Entscheidungsdatum
29.12.2020Norm
ASGG §71Spruch
I410 2235545-1/11E 29.12.2020
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Eva LECHNER, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , XXXX , gegen den Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt, Landesstelle XXXX , vom 10.07.2020, Abteilung / Versicherungsnummer: XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer beantragte mit Schreiben vom 9.5.2020 bei der Pensionsversicherungsanstalt, Landesstelle XXXX (im Folgenden: belangte Behörde) die Ausstellung einer Vollstreckbarkeitsbestätigung für den Bescheid der belangten Behörde vom 6.8.2018, mit dem die belangte Behörde aufgrund eines Urteils des Oberlandesgerichtes XXXX vom 5.6.2018, Zl. XXXX (zwischenzeitig bestätigt durch Beschluss des Obersten Gerichtshofes zu XXXX vom 23.10.2018), den Anspruch des Klägers auf Invaliditätspension für die Zeit vom 1.4.2014 bis 31.3.2018 anerkannte.
Mit Bescheid vom 10.7.2020 wies die belangte Behörde diesen Antrag gemäß § 410 ASVG iVm §§ 71, 72 ASGG zurück. In der Bescheidbegründung führt die belangte Behörde unter Verweis auf Verfahren am Landesgericht XXXX als Arbeits- und Sozialgericht zu GZ XXXX und GZ XXXX aus, dass der Beschwerdeführer gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 6.8.2018 zwei Klagen eingebracht habe, mit denen unter anderem die Aufhebung dieses Bescheides begehrt worden sei. Da der gesamte Bescheidinhalt angefochten worden sei, sei der Bescheid gemäß § 71 Abs. 1 ASGG zur Gänze außer Kraft getreten. Die Klage zu GZ XXXX sei zurückgewiesen, die Klage zu GZ XXXX sei zurückgezogen worden. Es entspräche dem Institut der sukzessiven Kompetenz, dass der durch die Klage außer Kraft getretene Bescheid des Versicherungsträgers auch im Falle der Zurücknahme der Klage nicht wieder in Kraft trete (§ 72 ASGG). Dies bedeute, dass der Bescheid des Versicherungsträgers, der durch die Erhebung der Klage außer Kraft getreten sei, im Falle der späteren Zurücknahme der Klage nicht etwa wiederauflebe. Eine Vollstreckbarkeitsbestätigung für einen außer Kraft getretenen Bescheid sei nicht möglich.
Mit Schriftsatz vom 13.8.2020 erhob der Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 10.7.2020 und beantragte, „das Bundesverwaltungsgericht möge die Aufhebung des Bescheides vom 10.07.2020 anordnen und stattdessen die Ausstellung einer Vollstreckbarkeitsbestätigung für den Bescheid vom 06.08.2018 (durch die Pensionsversicherungsanstalt, Landesstelle XXXX ) verfügen“. Begründend führt der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass er nur eine Klage gegen den Bescheid vom 6.8.2018 eingebracht habe. Diese betreffe das Verfahren zur GZ XXXX . Ein Verfahren am Landesgericht XXXX als Arbeits- und Sozialgericht zur GZ XXXX sei ihm unbekannt, er habe eine diesbezügliche Klage weder erhoben noch zurückgezogen. Darüber hinaus habe er in seiner Klage zu GZ XXXX zwar ursprünglich die Aufhebung des Bescheides vom 6.8.2018 gefordert, das Klagebegehren auf die unrechtmäßige Verwendung des zugesprochenen Pensions-Nachzahlungsbetrages verbessert und entsprechend eingeschränkt. Die gerichtliche Zurückweisung einer Klage beschränke sich gemäß den Bestimmungen des § 71 Abs. 1 ASGG auf das Außerkrafttreten des Bescheides lediglich im Umfang des Klagebegehrens und nicht in vollem Umfang des Bescheides. Der beklagte Bescheid sei mit dem Eintreten der Rechtskraft der gerichtlichen Zurückweisung der Klage wieder in seiner ursprünglichen Form eingesetzt worden. Der der Klage zu GZ XXXX zugrunde liegende Bescheid vom 6.8.2018 werde damit wieder existent und entfalte weiterhin seine Wirkung. Sein Antrag auf Ausstellung einer Vollstreckbarkeitsbestätigung für den Bescheid vom 6.8.2018 beziehe sich somit auf einen mit Rechtskraft ausgestatteten Bescheid.
