TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/2 W156 2218455-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.11.2020
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Entscheidungsdatum

02.11.2020

Norm

AlVG §1
ASVG §4 Abs1 Z1
ASVG §4 Abs2
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W156 2218455-1/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Alexandra KREBITZ als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch Kanzlei 1080 Rechtsanwälte, gegen den Bescheid der ÖGK (vormals Wiener Gebietskrankenkasse) vom 10.04.2019, ZL. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 17.09.2020 zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Am 10.04.2019 erließ die (damalige) Wiener Gebietskrankenkasse (in weiterer Folge als belangte Behörde bezeichnet) einen Bescheid, in welchem sie feststellte, dass Frau XXXX (in weiterer Folge: mitbeteiligte Partei, MP) aufgrund ihrer Beschäftigung beim XXXX (in weiterer Folge Beschwerdeführerin) in der Zeit vom 29.12.2015 und 11.01.2016 sowie vom 29.12.2016 bis 10.01.2017 der Voll- (Kranken-, Unfall, Pensions-)Versicherungspflicht gemäß § 4 Abs 1 Z 1 iVm § 4 Abs 2 ASVG und Arbeitslosenversicherungspflicht unterlegen sei.

Begründet wurde der Bescheid damit, dass die MP immer wieder als Musikerin bei der Beschwerdeführerin beschäftigt gewesen sei und an zwei Japantourneen idZ vom 29.12.2015 bis 11.01.2016 sowie vom 29.12.2016 bis 10.01.2017 teilgenommen habe. Die MP habe als Ersatz für ein ständiges Mitglied des Orchesters fungiert und einmal 3.698,06 Euro und einmal 3.967,40 Euro ausbezahlt bekommen. Während der Tourneen sei der MP eine Vertretung nicht möglich gewesen und sie sei zur persönlichen Dienstleistung verpflichtet gewesen.

2. Die Beschwerdeführerin erhob im Wege ihrer bevollmächtigten Vertretung fristgerecht Beschwerde. Für die MP habe keine Verpflichtung bestanden, sich zu den Konzerten zu melden. Es sei zwar erwartet worden, dass sie an den Proben teilnehme, eine Verpflichtung habe jedoch nicht bestanden. Die MP hätte jederzeit absagen und eine Vertretung ihrer Person veranlassen können. Die MP hätte sich sogar in Japan durch einen japanischen Bratschisten vertreten lassen können. Auch von einer Weisungs- und Kontrollbefugnis könne nicht die Rede sein. Die Leitung habe ein Dirigent, der vom Veranstalter vorgegeben und bezahlt werde. Es habe daher weder ein wirtschaftliches noch ein persönliches Abhängigkeitsverhältnis bestanden.

3. Mit Schreiben vom 26.11.2019 beantragte die Beschwerdeführerin die Ladung des Kassiers der Beschwerdeführerin als Zeuge.

4. Am 30.06.2020 fand eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt. An dieser nahmen teil:

* Vertreter der Beschwerdeführerin (BFV)

* Kassier der Beschwerdeführerin (Zeuge)

* Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin (RV)

* MP

* Vertreter der belangten Behörde

Die RV verwies auf ein Erkenntnis des VwGH (2010/08/0026) zur Frage der Dienstnehmereigenschaft bei Engagements und Festivals.

Der BFV erläuterte, dass die Beschwerdeführerin ein Verein sei. Das Orchester habe 95 Mitglieder. Die MP sei als Substitutin bei zwei Konzerten in Japan engagiert gewesen. Sie sei auch bei den Proben anwesend gewesen, dies sei Voraussetzung, nur dann könne sie mitkommen. Es seien noch nie schriftliche Verträge mit den Musikern abgeschlossen geworden. Es sei noch nie vorgekommen, dass sich ein Musiker bei den Proben vertreten ließ, es sei theoretisch möglich, doch dann würde die betreffende Person nicht mitfahren. Die Entlohnung der Musiker und Substituten seien Pauschalhonorare, diese seien abhängig von der Gage des Gesamtkonzerts. Die Entlohnung sei nicht verhandlungsfähig, weil das aufgeteilt werde, was der Verein bezahlt bekomme.

Die MP gab an, sie hätte auch absagen können, aber wenn sie zusage, dann gehe sie davon aus, dass sie teilnehme. Sie habe auch an allen Proben teilgenommen. Die Probentermine seien vorgegeben gewesen, sie habe diese per Mail vom Verein bekommen. Die MP könne nicht einschätzen, wie realistisch es wäre, kurzfristig in Japan für eine Vertretung zu sorgen. Sie selber habe keine Unternehmensstruktur.

