TE Vwgh Erkenntnis 1997/8/28 95/04/0190

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Veröffentlicht am 28.08.1997
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §81 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde

1.) des AP, 2.) der HP, 3.) der EP und 4.) des RB, alle in H und vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 14. Juli 1995, Zl. 310.198/1-III/A/2a/95, betreffend Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei: E-Gesellschaft m.b.H. in H, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in H), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Juni 1994, Zlen. 92/04/0067, 0068, verwiesen.

Im fortgesetzten Verfahren erging der Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 14. Juli 1995, mit dem nun den Berufungen (gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 4. Juli 1991, Zl. 5/02-676/7-1991) "insofern Folge gegeben wurde, als Spruchteil I. des angefochtenen Bescheides auf Seite 3 unten" wie folgt ergänzt wurde:

"Die verfahrensgegenständliche Änderung der Betriebsanlage hat keinen kapazitätserhöhenden Charakter und bedingt auch keine Erhöhung der Zahl der Arbeitsplätze bzw. -kräfte in der Betriebsanlage."

Zur Begründung führte die belangte Behörde - auf das für das Verwaltungsverfahren Wesentliche zusammengefaßt - aus, die mitbeteiligte Partei habe als Präzisierung ihres Genehmigungsansuchens am 21. Februar 1995 ein Telefax übermittelt, aus welchem sich u.a. folgendes ergebe:

"1.

Die mit den Bescheid vom Verwaltungsgerichtshof vom 16.1.1992 zu Zl. 310.198/3-III/3/91 und vom 16.1.1992 zu Zl. 310.198/4-III/3/91 aufgehobenen Änderungen der Betriebsanlage haben - wie in den vorinstanzlichen Stellungnahmen der E-Gesellschaft mbH ausführlich dargelegt - keinen kapazitätserhöhenden Charakter, sondern sollten vielmehr die in sämtlichen Bereichen gegebene angespannte Platzsituation (Bürofläche, Speisesaal, Wareneingang, Parkplätze) entschärfen.

...

4.

Durch den im Jahr 1993 durchgeführten Personalabbau, zufolge der Wirtschaftskrise, hat sich der Personalstand im Standort Werk 1 in H um ca. 10 % verringert. Diese Reduktion dürfte im Jahr 1995 zu einem wesentlichen Anteil wieder aufgeholt werden, eine Erhöhung des ursprünglichen Personalstandes ist allerdings - unabhängig von der beantragten Maßnahme - nicht beabsichtigt und geplant.

..."

Daraufhin habe der gewerbetechnische Sachverständige eine ergänzende gutächtliche Äußerung erstattet:

"Dem Fax der Konsenswerberin vom 21.2.1995 zufolge wird noch einmal zugesichert, daß die Änderungen keinen kapazitätserhöhenden Charakter hätten, da die angespannte Platzsituation (Büros, Speisesaal, Wareneingang) entschärft werden solle. Eine Erhöhung des ursprünglichen Personalstandes (vor der Wirtschaftskrise) sei weder beabsichtigt noch geplant.

Wie vom Sachverständigen der ersten Instanz ausgeführt wurde, steht einer eventuellen Zunahme der Zufahrten von zwei bis drei Lebensmittellieferanten für die Essensproduktion eine Abnahme der Mittagsfahrten von Angestellten durch die bessere Annahme des Mittagstisches gegenüber. SOMIT IST BEI

REALISIERUNG DIESES PROJEKTES KEINE ÄNDERUNG DER

IMMISSIONSSITUATION ZUM SCHLECHTEREN ZU ERWARTEN."