Die Bescheidbeschwerde legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht, ho. einlangend am 29.9.2020, samt Stellungnahme und bezughabenden Verwaltungsakt zur Entscheidung vor.
Über Aufforderung des Bundesverwaltungsgerichts übermittelt der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 9.10.2020, ho. einlangend am 13.10.2020, eine Rechnung des Postamtes XXXX vom 13.08.2020 über die Aufgabe des Beschwerdeschriftsatzes mittels Eischreiben.
Mit Eingaben vom 29.10.2020 und 8.11.2020 erstattete der Beschwerdeführer weitere Äußerungen.
Mit Eingabe vom 4.11.2020 erstattete die belangte Behörde eine weitere Äußerung mit der sie ua. ihr Antwortschreiben zum Scheiben des Beschwerdeführers vom 28.10.2020 übermittelte.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der oben dargestellte Verfahrensgang wird festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:
Der Beschwerdeführer erhielt den bekämpften Bescheid vom 10.7.2020 am 17.07.2020 mit der Post und gab die gegenständliche Beschwerde am 13.08.2020 bei der Post auf.
Mit Urteil des Oberlandesgerichtes XXXX vom 5.6.2018 zu XXXX (zwischenzeitig bestätigt durch Beschluss des Obersten Gerichtshofes zu XXXX vom 23.10.2018) wurde der Anspruch des Klägers auf Invaliditätspension für die Zeit vom 1.4.2014 bis 31.3.2018 zuerkannt. Der belangten Behörde wurde zugleich auch aufgetragen, dem Beschwerdeführer vom 1.4.2014 bis 1.4.2018 bis zur Erlassung des die Höhe der Leistung festsetzenden Bescheides binnen 14 Tagen eine vorläufige Zahlung von 200,- Euro monatlich zu erbringen.
Mit Bescheid vom 6.8.2018 entsprach die belangte Behörde dem Urteil des Oberlandesgerichtes XXXX vom 5.6.2018 und erkannte den Anspruch des Beschwerdeführers auf Invaliditätspension für die Zeit vom 1.4.2014 bis 31.3.2018 an. Als Beilage zu diesem Bescheid wurde eine „Information für Leistungsbezieher/innen“ übermittelt. Darin war eine Information über die Anweisung enthalten, die lautete wie folgt: „Die Nachzahlung für die Zeit vom 1. April 2014 bis 31. Mai 2018 beträgt EUR 56813,88 abzüglich Krankenversicherungsbeitrag EUR 2897,52 Lohnsteuer EUR 1458,67 abzüglich des zur Verrechnung einbehaltenen Betrages EUR 52457,69 Es verbleibt kein Nachzahlungsbetrag. Über die Verwendung des einbehaltenen Betrages erhalten Sie noch eine Verständigung. […]“ Mit Schreiben vom 30.8.2018 informierte die belangte Behörde den Beschwerdeführer darüber, dass mit Bescheid vom 6.8.2018 Ersatzforderungen in Höhe von 52.457,69 Euro einbehalten worden seien. Davon seien 4.290,23 Euro an das Arbeitsmarktservice XXXX und 32.743,88 Euro an die Bezirkshauptmannschaft XXXX überwiesen worden. Abzüglich der vom Gericht festgesetzten Vorschusszahlung in Höhe von 9.600,- Euro werde der verbleibende Betrag von 5.823,58 Euro dem Beschwerdeführer überwiesen.