Der als Zeuge befragte Kassier des Vereins gab an, dass die zB Bratschengruppe von sich aus wisse, was zu tun sei. Als Gruppenmusiker wisse man, was zu tun sei, man brauche niemanden, der sagt, was man zu tun hat. Wenn sich die MP vertreten lassen hätte wollen, dann hätte sie das tun können. Er gehe aber davon aus, dass ein Musiker mitfährt, um Geld zu verdienen und dies dann auch selbst mache. Die Vertretung müsse jedenfalls ein professioneller Musiker sein. Der Verein rechne nicht damit, dass jemand, der mitfährt, kurzfristig absagt oder nicht spielt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die MP ist eine freischaffende Musikerin und war in der Zeit vom 29.12.2015 bis 11.01.2016 sowie vom 29.12.2016 bis 10.01.2017 als Substitutin bei der Beschwerdeführerin tätig. Sie nahm in den beiden Zeiträumen an Konzerten in Japan teil.

1.2. Einen schriftlichen Vertrag schloss die Beschwerdeführerin mit der MP nicht ab.

1.3. Die Entlohnung der MP erfolgte durch Pauschalhonorare, die nicht verhandelbar waren. Die Honorare errechneten sich aus den Einnahmen des Konzertes, abzüglich diversen Aufwendungen.

1.4. Ein sanktionsloses Ablehnen von Aufträgen wurde von der MP in der Realität nicht gelebt und hatte die MP auch nicht vor, sich vertreten zu lassen.

1.5. Die MP verfügte im verfahrensgegenständlichen Zeitraum über keine eigene unternehmerische Struktur.

1.6. Die MP erhält seit dem 01.09.2017 vom Künstler-Sozialversicherungsfonds einen Beitragszuschuss gemäß § 20 Abs. 1 K-SVFG.

2. Beweiswürdigung:

Aufgrund der vorliegenden Beweismittel, des Aktes der belangten Behörde und den Ergebnissen der durchgeführten mündlichen Verhandlungen ist das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes Bild zu machen.

2.1 Die Feststellungen über die Tätigkeit der MP für die Beschwerdeführerin und die Konzertreisen nach Japan sind unbestritten.

2.2. Dass es keinen schriftlichen Vertrag gibt, ergibt sich aus den Angaben den Zeugen in der mündlichen Verhandlung.

2.3. Auch die Entlohnung der MP und die Berechnung der Pauschalbeträge ergibt sich aus den Angaben in der mündlichen Verhandlung.

2.4. Der BFV gab selber an, dass eine Vertretung bei den Proben nur „theoretisch“ möglich gewesen wäre, wer nicht an den Proben teilnehme, könne nicht mit auf Tournee fahren. Die MP gab an, dass es für sie selbstverständlich war, dass sie an allen Proben selber teilnimmt und bei einer Zusage nicht davon ausgehe, sich selbst vertreten zu lassen. Der Zeuge gab an, dass er davon ausgehe, dass die MP mitfahre, um Geld zu verdienen und sich daher nicht vertreten lässt.

2.5. Dass die MP nicht vorhatte sich vertreten zu lassen, ergibt sich aus den Angabe der MP in der mündlichen Verhandlung.

2.6. Dass die MP über keine eigene unternehmerische Struktur verfügt, ergibt sich aus den Angaben in der mündlichen Verhandlung.

2.7. Der Beitragszuschuss des KSVF nach dem K-SFVG ergibt sich aus dem am 18.09.2020 vorgelegten Bescheid.

3.       Rechtliche Beurteilung:

3.1. Verfahrensrelevante materiellrechtliche Bestimmungen:

Die Bezug habende Bestimmung des ASVG lautet:

§ 4. (1) In der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung sind auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet:     

1.       die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer;

2.       die in einem Lehrverhältnis stehenden Personen (Lehrlinge);

3.       die im Betrieb der Eltern, Großeltern, Wahl- oder Stiefeltern ohne Entgelt regelmäßig beschäftigten Kinder, Enkel, Wahl- oder Stiefkinder, die das 17. Lebensjahr vollendet haben und keiner anderen Erwerbstätigkeit hauptberuflich nachgehen, alle diese, soweit es sich nicht um eine Beschäftigung in einem land- oder forstwirtschaftlichen oder gleichgestellten Betrieb (§ 27 Abs. 2) handelt;