Die belangte Behörde führte - unter Darlegung der Rechtslage - weiters aus, daß sie dem "Mängelauftrag" des Verwaltungsgerichtshofes nachgekommen sei, indem sie die im Telefax erklärte Absicht der Genehmigungswerberin in rechtlich verbindlicher Weise in die Betriebsbeschreibung aufgenommen habe. Die vom Verwaltungsgerichtshof weiters vorgenommene Differenzierung des Kausalverkehrs zwischen Kunden einerseits und Erfüllungsgehilfen (Arbeitnehmer, Lieferanten, etc.) der mitbeteiligten Partei andererseits, sei in die ergänzende gutächtliche Äußerung des gewerbetechnischen Sachverständigen eingeflossen. Trotzdem sei er - unter Zugrundelegung der Präzisierung des Genehmigungsumfanges - zu dem Schluß gelangt, daß bei Realisierung des Projektes keine Änderung der Immissionssituation zum Schlechteren zu erwarten sei. Im übrigen hätten sich bereits die Sachverständigen der Behörde erster Instanz mit dem durch die gegenständliche Änderung ausgelösten innerbetrieblichen Fahrbewegungen auseinandergesetzt und seien zum Schluß gekommen, daß durch die eigene Küche lediglich die Zufahrt von zwei bis drei Lebensmittellieferanten täglich hinzukommen werde, während bei der von der mitbeteiligten Partei angestrebten besseren Annahme des Mittagstisches eine Abnahme der Mittagsfahrten von Bediensteten zu erwarten sei. Ein Gutachten der ärztlichen Amtssachverständigen Dr. R. vom 3. Oktober 1990 sei weder Grundlage der Entscheidung noch befände sich ein solches bei den Verwaltungsakten. Das eine Grundlage der Entscheidung der Behörde erster Instanz bildende Gutachten vom 20. September 1990 hingegen enthalte keinerlei Aussage dahingehend, daß eine "unzumutbare Situation im Einfahrtsbereich" vorliege, wobei noch zu bemerken bleibe, daß die Zumutbarkeit von Immissionen eine Rechtsfrage sei, die der Beurteilung durch die Behörde und nicht durch Sachverständige vorbehalten bliebe. Das Verfahren gemäß § 81 GewO 1994 sei ein antragsbedürftiges Verwaltungsverfahren und richte sich der Genehmigungsumfang nach dem dokumentierten Willen der Berufungswerberin. Wenn - wie im vorliegenden Fall - die Berufungswerberin in einer Ergänzung des Genehmigungsansuchens ausdrücklich ausführe, daß die verfahrensgegenständliche Änderung der Betriebsanlage weder eine Erhöhung der Verarbeitungskapazität noch der Arbeitsplätze bzw. Arbeitnehmer verursache, so sei die Behörde verhalten, diese Aussage in rechtlich präziser Form der Genehmigung zugrunde zu legen und nicht befugt, andere - dem ausdrücklich erklärten Willen der Genehmigungswerberin widersprechende - Annahmen zu treffen. Zu der von den Beschwerdeführern als problematisch beschriebenen Einfahrtssituation sei festzuhalten, daß das vorliegende Projekt keine Zunahme des Pkw- und Lkw-Verkehrs mit sich bringe und daher auch keine Änderungen der Immissionssituation der Nachbarn zu erwarten sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem gesetzlichen Recht verletzt, "daß die beantragte Betriebsanlagenbewilligung nicht erteilt wird, sondern diese Bewilligung versagt wird, weil die einreichgegenständliche Betriebsanlagenerweiterung zu einer weiteren Verschlechterung der bereits derzeit die Zumutbarkeitsgrenze überschreitenden Beeinträchtigungen der Gesundheit oder der Wohn- und Lebensqualität der Beschwerdeführer durch Lärm, Abgase, Gerüche, Staub und Erschütterungen führen würde, sodaß gemäß § 81 Abs. 1 in Verbindung mit § 74 Abs. 2 Z. 1 und Z. 2 sowie § 77 Abs. 1 Gewerbeordnung die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung der beantragten Betriebsanlagengenehmigung nicht gegeben sind".

