Index
L85004 Straßen OberösterreichNorm
AVG §8Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag.a Merl und Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber BA, über die Revisionen 1. des G G, 2. der M R und 3. des G R, alle in M, 4. des DI J B, 5. der E F, 6. des J F, 7. der E S und 8. des F S, alle in M, sowie 9. des F A in S, alle vertreten durch die Wintersberger Riess Rechtsanwälte GmbH in 4910 Ried im Innkreis, Friedrich-Thurner-Straße 9, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 15. Juli 2020, LVwG-150845/90/RK/FE, LVwG-150852/4/RK/FE, LVwG-150856/4/RK/FE-150869/4 und LVwG-152508/2/RK/FE, betreffend straßenrechtliche Bewilligung nach dem Oö. Straßengesetz 1991 (mitbeteiligte Partei: Land Oberösterreich, Landesstraßenverwaltung, c/o Amt der oberösterreichischen Landesregierung, Direktion Straßenbau und Verkehr, Abteilung Geoinformation und Liegenschaft, Bahnhofplatz 1, 4021 Linz; belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Oberösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid der oberösterreichischen Landesregierung vom 30. November 2015 wurde der mitbeteiligten Partei die Umlegung der Landesstraße B XXX, B Straße, Baulos „Umfahrung M-M“, Abschnitt 2- M-S (Bau-Km 3,3 bis 5,950) nach Maßgabe des näher bezeichneten, bei der mündlichen Verhandlung vorgelegenen Einreichprojektes mit Stand vom 2. Juni 2015, des Umweltberichtes vom 25. August 2008, einer näher genannten schalltechnischen Untersuchung mit Stand Juni 2015 sowie einer näher genannten lufttechnischen Untersuchung, ebenfalls mit Stand Juni 2015, unter näher angeführten Bedingungen und Auflagen nach den Bestimmungen des Oö. Straßengesetzes 1991 bewilligt.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (in der Folge: LVwG) ua. die Beschwerden der revisionswerbenden Parteien gegen den genannten Bescheid als unbegründet ab und sprach aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.
3 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der als Revisionspunkt angeführt wird, die Revisionswerber erachteten sich durch das angefochtene Erkenntnis in ihren subjektiven Rechten „auf Unverletzlichkeit des Eigentums“ und auf „Durchführung eines fairen Verfahrens bei der zuständigen Behörde“ verletzt.
4 Durch die vom Revisionswerber vorgenommene Bezeichnung der Revisionspunkte wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses oder des angefochtenen Beschlusses gemäß § 41 VwGG gebunden ist. Danach hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Revisionswerbers verletzt wurde, sondern nur zu prüfen, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung dieser behauptet. Der in § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG geforderten Angabe der Revisionspunkte kommt für den Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens insoweit entscheidende Bedeutung zu, als der Revisionswerber jenes subjektive Recht herauszuheben hat, dessen behauptete Verletzung die Legitimation zur Revisionserhebung erst begründet (vgl. für viele etwa VwGH 7.1.2020, Ra 2019/06/0245, mwN).
5 Wird der Revisionspunkt unmissverständlich behauptet, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich (vgl. etwa VwGH 14.4.2020, Ra 2020/06/0097, mwN).
6 Bei dem von den revisionswerbenden Parteien geltend gemachten Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums handelt es sich um ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht, dessen behauptete Verletzung gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG die Prozessvoraussetzung für ein Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof bildet und dessen Verletzung zu prüfen der Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 5 B-VG nicht berufen ist (vgl. etwa VwGH 1.8.2019, Ra 2017/06/0192, oder auch 15.5.2020, Ra 2020/06/0109, jeweils mwN).
7 Soweit sich die revisionswerbenden Parteien weiters im Recht auf „Durchführung eines fairen Verfahrens“ verletzt erachten, wird damit kein subjektives Recht aufgezeigt, sondern eine Verletzung von Verfahrensvorschriften behauptet.