Am 31.10.2018 brachte der Beschwerdeführer im Weg seiner Rechtsvertretung beim Bezirksgericht XXXX eine Klage ein (dort protokolliert zu GZ XXXX ) und beantragte, den Bescheid der belangten Behörde vom 6.8.2018 aufzuheben, die belangte Behörde zu verpflichten, die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes abzuwarten, oder dem Beschwerdeführer von Amts wegen eine unbefristete Invaliditätspension ab 1.4.2014 zuzusprechen, die zu Lasten des Beschwerdeführers ausbezahlten Ersatzforderungen zurückzufordern und an den, durch das Urteil des Oberlandesgerichts Begünstigten zu erstatten sowie der belangten Behörde die Prozesskosten aufzuerlegen. Zur Begründung brachte der Beschwerdeführer zusammengefasst zum einen vor, dass sich der bekämpfte Bescheid vom 6.8.2018 auf das Urteil des OLG XXXX , beziehe. Gegen dieses Urteil sei allerdings noch eine außerordentliche Revision anhängig, mit der die Befristung der Invaliditätspension bekämpft werde. Die belangte Behörde hätte daher die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vor Erlassung des Bescheides vom 6.8.2018 abwarten müssen. Zweck der Klage sei es, zu verhindern, dass der Bescheid vom 6.8.2018 Rechtskraft erlangen könne, bevor der Oberste Gerichtshof entschieden habe. Zum anderen werde die rechtmäßige Verwendung der zugesprochenen Nachzahlung bestritten, da das OLG Innsbruck eine Nachzahlung an den Beschwerdeführer ausgesprochen habe. Er habe die belangte Behörde zu keiner Zeit dazu ermächtigt, über den ihm zugesprochenen Nachzahlungsbetrag zu verfügen und damit Ersatzforderungen abzugelten. Von der belangten Behörde sei die Nachzahlung, zumindest teilweise dazu verwendet worden, (angebliche) Forderungen Dritter direkt abzugelten. Diese Klage wurde in weiterer Folge vom sachlich unzuständigen BG XXXX mit Verfügung vom 5.11.2018 dem sachlich und örtlich zuständigen Landesgericht XXXX als Arbeits- und Sozialgericht überwiesen und dort am 12.11.2018 zu XXXX protokolliert. Mit Eingabe vom 30.11.2018 an das Landesgericht Feldkirch zu XXXX zog der Beschwerdeführer im Wege seiner Rechtsvertretung die Klage zu XXXX vom 31.10.2018 zurück. Mit Beschluss des Landesgerichts XXXX als Arbeits- und Sozialgericht vom 30.11.2018, XXXX , wurde die Klagszurückziehung zur Kenntnis genommen.
Am 7.11.2018 brachte der Beschwerdeführer im Wege seiner Rechtsvertretung beim Landesgericht XXXX Klage gegen den Bescheid vom 6.8.2018 der belangten Behörde ein, und beantragte diesen Bescheid aufzuheben und in eventu dem Beschwerdeführer eine unbefristete Invaliditätspension ab 1.4.2014 zuzusprechen sowie der belangten Behörde die Prozesskosten aufzuerlegen. Im Wesentlichen brachte der Beschwerdeführer vor, dass sich der bekämpfte Bescheid vom 6.8.2018 auf das Urteil des OLG XXXX , beziehe. Gegen dieses Urteil sei allerdings noch eine außerordentliche Revision anhängig, mit der die Befristung der Invaliditätspension bekämpft werde. Die belangte Behörde hätte daher die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vor Erlassung des Bescheides vom 6.8.2018 abwarten müssen. Zweck der Klage sei es, zu verhindern, dass der Bescheid vom 6.8.2018 Rechtskraft erlangen könne, bevor der Oberste Gerichtshof entschieden habe. Weiters bestritt der Kläger die rechtmäßige Verwendung der zugesprochenen Nachzahlung, weil das OLG XXXX eine Nachzahlung an ihn ausgesprochen habe. Er habe die belangte Behörde