4.       die zum Zwecke der vorgeschriebenen Ausbildung für den künftigen, abgeschlossene Hochschulbildung erfordernden Beruf nach Abschluß dieser Hochschulbildung beschäftigten Personen, wenn die Ausbildung nicht im Rahmen eines Dienst- oder Lehrverhältnisses erfolgt, jedoch mit Ausnahme der Volontäre;

5.       Schülerinnen/Schüler an Schulen für Gesundheits- und Krankenpflege und Auszubildende in Lehrgängen nach dem Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG), BGBl. I Nr. 108/1997, Schülerinnen/Schüler und Auszubildende in Lehrgängen zu einem medizinischen Assistenzberuf nach dem Medizinische Assistenzberufe-Gesetz (MABG), BGBl. I Nr. 89/2012, sowie Studierende an einer medizinisch-technischen Akademie nach dem MTD-Gesetz, BGBl. Nr. 460/1992;
6.         Vorstandsmitglieder (Geschäftsleiter) von Aktiengesellschaften, Sparkassen, Landeshypothekenbanken sowie Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit und hauptberufliche Vorstandsmitglieder (Geschäftsleiter) von Kreditgenossenschaften, alle diese, soweit sie auf Grund ihrer Tätigkeit als Vorstandsmitglied (GeschäftsleiterIn) nicht schon nach Z 1 in Verbindung mit Abs. 2 pflichtversichert sind;

7.       die Heimarbeiter und die diesen nach den jeweiligen gesetzlichen Vorschriften über die Heimarbeit arbeitsrechtlich gleichgestellten Personen;

8.       Personen, denen im Rahmen beruflicher Maßnahmen der Rehabilitation nach den §§ 198 oder 303 berufliche Ausbildung gewährt wird, wenn die Ausbildung nicht auf Grund eines Dienst- oder Lehrverhältnisses erfolgt;

9.       Fachkräfte der Entwicklungshilfe nach § 2 des Entwicklungshelfergesetzes, BGBl. Nr. 574/1983;
10.         Personen, die an einer Eignungsausbildung im Sinne der §§ 2b bis 2d des Vertragsbedienstetengesetzes 1948, BGBl. Nr. 86, teilnehmen;

11.      die Teilnehmer/innen des Freiwilligen Sozialjahres, des Freiwilligen Umweltschutzjahres, des Gedenkdienstes oder des Friedens- und Sozialdienstes im Ausland nach dem Freiwilligengesetz, BGBl. I Nr. 17/2012;
12.         Personen, die eine Geldleistung gemäß § 4 des Militärberufsförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 524/1994, beziehen;
13.         geistliche Amtsträger der Evangelischen Kirchen AB. und HB. hinsichtlich der Seelsorgetätigkeit und der sonstigen Tätigkeit, die sie in Erfüllung ihrer geistlichen Verpflichtung ausüben, zum Beispiel des Religionsunterrichtes, ferner Lehrvikare, Pfarramtskandidaten, Diakonissen und die Mitglieder der evangelischen Kirchenleitung, letztere soweit sie nicht ehrenamtlich tätig sind;

14.      die den Dienstnehmern im Sinne des Abs. 4 gleichgestellten Personen.

(2) Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. Als Dienstnehmer gelten jedenfalls Personen, die mit Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungsscheckgesetz (DLSG), BGBl. I Nr. 45/2005, entlohnt werden. Als Dienstnehmer gilt jedenfalls auch, wer nach § 47 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist, es sei denn, es handelt sich um     

1.       Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. a oder b EStG 1988 oder

2.       Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG 1988, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen oder

3.       Bezieher/innen von Geld- oder Sachleistungen nach dem Freiwilligengesetz.

(Anm.: Abs. 3 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 139/1997)

(4) Den Dienstnehmern stehen im Sinne dieses Bundesgesetzes Personen gleich, die sich auf Grund freier Dienstverträge auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, und zwar für       

1.       einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes, seiner Gewerbeberechtigung, seiner berufsrechtlichen Befugnis (Unternehmen, Betrieb usw.) oder seines statutenmäßigen Wirkungsbereiches (Vereinsziel usw.), mit Ausnahme der bäuerlichen Nachbarschaftshilfe,

2.       eine Gebietskörperschaft oder eine sonstige juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. die von ihnen verwalteten Betriebe, Anstalten, Stiftungen oder Fonds (im Rahmen einer Teilrechtsfähigkeit),

wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen; es sei denn,

a)       dass sie auf Grund dieser Tätigkeit bereits nach § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 GSVG oder § 2 Abs. 1 BSVG oder nach § 2 Abs. 1 und 2 FSVG versichert sind oder

b)       dass es sich bei dieser Tätigkeit um eine (Neben-)Tätigkeit nach § 19 Abs. 1 Z 1 lit. f B-KUVG handelt oder

c)       dass eine selbständige Tätigkeit, die die Zugehörigkeit zu einer der Kammern der freien Berufe begründet, ausgeübt wird oder

d)       dass es sich um eine Tätigkeit als Kunstschaffender, insbesondere als Künstler im Sinne des § 2 Abs. 1 des Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetzes, handelt.