8 Die Verletzung von Verfahrensvorschriften als solche stellt aber keinen tauglichen Revisionspunkt dar, sondern zählt zu den Revisionsgründen (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG). In welchem konkreten, aus einer Rechtsnorm ableitbaren subjektiven Recht die revisionswerbenden Parteien durch das angefochtene Erkenntnis verletzt sein sollen, wird durch die Behauptung der Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht dargestellt (vgl. dazu nochmals VwGH 15.5.2020, Ra 2020/06/0109, mwN).
9 Zu der in diesem Zusammenhang im Revisionspunkt weiters geltend gemachten Verletzung im Recht auf Durchführung eines Verfahrens „bei der zuständigen Behörde“, enthält die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung kein Vorbringen.
10 Die Revision erweist sich damit schon deshalb als unzulässig.
11 Darüber hinaus erweist sich auch die Zulässigkeitsbegründung als nicht dem Art. 133 Abs. 4 B-VG entsprechend ausgeführt:
12 Die revisionswerbenden Parteien führen darin zusammengefasst aus, es stelle eine erhebliche Rechtsfrage dar, „ob ein Projekt ein in sich geschlossenes Bauvorhaben darstelle und verkehrswirksam“ sei, „wenn dieses an einem der beiden Enden nicht in eine bestehende Straße“ einmünde, „sondern in einer Höhe von ca. 4 m über der Geländeoberfläche“ ende. Gegenständlich sei evident, dass aufgrund der Ausgestaltung der Projektierung keine Verkehrswirksamkeit gegeben sei. Wenn das Projekt umgesetzt werde, sei ein Weiterfahren für Verkehrsteilnehmer an dieser Stelle nicht möglich; mangels zumindest provisorischer Einbindung am nördlichen Ende der Trasse sei die straßenrechtliche Bewilligung rechtswidrig erteilt worden.
13 Nach den unbestrittenen Ausführungen des LVwG im angefochtenen Erkenntnis sind die revisionswerbenden Parteien im gegenständlichen straßenrechtlichen Verfahren zum Teil Parteien im Sinne des § 31 Abs. 3 Z 2 („Eigentümer der betroffenen Grundstücke sowie jene Personen, denen an einem solchen Grundstück ein dingliches Recht zum Gebrauch oder zur Nutzung zusteht“) und zum Teil Parteien im Sinne des § 31 Abs. 3 Z 3 („Anrainer“ im Sinne des § 2 Z 12) des Oö. Straßengesetzes 1991.
14 Betreffend die den Anrainern nach § 31 Abs. 3 Z. 3 leg. cit. zukommende Parteistellung hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen, dass diese - wie grundsätzlich jede Parteistellung im Verwaltungsverfahren - als Mittel zur prozessualen Durchsetzung materieller Rechte anzusehen ist. Sie reicht demnach nicht weiter als die Rechte, zu deren Durchsetzung sie dient. Die subjektiven Rechte der Anrainer nach § 31 Abs. 3 Z. 3 leg. cit. im straßenrechtlichen Bewilligungsverfahren sind in § 14 leg. cit. geregelt. Gemäß § 14 Abs. 3 leg. cit. kommt den Anrainern nur hinsichtlich der im Abs. 1 dieser Gesetzesstelle behandelten Gesichtspunkte, also in Fragen des Immissionsschutzes und des zur Vermeidung derartiger Beeinträchtigungen erforderlichen Aufwandes, ein Mitspracherecht zu (vgl. dazu etwa VwGH 30.6.2015, 2012/06/0031, mit Hinweis auf VwGH 14.10.2005, 2004/05/0174 und 0175, oder auch z.B. VwGH 4.3.2008, 2006/05/0233, 20.12.2005, 2003/05/0098, oder auch bereits 14.10.2003, 2001/05/1171, 1172, jeweils mwN).