zu keiner Zeit dazu ermächtigt, über den ihm zugesprochenen Nachzahlungsbetrag zu verfügen und damit Ersatzforderungen abzugelten. Von der belangten Behörde sei die Nachzahlung, zumindest teilweise dazu verwendet worden, (angebliche) Forderungen Dritter direkt abzugelten. Die Rechtmäßigkeit dieser Vorgehensweise, die sich auf den klagsgegenständlichen Bescheid vom 6.8.2018 stütze, werde bestritten. Mit Schreiben vom 13.12.2018 schränkte der Beschwerdeführer „im Hinblick auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes“ seine Klage zu XXXX dahingehend ein, dass das Begehren auf Abänderung des Bescheides vom 6.8.2018 dahingehend laute, dass ihm die gerichtlich zugesprochenen Nachzahlungen für den Zeitraum vom 1.4.2014 bis 31.3.2018 in vollem Umfang zu erstatten und der Abzug von Ersatzforderungen Dritter (im konkreten von der Bezirkshauptmannschaft XXXX und vom Arbeitsmarktservice XXXX ) nicht zulässig seien.
Das Landesgericht Feldkirch als Arbeits- und Sozialgericht wies diese Klage mit Beschluss vom 21.2.2019, GZ XXXX , wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurück und begründete dies mit dem Fehlen eines Bescheides, da die Hinweise über die Nachzahlung in Form einer dem Bescheid vom 6.8.2018 beigeschlossenen Verständigung ergingen, die keinen Bescheidcharakter aufweise. Weiters begründete das Landesgericht XXXX seine Entscheidung damit, der Beschwerdeführer habe durch seine Klage begehrt, ihm die zugesprochenen Nachzahlungen in vollem Umfang zu erstatten. Die Überprüfung der Auszahlung von Ersatzforderungen an das Arbeitsmarktservice und die Bezirkshauptmannschaft XXXX stelle jedoch keine Leistungssache bzw. Sozialrechtssache dar. Der dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Rekurs wurde mit Beschluss das Landesgerichts XXXX als Arbeits- und Sozialgericht vom 4.6.2019, GZ XXXX , zurückgewiesen.
In weiterer Folge erkannte die belangte Behörde mit Bescheid vom 17.6.2019, VSNR: XXXX , den Anspruch des Beschwerdeführers auf Invaliditätspension für die Zeit vom 1.4.2014 bis 31.3.2018 erneut an; eine dagegen an das Bundesverwaltungsgericht erhobene Beschwerde wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 3.2.2020, GZ I422 2223755-1/5E, als unzulässig zurückgewiesen. Mit Bescheid ebenfalls vom 17.6.2019 , VSNR: XXXX , sprach die belangte Behörde zudem aus, dass sie zur Deckung der Vorschussleistung (Notstandshilfe) für die Zeit vom 01.04.2014 bis 24.04.2014 und vom 02.06.2014 bis 22.10.2014 der Betrag in der Höhe von 4.290,23 Euro abziehen und an das Arbeitsmarktservice XXXX sowie zur Deckung des Ersatzanspruches (Mindestsicherung) für die Zeit vom 12.10.2015 bis 31.03.2018 der Betrag in der Höhe von 32.743,88 Euro abziehen und an den Träger der Sozialhilfe - der Bezirkshauptmannschaft XXXX - überweisen wird; eine dagegen an das Bundesverwaltungsgericht erhobene Beschwerde wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 3.2.2020, GZ I422 2223756-1/2E, ebenfalls als unzulässig zurückgewiesen.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang sowie die getroffenen Feststellungen ergeben sich unzweifelhaft aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und dem Gerichtsakt, durch Einsichtnahme in den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 3.2.2020, I422 2223756-1/2E, sowie aus dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Gerichtsakt des LG XXXX zu XXXX .
