Entscheidungsdatum
02.07.2020Norm
AVG §53bSpruch
W181 2230061-1/ 3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald Perl als Einzelrichter über den auf der Honorarnote vom 13.11.2019 basierenden gebührenrechtlichen Antrag des Dolmetschers XXXX , dem die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung vom 30.10.2019, in dem Verfahren XXXX zu Grunde liegt, beschlossen:
A)
I. Die gebührenrechtlichen Ansprüche werden gemäß § 17 VwGVG iVm § 53b AVG iVm § 39 Abs. 1 GebAG iVm § 53 Abs. 1 Gebührenanspruchsgesetz mit
€ 209,80 (inkl. USt.)
bestimmt.
II. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Schriftsatz vom 28.10.2019, XXXX , beraumte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung für den 30.10.2019 an, zu welcher der Antragsteller als Dolmetscher geladen wurde. Darin wurde der Antragsteller unter anderem darauf hingewiesen, dass er seinen Gebührenanspruch innerhalb von 14 Tagen nach Abschluss seiner Tätigkeit bei sonstigem Verlust unter Aufgliederung der einzelnen Gebührenbestandteile beim Bundesverwaltungsgericht geltend machen könne.
2. In der Folge fand am 30.10.2019 die öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, im Rahmen derer der Antragsteller als Dolmetscher fungierte.
3. Am 13.11.2019 brachte der Antragsteller den gegenständlichen Antrag auf Gebühren gemäß § 53 Abs. 1 GebAG betreffend seine Teilnahme als Dolmetscher an der mündlichen Verhandlung vom 30.10.2019 ein. Der Antragsteller verwies in einer Anmerkung in der Gebührennote dabei auf die Seite 13 der Niederschrift der mündlichen Verhandlung,
XXXX , und verzeichnete sich Gebühren für die Übersetzung eines in der Verhandlung angefertigten Schriftstückes.
4. Das Bundesverwaltungsgericht hielt dem Antragsteller sodann mit Schreiben vom 27.04.2020 mit der Möglichkeit zur Stellungnahme binnen 14 Tagen vor, dass die in der gegenständlichen Honorarnote beantragte Gebühr in der Höhe von € 58,70 für die Übersetzung eines Schriftstücks (7.724 Zeichen) nicht zustehe, da der Niederschrift der mündlichen Verhandlung keine erfolgte Übersetzung eines in der gerichtlichen Verhandlung angefertigten Schriftstückes entnommen werden könne. Im vorliegenden Fall handle es sich vielmehr um ein dem Antragsteller für die Übersetzung der mündlichen Verkündung zur Hilfestellung überreichtes Dokument, welches lediglich als konzeptiver Text anzusehen sei und das ausschließlich der Unterstützung des Dolmetschers bzw. der Erleichterung der Dolmetschtätigkeit dienen sollte.
5. Das Schreiben wurde vom Antragsteller nachweislich am 30.04.2020 in einer Geschäftsstelle der Post behoben.
6. In der Folge langte keine weitere Stellungnahme ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Es wird von dem unter Punkt I. dargelegten Sachverhalt ausgegangen, aus dem hervorgeht, dass der Antragsteller im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, XXXX , am 30.10.2019 als Dolmetscher fungierte und dabei auch die mündliche Verkündung der Entscheidung übersetzte. Für diese Übersetzungstätigkeit begehrte der Antragsteller die Zuerkennung von Kosten nach den Bestimmungen des GebAG laut der von ihm gelegten Gebührennote, welche am 13.11.2019 beim Bundesverwaltungsgericht einlangte.
2. Beweiswürdigung:
Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt ergibt sich aus einer Abfrage der elektronischen Verfahrensadministration des Bundesverwaltungsgerichtes zu dem Verfahren
XXXX , dem Gebührenantrag vom 13.11.2019, dem Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.04.2020 sowie dem Akteninhalt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG, die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 53b AVG haben nichtamtliche Dolmetscherinnen und Dolmetscher für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren, die durch Verordnung der Bundesregierung in Pauschalbeträgen (nach Tarifen) festzusetzen sind. Soweit keine solchen Pauschalbeträge (Tarife) festgesetzt sind, sind auf den Umfang der Gebühr die §§ 24 bis 34, 36 und 37 Abs. 2 GebAG mit den in § 53 Abs. 1 GebAG genannten Besonderheiten und § 54 GebAG sinngemäß anzuwenden. Die Gebühr ist gemäß § 38 GebAG bei der Behörde geltend zu machen, die den Sachverständigen (hier: Dolmetscher) herangezogen hat.
Zu A)
Zu der beantragten Gebühr für die Übersetzung von in der gerichtlichen Verhandlung angefertigten Schriftstücken (§ 54 Abs. 1 Z 4 zweiter Halbsatz GebAG):
Gemäß § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG beträgt die Gebühr der Dolmetscherinnen und Dolmetscher für jede während einer Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung übersetzte Seite eines Schriftstücks die Hälfte der Gebühr für die Übersetzung eines Schriftstücks. Die Gebühr der Dolmetscherinnen und Dolmetscher bei schriftlicher Übersetzung für je 1 000 Schriftzeichen (ohne Leerzeichen) beträgt gemäß § 54 Abs. 1 Z 1 lit. a GebAG € 15,20, weshalb die Gebühr für jede während einer Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung übersetzte Seite eines Schriftstücks für je 1 000 Schriftzeichen € 7,60 ausmacht.