In Ausführung dieses Beschwerdepunktes tragen die Beschwerdeführer vor, die belangte Behörde habe im wesentlichen nur eine Feststellung der Konsenswerberin in Punkt 1 der Telefaxnachricht vom 21. Februar 1995 übernommen, ohne diese einer kritischen Überprüfung zu unterziehen oder überhaupt eine Prüfung dahingehend vorzunehmen, ob die von der Konsenswerberin beantragte Betriebsanlage nicht von vornherein einen kapazitätserhöhenden Charakter habe und somit diese Absichtserklärung im Widerspruch zum eingereichten Projekt stehe. Die belangte Behörde sei mit der gewählten Vorgangsweise keineswegs dem "Mangelbehebungsauftrag" des Verwaltungsgerichtshofes nachgekommen. Die belangte Behörde habe es wiederum unterlassen, sich mit der grundlegenden rechtlichen Problematik auseinanderzusetzen, welche sich daraus ergebe, daß im gegenständlichen Fall die Erweiterung einer Betriebsanlage geplant sei, welche schon derzeit - ohne Erweiterung - zu Belästigungen durch auf die Nachbarliegenschaft einwirkende Lärmimmissionen führe, die die Zumutbarkeitsgrenze überstiegen. Schon aus den Erfahrungen des täglichen Lebens ergebe sich zwingend, daß ein Erweiterungsbau der gegenständlichen Art auf jeden Fall objektiv geeignet sei, in Zukunft zu einer weiteren Expansion der betrieblichen Tätigkeit und der damit zwangsläufig zusammenhängenden lärmimmissionsauslösenden betrieblichen Vorgänge zu führen. Das exakte Ausmaß der durch das Projekt verursachten zusätzlichen Fahrbewegungen lasse sich aufgrund der Mangelhaftigkeit diesbezüglicher Einreichunterlagen nicht beurteilen. Die belangte Behörde habe es auch unterlassen, diesbezüglich Untersuchungen anzustellen und Sachverhaltsfeststellungen zu treffen. Ausgehend von der Größe des geplanten Erweiterungsbaues, durch den immerhin neue Lager- und Büroflächen im Gesamtausmaß von ca. 1.700 m2 geschaffen werden sollten, sei jedoch eine erhebliche betriebliche Expansion eindeutig belegt, wobei es für die rechtliche Beurteilung nicht entscheidend sei, ob nun in diesem Zusammenhang mit 60, 90, 120 oder noch mehr zusätzlichen Fahrbewegungen pro Tag gerechnet werden müsse. Entscheidend sei vielmehr, daß schon derzeit durch die der Betriebsanlage rechtlich zuzuordnenden Lärmimmissionen das einem normal empfindenden Erwachsenen und einem normal empfindenden Kind zumutbare Ausmaß der Schallimmissionen im Bereich einer als Wohnliegenschaft gewidmeten und benützten Grundfläche ausgeschöpft und überschritten werde, sodaß allein schon deshalb jede weitere Verschlechterung dieses Ist-Zustandes den Bestimmungen der §§ 77 Abs. 1 in Verbindung mit § 74 Abs. 2 lit. b der Gewerbeordnung widerspreche. Die belangte Behörde hätte im fortgesetzten Verfahren überprüfen müssen, ob die Behauptung der Konsenswerberin, wonach die verfahrensgegenständliche Änderung der Betriebsanlage keinen kapazitätserhöhenden Charakter habe, überhaupt den Tatsachen entsprechen könne. Anstelle eines derartigen Überprüfungsverfahrens habe die Behörde den für sie billigsten Weg gewählt, die Behauptung der Konsenswerberin einfach in den Spruch des Bescheides zu übernehmen. Aus den bisherigen Verfahren in den Unterinstanzen seien eher gegenteilige Beweisergebnisse hervorgekommen, welche sämtliche darauf hinwiesen, daß die Änderung der Betriebsanlage tatsächlich einen kapazitätserhöhenden Charakter aufweise. So z. B. enthalte bereits der "Spruchteil" des erstinstanzlichen Genehmigungsbescheides der Bezirkshauptmannschaft Hallein vom 12. Jänner 1990 auf Seite 26 folgende Passage: "... und wird außerdem erwartet, daß ein Teil des durch die neugeschaffenen Arbeitsplätze bedingten zusätzlichen Verkehrs ...". Die Absichten der Konsenswerberin seien von vornherein eindeutig auf eine Erhöhung der Arbeitnehmerzahl gerichtet und bereits im erstinstanzlichen Verfahren konkret von vorerst 30 zusätzlichen Zu- und Abfahrten (Arbeitnehmer) die Rede gewesen. Auch im Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 4. Juli 1991 lasse sich auf Seite 17 dieses Bescheides wiederum die Absicht der Konsenswerberin dokumentieren, eine Personalaufstockung