Eine Kopie des gegenständlich bekämpften Bescheides vom 10.7.2020 liegt im vorgelegten Verwaltungsakt ein.
Dass der Beschwerdeführer den bekämpften Bescheid vom 10.7.2020 am 17.7.2020 mit der Post erhalten hat, ergibt sich aus seinen plausiblen Angaben im Beschwerdeschriftsatz, denen die belangte Behörde nicht entgegengetreten ist. Dass der Beschwerdeführer die gegenständliche Beschwerde am 13.8.2020 bei der Post aufgegeben hat, ergibt sich ebenfalls aus seinen nachvollziehbaren Angaben sowie der Vorlage einer Rechnung der Österreichischen Post AG über die Aufgabe einer Briefsendung per Einschreiben, auf dem als Empfänger „PV- XXXX Beschwerde für BVwG“ handschriftlich ergänzt wurde.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts
3.1.1. Zum Vorliegen einer Verwaltungssache im Sinn des § 355 ASVG
Gemäß § 414 Abs. 1 ASVG kann gegen Bescheide der Versicherungsträger oder des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz oder des Bundesministers für Gesundheit in Verwaltungssachen (zur Qualifikation der in Rede stehenden Rechtssache als Verwaltungssache siehe gleich im Folgenden) und wegen Verletzung ihrer (seiner) Entscheidungspflicht in Verwaltungssachen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden.
§ 355 ASVG enthält im Rahmen einer Generalklausel eine Definition des Begriffs Verwaltungssache. Gemäß dieser Bestimmung gehören alle nicht gemäß § 354 als Leistungssachen geltenden Angelegenheiten, für die nach § 352 die Bestimmungen dieses Teiles gelten, zu den Verwaltungssachen. Insbesondere gehören zu den Verwaltungssachen die
1. Feststellung der Versicherungspflicht, der Versicherungsberechtigung sowie des Beginnes und Endes der Versicherung,
2. Feststellung der Versicherungszugehörigkeit und -zuständigkeit, in der Pensionsversicherung auch der Leistungszugehörigkeit und -zuständigkeit,
3. Angelegenheiten der Beiträge der Versicherten und ihrer Dienstgeber, einschließlich der Beitragszuschläge nach § 113,
4. Angelegenheiten der Überweisungen in der Pensionsversicherung bei der Aufnahme in ein pensionsversicherungsfreies Dienstverhältnis oder beim Ausscheiden aus einem solchen,
5. Streitigkeiten zwischen den Versicherungsträgern bzw. den Versicherungsträgern und dem Dachverband aus der Durchführung dieses Bundesgesetzes, insbesondere solche gemäß Abschnitt I des Fünften Teiles.
Demgegenüber enthält § 354 ASVG eine taxative Aufzählung der Leistungssachen. Gemäß dieser Bestimmung sind Leistungssachen jene Angelegenheiten, in denen es sich handelt um
1. die Feststellung des Bestandes, des Umfanges oder des Ruhens eines Anspruches auf eine Versicherungsleistung einschließlich einer Feststellung nach § 367 Abs. 1, soweit nicht hiebei die Versicherungszugehörigkeit (§§ 13 bis 15), die Versicherungszuständigkeit (§§ 26 bis 29a), die Leistungszugehörigkeit (§ 245) oder die Leistungszuständigkeit (§ 246) in Frage steht;
2. Feststellung der Verpflichtung zum Rückersatz einer zu Unrecht empfangenen Versicherungsleistung,
3. Streitigkeiten über Ersatzansprüche der Träger der Sozialhilfe gemäß Abschnitt II des Fünften Teiles;
4. Feststellung von Versicherungs- und Schwerarbeitszeiten außerhalb des Leistungsfeststellungsverfahrens auf Antrag des Versicherten (§ 247),
4a. die Feststellung der Invalidität (§§ 255a, 280a) oder der Berufsunfähigkeit (§ 273a),
5. die Feststellung der Kontoerstgutschrift sowie einer Ergänzungsgutschrift oder eines Nachtragsabzuges (§ 15 APG),
6. die Feststellung des Rechtsanspruches auf berufliche Maßnahmen der Rehabilitation nach § 253e (§ 270a, § 276e).