In der Gebührennote vom 13.11.2019 beantragte der Antragsteller für die Übersetzung eines Schriftstücks die Zuerkennung einer Gebühr in Höhe von € 58,70 für 7.724 Zeichen (€ 7,60 pro 1000 Schriftzeichen) und verwies dabei auf Seite 13 der Niederschrift der mündlichen Verhandlung, XXXX .
Der Leiter der Gerichtsabteilung XXXX hielt in der diesbezüglichen Niederschrift, XXXX , folgendes fest: „Nach mündlicher Verkündung des Erkenntnisses wird dem Dolmetscher der vollständige Text des Erkenntnisses samt Rechtsmittelbelehrung mit dem Auftrag übergeben, den gesamten Text wörtlich anhand des schriftlich vorliegende[n] Erkenntnisses in die englische Sprache zu übersetzen. Der vom Dolmetscher übersetzte Text des schriftlichen Erkenntnisses samt Rechtsmittelbelehrung umfasst 7724 Anschläge ohne Leerzeichen und sind diese gesondert zu verrechnen.“
Ermittlungen des Bundesverwaltungsgerichts haben ergeben, dass sich aus der Niederschrift der mündlichen Verhandlung, XXXX , keine Übersetzung eines schriftlichen Dokuments ergibt, sondern es lediglich zu einer Übersetzung des mündlich verkündeten Erkenntnisses gekommen ist.
Im gegenständlichen Fall wurde dem Antragsteller vom Leiter der Gerichtsabteilung XXXX für die Übersetzung der mündlichen Verkündung zur Hilfestellung ein Dokument überreicht. Dieses Dokument ist als konzeptiver Text anzusehen, welches ausschließlich der Unterstützung des Dolmetschers bzw. der Erleichterung der Dolmetschtätigkeit dienen soll. Wesentlich für die Dolmetschtätigkeit – und damit auch in weiterer Folge für die Geltendmachung des Gebührenanspruchs – kann dabei jedoch immer nur das in der Verhandlung gesprochene Wort sein. Andernfalls würde die Verhandlung konterkariert werden, da es dem Richter bzw. der Richterin sonst nicht möglich wäre, von der an den Dolmetscher ausgehändigten konzeptiven Vorlage abzuweichen bzw. Veränderungen vorzunehmen. Da jedoch immer das gesprochene Wort gilt bzw. zu übersetzen ist, würde es sich selbst im Falle einer ausgehändigten schriftlichen Hilfestellung nicht um ein Schriftstück im Sinne des GebAG sondern lediglich um einen konzeptiven Text handeln.
Mangels Vorliegens eines schriftlichen Dokuments ist die beantragte Übersetzung eines Schriftstücks gemäß § 54 Abs. 1 Z 4 erster Halbsatz GebAG somit nicht zu vergüten.
Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich folgende Gebührenberechnung im gegenständlichen Verfahren:
Entschädigung Zeitversäumnis § 32 bzw. § 33 GebAG
€
2 begonnene Stunde(n) á € 22,70
45,40
Begonnene Stunde(n) über 30 km á € 28,20
Reisekosten §§27, 28 GebAG
25 km á € 0,42
10,50
Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln (Preis Fahrkarte)
Mühewaltung § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG
Für die erste halbe Stunde € 24,50
24,50
Für weitere 6 halbe Stunde(n) á € 12,40
74,40
Für die Übersetzung des im Rahmen derselben Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung angefertigten gesamten Schriftstücks höchstens € 20,00
20,00
Zwischensumme
174,80
20 % Umsatzsteuer
34,96
Gesamtsumme
209,76
Gesamtsumme aufgerundet auf volle 10 Cent
209,80
Die Gebühr des Antragstellers war daher mit € 209,80 zu bestimmen. Das Mehrbegehren war abzuweisen.
Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Im konkreten Fall liegt (noch) keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vor. Die im gegenständlichen Fall herangezogene gesetzliche Regelung des § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG ist zwar vom Wortlaut eindeutig, es bedarf jedoch auch einer rechtlichen Interpretation ob konzeptive Hilfstexte, welche der Unterstützung der Übersetzung des mündlich verkündeten Erkenntnisses durch den Dolmetscher bzw. die Dolmetscherin dienen, als zu übersetzende Schriftstücke im Sinne des § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG zu qualifizieren sind.
Schlagworte
Dolmetscher Dolmetschergebühren - Neuberechnung Dolmetschgebühren Gebührenanspruch Gebührenbestimmung - Gericht Mehrbegehren mündliche Verkündung Revision zulässig Schriftstück - Übersetzungstätigkeit Teilstattgebung ÜbersetzungstätigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W181.2230061.1.00Im RIS seit
18.12.2020Zuletzt aktualisiert am
18.12.2020