(Anm.: Abs. 5 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 39/1997)

(6) Eine Pflichtversicherung gemäß Abs. 1 schließt für dieselbe Tätigkeit (Leistung) eine Pflichtversicherung gemäß Abs. 4 aus.

(Anm.: Abs. 7 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 39/1997)

§ 539a. (1) Für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz ist in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (zB Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend.

(2) Durch den Mißbrauch von Formen und durch Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes können Verpflichtungen nach diesem Bundesgesetz, besonders die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden.

(3) Ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre.

(4) Scheingeschäfte und andere Scheinhandlungen sind für die Feststellung eines Sachverhaltes nach diesem Bundesgesetz ohne Bedeutung. Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so ist das verdeckte Rechtsgeschäft für die Beurteilung maßgebend.

(5) Die Grundsätze, nach denen        

1.       die wirtschaftliche Betrachtungsweise,

2.       Scheingeschäfte, Formmängel und Anfechtbarkeit sowie

3.       die Zurechnung

nach den §§ 21 bis 24 der Bundesabgabenordnung für Abgaben zu beurteilen sind, gelten auch dann, wenn eine Pflichtversicherung und die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten nach diesem Bundesgesetz zu beurteilen sind.

3.2. Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Bei der Beurteilung der Pflichtversicherung ist - insbesondere der Abgrenzung zwischen Dienstnehmern, freien Dienstnehmern und selbstständiger Tätigkeit - der wahre wirtschaftliche Gehalt gemäß § 539a ASVG und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. Es ist unerheblich, welche Bezeichnung die vertragliche Gestaltung dieses Verhältnisses hat. Entscheidend ist immer, wie die Tätigkeit tatsächlich ausgeübt wird.

Ausgangspunkt der Betrachtung ist die vertragliche Gestaltung der Beschäftigung, weil sie (sofern keine Anhaltspunkte für ein Scheinverhältnis bestehen) die von den Parteien des Beschäftigungsverhältnisses in Aussicht genommenen Konturen des Beschäftigungsverhältnisses sichtbar werden lässt, die wiederum bei der Deutung von Einzelmerkmalen der Beschäftigung relevant sein können; die vertragliche Vereinbarung hat die Vermutung der Richtigkeit (im Sinne einer Übereinstimmung mit der Lebenswirklichkeit) für sich. Dabei kommt es auf die Bezeichnung des Verhältnisses einer Person und dem von ihr Beschäftigten durch die Vertragspartner grundsätzlich nicht an (vgl. dazu Erkenntnis vom 8. Oktober 1991, ZI. 90/08/0057).

Für die Beantwortung der Frage, ob ein auf einem Vertrag beruhendes Beschäftigungsverhältnis in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit besteht, sind allerdings die "wahren Verhältnisse" maßgeblich, d. h. ob bei der tatsächlichen und nicht bloß vereinbarten Art der Beschäftigung die Kriterien persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit überwiegen. Soweit der Inhalt eines Vertrages von den tatsächlichen Gegebenheiten nicht abweicht, ist der Vertrag als Teilelement der vorzunehmenden Gesamtbeurteilung (anhand der in der Judikatur herausgearbeiteten Kriterien) in diese einzubeziehen, weil er die von den Parteien in Aussicht genommenen Konturen des Beschäftigungsverhältnisses sichtbar werden lässt (vgl. z. B. das Erkenntnis vom 17. November 2004, ZI. 2001/08/0131). Weichen die "wahren Verhältnisse" jedoch vom Vertrag ab, dann ist dies ein Indiz dafür, dass nur ein Scheinvertrag vorliegt. Eine Scheinvereinbarung ist von vornherein als Grundlage für die Beurteilung der Versicherungspflicht nicht geeignet. Insoweit kommt es daher auf die tatsächlichen Verhältnisse an.