Nur gegen Bescheide in Leistungssachen ist in sukzessiver Kompetenz der Arbeits- und Sozialgerichte der Rechtsweg zulässig (§ 65 ASGG).
Vorliegend geht es um die Zurückweisung eines Antrags des Beschwerdeführers auf Ausstellung einer Vollstreckbarkeitsbestätigung für einen vom Versicherungsträger diesem gegenüber erlassenen Leistungsbescheid.
Die Vollstreckbarkeitsbestätigung ist eine Beurkundung, kein Bescheid. Bei der bescheidmäßigen Zurückweisung der beantragten Ausstellung einer Vollstreckbarkeitsbestätigung handelt es sich – wie etwa auch bei der Entscheidung über die Zulässigkeit der Erteilung der Vollstreckbarkeitsbestätigung bzw. einen Antrag auf Aufhebung einer Vollstreckbarkeitsbestätigung durch die Titelbehörde (vgl. mwN nur Thienel/Zeleny, Verwaltungsverfahren20 [2017] 326, und Larcher, Vollstreckung im Verwaltungsrecht [2009] Rz. 180 und 186) – um einen verfahrensrechtlichen Bescheid.
Schon daraus folgt, dass es sich dabei nicht um eine Leistungssache handeln kann, weil lediglich die Feststellung des Bestands bzw. des Umfangs eines Anspruches auf eine Versicherungsleistung als solche qualifiziert wird (siehe § 354 Abs. 1 Z 1 ASVG), nicht jedoch darauf Bezug habende oder begleitende bescheidmäßige Erledigungen, insbesondere solche verfahrensrechtlicher Natur. So sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs bzw. des Obersten Gerichtshofs etwa die Zurückweisung eines Leistungsantrags wegen entschiedener Sache (zB OGH 10 ObS 17/15w), die Beurteilung der Zulässigkeit von Anträgen in Leistungssachen oder von Wiedereinsetzungs- und Wiederaufnahmeanträgen, die Berichtigung eines Leistungsbescheids oder die Aussetzung eines Verfahrens in einer Leistungssache (mwN nur VwSlg 15.179 A/2001) nicht als Leistungssache, sondern als Verwaltungssache zu qualifizieren (vgl. dazu auch Kneihs, in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV Komm § 355 ASVG [Stand 1.12.2020, rdb.at], Rz. 2f). Gleiches gilt für die Überprüfung der Auszahlung einer zuerkannten Leistung (siehe dazu die in der vorliegenden Rechtssache im Urteil des Landesgerichts XXXX zu XXXX zitierte höchstgerichtliche Judikatur). Schließlich wird auch die Bekämpfung verfahrensrechtlicher Bescheide der Versicherungsträger in Leistungssachen nicht als Leistungs- bzw. Sozialrechtssache, sondern als Verwaltungssache qualifiziert (eingehend dazu Fink, Die sukzessive Zuständigkeit im Verfahren in Sozialrechtssachen [1995] 188ff, insb. 202).
Vor diesem Hintergrund ist gegenständlich vom Vorliegen einer Verwaltungssache auszugehen, zumal auch keine Legalausnahme nach § 352 ASVG vorliegt und der hier gegenständliche verfahrensrechtliche Bescheid die Frage der Vollstreckbarkeit eines vom Versicherungsträger erlassenen Leistungsbescheids betrifft, sodass es sich nach Auffassung des erkennenden Gerichts (noch) um ein Verfahren zur Durchführung der Bestimmungen des ASVG im Sinn des § 352 ASVG handelt, für das – mit den im siebenten Teil des ASVG geregelten Abweichungen – grundsätzlich das AVG gilt (dazu nur Kneihs, in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV Komm § 352 ASVG [Stand 1.12.2020, rdb.at],Rz. 1 und 7).