15 In Anbetracht der solcherart bestehenden Beschränkung der subjektiv-öffentlichen Rechte jener revisionswerbenden Parteien, die im gegenständlichen straßenrechtlichen Bewilligungsverfahren (bloß) Anrainer nach § 31 Abs. 3 Z. 3 Oö. Straßengesetz 1991 sind, kommt diesen ein Mitspracherecht im Hinblick auf das im Zulässigkeitsvorbringen allein behauptete Nicht-Vorliegen einer „Verkehrswirksamkeit“ des gegenständlichen Projektes nicht zu (vgl. dazu sinngemäß etwa nochmals VwGH 30.6.2015, 2012/06/0031), weshalb damit für den Revisionsfall schon insofern eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht aufgezeigt werden kann. Im Falle eines Rechtsmittels einer Partei des Verwaltungsverfahrens mit beschränktem Mitspracherecht, wie dies auch auf das gegenständliche straßenrechtliche Bewilligungsverfahren zutrifft, ist die Prüfungsbefugnis (ua.) des Verwaltungsgerichtshofes nämlich auf jene Fragen beschränkt, hinsichtlich derer dieses Mitspracherecht als subjektiv-öffentliches Recht besteht (vgl. in diesem Sinne etwa VwGH 23.5.2017, Ro 2015/05/0021).
16 Hinsichtlich des Mitspracherechtes der Parteien gemäß § 31 Abs. 3 Z 2 Oö. Straßengesetz 1991 hat der Verwaltungsgerichtshof mit näherer Begründung wiederholt ausgeführt, dass die nach dieser Bestimmung Parteistellung genießenden Grundeigentümer im straßenrechtlichen Verfahren (auch) Einwendungen gegen die Notwendigkeit des Straßenbauvorhabens insoweit erheben können, als davon ihre Grundstücke betroffen sind. Im Fall der bereits erfolgten Festlegung des Straßenverlaufes in einer Verordnung nach § 11 leg. cit. (wie im gegenständlichen Fall durch Verordnung der Oberösterreichischen Landesregierung vom 29. Mai 2009, LGBl. Nr. 52/2009, mit der der Verlauf des gesamten, aus insgesamt 3 Bauabschnitten bestehenden Trassenbandes der Umlegung der Landesstraße B XXX festgelegt wurde, vgl. dazu S. 51, 60 und 69 des angefochtenen Erkenntnisses) können die betroffenen Grundeigentümer in diesem Zusammenhang jedoch nur mehr geltend machen, dass innerhalb der von der Trassenverordnung vorgegebenen Linienführung eine sie weniger belastende Ausbauweise (in Lage und Form) der Straße gewählt wird, sofern dies nach den von der Behörde zu beachtenden Grundsätzen des § 13 leg. cit. möglich ist und kein Widerspruch zur Trassenverordnung entsteht (vgl. etwa VwGH 26.2.2009, 2007/05/0113, 21.3.2007, 2005/05/0269, 20.2.2007, 2005/05/0256, 20.12.2005, 2004/05/0138, oder auch nochmals 14.10.2003, 2001/05/1171, 1172).
17 Mit den allgemeinen Zulässigkeitsausführungen der gegenständlichen Revision, die im Ergebnis (nur) darauf abzuzielen scheinen, dass aufgrund der noch nicht erfolgten Errichtung des Bauabschnittes 3 der Trasse eine „Verkehrswirksamkeit“ des vorliegend bewilligten Bauabschnittes 2 derzeit nicht gegeben sei, wird ein Vorbringen im Sinne der genannten Rechtsprechung nicht erstattet und insbesondere nicht aufgezeigt, dass das LVwG im hier zu beurteilenden Verfahren eine solche Ergänzung des Verfahrens aus welchen Gründen vornehmen hätte müssen. Eine grundsätzliche Rechtsfrage wird daher im Sinne des in Rz 15 letzter Satz Gesagten auch in diesem Zusammenhang nicht aufgezeigt.
18 Die Revision erweist sich daher auch mangels Darlegung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG als unzulässig und war aus den genannten Gründen gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 12. November 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020060242.L00Im RIS seit
04.01.2021Zuletzt aktualisiert am
04.01.2021