vorzunehmen ("30 zusätzliche Zu- und Abfahrten als Maximalvariante"). Erst im Verfahren vor der dritten Instanz habe die Konsenswerberin offenbar ihre Strategie geändert und plötzlich gegenüber der Behörde festgehalten, daß lediglich die angespannte Platzsituation entschärft werden solle und die Betriebsanlagenänderung keinen "kapazitätserhöhenden Charakter" habe. Mit dieser Absichtserklärung wolle die Konsenswerberin offensichtlich ausschließlich die Genehmigungsfähigkeit des Projektes erreichen. Diese Absichtserklärung stehe jedoch in krassem Widerspruch zum Inhalt des eingereichten Projektes. Es entspreche der einfachen Logik, daß die neuen Büros nicht leer stehen würden, sondern diese neuen Büros von neuen Mitarbeitern genutzt würden und damit sich zwangsläufig aus dem Einreichprojekt eine "Kapazitätserhöhung" ergebe. Mit dieser Kapazitätserhöhung seien jedoch eindeutig zusätzliche Fahrbewegungen in dem als betriebskausal anzusehenden Einfahrtsbereich verbunden. Darüber hinaus könne auch die bewilligte Großküche ohne Lkw-Zufahrt nicht versorgt werden und werde es auch erforderlich sein, zahlreiches Küchenpersonal für eine derartige Großküche einzustellen. Die Behörde habe es unterlassen, den durch die einreichgegenständliche Betriebserweiterung verursachten, zusätzlichen Fahrzeugverkehr auf der Grundlage der im Projekt beinhalteten, objektiven Raumkapazitäten zu beurteilen. Ausgehend von einer neugeschaffenen Büronettonutzfläche von ca. 850 m2 entbehre die Feststellung der belangten Behörde im Spruch des Bescheides, wonach mit dieser Betriebsanlagenänderung keine Kapazitätserhöhung verbunden sei, jeder Grundlage und entspreche eine derartige Annahme schon der Lebenserfahrung. Keinerlei Berücksichtigung habe im Ermittlungsverfahren auch der weitere entscheidungswesentliche Umstand gefunden, daß immerhin im geplanten Erdgeschoß des eingereichten neuen Gebäudetraktes drei großräumige Lager mit einer Gesamtfläche von ca. 755 m2 geplant seien. Es liege auf der Hand, daß dieser zusätzliche Lagerraum auch zu zusätzlichem Lkw-Verkehr führen werde. Eine Nutzung dieser Lagerflächen ohne entsprechenden Lkw-Verkehr sei von vornherein nicht möglich, sodaß schon nach den Erfahrungen des täglichen Lebens durch Schaffung dieser zusätzlichen Lagerräume eine weitere Zunahme des betriebskausalen Lkw-Verkehrs vorprogrammiert sei. Der Sachverhalt bedürfe auch noch insoweit einer Ergänzung, als sich die belangte Behörde in keiner Weise mit der nach wie vor ungelösten Frage der Aufschließung des Betriebsgeländes im Einfahrtsbereich auseinandergesetzt habe. Offenbar habe die belangte Behörde das Ergebnis der Augenscheinsverhandlung vom 6. Juni 1990 völlig außer acht gelassen. Dieser Verdacht werde dadurch bestätigt, daß die belangte Behörde in der Darstellung des Verwaltungsgeschehens im angefochtenen Bescheid die Augenscheinsverhandlung vom 6. Juni 1990 nicht vermerke. Diese Verhandlung sei u.a. deswegen ausgesetzt worden, weil das Problem des zu engen Einfahrtsbereiches (nur 5,6 m Breite) ungelöst gewesen sei und dieses auch nach wie vor trotz Änderung des Projektes ungelöst sei. Jede Betriebserweiterung und damit verbundene Erhöhung des Verkehrsaufkommens führe gerade in diesem Einfahrtsbereich für die Beschwerdeführer zu größten unzumutbaren Beeinträchtigungen durch Lärm und Abgase. Die belangte Behörde hätte Ermittlungen zu diesem Fragenkomplex anstellen müssen und sich insbesondere auch mit dem von den Beschwerdeführern im Vorverfahren bereits mehrfach zitierten Gutachten der Amtsärztin Dr. R vom 3. Oktober 1990 auseinandersetzen müssen. Aus diesem ergebe sich zweifelsfrei, daß es im Bereich der Einfahrt zu den von den Beschwerdeführern mehrfach beschriebenen Problemen und Beeinträchtigungen komme. Es spiele für die Wahrheitsfindung keine Rolle, daß dieses Gutachten im Rahmen eines anderen Betriebsanlagengenehmigungsverfahrens der Konsenswerberin erstattet worden sei. Die Behörde habe bei ihrer Entscheidung alle Tatsachen von Amts wegen zu berücksichtigen, die ihr im Verfahren zur Kenntnis gelangt seien.

Gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage soweit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.

Im Vorerkenntnis vom 12. Juni 1994, Zlen. 92/04/0067, 0068, hat der Verwaltungsgerichtshof (unter Hinweis auf Vorjudikatur) ausgesprochen, daß das wesentlich zum Betriebsgeschehen in einer Betriebsanlage gehörende Zufahren zu dieser und das betreffende Wegfahren von dieser - nicht jedoch das bloße Vorbeifahren auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr - dem einer Betriebsanlage zugehörigen Geschehen zuzurechnen sei. Im Hinblick auf die Neufassung des § 74 Abs. 3 durch die Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl. Nr. 399, sei (nur) dahingehend eine Einschränkung erfolgt, daß zu DIESEN Vorgängen nicht mehr jene zählten, die von Personen herrührten, die die Anlage der Art des Betriebes gemäß in Anspruch nehmen; die Einschränkung "in der Betriebsanlage" beziehe sich nur auf diese Personen und nicht auf den Inhaber der Anlage und seiner Erfüllungsgehilfen. Die (auch damals) belangte Behörde habe daher die Rechtslage verkannt, wenn sie - in offenbarer Erwiderung der Berufungsvorbringen hinsichtlich der Einfahrtssituation bei der gegenständlichen Betriebsanlage - ohne nähere Differenzierung die Rechtsauffassung vertreten habe, daß das Fahren von Betriebsfahrzeugen (einschließlich Lieferanten und Arbeitnehmer) auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr nicht mehr als zu einer gewerblichen Betriebsanlage gehörenden Geschehen gewertet werden könne. In Verkennung der Rechtslage habe sie es unterlassen, sich auf dem Boden der diesbezüglichen Berufungsvorbringen damit auseinanderzusetzen, daß die Eignung einer "örtlich gebundenen Einrichtung" die Nachbarn zu belästigen, in Vorgängen, die sich zwar außerhalb aber im engen örtlichen Bereich einer Betriebsanlage abspielten, liegen könne. Wie der Verwaltungsgerichtshof weiters ausgeführt hat, könne daran insbesondere auch nichts ändern, wenn im damals angefochtenen Bescheid zur Zl. 310.198/3-III/3/91, die Auffassung vertreten werde, auch durch die Hinzunahme von Büroräumen werde nach dem ausdrücklichen Willen der Genehmigungswerberin bloß eine Auflockerung der bisher sehr dicht besetzten Betriebsräumlichkeiten "angestrebt" und es sei damit "nicht zwingend" eine Erweiterung des Beschäftigungsstandes verbunden. Diese in der Willenserklärung genannten Umstände stellten keine solche dar, wie sie sich etwa in einer für die mitbeteiligte Partei verpflichtenden Weise aus der Betriebsbeschreibung bzw. aus Auflagenvorschreibungen ergeben würden.