Selbst wenn man aber die bescheidmäßige Erledigung eines Versicherungsträgers über einen Antrag auf Ausstellung einer Vollstreckbarkeitsbestätigung für einen von diesem erlassenen Leistungsbescheid weder als Leistungs- noch als Verwaltungssache qualifizieren möchte, weil man sie – auf der Grundlage einer isolierten Betrachtung als eine Exekutionssache – nicht im Sinn des § 352 ASVG der Durchführung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes dienend qualifizieren möchte, folgt daraus nicht die Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts. Denn diesfalls liegt nach der Rechtsprechung des Verwltungsgerichtshofes wegen der Art der Entscheidung (Erlassung eines verfahrensrechtlichen Bescheids) ebenfalls eine Verwaltungssache im Sinn des § 355 ASVG vor (VwGH 21.12.1993, 92/08/0200).
Das Bundesverwaltungsgericht ist daher zuständig.
3.1.2. Zur Einzelrichterzuständigkeit
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Nach Abs. 2 erster Satz leg. cit. entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag einer Partei durch einen Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.
Zu A)
3.2. Zur Abweisung der Beschwerde
Der belangten Behörde ist nach Ansicht des erkennenden Gerichts nicht entgegenzutreten, wenn sie im Hinblick auf den Bescheid vom 6.8.2018, dessen Bestätigung der Vollstreckbarkeit der Beschwerdeführer begehrt, von dessen Außerkrafttreten gemäß § 71 Abs. 1 ASGG ausgeht.
§ 71 Abs. 1 ASGG bestimmt, dass – wenn in einer Leistungssache die Klage rechtzeitig erhoben wird – der Bescheid im Umfang des Klagebegehrens außer Kraft tritt.
Sowohl die zunächst beim BG XXXX erhobene und dann an das LG XXXX überwiesene Klage vom 31.10.2018 als auch die direkt beim LG XXXX am 7.11.2010 eingebachte Klage begehren zu Pkt. 1. des Klagebegehrens die Aufhebung des Bescheids vom 6.8.2018.
Dieser ist dadurch zur Gänze außer Kraft getreten, zumal er auch zur Gänze angefochten wurde und ein Trenn- oder Teilbarkeit des Bescheids von vornherein nicht in Betracht kommt (vgl. dazu nur mwN Neumayr, § 71 ASGG, Zeller Kommentar³ [2018] Rz. 2). Soweit der Inhalt eines Bescheids eine Einheit bildet, wird er vom Klagebegehren erfasst und tritt daher außer Kraft (OGH 8.9.1987 SZ 60/165 = SSF-NF 1/18).
Daran ändert weder die Zurücknahme der Klage zu XXXX noch – nach Einschränkung des Klagebegehrens – die Zurückweisung der Klage zu XXXX etwas. Denn gemäß § 72 Z 1 ASGG tritt der durch die Klage außer Kraft getretene Bescheid durch die Zurücknahme der Klage nicht wieder in Kraft. Dies gilt auch für Klageeinschränkungen, die als teilweise Klagezurücknahmen anzusehen sind (vgl. mwN Neumayr, § 72 ASGG, Zeller Kommentar³ [2018] Rz. 1).
Da der Bescheid vom 6.8.2018 somit außer Kraft getreten und nicht mehr existent ist, kann seine Vollstreckbarkeit voraussetzungsgemäß auch nicht bestätigt werden. In der bescheidmäßigen Zurückweisung des darauf gerichteten Antrags des Beschwerdeführers vermag das erkennende Gericht daher keine Rechtswidrigkeit zu erblicken.
Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Außerkrafttreten Vollstreckbarkeitsbestätigung ZuständigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:I410.2235545.1.00Im RIS seit
14.01.2021Zuletzt aktualisiert am
14.01.2021