Euro
2. Ersatz des Verhandlungsaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 922,00 Euro
3. Ersatz des Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 57,40 Euro
4. Ersatz des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 368,80 Euro
5. Ersatz des Verhandlungsaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 461,00 Euro
6. Ersatz des Aufwands, der für den Beschwerdeführer mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 553,20 Euro
7. Ersatz des Aufwands, der für die belangte Behörde mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 276,60 Euro.
Die Beschwerdeführer beantragten jeweils Aufwandsersatz gemäß § 35 VwGVG. Als obsiegenden Parteien war ihnen dieser zuzusprechen.
2.3.4. Zu Spruchpunkt A) III. - Genehmigung des Antrages auf Gewährung der Verfahrenshilfe im Umfang der Eingabegebühr:
Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ist gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG einer Partei Verfahrenshilfe zu bewilligen, soweit dies auf Grund des Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, geboten ist, die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Juristischen Personen ist Verfahrenshilfe sinngemäß mit der Maßgabe zu bewilligen, dass an die Stelle des Bestreitens der Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts das Aufbringen der zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel durch die Partei oder die an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten tritt.
Dadurch wird zum Ausdruck gebracht, dass es sich bei der Regelung der Verfahrenshilfe im VwGVG um eine sogenannte "subsidiäre Bestimmung" handelt: Sie soll nur dann zur Anwendung gelangen, wenn durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, also dann, wenn das sogenannte "Materiengesetz" keine Regelung enthält, deren Gegenstand der Verfahrenshilfe entspricht. Gemäß § 52 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, ist einem Fremden oder Asylwerber im verwaltungsgerichtlichen Verfahren in bestimmten Angelegenheiten von Amts wegen kostenlos ein Rechtsberater zur Seite zu stellen. § 52 BFA-VG entspricht damit den Vorgaben des Art. 47 GRC. Im Anwendungsbereich des BFA-VG gelangt daher die Bestimmung des § 8a VwGVG (überhaupt) nicht zur Anwendung (siehe ErläutRV 1255 BlgNR 25. GP zu § 8a VwGVG).
Das BFA-VG sieht für seinen, das verwaltungsgerichtliche Verfahren betreffenden Anwendungsbereich allerdings keine ausdrückliche Regelung vor, ob oder inwieweit im Rahmen der kostenlosen Rechtsberatung nach § 52 BFA-VG auch eine Befreiung von allfälligen zu entrichtenden Gerichtsgebühren oder anderen bundesgesetzlich geregelten staatlichen Gebühren (§ 64 Abs. 1 Z 1 lit. a ZPO) möglich ist (s. auch VwGH 31.8.2017; Ro 2017/21/0004). Da im vorliegenden Fall eine gesetzliche Gebührenbefreiung nicht besteht, unterliegt die gegenständliche Beschwerde der Verpflichtung zur Entrichtung der Eingabengebühr nach § 14 Tarifpost 6 Abs. 5 Z 1 lit. b Gebührengesetz 1957 in Verbindung mit der BuLVwG-Eingabengebührverordnung, BGBl. II Nr. 387/2014 idgF.
Die gegenständlichen Anträge auf Gewährung der Verfahrenshilfe im Umfang der Befreiung von der Entrichtung der Eingabegebühr finden somit im Ergebnis mangels Regelung im Materiengesetz in § 8a VwGVG iVm. § 64 Abs. 1 Z 1 lit. a ZPO eine geeignete Rechtsgrundlage.
Mit dem vorliegenden Vermögensbekenntnis wurde glaubhaft dargelegt, dass die Erstbeschwerdeführerin nicht über ausreichende finanzielle Mittel verfügt und sie daher außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts für sich und ihre beiden minderjährigen Kinder (den Zweitbeschwerdeführer und die Drittbeschwerdeführerin) zu bestreiten.
Der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass das dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegte Vermögensbekenntnis zwar ursprünglich für ein anderes Verfahren angelegt war, aus den gegenständlichen Beschwerden jedoch eindeutig hervorgeht, dass auf dessen Basis die Bewilligung der Verfahrenshilfe für die gegenständliche Rechtssache begehrt wird (vgl. § 8a Abs. 5 VwGVG).
Es war daher gemäß § 8a VwGVG iVm § 64 Abs. 1 Z 1 lit. a ZPO den Anträgen stattzugeben und die Verfahrenshilfe im Umfang der Befreiung von der Entrichtung der Eingabegebühr zu bewilligen.
2.3.5. Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.
2.3.6 Zu Spruchpunkt B):
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
Wie der oben dargelegten rechtlichen Beurteilung zu Spruchpunkt A) zu entnehmen ist, warf die Tatsachenlastigkeit des gegenständlichen Falles keine Auslegungsprobleme der anzuwendenden Normen auf, schon gar nicht waren - vor dem Hintergrund der bereits bestehenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher nicht zuzulassen.
Schlagworte
Anhaltung aufschiebende Wirkung Befehls- und Zwangsgewalt Eingabengebühr Familienverfahren Festnahme Festnahmeauftrag Gebührenbefreiung Kostenersatz Maßnahmenbeschwerde Rechtswidrigkeit Rückkehrentscheidung VerfahrenshilfeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W174.2230025.1.00Im RIS seit
05.02.2021Zuletzt aktualisiert am
05.02.2021