Im fortgesetzten Verfahren gelangte die belangte Behörde (zusammenfassend) zur Auffassung, daß im Hinblick auf die spruchmäßig erfolgte Ergänzung der Betriebsbeschreibung (und unter Bezugnahme auf die ergänzende gutächtliche Äußerung des gewerbetechnischen Sachverständigen) bei Realisierung des Projektes keine Änderung der Immissionssituation (auch hinsichtlich des Kausalverkehrs im Einfahrtsbereich) zum Schlechteren zu erwarten sei.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch im Lichte des Beschwerdevorbringens nicht zu erkennen, daß der belangten Behörde dabei eine rechtsirrige Gesetzesanwendung oder ein entscheidungswesentlicher Verfahrensmangel anzulasten wären. Die Beschwerdeführer verkennen nämlich, daß (nunmehr) in verpflichtender Weise festgelegt wurde, daß "die verfahrensgegenständliche Änderung der Betriebsanlage ... keinen kapazitätserhöhenden Charakter (hat) und ... auch keine Erhöhung der Zahl der Arbeitsplätze bzw. -kräfte in der Betriebsanlage (bedingt)". Diese Aussage, wollte man ihr den zweifellos intentierten verpflichteten Charakter nicht wieder nehmen, ist dabei so zu verstehen, daß mit der gegenständlichen Änderung der Betriebsanlage keine Kapazitätserhöhung und keine Erhöhung der Zahl der Arbeitsplätze bzw. -kräfte in der Betriebsanlage verbunden sind. Vor diesem Hintergrund gehen die Beschwerdeeinwände fehl, die darauf abstellen, die Behörde habe eine Prüfung unterlassen, ob die von der mitbeteiligten Partei beantragte Betriebsanlagenänderung nicht von vornherein einen kapazitätserhöhenden Charakter aufweise. Inhalt der durch den Genehmigungsbescheid (auch nach § 81 GewO 1994) erteilten Berechtigung ist lediglich jener Betriebsablauf, der der dem Genehmigungsbescheid zugrunde liegenden Betriebsbeschreibung bzw. Projektsbeschreibung entspricht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. April 1996, Zl. 95/04/0202). Jeder Betrieb einer Betriebsanlage, der in seiner Gestaltung von dem im Genehmigungsbescheid (Betriebsbeschreibung) umschriebenen Projekt abweicht, bedeutet eine (hier: neuerliche) Änderung der genehmigten Betriebsanlage und bedarf unter den Voraussetzungen des § 81 GewO 1994 (hier: in Ansehung einer Kapazitätserhöhung oder Erhöhung der Zahl der Arbeitsplätze bzw. -kräfte) einer gewerblichen Genehmigung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. April 1997, Zl. 96/04/0253).

Daß es aber ungeachtet des verbindlichen Charakters der (Ergänzung der) Betriebsbeschreibung zu einem die Immissionssituation im Einfahrtsbereich verschlechternden Erhöhung der Fahrbewegungen kommen würden, wird in der Beschwerde nicht dargetan.

Im Hinblick auf das oben Gesagte ist - bezogen auf das verfahrensgegenständliche Genehmigungsverfahren - auch nicht zu finden, daß der belangten Behörde ein entscheidungswesentlicher Verfahrensmangel anzulasten wäre, weil sie sich mit dem Gutachten der Amtsärztin Dr. R vom 3. Oktober 1990 nicht auseinandergesetzt hat.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995040190.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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