Unerheblich ist der Umstand, dass es fallbezogen keinen schriftlichen Vertrag gab, da auch mündliche Vereinbarungen Rechtswirkung entfalten.

Als Dienstnehmer ist nach § 4 Abs. 2 leg.cit. zu qualifizieren, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hierzu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbstständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

Vom Dienstvertrag ist der freie Dienstvertrag zu unterscheiden, bei dem es um die Verpflichtung geht, eine Mehrheit gattungsmäßig umschriebener Leistungen ohne persönliche Abhängigkeit des Leistungserbringers vom Arbeitsempfänger zu erbringen, die vom Auftraggeber konkretisiert werden und die vorgenommen werden. Der freie Dienstnehmer muss sich zur kontinuierlichen Arbeitsleistung für bestimmte oder unbestimmte Zeit verpflichten. Die Verpflichtung besteht also darin, ihrer Art nach bestimmte Arbeiten, die von Seiten des Bestellers konkretisiert werden, wiederholt durch einige Zeit hindurch auszuführen (VwGH 02.04.2008, 2007/08/0107).

Vorliegen eines Dienstverhältnisses gemäß § 4 Abs 1 und 2 ASVG

Grundvoraussetzung für die Annahme persönlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG (und damit ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis) ist zunächst die persönliche Arbeitspflicht. Fehlt sie, dann liegt ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis iSd § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG schon deshalb nicht vor (vgl. VwGH 17.10.2012, 2009/08/0188; 15.10.2003, 2000/08/0020).

Die persönliche Arbeitspflicht fehlt einerseits dann, wenn dem zur Leistung Verpflichteten ein "generelles Vertretungsrecht" zukommt, wenn er also jederzeit nach Gutdünken beliebige Teile seiner Verpflichtung auf Dritte überbinden kann. Damit wird vor allem die Situation eines selbständig Erwerbstätigen in den Blick genommen, der - anders als ein letztlich nur über seine eigene Arbeitskraft disponierender (abhängig) Beschäftigter - im Rahmen einer unternehmerischen Organisation (oft werkvertragliche) Leistungen zu erbringen hat und dabei Hilfspersonal zum Einsatz bringt oder sich eines Vertreters (Subunternehmers) bedient (vgl. VwGH 26.05.2014, 2012/08/0233; 16.05.2001, 96/08/0200).

Von einer die persönliche Arbeitspflicht ausschließenden generellen Vertretungsbefugnis kann nur dann gesprochen werden, wenn der Erwerbstätige berechtigt ist, jederzeit und nach Gutdünken irgendeinen geeigneten Vertreter zur Erfüllung der von ihm übernommenen Arbeitspflicht heranzuziehen (VwGH 07.05.2008, 2005/08/0142) beziehungsweise ohne weitere Verständigung des Vertragspartners eine Hilfskraft beizuziehen.

Nur bei genereller Vertretungsmöglichkeit, die im Ermessen des Beschäftigten liegt und ohne einen bestimmten Grund ausgeübt werden darf, liegt kein DVerh vor (VwGH 2005/08/0142, ARD 5928/8/2009; wobei es auch darauf ankommt, ob das Vertretungsrecht genutzt wird bzw eine Nutzung zumindest ernsthaft zu erwarten ist) (Mosler in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 4 Rz 115 (Stand 1.3.2015, rdb.at).

Die RV der Beschwerdeführerin verwies in der mündlichen Verhandlung auf das Erkenntnis des VwGH, 2010/08/0026. Im zitierten Erk ist der VwGH zum Ergebnis, dass Orchestermusiker im damaligen Anlassfall nicht als Dienstnehmer zu sehen sind.

Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass im zitierten Erkenntnis ein generelles Vertretungsrecht bestand und dieses auch tatsächlich gelebt wurde. Das Vertretungsrecht war sogar im Künstlervertrag festgehalten und hatte auch Geltung für Probentätigkeiten.

Hier liegt ein wesentlicher Unterschied zum gegenständlichen Beschwerdefall. Ein (schriftlicher) Künstlervertrag (mit dezidierter Vertretungsregel) lag gerade nicht vor und die MP war nicht fixes Mitglied des Orchesters, sondern Substitutin.

Die auch von den Beteiligten als „theoretisch“ bezeichnete Vertretungsmöglichkeit ist im Lichte der fallbezogenen Umstände als Scheinvereinbarung anzusehen, da im Falle einer beabsichtigten Vertretung nur eine fachlich auf gleichem Niveau ausgebildete Person in Frage gekommen wäre, wobei der Kreis der in Frage kommenden Personen eher als klein einzuschätzen ist. Zudem standen auch andere Hindernisse einer Vertretung durch Dritte entgegen: hätte die MP die Möglichkeit wahrgenommen, sich durch eine geeignete Person bei den Proben vertreten zu lassen, so hätte dies zugleich bedeutet, dass sie nicht mit auf Tournee fahren kann. Tatsächlich ist von der MP – wohl auch aus diesen Gründen - keine Vertretung in Anspruch genommen worden und hatte diese dies auch nie vor. An dieser Stelle darf auf das Erkenntnis des VwGH 97/08/0486 verwiesen werden. Dieses bezog sich zwar auf Schauspieler, jedoch wurde hier unter Berücksichtigung der Verpflichtung, an den Proben persönlich teilzunehmen und einer bestimmten Anzahl von Vorstellungen ein Dienstverhältnis bejaht.

Im Beschwerdefall war aufgrund der fallbezogenen Umstände nicht ernstlich zu erwarten, dass die vorgebrachte jederzeitige Vertretungsmöglichkeit tatsächlich in der Realität gelebt werden kann.

In der Gesamtschau ist daher von einer persönlichen Arbeitspflicht auszugehen.

Nach der Bejahung der persönlichen Arbeitspflicht ist weiter zu klären, ob bei Erfüllung der übernommenen Arbeitspflicht die Merkmale persönlicher Abhängigkeit einer Person vom Empfänger der Arbeit gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG gegeben ist.

Ob bei einer Beschäftigung die Merkmale persönlicher Abhängigkeit des Beschäftigten vom Empfänger der Arbeitsleistung gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG gegeben ist, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes davon ab, ob nach dem Gesamtbild dieser konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch diese Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung - nur beschränkt ist.

Für das Vorliegen der persönlichen Abhängigkeit sind - im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem arbeitsrechtlichen Verständnis dieses Begriffes - als Ausdruck der weitgehenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch seine Beschäftigung nur seine Bindung an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht unterscheidungskräftige Kriterien zur Abgrenzung von anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung, während das Fehlen anderer - im Regelfall freilich auch vorliegender - Umstände (wie z. B. die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Empfängers der Arbeitsleistung) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt.

Hat die Ungebundenheit des Beschäftigten hinsichtlich Arbeitsablauf und Arbeitszeit ihre Grenze in der unterschiedlichen Dringlichkeit der zu besorgenden Angelegenheiten und den vorgegebenen Terminen, sodass schlussendlich die Bedürfnisse des Arbeitgebers für die Arbeitserbringung maßgeblich sind, liegt persönliche Abhängigkeit vor. Dass durch diese Beschäftigung nur ein geringer Teil der dem Beschäftigten an sich zur Verfügung stehenden Zeit in Anspruch genommen wird, schließt seine persönliche Abhängigkeit während dieser und durch diese Beschäftigung nicht von vornherein aus. Dies hängt - im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem arbeitsrechtlichen Verständnis dieses Begriffspaares - davon ab, ob nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch die Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen einer Beschäftigung (z.B. auf Grund eines freien Dienstvertrages im Sinn des § 4 Abs. 4 ASVG) - nur beschränkt ist (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. Dezember 1986, VwSlg. Nr. 12.325/A). Unterscheidungskräftige Kriterien der Abgrenzung der persönlichen Abhängigkeit von der persönlichen Unabhängigkeit sind nur die Bindungen des Beschäftigten an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse, während das Fehlen anderer (im Regelfall freilich auch vorliegender) Umstände (wie z.B. die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Empfängers der Arbeit) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt.

Erlaubt im Einzelfall die konkrete Gestaltung der organisatorischen Gebundenheit des Beschäftigten in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten keine abschließende Beurteilung des Überwiegens der Merkmale persönlicher Abhängigkeit, so können im Rahmen der vorzunehmenden Beurteilung des Gesamtbildes der Beschäftigung auch diese an sich nicht unterscheidungskräftigen Kriterien ebenso wie die Art des Entgelts und der Entgeltleistung (§ 49 ASVG), die an sich in der Regel wegen des gesonderten Tatbestandscharakters des Entgelts für die Dienstnehmereigenschaft nach § 4 Abs. 2 ASVG für das Vorliegen persönlicher Abhängigkeit nicht aussagekräftig sind, von maßgeblicher Bedeutung sein (VwGH 26.05.2014, 2012/08/0233).

Die Weisungsunterworfenheit ist ein zentrales Merkmal persönlicher Abhängigkeit, deren Fehlen eine selbständige Tätigkeit indiziert. Dabei sind nicht fachliche, sondern persönliche Weisungen in Bezug auf Arbeitszeit, Arbeitsort und arbeitsbezogenes Verhalten zu verstehen.

Die MP war zwar für die Proben und Auftritte an den vorgegebenen Arbeitsort, nämlich die Proberäumlichkeiten der Beschwerdeführerin und die Tourneestätten gebunden, im gegenständlichen Fall ist die Bindung an den Arbeitsort jedoch kein unterscheidungskräftiges Merkmal, da diese sich aus der Natur der Sache ergibt (vgl VwGH 2006/08/0206).

Die MP konnten ihre Arbeitszeit nur im abgesteckten Rahmenzeitraum der Probenzeiten und der Auftrittszeiten erbringen. Die Probentermine waren vorgegeben und wurden ihr per Mail zugesandt. Ebenso waren die Auftrittszeiten vorgegeben und fehlte es für die MP daher an einer diesbezüglichen Bestimmungsfreiheit.

Von einer stillen Autorität des Dienstgebers ist in der Rechtsprechung (VwGH 21.11.2007, 2005/08/0051) dann die Rede, wenn die Überwachung iSd Weisungs- und Kontrollrechtes des Dienstgebers von diesem nicht stets nach außen erkennbar ausgeübt wird. Es muss aber für den Arbeitgeber zumindest die Möglichkeit der Ausübung des Weisungs- und Kontrollrechtes bestanden haben. Für die Annahme des Vorliegens einer stillen Autorität des Dienstgebers bedarf es daher der Feststellung von konkreten Anhaltspunkten, die zumindest einen Schluss auf das Vorliegen solcher Weisungs- und Kontrollrechte zulassen. Dabei ist auch in Betracht zu ziehen, dass in Fällen, in denen der Arbeitnehmer von sich aus weiß, wie er sich im Betrieb des Dienstgebers zu bewegen und zu verhalten hat, in der Regel das Weisungsrecht überhaupt nicht zu Tage tritt, sondern nur in Form von Anhaltspunkten für Kontrollrechte erkennbar wird.

In seinem Erkenntnis vom 21.08.2017, Ra 2016/08/0119, führte der Verwaltungsgerichtshof aus, dass die Einbindung eines Dienstnehmers in eine Betriebsorganisation in der Regel zur Folge hat, dass dieser den insoweit vorgegebenen Ablauf der Arbeit nicht jederzeit selbst regeln oder ändern kann. Ein persönliches Abhängigkeitsverhältnis wird hier oft weniger durch die ausdrückliche Erteilung von persönlichen Weisungen als vielmehr durch die "stille Autorität" des Arbeitgebers indiziert (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 15. Mai 2013, 2013/08/0051, und vom 25. Juni 2013, 2013/08/0093).

Im gegenständlichen Fall war es der MP nicht möglich, den vorgegebenen Ablauf ihrer Tätigkeit selbst zu regeln oder ändern, da sich aus den Umständen ihrer Beschäftigung für sie keine Einflussmöglichkeiten ergaben.

Dass hingegen ausdrückliche Weisungen nicht oder nur selten erteilt wurden, schadet nicht; vielmehr ist die Behörde zu Recht davon ausgegangen, dass die MP vor dem Hintergrund des der vertraglichen Beziehung zugrunde liegenden Vertrauensverhältnisses und ihrer fachlichen Qualifikation von sich aus wusste, wie sie sich zu bewegen und zu verhalten hatte, sodass die Erteilung von Weisungen durch die "stille Autorität" der Beschwerdeführerin ersetzt werden konnte.

In dem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die MP einer grundsätzlichen Kontrolle in dem Sinn unterlag, als ihre Anwesenheit bei den Proben als Voraussetzung für die Teilnahme an den Konzerten leicht überprüfbar war.

Von der MP wurden auch keine (Teil-)Aufträge sanktionslos abgelehnt. Dieser Umstand resultierte vor allem daraus, dass die MP – wenn sie nicht an den Proben teilgenommen hätte – nicht mit auf Tournee fahren hätte können. Des Weiteren ist der Umstand zu berücksichtigten, dass die MP immer wieder als Substitutin tätig war und es anzunehmen ist, dass die MP doch an einer Fortführung dieser Tätigkeit interessiert war. Im Falle der Ablehnung von Aufträgen wäre es nach der allgemeinen Lebenserfahrung wohl nicht anzunehmen gewesen, dass die Beschwerdeführerin weiter als Substitutin herangezogen worden wäre.

Atypische Umstände, die der Beurteilung als Dienstverhältnis in persönlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG entgegenstehen würden, sind im gegenständlichen Fall nicht ersichtlich.

Gegen Entgelt ist eine Person dann beschäftigt, wenn sie aus dem Dienstverhältnis einen Entgeltanspruch hat, gleichgültig, ob ihr ein Entgelt tatsächlich ausbezahlt wird oder nicht. Bei der Beurteilung dieser Frage ist von den allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen auszugehen. Die Entgeltlichkeit ist kein bloßes Merkmal des Beschäftigungsverhältnisses, sondern eine weitere Voraussetzung der Vollversicherungspflicht nach § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG (VwGH 18.01.2012, 2008/08/0252). Entgelt iSd § 4 Abs. 2 ist das beitragspflichtige Entgelt nach § 49. In diesem Sinne bezeichnet Entgelt sämtliche Leistungen, die der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber dafür erhält, dass er ihm seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt. Für die Beurteilung, ob eine Zuwendung des Dienstgebers an den Dienstnehmer nach dem Parteiwillen als Gegenleistung für die Arbeitsleistung des Dienstnehmers geleistet wurde, kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an. Das Dienstverhältnis ist im Zweifel entgeltlich.

Die MP war unbestritten entgeltlich für die Beschwerdeführerin tätig. Die Entlohnung erfolgte durch eine Pauschalzahlung.

Nach der Rechtsprechung (VwGH 04.06.2008, 2007/08/0179; 31.01.1995, 92/08/0213) ist die wirtschaftliche Abhängigkeit, die ihren sinnfälligen Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel findet, bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit (vgl. VwGH 02.12. 2013, 2013/08/0191; 21.02.2001, 96/08/0028). Es kann zwar wirtschaftliche Abhängigkeit bei persönlicher Unabhängigkeit bestehen, nicht aber persönliche Abhängigkeit ohne wirtschaftliche Abhängigkeit im genannten Sinn. Die wirtschaftliche Abhängigkeit ergibt sich im Allgemeinen bereits aus dem Vorliegen der persönlichen Abhängigkeit. Sie findet ihren Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall für den Betrieb wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel.

Gesamtheitlich betrachtet liegt im gegenständlichen Fall ein Überwiegen der Bestimmungselemente der persönlichen Abhängigkeit vor. Die wirtschaftliche Abhängigkeit ist sohin die zwangsläufige Folge. Demnach ist im gegenständlichen Verfahren auch die zweite Voraussetzung des § 4 Abs. 2 ASVG für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses erfüllt.

§ 4 Abs. 6 legt nicht nur die Reihenfolge der Prüfung der Frage der Pflichtversicherung nach § 4 fest, sondern macht die Einordnung des Sachverhaltes unter eine von mehreren in Betracht kommenden Bestimmungen auch zum Gegenstand eines einzigen Verfahrens, verknüpft jedoch die Verfahrensgegenstände des § 4 Abs. 1, § 4 Abs. 4 zu einer Rechtssache. Über die Pflichtversicherung nach § 4 ist somit in einem (umfassenden) Verfahren abzusprechen, und zwar mit der Konsequenz, dass beispielsweise bei Feststellung der Pflichtversicherung gemäß Abs. 1 gilt, dass eine solche nach Abs. 4 ausgeschlossen ist (VwGH 03.07.2002, 2000/08/0161; 03.07.2002, 99/08/0173).

Für die Beurteilung der Dienstnehmereigenschaft sind allein die faktischen Verhältnisse, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgeblich.

Die MP ist in den verfahrensrelevanten Zeiträumen in der Gesamtbetrachtung aller Umstände fallbezogenen Umstände und im Lichte der höchstgerichtlichen Judikatur als Dienstnehmerin im Sinne des § 4 Abs. 1 und 2 ASVG und nicht als Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs 4 ASVG der Beschwerdeführerin anzusehen.

Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung (vgl. VwGH vom 24.04.2014, Zl. Ra 2014/01/0010; VwGH vom 24.03.2014, Zl. Ro 2014/01/0011) zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. 

Schlagworte

Dienstnehmereigenschaft Künstler persönliche Abhängigkeit Pflichtversicherung stille Autorität wirtschaftliche Abhängigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W156.2218455.1.00

Im RIS seit

16.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

16.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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